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BGB § 1643 - Genehmigungspflichtige Rechtsgeschäfte - FD-Logo-500

BGB § 1643 - Genehmigungspflichtige Rechtsgeschäfte



BGB § 1643 - Genehmigungspflichtige Rechtsgeschäfte

(1) Zu Rechtsgeschäften für das Kind bedürfen die Eltern der Genehmigung des Familiengerichts in den Fällen, in denen nach § 1821 und nach § 1822 Nr. 1, 3, 5, 8 bis 11 ein Vormund der Genehmigung bedarf.
(2) Das Gleiche gilt für die Ausschlagung einer Erbschaft oder eines Vermächtnisses sowie für den Verzicht auf einen Pflichtteil. Tritt der Anfall an das Kind erst infolge der Ausschlagung eines Elternteils ein, der das Kind allein oder gemeinsam mit dem anderen Elternteil vertritt, so ist die Genehmigung nur erforderlich, wenn dieser neben dem Kind berufen war.
(3) Die Vorschriften der §§ 1825, 1828 bis 1831 sind entsprechend anzuwenden.





 



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Familiengerichtliche Prüfung der Genehmigungsfähigkeit des Rechtsgeschäfts eines Elternteils für ein minderjähriges Kind; Prüfungskriterien bei Abschluss eines Gesellschaftsvertrages; Zweifel an der persönlichen Eignung des Fremdgeschäftsführers der Gesellschaft wegen dessen strafgerichtlicher Verurteilung.

1. Das FamG kann die Prüfung der Genehmigungsfähigkeit eines Rechtsgeschäfts eines Elternteils für das minderjährige Kind, mit dem das Kind einen Gesellschaftsvertrag zu dem Betrieb eines Erwerbsgeschäfts eingeht, auch auf die persönliche Eignung des (Fremd-)Geschäftsführers der Gesellschaft erstrecken, wenn die Verantwortung für die Vermögenslage des Kindes in der Gesellschaft massgeblich von dem Wirken des Geschäftsführers abhängt.
2. Wenn die Zweifel an der persönlichen Eignung des Fremdgeschäftsführers der Gesellschaft allein mit dessen strafgerichtlichen Verurteilung begründet werden, kann die Genehmigung des Rechtsgeschäfts jedenfalls dann nicht versagt werden, wenn die strafgerichtliche Verurteilung länger als der in § 6 Abs. 2 S. 2 Nr. 3 GmbHG genannte Zeitpunkt zurückliegt, und auch nicht wegen der dort aufgeführten Taten erfolgt ist.

Kammergericht, Beschluß vom 5. März 2020 - 13 UF 18/20

Anmerkungen

Bei dem Tode ihres Vaters wurden die beiden Töchter Erbinnen zu jeweils 25%. Der Nachlass besteht im Wesentlichen aus mehreren vermieteten Immobilien und verschiedenen langfristigen Darlehensforderungen, und hat einen Wert von etwa einer Million Euro; er soll bis auf weiteres nicht geteilt werden. Die beiden Schwestern, eine aufgrund ihrer Minderjährigkeit vertreten durch ihre Mutter, haben eine Nachlass-GbR gegründet, die den Nachlass erhalten, bewirtschaften, verwalten und später im Rahmen einer Liquidation an die Erbinnen verteilen soll. Während der Phase der persönlichen Entwicklung der Erbinnen bis zur Vollendung des 25. Lebensjahrs der jüngeren Schwester soll vorrangiges Ziel die Sicherung der Vermögenswerte sein. Aus den Erträgen erhalten beide Gesellschafterinnen monatliche Auszahlungen in Höhe von jeweils 1.500 €. Geschäftsführer und Vertreter der Gesellschaft ist der einzige Bruder des Verstorbenen und Onkel der beiden Schwestern.

Das FamG hat den Gesellschaftsvertrag im Wesentlichen genehmigt, wegen dessen fehlender persönlichen Eignung nicht jedoch die Berufung des Onkels zum Geschäftsführer. Grund ist, dass er im Jahre 2012 wegen Vorteilsgewährung (§ 333 StGB) zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt wurde. Gegen die Versagung der Genehmigung hat sich die minderjährige Erbin gewandt, da zu ihrem Onkel ein besonderes Vertrauensverhältnis bestehe, dieser zudem auf eine Geschäftsführervergütung verzichte, und selbst ein eigenes Unternehmen führe.

