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FamFG § 63 - Beschwerdefrist - FD-Logo-500

FamFG § 63 - Beschwerdefrist



FamFG § 63 - Beschwerdefrist
(1) Die Beschwerde ist, soweit gesetzlich keine andere Frist bestimmt ist, binnen einer Frist von einem Monat einzulegen.
(2) Die Beschwerde ist binnen einer Frist von zwei Wochen einzulegen, wenn sie sich gegen folgende Entscheidungen richtet:
1. Endentscheidungen im Verfahren der einstweiligen Anordnung oder
2. Entscheidungen über Anträge auf Genehmigung eines Rechtsgeschäfts.
(3) Die Frist beginnt jeweils mit der schriftlichen Bekanntgabe des Beschlusses an die Beteiligten. Kann die schriftliche Bekanntgabe an einen Beteiligten nicht bewirkt werden, beginnt die Frist spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach Erlass des Beschlusses.




 



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Verfahrensrecht; Beschwerdefrist des § 63 FamFG; unzulässig vor Erlaß eines Beschlusses eingelegte Beschwerde.

FamFG § 63

Eine vor der Verkündung eines Beschlusses eingelegte Beschwerde ist unzulässig, und bleibt auch unzulässig, wenn der Beschluß hernach noch wirksam erlassen wird.

OLG Brandenburg, Beschluß vom 23. Juni 2021 - 13 UF 62/21

Tenor
1. Der Antrag des Antragsgegners, ihm wegen der Versäumung der Beschwerdefrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wird verworfen.
2. Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluß des Amtsgerichts - Familiengericht - Nauen vom 24.03.2021 (24 F 223/20) wird verworfen.
3. Der Antragsgegner trägt die Kosten seines Rechtsmittels.
4. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 3.000 € festgesetzt.

Gründe
I. Die Beteiligten - innerhalb der Ehewohnung getrennt voneinander lebende Ehegatten - erstreben jeweils die Zuweisung der Ehewohnung zur alleinigen Nutzung für die Dauer des Getrenntlebens an sich. Die Wohnung steht im Alleineigentum der Antragstellerin. In der Wohnung lebt noch der im Jahre 2006 geborene jüngere Sohn der Beteiligten, V. M. Die Antragstellerin hat geltend gemacht, das Zusammenleben mit dem Antragsgegner gestalte sich aufgrund dessen verbaler Ausfälligkeiten für sie und den gemeinsamen Sohn unerträglich. Sie hat beantragt,

1. ihr die in ihrem Alleineigentum stehende eheliche Wohnung der Beteiligten im A. Weg 15 in S. zur alleinigen Nutzung zuzuweisen,

2. den Antragsgegner zu verpflichten, die in Ziffer 1. bezeichnete Wohnung zu räumen und an sie herauszugeben, unter gleichzeitigem Verbot, die Wohnung gegen ihren Willen zu betreten,

3. den Antragsgegner zu verpflichten, alle zu der unter Ziffer 1. bezeichneten Ehewohnung gehörenden Schlüssel, insbesondere den Haustürschlüssel, den Wohnungsschlüssel, den Torschlüssel, den Kellerschlüssel sowie den Briefkastenschlüssel an die Antragstellerin herauszugeben.

Der Antragsgegner hat beantragt, ihm die bisher durch ihn und die Antragstellerin zusammen mit dem gemeinsamen Sohn V. M. bewohnte Wohnung im A. Weg 15 in S. zur gemeinsamen Nutzung mit seinem Sohn zuzuweisen, und die Antragstellerin zu verpflichten, die vorbezeichnete Wohnung zu räumen und an ihn herauszugeben, bei gleichzeitigem Verbot, die Wohnung gegen seinen Willen zu betreten, sowie sämtliche zur vorbezeichneten Wohnung gehörenden Schlüssel an ihn herauszugeben. Der von dem Antragsgegner noch an dem Tage des Verkündungstermins eingereichte Schriftsatz vom 24. März 2021 ist dem erkennenden Abteilungsrichter nicht mehr vor der Verkündung zur Kenntnis gelangt.

