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BGB § 1374 - Anfangsvermögen - FD-Logo-500

BGB § 1374 - Anfangsvermögen




BGB § 1374 - Anfangsvermögen

(1) Anfangsvermögen ist das Vermögen, das einem Ehegatten nach Abzug der Verbindlichkeiten beim Eintritt des Güterstands gehört.
(2) Vermögen, das ein Ehegatte nach Eintritt des Güterstands von Todes wegen oder mit Rücksicht auf ein künftiges Erbrecht, durch Schenkung oder als Ausstattung erwirbt, wird nach Abzug der Verbindlichkeiten dem Anfangsvermögen hinzugerechnet, soweit es nicht den Umständen nach zu den Einkünften zu rechnen ist.
(3) Verbindlichkeiten sind über die Höhe des Vermögens hinaus abzuziehen.






 



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Familienvermögensrecht; Zugewinngemeinschaft; Zugewinnausgleich; Stichtag des Anfangsvermögens bei einer noch zu DDR-Zeiten geschlossenen Ehe; Anfangsvermögen; privilegierter Erwerb; Begriff der Schenkung; Anfall einer Erbschaft; Verfügung zugunsten Dritter für den Todesfall; Darlegungs- und Beweislast für privilegierten Erwerb; Schenkung mit dem Zweck der Anschaffung von Haushaltsgegenständen (hier: Anschaffung einer Küche bzw. von Küchenmobiliar); Indexierung des Anfangsvermögens gemäß den »langen Reihen« des Statistischen Bundesamtes; Lebensversicherung als privilegiertes Vermögen.

BGB §§ 516 ff, 1374, 1942, 2301

1. Stichtag des Anfangsvermögens bei einer noch zu DDR-Zeiten geschlossenen Ehe, wenn die Beteiligten nicht auf den Güterstand der DDR optiert haben.
2. Für die Zuordnung zum Anfangsvermögen ist der Zeitpunkt des Anfalls einer Erbschaft, also der Todestag des Erblassers, maßgebend, somit der Zeitpunkt des rechtlichen Erwerbs des Vermögenswertes, nicht dagegen die tatsächliche Verfügungsgewalt.
3. Zu dem Begriff der Schenkung im Sinne von § 1374 Abs. 2 BGB nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes.
4. Eine Verfügung zugunsten Dritter für den Todesfall erfüllt die Voraussetzung des § 1374 Abs. 2 BGB.
5. Die Darlegungs- und Beweislast für einen privilegierten Erwerb im Sinne von § 1374 Abs. 2 BGB trägt derjenige Ehegatte, der die angebliche Zuwendung in sein positives Anfangsvermögen einstellen möchte. Im Rahmen dieser Darlegungs- und Beweislast hat der Beschenkte im Falle des Streits um eine Schenkung im einzelnen darzulegen und zu beweisen, daß sämtliche Voraussetzungen der §§ 516 ff BGB für ein wirksames Schenkungsversprechen vorliegen. Nichts anderes gilt im Falle des § 1374 Abs. 2 BGB, soweit der Tatbestand einer Schenkung auch für eine Drittbeziehung von Wichtigkeit ist.
6. Der Beschenkte hat daher sämtliche Tatbestandsmerkmale darzutun, die das Vorliegen einer Schenkung begründen. Die daran zu stellenden Anforderungen dürfen zwar nicht überspannt werden; allerdings ist eine gewisse Substantiierung von dem sich darauf berufenden Ehegatten für solche besonderen Vorgänge angesichts der hohen Bedeutung des § 1374 Abs. 2 BGB zu fordern.
7. In diesem Rahmen muß auch zu dem Vermögensmehrungscharakter der Vereinbarung konkret vorgetragen werden, denn der Hinzurechnungstatbestand der Schenkung nach § 1374 Abs. 2 BGB ist - wie der Wortlaut der Norm zeigt - nicht erfüllt, wenn zugewendetes Vermögen den Umständen nach zu den Einkünften zu zählen ist, die Zuwendung also keinen vermögensbildenden Charakter hat.
8. Will ein Ehegatte die erbenrechtliche Stellung des anderen Ehegatten bestreiten, und hatte er diese Stellung während des Zusammenlebens über Jahre hinweg nie in Zweifel gezogen, so ist sein qualifiziertes Bestreiten geboten.
9. Zu einer Schenkung mit dem Zweck der Anschaffung von Haushaltsgegenständen (hier: Anschaffung einer Küche bzw. von Küchenmobiliar).
10. Zu der Indexierung des Anfangsvermögens gemäß den »langen Reihen« des Statistischen Bundesamtes.
11. Eine Lebensversicherungssumme, die ein Ehegatte als Bezugsberechtigter aus der Versicherung eines ihm nahestehenden verstorbenen Dritten erhält, gehört zu seinem privilegierten Vermögen im Sinne des § 1374 Abs. 2 BGB, ohne daß eine konkrete Einordnung zwischen den beiden Varianten des § 1374 Abs. 2 BGB (erbrechtlicher oder schenkungsrechtlicher Erwerb) erforderlich wäre.

OLG Brandenburg, Beschluß vom 20. Januar 2020 - 9 UF 168/19

Tenor
1. Auf die Beschwerde der Antragstellerin vom 26.07.2019 wird der Beschluß des Amtsgerichts - Familiengericht - Oranienburg vom 31.05.2019 (33 F 33/17) teilweise abgeändert, und wie folgt neu gefaßt:
Der Antragsgegner wird verpflichtet, an die Antragstellerin einen Zugewinnausgleich in Höhe von 10.420,73 € zuzüglich 5% Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 03.04.2017 zu zahlen.
Der weitergehende Antrag der Antragstellerin wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens erster Instanz tragen zu 37% der Antragsgegner, und zu 63% die Antragstellerin, die Kosten des Verfahrens zweiter Instanz zu 44% der Antragsgegner, und zu 56% die Antragstellerin.
3. Der Wert des Beschwerdeverfahrens beträgt 23.916 €.
4. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
5. Der Antrag des Antragsgegners vom 07.10.2019 auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe wird zurückgewiesen, da der Antragsgegner keine schriftsätzliche Erklärung über seine Hilfebedürftigkeit abgegeben bzw. keine aktualisierte Erklärung zur Verfahrenskostenhilfe eingereicht hat (§ 113 Abs. 1 FamFG, §§ 115, 119 Abs. 1 ZPO).