Das Kammergericht hat die Beschwerde für begründet erachtet. Der Gesellschaftsvertrag bedürfe nach §§ 1643 Abs. 1, 1822 Nr. 3 Alt. 2 BGB der Genehmigung; Maßstab sei allein das Interesse des Kindes und dessen Wohl. Das FamG habe sich auf den Standpunk eines verständigen, die Tragweite des Geschäfts überblickenden Volljährigen zu stellen, und müsse deshalb auch Erwägungen zur Zweckmässigkeit und Nützlichkeit des Rechtsgeschäfts anstellen. Bei dem Abschluss eines Gesellschaftsvertrages seien die Gesamtinteressen einschliesslich ideeller Gesichtspunkte vernünftig gegeneinander und untereinander abzuwägen; hierbei seien ausser der vertraglichen Stellung des Kindes in der Gesellschaft und vermögensrechtlicher Gesichtspunkte auch die Mitgesellschafter hinsichtlich ihrer Vermögensverhältnisse sowie ihrer charakterlichen und fachlichen Eignung für den Betrieb eines Erwerbsgeschäfts zu beurteilen, weil die Verantwortung für die Vermögenslage des Kindes in der Gesellschaft vorwiegend bei den geschäftsführenden Gesellschaftern liege. Dies solle sinngemäss auch für Fremdgeschäftsführer gelten.

Im Hinblick hierauf erweise sich die Ermessensentscheidung des Familiengerichts als fehlerhaft, weil die Anforderungen an die charakterliche und fachliche Eignung des Geschäftsführers einerseits überspannt, und andererseits nicht auch die ideellen Gesichtspunkte bei der Prüfung des Gesamtinteresses in die Abwägung eingestellt wurden. Die strafgerichtliche Verurteilung des Onkels dürfe, wie sich aus einem Vergleich mit § 6 Abs. 2 S. 2 Nr. 3 GmbHG hinsichtlich des Geschäftsführers einer GmbH ergibt, nicht mehr ausschlaggebend herangezogen werden. Zusätzlich seien die finanziellen Vorteile zu berücksichtigen, da der Onkel lediglich Ersatz seiner Auslagen erhalte, über Kenntnisse in der Verwaltung von Immobilien verfüge, und es sich schliesslich um eine reine Familiengesellschaft handele, die von einem besonderen Vertrauensverhältnis geprägt ist.

Hinweise
1. Erwerbsgeschäft ist eine auf Dauer angelegte, berufsmässig mit Gewinnerzielungsabsicht ausgeübte, auf selbständigen Erwerb gerichtete Tätigkeit; auch eine Grundstücksgemeinschaft in Form einer GbR kann darunter fallen. Ihre Bedeutung ist hierbei die gesamtschuldnerische Haftung auch des Minderjährigen für Verbindlichkeiten. Eine interne Haftungsfreistellung ändert nichts an dem das Kind treffenden Unternehmerrisiko (OLG Hamm FamRZ 2001, 53).

2. Das AmtsG hatte - anders als das KG - höhere Anforderungen als bei einer GmbH an den Geschäftsführer hinsichtlich seiner persönlichen Eignung aufgrund der unbeschränkten persönlichen Haftung bei der GbR gestellt. Bei der GbR gilt der Grundsatz der Selbstorganschaft; diese verbietet es, sämtliche Gesellschafter von der Geschäftsführung und von der Vertretung auszuschliessen, und diese auf Dritte zu übertragen (BGH NZG 2016, 1223). Insofern muss der Gesellschaftsvertrag, und zwar auch einer Familiengesellschaft, trotz der Betrauung eines Nichtgesellschafters mit Geschäftsführungsaufgaben zumindest den Widerruf der ihm zur Vertretung erteilten Vollmacht aus wichtigem Grund durch einfachen Mehrheitsbeschluss sowie zu der ausserordentlichen Kündigung seines Auftrags zulassen (BGH NZG 2014, 302, 303).

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