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BGB § 1365 -  - FD-Logo-500

BGB § 1365 - Verfügung über Vermögen im Ganzen



BGB § 1365 - Verfügung über Vermögen im Ganzen
(1) Ein Ehegatte kann sich nur mit Einwilligung des anderen Ehegatten verpflichten, über sein Vermögen im Ganzen zu verfügen. Hat er sich ohne Zustimmung des anderen Ehegatten verpflichtet, so kann er die Verpflichtung nur erfüllen, wenn der andere Ehegatte einwilligt.
(2) Entspricht das Rechtsgeschäft den Grundsätzen einer ordnungsmäßigen Verwaltung, so kann das Familiengericht auf Antrag des Ehegatten die Zustimmung des anderen Ehegatten ersetzen, wenn dieser sie ohne ausreichenden Grund verweigert oder durch Krankheit oder Abwesenheit an der Abgabe einer Erklärung verhindert und mit dem Aufschub Gefahr verbunden ist.




 



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Familienvermögensrecht; eheliches Güterrecht; gesetzliches Güterrecht; Verfügung über Vermögen im Ganzen; Verbot der Stellung eines Auflassungsantrages durch einstweilige Anordnung; Wegfall der Beschwerdeführungsbefugnis.

BGB § 1365; GBO § 71

1. Eine einstweilige Anordnung, wonach es einem Beteiligten verboten wird, einen Auflassungsantrag zu stellen, entzieht diesem vorläufig die prozessuale Verfügungsbefugnis.
2. Damit entfällt auch die Beschwerdeführungsbefugnis; die Beschwerde gegen die Zurückweisung des Eintragungsantrages ist daher unzulässig.

OLG München, Beschluß vom 2. Juli 2020 - 34 Wx 555/19

Tenor
1. Die Beschwerde des Beteiligten zu 1) gegen den Beschluß des Amtsgerichts - Grundbuchamt - Rosenheim vom 14.11.2019 wird verworfen.
2. Der Beteiligte zu 1) trägt die in dem Beschwerdeverfahren entstandenen Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten des Beteiligten zu 2).
3. Der Geschäftswert wird auf 425.000 € festgesetzt.

Gründe
I. Der Beteiligte zu 2) ist mit seiner Ehefrau H.-S. als Miteigentümer zu je ½ im Grundbuch eingetragen. Die Eheleute leben getrennt; der Beteiligte zu 2) hat am 6. Juni 2019 Scheidungsantrag gestellt. Mit Vertrag vom 29. Juli 2019 veräußerte H.-S. ihren Miteigentumsanteil an den Beteiligten zu 1), ihren geschiedenen Ehemann. Am 24. Oktober 2019 wurde bei dem Grundbuchamt die Eintragung der Auflassung beantragt. Mit anwaltlichem Schreiben vom 28. Oktober 2019 teilte der Beteiligte zu 2) dem Grundbuchamt mit, daß das Veräußerungsgeschäft gemäß § 1365 BGB zustimmungsbedürftig sei; dem Schreiben beigefügt war eine Auskunft des anwaltlichen Vertreters von H.-S., wonach diese kein Anfangsvermögen hatte, und ihr Endvermögen aus dem halben Miteigentumsanteil der Immobilie besteht. Mit Zwischenverfügung vom 30. Oktober 2019 forderte das Grundbuchamt für den Vollzug die Einreichung der Zustimmung des Beteiligten zu 2) gemäß § 1365 BGB in grundbuchtauglicher Form.

Am 6. November 2019 erließ das Amtsgericht - Familiengericht - Rosenheim auf Antrag des Beteiligten zu 2) eine einstweilige Anordnung, wonach es dem Beteiligten zu 1) verboten wird, einen Auflassungsantrag zum Grundbuch des Amtsgerichts zu stellen. Die Entscheidung wurde darauf gestützt, daß die Unwirksamkeit des Kaufvertrages nach § 1366 Abs. 4 BGB glaubhaft gemacht worden sei. Mit Beschluß vom 14. November 2019 hat das Familiengericht den Antrag des Beteiligten zu 1) auf Aufhebung der einstweiligen Anordnung abgelehnt, da der Kaufvertrag jedenfalls sittenwidrig, und die Auflassung nichtig sei. Ebenfalls mit Beschluß vom 14. November 2019 hat das Grundbuchamt den Antrag vom 22. Oktober 2019 zurückgewiesen, da das Erwerbsverbot ein als zwingend zu beachtendes Eintragungshindernis darstelle.