Gründe
I. Die Beteiligten streiten um einen Anspruch auf Zugewinnausgleich zugunsten der Antragstellerin.

Die Beteiligten haben im Juni 1990 die Ehe in der ehemaligen DDR geschlossen. Die Ehe ist auf den am 6. März 2012 zugestellten Scheidungsantrag seit dem 12. November 2013 rechtskräftig geschieden; eine Option zugunsten der Beibehaltung des gesetzlichen Güterstandes der DDR hatten die Beteiligten nicht ausgeübt. Wegen weiterer Vermögenswerte der Beteiligten, die zwischen diesen in der Beschwerdeinstanz unstreitig sind, wird auf die nachfolgenden Ausführungen unter Ziffer II. Bezug genommen. Im Juli 2010 ist der Antragsgegner Erbe nach der verstorbenen Frau B. H. geworden; die 2.000 € umfassende Erbschaft wurde erst nach dem 6. März 2012 ausbezahlt.

Die Antragstellerin hat erstinstanzlich behauptet, sie habe zum 3. Oktober 1990 ein Sparguthaben von 4.000 DM gehabt; dem Anfangsvermögen seien zudem privilegierte Vermögenswerte zuzurechnen. Insoweit hat sie behauptet, Frau C. G. (ihre im Oktober 2002 verstorbene Großmutter) habe ihr am 11. April 1995 einen Betrag von 20.000 DM geschenkt; zudem habe sie die verstorbene Frau C. G. beerbt. Insoweit seien also weitere Beträge von insgesamt 29.459,02 € als Erbschaft angefallen. Zuletzt sei ihr von Frau M. L. am 15. August 2005 ein weiterer Geldbetrag in Höhe von 27.112,39 € geschenkt worden, der nicht in Zusammenhang mit der im Jahre 2002 erfolgten Grundstücksübertragung seitens Frau M. L. auf die Beteiligten im Zusammenhang stand. Die Antragstellerin hat ferner die Auffassung vertreten, dem Antragsgegner sei zu dessen Anfangsvermögen kein privilegierter Vermögenswert aufgrund Erbschaft hinzuzurechnen, weil auf die unstreitig erst nach dem Stichtag des Endvermögens erfolgte Auszahlung des Erbschaftsvermögens abzustellen sei.

Die Antragstellerin hat ursprünglich im Stufenwege Auskunft, und daraus folgende Zahlung von Zugewinnausgleich verlangt. Mit Teilanerkenntnisbeschluß des Amtsgerichts Oranienburg vom 24. Mai 2017 ist der Antragsgegner antragsgemäß zur Auskunft verpflichtet worden. Die Antragstellerin hat sodann beantragt, den Antragsgegner zu verpflichten, an sie Zugewinnausgleich in Höhe von 27.814 € zuzüglich 5% Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 3. April 2017 zu zahlen.

Der Antragsgegner hat beantragt, den Antrag zurückzuweisen. Er hat sowohl das Vorhandensein eines Sparguthabens der Antragstellerin zum 3. Oktober 1990, als auch den Zufluß und das Vorhandensein einer Schenkung sowie das Bestehen einer Erbenstellung der Antragstellerin betreffend Frau C. G. bestritten; ebenso hat er das Vorliegen einer Schenkung seitens der Frau M. L. bestritten, und insoweit behauptet, die entsprechende Zahlung habe in Zusammenhang mit der erfolgten Grundstücksübertragung gestanden.

Das Amtsgericht - Familiengericht - Oranienburg hat erstinstanzlich über den Verkehrswert des beiden Beteiligten zu hälftigem Miteigentum zustehenden vormaligen Familienheims Beweis erhoben; wegen der Einzelheiten wird auf das zu der Akte gereichte Gutachten Bezug genommen. Mit Beschluß vom 31. Mai 2019 hat es den Antrag der Antragstellerin abgewiesen; wegen der Entscheidungsgründe wird auf die Entscheidung Bezug genommen.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Antragstellerin, mit welcher sie in Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens weiterhin ihren Zahlungsanspruch verfolgt. Sie vertritt die Ansicht, das Amtsgericht hätte die von ihr geltend gemachten Schenkungen sowie ihre Erbschaft dem privilegierten Anfangsvermögen zurechnen müssen; insoweit hätte es auch nicht den von ihr angebotenen Beweis eines Zeugnisses des Herrn T. La. (Partner der Antragstellerin) für die von ihr behauptete Schenkung seitens der Frau M. L. verschließen dürfen. Die Behauptung vorhandenen weiteren Anfangsvermögens (Sparbuch mit 4.000 DM Guthaben) hält sie nicht mehr aufrecht. Sie beantragt, in Abänderung des angefochtenen Beschlusses den Antragsgegner zu verpflichten, an sie einen Zugewinnausgleich in Höhe von 23.916 € zuzüglich 5% Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 3. April 2017 zu zahlen.

Der Antragsgegner beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen; auch er wiederholt und vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen.

Mit Senatsbeschluß vom 20. November 2019 ist die Beschwerde dem Berichterstatter zur Entscheidung übertragen worden. Mit Beschluß des Einzelrichters vom 21. November 2019 ist zu der Beschwerde Stellung genommen, und schriftliche Entscheidung nach § 68 Abs. 3 S. 2 FamFG angekündigt worden.

