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BGB § 1568a - Ehewohnung - FD-Logo-500

BGB § 1568a - Ehewohnung




BGB § 1568a - Ehewohnung

(1) Ein Ehegatte kann verlangen, dass ihm der andere Ehegatte anlässlich der Scheidung die Ehewohnung überlässt, wenn er auf deren Nutzung unter Berücksichtigung des Wohls der im Haushalt lebenden Kinder und der Lebensverhältnisse der Ehegatten in stärkerem Maße angewiesen ist als der andere Ehegatte oder die Überlassung aus anderen Gründen der Billigkeit entspricht.
(2) Ist einer der Ehegatten allein oder gemeinsam mit einem Dritten Eigentümer des Grundstücks, auf dem sich die Ehewohnung befindet, oder steht einem Ehegatten allein oder gemeinsam mit einem Dritten ein Nießbrauch, das Erbbaurecht oder ein dingliches Wohnrecht an dem Grundstück zu, so kann der andere Ehegatte die Überlassung nur verlangen, wenn dies notwendig ist, um eine unbillige Härte zu vermeiden. Entsprechendes gilt für das Wohnungseigentum und das Dauerwohnrecht.
(3) Der Ehegatte, dem die Wohnung überlassen wird, tritt
1. zum Zeitpunkt des Zugangs der Mitteilung der Ehegatten über die Überlassung an den Vermieter oder
2. mit Rechtskraft der Endentscheidung im Wohnungszuweisungsverfahren
an Stelle des zur Überlassung verpflichteten Ehegatten in ein von diesem eingegangenes Mietverhältnis ein oder setzt ein von beiden eingegangenes Mietverhältnis allein fort. § 563 Absatz 4 gilt entsprechend.
(4) Ein Ehegatte kann die Begründung eines Mietverhältnisses über eine Wohnung, die die Ehegatten auf Grund eines Dienst- oder Arbeitsverhältnisses innehaben, das zwischen einem von ihnen und einem Dritten besteht, nur verlangen, wenn der Dritte einverstanden oder dies notwendig ist, um eine schwere Härte zu vermeiden.
(5) Besteht kein Mietverhältnis über die Ehewohnung, so kann sowohl der Ehegatte, der Anspruch auf deren Überlassung hat, als auch die zur Vermietung berechtigte Person die Begründung eines Mietverhältnisses zu ortsüblichen Bedingungen verlangen. Unter den Voraussetzungen des § 575 Absatz 1 oder wenn die Begründung eines unbefristeten Mietverhältnisses unter Würdigung der berechtigten Interessen des Vermieters unbillig ist, kann der Vermieter eine angemessene Befristung des Mietverhältnisses verlangen. Kommt eine Einigung über die Höhe der Miete nicht zustande, kann der Vermieter eine angemessene Miete, im Zweifel die ortsübliche Vergleichsmiete, verlangen.
(6) In den Fällen der Absätze 3 und 5 erlischt der Anspruch auf Eintritt in ein Mietverhältnis oder auf seine Begründung ein Jahr nach Rechtskraft der Endentscheidung in der Scheidungssache, wenn er nicht vorher rechtshängig gemacht worden ist.






 



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Überlassung der Ehewohnung nach der Scheidung; fehlende Mitwirkung an der Entlassung aus Mietvertrag; Rechtschutzziel der endgültigen Regelung der Rechtsverhältnisse an der Ehewohnung.

Einem Antrag auf Überlassung der Ehewohnung gemäss § 1568a BGB fehlt nicht das Rechtsschutzbedürfnis, wenn sich die Eheleute zwar prinzipiell über die künftige Nutzung der Ehewohnung einig sind, der Antragsgegner jedoch nicht an der Entlassung aus dem Mietverhältnis gemäss § 1568a Abs. 3 S. 1 Nr. 2 BGB mitwirkt, da eine endgültige Regelung der Rechtsverhältnisse an der Ehewohnung verlangt wird.

OLG Hamburg, Beschluß vom 3. Dezember 2020 - 12 UF 131/20

Anmerkungen

Der Antragsgegner war bereits vor der Scheidung seiner Ehe aus der Ehewohnung ausgezogen, die die Eheleute von dem Vater der Antragstellerin angemietet hatten. Diese und die gemeinsame Tochter lebten weiterhin in der Wohnung. Der Antragsgegner beteiligte sich noch für einige Monate an der Miete, und meldete sich dann bei dem Verwalter der Wohnung »offiziell ab«. Die Verwaltung wies ihn darauf hin, dass damit keine Teilkündigung vorliege, und fragte an, ob diese noch geplant sei, was der Antragsgegner beantwortete: »Das sei nicht nötig«. Die Antragstellerin liess den Antragsgegner nunmehr auffordern, das Mietverhältnis über den Verwalter zu beenden, und ihr die Schlüssel zur Wohnung auszuhändigen. Da er nicht reagierte, hat das FamG der Antragstellerin die Ehewohnung zugewiesen.