Am 18. November 2019 hat der Beteiligte zu 1) Erinnerung eingelegt, ferner mit anwaltlichem Schreiben vom 27. November 2019 Beschwerde gegen die Zwischenverfügung vom 30. Oktober 2019. Das Grundbuchamt hat der Beschwerde nicht abgeholfen. Mit Schriftsatz vom 22. Januar 2020 hat der Beteiligte zu 1) die Beschwerde begründet und beantragt, den Beschluß des Amtsgerichts - Grundbuchamt - Rosenheim vom 14. November 2019 aufzuheben, und dem Antrag des Beschwerdeführers auf Auflassung des Miteigentumsanteils an der Flurstücknummer … Gemarkung P. vom 22. Oktober 2019 stattzugeben. Er trägt vor, Umstände, die eine Ehegattenzustimmung des Beteiligten zu 2) erforderlich machen, lägen nicht vor; H.-S. habe weder über ihr gesamtes Vermögen verfügt, noch habe er in dem Zeitpunkt des Vertragsschlusses Kenntnis davon gehabt, daß es sich bei dem zu übertragenden Miteigentumsanteil an dem Grundbesitz um das gesamte Vermögen handeln könnte.

Der Beteiligte zu 2) ist der Beschwerde entgegengetreten und beantragt diese zurückzuweisen. Er ist der Ansicht, das Veräußerungsgeschäft sei gemäß § 1365 BGB zustimmungsbedürftig, da H.-S. außer dem Miteigentumsanteil über kein Vermögen verfüge; ferner verstoße der Kaufvertrag gegen Treu und Glauben und sei sittenwidrig, da er ausschließlich abgeschlossen worden sei, um ihn zu schädigen. Mit Schriftsatz vom 2. Juni 2020 hat er die Aussetzung des Verfahrens gemäß § 148 ZPO bzw. § 148 ZPO analog im Hinblick auf die familiengerichtlichen Verfahren vor dem Amtsgericht beantragt.

II. Die Beschwerde war als unzulässig zu verwerfen.

1. Eine Aussetzung des Verfahrens entsprechend § 21 Abs. 1 FamFG bzw. entsprechend § 148 ZPO - wie von dem Beteiligten zu 2) zuletzt im Hinblick auf die Verfahren vor dem Familiengericht beantragt - findet in grundbuchrechtlichen Eintragungsverfahren nicht statt (Senat MittBayNot 2014, 47; Demharter, GBO 31. Aufl. § 1 Rdn. 74).

2. Das Rechtsmittel ist als unbeschränkte Beschwerde gegen den Beschluß vom 14. November 2019 gemäß § 11 Abs. 1 RPflG iVm § 71 Abs. 1 GBO statthaft. Das Rechtsmittel ist von dem Beteiligten zu 1) im übrigen formgerecht erhoben (§ 73 GBO, § 10 Abs. 2 FamFG).

Die Beschwerde vom 27. November 2019 richtete sich zwar dem Wortlaut nach gegen die Zwischenverfügung vom 30. Oktober 2019; wie sich aus dem Akteninhalt ergibt, war dem anwaltlichen Vertreter zu diesem Zeitpunkt allerdings der Zurückweisungsbeschluß des Grundbuchamtes vom 14. November 2019 noch nicht bekannt. Aus der Beschwerdebegründung vom 22. Januar 2020 ergibt sich eindeutig, daß sich die Beschwerde nunmehr gegen den Zurückweisungsbeschluß des Grundbuchamtes vom 14. November 2019 richtet. Die von dem Beteiligten zu 1) bereits vorher persönlich eingelegte »Erinnerung« hat darüber hinaus kein gesondertes Rechtsschutzziel; die falsche Bezeichnung des Rechtsmittels ist insoweit unschädlich.