II. Die Beschwerde der Antragstellerin ist gemäß §§ 58 ff FamFG statthaft und zulässig. In der Sache ist sie lediglich teilweise begründet, im Übrigen unbegründet. Der Antragstellerin steht ein Zugewinnausgleichsanspruch gegen den Antragsgegner nach § 1378 Abs. 1 BGB in Höhe von 10.420,73 € nebst Zinsen zu. An den nachfolgend dargestellten Gründen, die bereits der Entscheidung des Einzelrichters des Senats vom 21. November 2019 zugrunde lagen, ist weiterhin festzuhalten. Die Antragstellerin hat sich zu den Gründen der vorgenannten Senatsentscheidung nicht mehr geäußert. Soweit dagegen der Antragsgegner mit Schriftsatz vom 2. Januar 2020 insbesondere zu einer Zurechnung der Erbschaft der Frau C. G. als privilegiertes Anfangsvermögen der Antragstellerin weiter Stellung genommen hat, ist gleichwohl an der Rechtsauffassung des Senats festzuhalten.

1. Vermögen des Antragsgegners

a) Stichtage

Der Stichtag des Anfangsvermögens ist angesichts dessen, daß die noch zu DDR-Zeiten geschlossene Ehe der Beteiligten nicht auf den Güterstand der DDR optiert wurde (vgl. Art. 234 § 4 Abs. 2 EGBGB), der 3. Oktober 1990. Für das Anfangsvermögen gilt als Stichtag iSd § 1376 Abs. 1 BGB der 3. Oktober 1990, da die Vermögensgemeinschaft der DDR-Ehegatten erst mit dem Tag der Wiedervereinigung zum gesetzlichem Güterstand geworden ist (Art. 234 §§ 1, 4 Abs. 1 EGBGB).

Maßgeblicher Zeitpunkt des Endvermögens ist derjenige der Beendigung des Güterstandes. Bei einer Scheidung bestimmt sich dies aber nach § 1384 BGB, so daß für die Berechnung des Zugewinns und für die Höhe der Ausgleichsforderung an die Stelle der Beendigung des Güterstandes der Zeitpunkt der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrages tritt; Endvermögensstichtag ist daher der 6. März 2012.

b) Privilegierter Hinzuerwerb

Hinsichtlich der Vermögenswerte des Antragsgegners streiten die Beteiligten allein darum, ob diesem ein privilegiertes Anfangsvermögen gemäß aus seiner Erbschaft nach der verstorbenen Frau H. zuzurechnen ist. Vermögen, das ein Ehegatte nach Eintritt des Güterstands von Todes wegen oder mit Rücksicht auf ein künftiges Erbrecht, durch Schenkung oder als Ausstattung erwirbt, wird nach Abzug der Verbindlichkeiten dem Anfangsvermögen hinzugerechnet, soweit es nicht den Umständen nach zu den Einkünften zu rechnen ist (§ 1374 Abs. 2 BGB).

Entgegen der Ansicht der Antragstellerin kommt es insoweit für die Zuordnung zu dem Anfangsvermögen auf den Zeitpunkt des Anfalls der Erbschaft, also auf den Todesfalltag des Erblassers im Juni 2010, an. Für die stichtagsbezogene Zuordnung zu dem Endvermögen ist der Zeitpunkt des rechtlichen Erwerbs über einen Vermögenswert, nicht dagegen die tatsächliche Verfügungsgewalt ausschlaggebend (Klein, Handbuch Familienvermögensrecht 2. Aufl. Rdn. 1698). Maßgeblicher Zeitpunkt für die Bewertung des Erwerbs von Todes wegen ist der Anfall der Erbschaft, denn zu diesem Zeitpunkt ist der Erwerb vollendet (§ 1942 Abs. 1 BGB, Cziupka in BeckOK-BGB, 51. Aufl. [Stand: 01.08.2019] § 1374 Rdn. 56 mN). Dieser Zeitpunkt liegt hier vor dem Endvermögensstichtag. Daß die übrigen Voraussetzungen des § 1374 Abs. 2 BGB vorliegen, ist zwischen den Beteiligten nicht im Streit. Daher ist das so erworbene Erbschaftsvermögen von 2.000 € als privilegiertes Anfangsvermögen dem Vermögen des Antragsgegners zum 3. Oktober 1990 zuzuordnen.

c) Indexierung

Bei der sodann gebotenen Indexierung ist zu berücksichtigen, daß im Jahre 2019 eine Umstellung bei dem Verbraucherpreisindex stattgefunden hat. Der Verbraucherpreisindex ist zu Anfang des Jahres turnusmäßig (wie alle fünf Jahre) auf ein neues Basisjahr umgestellt worden. Die »langen Reihen« des Statistischen Bundesamtes basieren aber auf der aktuellen Basis 2015 = 100 (vgl. Gutdeutsch/Hauß, FamRB 2019, 166). Die neuen Jahresdurchschnittswerte ergeben sich aus der Tabelle bei Schürmann/Fischer, Tabellen zum Familienrecht 40. Aufl. S. 63 - verketteter Verbraucherpreisindex. Die Zugrundelegung der aktuellen Indexzahlen ergibt allerdings nur geringfügige Abweichungen von den Berechnungen des Amtsgerichts bzw. insbesondere der Antragstellerin.

d) Ergebnis zu dem Vermögen des Antragsgegners

Insgesamt ergibt sich daher, da die übrigen Vermögenswerte des Antragsgegners zwischen den Beteiligten nicht (mehr) im Streit sind, nunmehr folgende Berechnung von Anfangs- und Endvermögen sowie Zugewinn des Antragsgegners:

 

Anfangsvermögen 03.10.1990:

 

Vorhandenes Vermögen

 

Sparbuch Nr. 6…

768,28 €

Pkw

1.150,41 €

Summe

1.918,69 €

Index 1990: 62,98 / Index 2012: 97,07

2.957,24 €

Privilegiertes Vermögen

 

Erbanteil nach Frau B. H. (verstorben im Jahre 2010)

2.794,34 €

Index 2010: 93,24 / Index 2012: 97,07

2.909,12 €

Summe Anfangsvermögen

5.866,37 €

Endvermögen 06.03.2012:

 

Aktiva

 

Girokonto Sparkasse

414,69 €

Pkw

5.500,00 €

Grundstück in T.