Das OLG hat auf die Beschwerde des Antragsgegners die Zuweisung der Ehewohnung durch das FamG bestätigt, mit der Massgabe, dass der Antragsgegner die von beiden angemietete Wohnung der Antragstellerin überlässt, und das Mietverhältnis von der Antragstellerin allein fortgesetzt wird. Auch wenn sich die Ehegatten einig seien, dass die Antragstellerin die Ehewohnung allein weiter nutzen solle, könne sie die Zuweisung der Wohnung durch das Gericht beanspruchen, denn der Antragsgegner habe an seiner Entlassung aus dem Mietverhältnis nicht ausreichend mitgewirkt; somit liege somit keine vollständige Einigung über den Anspruch des § 1568a Abs. 1 BGB und dessen Rechtsfolgen gemäss § 1568a Abs. 3 S. 1 Nr. 2 BGB vor.

Zwar sei bislang nicht abschliessend geklärt, ob ein auf § 1568a Abs. 1 BGB gestützter Leistungsantrag ausscheidet, wenn Einigkeit der Ehegatten darüber bestehe, dass ein Ehegatte die Ehewohnung allein weiternutzt, es aber weder zu einer gemeinsamen Mitteilung an den Vermieter noch zu einer einvernehmlichen dreiseitigen Abänderung des Mietvertrags komme. So werde etwa auf den Anspruch auf Mitwirkung an einer Mitteilung der Eheleute nach § 1568a Abs. 3 Nr. 1 BGB verwiesen, der als sonstige Familiensache nach § 266 FamFG geltend gemacht werden könne (u.a. OLG Hamm FamRZ 2016, 1688). Bei der Ermittlung des Rechtsschutzbedürfnisses für den Leistungsantrag sei jedoch zu berücksichtigen, dass mit der Entscheidung über die Überlassung der Ehewohnung gemäss § 1568a Abs. 3 S. 1 Nr. 2 BGB das Mietverhältnis von Gesetzes wegen umgestaltet wird; aufgrund dieses kombinierten Rechtsschutzziels könne daher einem Antrag auf Überlassung der Wohnung in einer Ehewohnungssache gemäss § 200 Abs. 1 Nr. 2 FamFG nicht das Rechtsschutzbedürfnis abgesprochen werden.

Vorliegend habe der Antragsgegner nicht in ausreichender Weise gegenüber dem Vermieter erklärt, dass die Antragstellerin das Mietverhältnis alleine fortsetzte. Die Erklärungen gegenüber dem Vermieter könnten zwar in getrennter Form abgegeben werden; inhaltlich müsse jedoch eindeutig zum Ausdruck kommen, dass eine Überlassung der Wohnung erfolgt, und welcher Ehegatte künftig nutzungsberechtigt ist. Dem sei der Antragsgegner auch auf Rückfragen des Vermieters nicht nachgekommen.

Hinweise
Grundsätzlich gilt, dass bei Einigkeit der Ehegatten über die künftige Nutzung der Ehewohnung kein Ehewohnungsverfahren statthaft ist; dementsprechend hat der Gesetzgeber anlässlich der Reform von 2009 klargestellt, dass die Mitteilung der Ehegatten an den Vermieter über die Überlassung der Ehewohnung ausreichend ist (§ 1568a Abs. 3 S. 1 Nr. 1 BGB). Allerdings muss diese Mitteilung so vollständig und klar sein, dass für die drei Beteiligten des Mietverhältnisses sicher ist, wie und mit wem das Mietverhältnis fortgesetzt werden soll. Fehlt es an dieser Klarheit, kann der die Wohnung beanspruchende Ehegatte die Überlassung der Wohnung in einem gerichtlichen Ehewohnungsverfahren klären.

Nachdem der BGH in seinem Beschluss vom 10.03.2021 (FamRZ 2021, 834) darauf erkannt hat, dass über den klaren Wortlaut des § 1568a Abs. 6 BGB hinaus auch ein Anspruch nach § 1568a Abs. 1 und 2 BGB auf Überlassung der Ehewohnung bereits ein Jahr nach Rechtskraft der Ehescheidung erlischt, wenn er nicht vorher rechtshängig gemacht worden ist, verkürzt sich die Zeit nach der Scheidung für eine Klärung der Rechtsverhältnisse an der Ehewohnung im Rahmen einer Ehewohnungssache iSv § 200 Abs. 1 FamFG auf diese kurze Spanne; danach lassen sich Fragen der Wohnungsnachfolge nur noch als sonstige Familienstreitsache nach § 266 FamFG verfolgen, jedoch ohne den Überlassungsanspruch nach § 1568a Abs. 1 und 2 BGB als Grundlage, und ohne die pauschalierten Gegenstandswerte nach § 48 FamGKG.

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