3. Der Beteiligte zu 1) ist auch beschwerdeberechtigt: Regelmäßig ist dies jeder, dessen Rechtsstellung durch die Entscheidung des Grundbuchamtes unmittelbar oder mittelbar beeinträchtigt wäre, falls diese in dem von dem Beschwerdeführer behaupteten Sinne unrichtig wäre. Bei Zurückweisung eines Eintragungsantrages ist jeder Antragsberechtigte beschwerdeberechtigt (Demharter, aaO § 71 Rdn. 58 und 63). Als Auflassungsempfänger ist der Beteiligte zu 1) antrags- und damit auch beschwerdeberechtigt.

4. Hiervon zu unterscheiden ist allerdings die Beschwerdeführungsbefugnis und somit die Frage, ob der Beschwerdeberechtigte die Beschwerde (selbst) erheben darf; diese kann eingeschränkt sein oder gänzlich fehlen (Demharter, aaO § 71 Rdn. 60). Die Beschwerdeführungsbefugnis fällt zwar regelmäßig mit der Beschwerdeberechtigung zusammen; sie fehlt aber, wenn dem Beschwerdeberechtigten die Verfügungsmacht hinsichtlich des Vermögensgegenstandes entzogen ist (Hügel/Kramer, GBO 4. Aufl. § 71 Rdn. 217 f). Maßgeblich ist insoweit die Verfügungsbefugnis des Beschwerdeberechtigten. Diese steht dem Beteiligten zu 1) derzeit nicht zu. Vorliegend wurde dem Beteiligten zu 1) durch einstweilige Anordnung des Familiengerichts untersagt, einen Auflassungsantrag zu stellen. Dies ist dahingehend auszulegen, daß dem Beteiligten zu 1) nicht nur untersagt ist, die Eintragung der Auflassung zu beantragen; auch wird damit die Aufrechterhaltung eines bereits gestellten Eintragungsantrages und damit ganz allgemein die Herbeiführung der zu der Vollendung des Rechtserwerbs erforderlichen Eintragung untersagt (RGZ 120, 118; KG Rpfleger 1962, 177; Demharter, aaO § 19 Rdn. 97).

Damit ist es auch verboten, den Antrag im Rahmen der Beschwerde weiterzuverfolgen. Ein solches Erwerbsverbot ist zulässig und begründet, wenn es dem Grundbuchamt bekannt wird, ein in dem Grundbuchverfahren zu beachtendes Eintragungshindernis (BayObLGZ 1997, 55 ff; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht 15. Aufl. Rdn. 1649; Demharter, aaO; Volmer in Kuntze/Ertl/Herrmann/Eickmann, GBO 8. Aufl. § 18 Rdn. 35; BeckOGK/Assmann, [01.05.2020] § 888 BGB Rdn. 107 f). Dem Beteiligten zu 1) ist somit aufgrund der einstweiligen Anordnung die prozessuale Verfügungsbefugnis vorläufig entzogen (Volmer, aaO § 18 Rdn. 36); damit fehlt ihm auch die Beschwerdeführungsbefugnis.

5. Die Regelung des § 878 BGB, wonach nachträgliche Verfügungsbeschränkungen eine abgegebene Erklärung nicht unwirksam machen, steht dem nicht entgegen: Diese Vorschrift betrifft lediglich Verfügungsbeschränkungen des Berechtigten, nicht aber ein Erwerbsverbot auf Seiten des Erwerbers (BayObLG aaO; BeckOGK/Kesseler, [01.04.2020] § 878 BGB Rdn. 10; Kohler in MünchKomm, BGB 8. Aufl. § 878 Rdn. 6; Demharter, aaO; Volmer, aaO).

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 81 Abs. 1 S. 1 FamFG, die Festsetzung des Geschäftswertes auf § 46 Abs. 1 GNotKG.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 78 Abs. 2 GBO) liegen nicht vor.

OLG München 2020-07-02 34 Wx 555/19
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