73.500,00 €

Passiva

 

Darlehen Nr. 9…

25.564,59 €

Darlehen Nr. 95…

295,09 €

Summe Endvermögen

53.555,01 €

Zugewinn

47.688,64 €

 

2. Vermögen der Antragstellerin

Für das Vermögen der Antragstellerin streiten die Beteiligten in der Beschwerde noch um drei Positionen, die allesamt ihr Anfangsvermögen in Gestalt von zuzurechnendem privilegiertem Vermögen nach § 1374 Abs. 2 BGB betreffen.

a) Schenkung Großmutter C. G. 1995

Der Senat stimmt mit dem Amtsgericht darin überein, daß eine Schenkung von 20.000 € seitens der Großmutter Frau C. G. an die Antragstellerin als ihre Enkelin nicht ausreichend dargetan ist.

Der Begriff »Schenkung« iSv § 1374 Abs. 2 BGB entspricht nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (vgl. BGH FamRZ 2014, 98 = FuR 2014, 170 mN; 2017, 191 = FuR 2017, 143) einer Vermögensbewegung iSv § 516 Abs. 1 BGB. Sie setzt eine Zuwendung voraus, durch die der Schenker die Substanz seines Vermögens vermindert, und das Vermögen des Beschenkten entsprechend vermehrt, wobei beide Teile darüber einig sind, daß die Zuwendung unentgeltlich erfolgt (BGH, jeweils aaO).

Dabei ist zu berücksichtigen, daß für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 1374 Abs. 2 BGB die Antragstellerin als insoweit Begünstigte die vollständige Darlegungs- und Beweislast trägt. So gilt bereits im Allgemeinen, daß der Beschenkte im Falle des Streits um eine Schenkung im Einzelnen darzulegen und zu beweisen hat, daß sämtliche Voraussetzungen der §§ 516 ff BGB für ein wirksames Schenkungsversprechen vorliegen (Becker in Baumgärtel u.a., Handbuch der Beweislast Band 2 4. Aufl. [2019] § 516 Rdn. 1). Nichts anderes gilt im Falle des § 1374 Abs. 2 BGB, soweit der Tatbestand einer Schenkung auch für eine Drittbeziehung (hier: zwischen den vormaligen Ehegatten) von Wichtigkeit ist. Die Darlegungs- und Beweislast für einen privilegierten Erwerb iSv § 1374 Abs. 2 BGB trägt derjenige Ehegatte, der die angebliche Zuwendung in sein positives Anfangsvermögen einstellen möchte (BGH FamRZ 2005, 1660 = FuR 2006, 35 = EzFamR BGB § 1374 Nr. 17; Senatsbeschluß vom 9. Februar 2017 - 9 UF 52/16 - juris; Becker, aaO Rdn. 13).

Daher hat die Antragstellerin sämtliche Tatbestandsmerkmale darzutun, die das Vorliegen einer Schenkung begründen. Die daran zu stellenden Anforderungen dürfen zwar nicht überspannt werden; allerdings ist eine gewisse Substantiierung von dem sich darauf berufenden Ehegatten für solche besonderen Vorgänge angesichts der hohen Bedeutung des § 1374 Abs. 2 BGB zu fordern (vgl. OLG Celle FamRZ 2011, 1671). Behauptete Schenkungen gemäß § 1374 Abs. 2 BGB sind nicht hinreichend substantiiert dargelegt, wenn konkrete Angaben zu den Modalitäten der Übergabe der Geldbeträge und zu deren weiteren Verwendung fehlen (OLG Celle FamRZ 2011, 1671). Dabei muß auch zu dem Vermögensmehrungscharakter der Vereinbarung konkret vorgetragen werden, denn der Hinzurechnungstatbestand der Schenkung nach § 1374 Abs. 2 BGB ist - wie der Wortlaut der Norm zeigt - nicht erfüllt, wenn zugewendetes Vermögen den Umständen nach zu den Einkünften zu zählen ist, die Zuwendung also keinen vermögensbildenden Charakter hat (BGH FamRZ 2017, 191 = FuR 2017, 143; Senatsbeschluß vom 9. Februar 2017 - 9 UF 52/16 - juris).

Vorliegend hatte die Antragstellerin zwar den konkreten Schenkungsbetrag (20.000 €) benannt, und diesen auch (teilweise) belegt, was der Substantiierung zugänglich ist. Anders als das Amtsgericht hat dabei der Senat keinen Zweifel daran, daß dieser Betrag tatsächlich von der Großmutter zu der Antragstellerin geflossen ist, denn der von der Antragstellerin vorgelegte Überweisungsträger weist mit Datum 11. April 1995 als Empfängerin die Antragstellerin, und als Auftraggeber die Großmutter (Frau C. G.) aus. Die Annahme zu der Ausführung ist seitens der Bank per Stempel bestätigt. Noch am gleichen Tage hat sodann die Antragstellerin einen gleich hohen Betrag als Sparkassenzertifikat angelegt. Bei insoweit gebotener lebensnaher Betrachtung bestehen keine Zweifel daran, daß insoweit tatsächlich dieser Betrag von dem Konto der Frau C. G. auf dasjenige der Antragstellerin geflossen ist; das diesbezügliche Bestreiten des Antragsgegners, ob der Auftrag von der Bank ausgeführt worden sei, ist lebensfremd.

Auch bestehen Bedenken an der Anwendbarkeit des § 1374 Abs. 2 BGB nicht deshalb, weil die Antragstellerin ursprünglich vorgetragen hat, der Betrag habe zu der Anschaffung einer Küche bzw. von Küchenmobiliar gedient. Insoweit hat die Antragstellerin sich zwar widersprüchlich verhalten, weil sie nachfolgend lediglich von einer freien Verfügungsbefugnis gesprochen hat, ohne diesen Widerspruch im Einzelnen aufzuklären; Einzelheiten über die konkrete Absprache mit der vermeintlichen Schenkerin sind nicht vorgebracht worden. Sollte aber die Zuwendung tatsächlich der Anschaffung einer Küche bzw. von Küchenmobiliar nach der Zweckabrede der Vertragspartner dienen, wäre dies aller Voraussicht nach ebenfalls mit der Schaffung eines Vermögenswertes verbunden, denn bei größeren Sachzuwendungen werden sich brauchbare Anhaltspunkte für die Beurteilung, ob es sich um Einkünfte handelt, vor allem aus der Prognose gewinnen lassen, mit welcher Wahrscheinlichkeit der Zuwendungsgegenstand, wäre die Ehe in einem überschaubaren Zeitraum nach der Zuwendung gescheitert, noch mit einem nennenswerten Vermögenswert in dem Endvermögen des begünstigen Ehegatten vorhanden gewesen wäre (BGH FamRZ 2014, 101 = FuR 2014, 170 mwN). Eine Küche für 20.000 € erfüllt diese Anforderungen offenbar.

Letztendlich kommt es aber auf die vorgenannten Erwägungen nicht an, denn - darin stimmt der Senat mit dem Amtsgericht überein - die Antragstellerin hat im Einzelnen darzutun, daß der entsprechende Betrag seitens der Großmutter ihr tatsächlich geschenkt wurde. Insoweit ist zu beachten, daß die bloße Tatsache, daß ein naher Verwandter (selbst die eigenen Eltern) Geld gegeben haben, noch nicht ausreicht, um vermuten zu können, daß tatsächlich eine Schenkung vorliegt. Ebenso wenig läßt allein der vermögensrechtliche Zufluß zwischen nahen Angehörigen darauf schließen, daß eine schenkungsweise Hergabe damit verbunden ist. Ein Indiz dafür existiert nicht. Das Gesetz sieht solche Erleichterungen (Schlußfolgerungen) in der Familie nur sehr ausnahmsweise vor (zum Beispiel §§ 685 Abs. 2, 1360b BGB), nicht dagegen im Allgemeinen. Es bestehen auch keine weitergehenden Indizien, die dem Vorbringen der Antragstellerin zu weiterer Substanz verhelfen würden. So befindet sich auf dem Überweisungsträger der Hinweis Umbuchung, ein Umstand, der eher gegen, jedenfalls aber nicht für eine Schenkung spricht.

Selbst wenn aber davon auszugehen wäre, daß die Antragstellerin ihr Vorbringen betreffs einer Schenkung ausreichend substantiiert hätte, wäre sie - wie das Amtsgericht zutreffend ausgeführt hat - letztendlich beweisfällig geblieben. Die von ihr angebotene Parteivernehmung scheidet aus: Einerseits hat der Antragsgegner ihrer Parteivernehmung nicht zugestimmt; andererseits liegen keine ausreichenden Tatsachen für eine gewisse Anfangswahrscheinlichkeit einer Schenkung vor, weshalb die Voraussetzungen der §§ 447 f ZPO fehlen.

b) Erbschaft nach Frau C. G.

Hinsichtlich der Erbschaft geht der Senat entgegen den Ausführungen des Amtsgerichts davon aus, daß eine Zurechnung nach § 1374 Abs. 2 BGB angesichts einer Erbenstellung der Antragstellerin zu der Verstorbenen ausreichend dargetan ist.

So ist insoweit unstreitig, daß ein entsprechendes handschriftliches Testament die Antragstellerin als Erbin der Verstorbenen auswies. Die Antragstellerin hat nach dem Tode ihrer Großmutter insgesamt 29.459,02 € seitens der Sparkasse als vormalige Vermögenswerte der Erblasserin ausgekehrt bekommen; die Sparkasse hat die Antragstellerin dabei auch gegenüber dem Finanzamt betreffs einer eventuellen Erbschaftsteuerpflicht gemeldet. Damit deuten alle vorliegenden Tatsachen und Indizien darauf hin, daß die Antragstellerin tatsächlich in die Erbenstellung eingerückt ist. Zu berücksichtigen ist auch, daß offenbar seit rund 17 Jahren die Erbenstellung der Antragstellerin von keiner Seite bestritten worden ist. Es liegt nahe, daß auch der Antragsgegner - da der Erbfall noch zu Zeiten des ehelichen Zusammenlebens eingetreten ist - hiervon Kenntnis erlangte, zumal mit Teilen der Erbschaft nach dem Vortrag der Antragstellerin gemeinschaftliche Verbindlichkeiten getilgt worden sein sollen.

Daher ist qualifiziertes Bestreiten des Antragsgegners geboten, so er die Frage der erbenrechtlichen Stellung der Antragstellerin tatsächlich in Zweifel ziehen will (ähnlich BGH FamRZ 2005, 1660 = FuR 2006, 35 = EzFamR BGB § 1374 Nr. 17). Gemäß § 138 Abs. 2 ZPO (§ 113 Abs. 1 FamFG) hat sich ein Beteiligter grundsätzlich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären; er darf sich also, wenn der Gegner seiner Erklärungslast nachgekommen ist, nicht mit bloßem Bestreiten begnügen, sondern er muß erläutern, von welchem Sachverhalt er ausgeht. Der Umfang der erforderlichen Substantiierung richtet sich dabei aber nach dem Vortrag des darlegungsbelasteten Beteiligten: Je detaillierter dieser ist, desto höher ist die Erklärungslast gemäß § 138 Abs. 2 ZPO (BGH NJW 2015, 468). Nach wie vor sieht der Senat auch in dem Schriftsatz des Antragsgegners vom 2. Januar 2020 kein ausreichend qualifiziertes Bestreiten einer Erbenstellung der Antragstellerin.

Erneut ist darauf hinzuweisen, daß die Antragstellerin ihr (vermeintliches) Erbe spätestens Anfang des Jahres 2003 ausbezahlt erhalten hat. Nach diesem Zeitpunkt lebten die Beteiligten noch fast acht Jahre in ehelicher Gemeinschaft zusammen, bevor es zu der Trennung kam. Während dieser gesamten Zeit bis in das vorliegende Verfahren hinein ist eine entsprechende erbrechtliche Stellung der Antragstellerin weder seitens des Antragsgegners, noch von dritter Seite bestritten worden. Weshalb der Antragsgegner dahingehende Zweifel nunmehr in dem Sinne hegt, daß möglicherweise ein anderer tatsächlich Erbe nach Frau C. G. geworden ist, hat er nach wie vor nicht substantiiert dargetan; vielmehr mutmaßt er (angesichts der verwandtschaftlichen Verhältnisse) allein ins Blaue hinein.

Selbst wenn aber seinem Vorbringen aus dem Schriftsatz vom 2. Januar 2020 nachgegangen würde, und vermeintlich eine andere Person Erbe geworden wäre, ergibt sich nichts anderes. Soweit tatsächlich die Antragstellerin nicht in eine Erbenstellung für ihre verstorbene Großmutter eingetreten wäre, wäre jedenfalls zu berücksichtigen, daß sie auch nach dem Vorbringen des Antragsgegners dann jedenfalls aufgrund einer Verfügung zugunsten Dritter für den Todesfall die Vermögenswerte erlangt hätte. Dies folgt aus dem (von dem Antragsgegner für seine Argumentation einbezogenen, von der Antragstellerin vorgelegten) Vordruck der Sparkasse S. vom 15. Februar 2001. Hiernach hatte die Erblasserin noch zu Lebzeiten eine entsprechende Verfügung zugunsten der Antragstellerin erstellt. Diese Vereinbarung erfolgte nach dem Vordruck in Gegenwart der Begünstigten (der Antragstellerin), die die Begünstigung auch angenommen hat. Nach den vertraglichen Bedingungen konnte diese Vereinbarung nur zu Lebzeiten der Erblasserin und nur durch schriftliche Erklärung gegenüber der Sparkasse widerrufen werden; ein Widerruf durch Testament oder Erbvertrag war ausdrücklich ausgeschlossen. Daß aber ein solcher Widerruf erfolgt ist, ist bislang von keiner Seite dargetan; eine solche Vermutung oder Behauptung äußert auch der Antragsgegner nicht.

Insoweit liegt für diese Verfügung zugunsten Dritter für den Todesfall die Voraussetzung des § 1374 Abs. 2 BGB ebenso vor. Allgemein gilt, daß ein Erwerb unter Lebenden auf den Todesfall aufgrund eines Vertrages zugunsten Dritter (§§ 330 f BGB) § 1374 Abs. 2 BGB unterfällt (Koch in MünchKomm, BGB 8. Aufl. § 1374 Rdn. 32). In dem konkreten Fall kann daher dahinstehen, eine solche Verfügung betreffend des offenbar nahezu vollständigen Vermögens der Erblasserin sich nicht auch gleichsam als (§ 1374 Abs. 2 BGB unterfallende) Erbeinsetzung darstellen (vgl. auch § 2087 Abs. 1 BGB), bzw. es sich dabei um ein Schenkungsversprechen von Todes wegen (§ 2301 BGB) handeln könnte. Wenn eine »Verfügung zugunsten Dritter für den Todesfall« über ein Sparguthaben zwischen Erblasser und Sparkasse in Gegenwart des Begünstigten vereinbart, und von diesem mitunterschrieben wird, kommt zugleich ein Schenkungsvertrag zwischen Erblasser und Begünstigtem zustande, dessen Wirksamwerden mit dem Erbfall von den Erben nicht mehr verhindert werden kann (OLG Düsseldorf NJW-RR 1996, 1329; Reischl in Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB 8. Aufl. [2017] § 2301 Rdn. 78), was sodann ebenfalls zu der Anwendung des § 1374 Abs. 2 BGB - nunmehr wegen Schenkung - führen würde (vgl. auch Thiele in Staudinger, BGB [2017] § 1374 Rdn. 32).

Eine vergleichbare Sachlage gilt auch für die Auszahlung einer Lebensversicherung aus Anlaß des Todesfalles. Eine Lebensversicherungssumme, die ein Ehegatte als Bezugsberechtigter aus der Versicherung eines ihm nahestehenden verstorbenen Dritten erhält, gehört zu seinem privilegierten Vermögen iSd § 1374 Abs. 2 BGB, ohne daß eine konkrete Einordnung zwischen den beiden Varianten des § 1374 Abs. 2 BGB (erbrechtlicher oder schenkungsrechtlicher Erwerb) erforderlich wäre (vgl. BGH FamRZ 1995, 1562 = EzFamR BGB § 1374 Nr. 11 = BGHF 9, 1268).

c) Schenkung Frau M. L.

Insoweit stimmt der Senat (ebenso wie im Zusammenhang mit den zuvor behaupteten Schenkungen seitens der Großmutter) mit der Ansicht des Amtsgerichts im Ergebnis überein. Die Anfangswahrscheinlichkeit für eine Schenkung ist auch insoweit seitens der Antragstellerin nicht ausreichend dargetan.

Die mit dem genannten Betrag von 27.112,39 € im Zusammenhang stehende Auflösung des Sparkontos der vermeintlichen Schenkerin weist ausdrücklich als Grund Darlehensablösung Fremdbank aus; eine Schenkung oder dergleichen kann darin nicht erkannt werden. Insoweit ist auch nach wie vor unklar, inwieweit die entsprechende Zahlung nicht tatsächlich mit der Grundstücksveräußerung zwischen Frau M. L. und den Beteiligten in Verbindung stand. Mag auch die Zahlung nicht im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit dem letztgenannten Umstand stehen (die Grundstücksübertragung erfolgte im Jahre 2002, die vermeintliche Schenkung im Jahre 2005), so liegt aber jedenfalls angesichts der wirtschaftlichen Verflechtung ein Zusammenhang nicht fern. Dazu hat die Antragstellerin bereits nicht derart eingehend vorgetragen, als daß ein solcher Zusammenhang tatsächlich ausgeschlossen werden kann.

Letztendlich kommt es auch darauf nicht an, denn angesichts dessen, daß eine besondere persönliche Nähebeziehung zwischen der Antragstellerin und der vermeintlichen Schenkerin nicht erkennbar ist, stellt die Schenkung eines solch hohen Betrages einen durchaus ungewöhnlichen Umstand dar. Soweit schon bereits zwischen nahen Angehörigen keine Vermutung für eine Schenkung besteht, muß dies dann erst recht in diesem Verhältnis angenommen werden; insoweit trifft die Antragstellerin eine erhöhte Darlegungslast, der sie nicht nachgekommen ist. Auch insoweit kam eine Parteivernehmung nach §§ 447 f ZPO nicht in Betracht, zumal es sich de facto um einen unzulässigen Ausforschungsbeweis handeln würde, was zudem auch einer Vernehmung des Zeugen widerspricht.

Vorsorglich wird auf Folgendes hingewiesen: Würde hier tatsächlich eine Schenkung vorliegen, so sprächen die Umstände eher dafür, daß tatsächlich eine Zuwendung an beide Beteiligten erfolgen sollte, denn soweit der benannte Zweck Darlehensablösung Fremdbank benannt wurde, und soweit die Antragstellerin nach ihrem Vortrag sodann unter anderem mit diesem Betrag das Gebäudedarlehen getilgt hat (vgl. den entsprechenden Vortrag), betrifft dies nach derzeitigem Stand eine gemeinsame Verbindlichkeit der Beteiligten, und nicht alleine eine solche der Antragstellerin. Dann spräche dies aber indiziell tatsächlich dafür, daß eine Zuwendung an beide Beteiligten vorläge, weshalb diese je hälftig in deren Anfangsvermögen einzustellen wäre (was im Ergebnis zu einem Nullsummenspiel führen würde).

d) Ergebnis zu dem Vermögen der Antragstellerin:

 

Anfangsvermögen 03.10.1990

 

Vorhandenes Vermögen

nein

Privilegiertes Vermögen

 

Schenkung Großmutter C. G. 1995

- €

Index 1995: 75,07 / Index 2012: 97,07

- €

Schenkung M. L. 2005

 - €

Index 1995: 75,07 / Index 2012: 97,07

- €

Erbschaft Großmutter C. G. verstorben 2002

27.112,39 €

Index 2002: 88,60 / Index 2012: 97,07

29.704,29 €

Summe Anfangsvermögen

29.704,29 €

Endvermögen 06.03.2012

 

Aktiva

 

Girokonto Sparkasse Nr. 1…

411,83 €

Girokonto Sparkasse Nr. 45…

463,28 €

Pkw O.

4.500,00 €

Bausparvertrag

3.536,03 €

Grundstück in T.

73.500,00 €

Passiva

 

Darlehen Nr. 9…

25.564,59 €

Darlehen Nr. 95…

295,09 €

Summe Endvermögen

56.551,46 €

Zugewinn

26.847,17 €

 

3. Zugewinnausgleichsanspruch

Dies führt zu folgendem Zugewinnausgleichsanspruch der Antragstellerin gegenüber dem Antragsgegner nach § 1378 Abs. 1 BGB:

 

Zugewinn Antragsgegner

47.688,64 €

Zugewinn Antragstellerin

26.847,17 €

Differenz

20.841,47 €

Hälfte

10.420,73 €

 

Der Zinsanspruch folgt aus §§ 288, 291 BGB.

III. Die Nebenentscheidungen folgen aus § 113 Abs. 1 FamFG, § 92 Abs. 1 S. 1 ZPO, §§ 35, 40 FamGKG.

Gründe für die Zulassung einer Rechtsbeschwerde bestehen nicht.

OLG Brandenburg 2020-01-20 - 9 UF 168/19
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Anmerkungen

Die Beteiligten, die im Jahre 1990 in den neuen Bundesländern geheiratet hatten und dort leben, streiten um Zugewinn. Beide behaupten Anfangsvermögen in Form von Schenkungen oder Verfügungen von Todes wegen, wobei teilweise durch Verwandte (Grossmutter), teilweise durch Dritte Zuwendungen geleistet worden sein sollen.

Der Senat hat einleitend darauf hingewiesen, dass Stichtag für das Anfangsvermögen der 03.10.1990 sei: Erst mit dem Tage der Wiedervereinigung wurde mangels anderweitiger Option der Beteiligten die Zugewinngemeinschaft zum gesetzlichen Güterstand (Art. 234 §§ 1, 4 Abs. 1 und 2 EGBGB). Sodann war der privilegierte Erwerb zu prüfen.

1. Die erste, im einzelnen unstreitige Erbschaft erfolgte im Jahre 2010 an den Antragsgegner; ausgezahlt wurde die Erbschaft erst im Jahre 2012. Insoweit komme es aber auf den Todesfalltag, und nicht auf die Verfügungsmöglichkeit an (vgl. Klein, Handbuch Familienvermögensrecht 2. Aufl. Rdn. 1698). Dieses Erbe sei im Hinblick auf die Umstellung des Verbraucherpreisindexes im Jahre 2019 mit der sog. Langen Reihe auf den Endvermögensstichtag umzurechnen (vgl. hierzu Gutdeutsch/Hauss, FamRB 2019, 166).

2. Für eine weitere Zuwendung im Jahre 1995 durch die Grossmutter der Antragstellerin an diese trage die Antragstellerin als Begünstigte die vollständige Darlegungs- und Beweislast: Sie müsse sämtliche Tatbestandsmerkmale dartun, die das Vorliegen einer Schenkung begründeten. Zwar dürften die daran zu stellenden Anforderungen nicht überspannt werden; behauptete Schenkungen seien allerdings nicht hinreichend substantiiert dargelegt, wenn konkrete Angaben zu den Modalitäten der Übergabe der Geldbeträge und zu deren weiteren Verwendung fehlten. Dabei müsse auch zum Vermögensmehrungscharakter der Vereinbarung dezidiert vorgetragen werden. Es dürfe sich schliesslich nicht um Einkünfte handeln, da diese keinen vermögensbildenden Charakter hätten. Die blosse Tatsache, dass ein Verwandter Geldbeträge gegeben habe, sei noch nicht ausreichend für eine Vermutung zugunsten einer Schenkung. Solche Erleichterungen sehe das Gesetz in der Familie nur ausnahmsweise vor (etwa § 685 Abs. 2, § 1360b BGB). Auf dem Überweisungsträger der Grossmutter befinde sich im übrigen nur der Hinweis »Umbuchung«; diese Formulierung streite eher gegen denn für eine Schenkung.

3. Bei einer weiteren Erbschaft der Antragstellerin in Höhe von 20.000 € liege ein Testament vor: diese Summe sei jedenfalls auch ausgekehrt worden. 17 Jahre lang sei insoweit die Erbenstellung der Antragstellerin von keiner Seite bestritten worden. Werde nunmehr die Erbschaft in Frage gestellt, müsse dies qualifiziert erfolgen; der Antragsgegner müsse also im Detail erläutern, von welchem Sachverhalt, der gerade nicht der Privilegierung unterliege, er denn ausgehe. Zwar hatte er nunmehr behauptet, dass die Antragstellerin nicht Erbin geworden sei; jedenfalls hatte er aber eingeräumt, dass ihr die 20.000 € auf folgende Weise zugewendet worden seien: Dieser Betrag war bei der Sparkasse angelegt worden. Nach einem Vordruck der Sparkasse hatte die Erblasserin zu Lebzeiten eine entsprechende Verfügung zugunsten der Antragstellerin erstellt. Diese hatte die Vereinbarung schriftlich durch Unterzeichnung angenommen. Nur zu Lebzeiten der Erblasserin konnte diese Regelung durch schriftliche Erklärung widerrufen werden. Ein solcher Widerruf sei jedoch von keinem der Beteiligten vorgetragen worden. Selbst wenn dieser Betrag nicht das gesamte Erbe ausgemacht haben sollte, lägen damit die Voraussetzungen für eine Verfügung für den Todesfall iSv § 1374 bzw. § 2301 BGB vor. Das reiche aus, da dann jedenfalls von einer Schenkung auszugehen sei.

4. Eine weitere Schenkung durch einen Aussenstehenden wurde nicht akzeptiert; insoweit waren die Gesamtumstände durch die Antragstellerin nicht hinreichend dargetan. Hinzu kam, dass der überwiesene Betrag im Zusammenhang mit einer Grundstücksveräusserung an beide Eheleute erfolgte. Damit konnte jedenfalls nicht ausgeschlossen werden, dass die Schenkung beiden Eheleuten galt.

5. Wer sich auf privilegierten Erwerb beruft, trägt die volle Darlegungs- und Beweislast; der blosse Hinweis darauf, dass ein Geldbetrag geflossen sei, reicht keinesfalls aus. Vielfach liegen Zuwendungen im familiären Bereich Erwartungen zugrunde, die einer Geschäftsgrundlage ähneln. Neben der Vernehmung des Schenkers als Zeugen kann manchmal als Indiz auch angeführt werden, dass andere Geschwister in gleicher Höhe bedacht worden sind; dann liegt die Annahme einer Schenkung unter dem Aspekt der Gleichbehandlung nahe. Vielfach werden Zuwendungen geltend gemacht, die zur Deckung des laufenden Lebensbedarfs bestimmt sind; sie gehören zu den Einkünften, und sind daher nicht privilegiert (vgl. § 1374 Abs. 2 letzter Hs. BGB). Wer sich auf privilegierten Erwerb beruft, muss auch nachweisen, dass kein Einkommen vorliegt (vgl. OLG Koblenz FamRZ 2006, 1839 = FuR 2006, 474).

6. Das Gesetz definiert nicht näher, was im Rahmen des § 1374 BGB zu den Einkünften zu rechnen ist. Bei unentgeltlichen Zuwendungen iSd § 1374 Abs. 2 BGB ist deshalb in erster Linie danach zu unterscheiden, ob sie zur Deckung des laufenden Lebensbedarfes dienen, oder ob sie die Vermögensbildung fördern sollen; das wird im Einzelfall unter Berücksichtigung des Anlasses der Zuwendung, der Willensrichtung des Zuwendenden und der wirtschaftlichen Verhältnisse des Zuwendungsempfängers zu beurteilen sein. Dabei werden sich bei grösseren Sachzuwendungen brauchbare Anhaltspunkte für die Beurteilung, ob es sich um Einkünfte handelt, vor allem aus der Prognose gewinnen lassen, mit welcher Wahrscheinlichkeit der Zuwendungsgegenstand, wäre die Ehe in einem überschaubaren Zeitraum nach der Zuwendung gescheitert, noch mit einem nennenswerten Vermögenswert im Endvermögen des begünstigten Ehegatten vorhanden gewesen wäre (BGH FamRZ 2014, 98 = FuR 2014, 170 mwN).

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