Mit dem angefochtenen Beschluß hat das Amtsgericht - Familiengericht - Nauen die Wohnung der Antragstellerin für die Dauer des Getrenntlebens alleine zugewiesen, und den Antragsgegner zur Räumung bis zum 31. Mai 2021 verpflichtet. Der angefochtene Beschluß ist dem Antragsgegner an seinen Verfahrensbevollmächtigten am 26. März 2021 zugestellt worden.

Mit am 27. April 2021 um 00:00:06 signiertem, auf dem Server des Amtsgerichts Nauen am 27. April 2021 um 00:01:20 Uhr eingegangenem Schriftsatz hat der Antragsgegner (vorsorglich) Beschwerde eingelegt, sowie beantragt, die Anordnung der sofortigen Wirksamkeit der angefochtenen Entscheidung aufzuheben. Mit dem Beschwerdeschriftsatz hat er erklärt, der am 24. März 2021 vor der Verkündung des angefochtenen Beschlusses eingereichte Schriftsatz möge als Beschwerde gegen den angefochtenen Beschluß ausgelegt werden.

Der Senat hat den Antragsgegner durch ihm am 7. Mai 2021 zugestellte Verfügung auf die Versäumung der Beschwerdefrist sowie darauf hingewiesen, daß eine Umdeutung seines Schriftsatzes vom 24. März 2021 in eine rechtzeitige Beschwerde nicht in Betracht kommen kann. Mit Schriftsatz vom 21. Mai 2021 hat der Antragsgegner Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Beschwerdefrist beantragt. Er habe die Frist unverschuldet infolge technischer Schwierigkeiten seines Bevollmächtigten mit dem besonderen Anwaltspostfach versäumt.

Mit Beschluß vom 1. Juni 2021 hat der Senat den Antrag des Antragsgegners auf Aussetzung der Anordnung der sofortigen Wirksamkeit des angefochtenen Beschlusses abgelehnt. In den Beschlußgründen hat er auf die Unzulässigkeit der Beschwerde und des Wiedereinsetzungsantrages sowie auf seine Absicht, ohne erneute mündliche Verhandlung zu entscheiden, hingewiesen. Der Senat entscheidet, dieser Ankündigung folgend, ohne erneute mündliche Verhandlung. Die Beteiligten haben sich schriftlich geäußert. Es ist nicht ersichtlich, welchen Erkenntnisfortschritt eine mündliche Erörterung für die hier zu entscheidenden Fragen bringen könnte.

II. 1. Die Beschwerde ist unzulässig. Die mit der Zustellung am 26. März 2021 begonnene Monatsfrist für die Beschwerdeeinlegung (§ 63 Abs. 1 und 3 FamFG) hat der Antragsgegner mit der erst am 27. April 2021 bei dem Amtsgericht eingereichten Beschwerde versäumt. Die Frist ist mit dem 26. April 2021 abgelaufen.

Der vor der Verkündung des angefochtenen Beschlusses am 24. März 2021 eingereichte Schriftsatz des Antragsgegners vom 24. März 2021 kann nicht als - zulässige - Beschwerde ausgelegt werden, denn eine vor der Verkündung eines Beschlusses eingelegte Beschwerde ist unzulässig. Sie bleibt auch unzulässig, wenn der Beschluß hernach noch wirksam erlassen wird (vgl. Rimmelspacher in MünchKomm, ZPO 6. Aufl. § 511 Rdn. 12); zudem fehlt es dem Schriftsatz vom 24. März 2021 an den Voraussetzungen des § 64 Abs. 2 S. 3 FamFG, denn weder ist der angefochtene Beschluß bezeichnet, noch enthält der Schriftsatz die Erklärung, daß Beschwerde gegen diesen Beschluß eingelegt werde.

2. Der Wiedereinsetzungsantrag vom 21. Mai 2021 ist unzulässig, weil für diesen Antrag die zweiwöchige Frist des § 18 Abs. 1 S. 1 FamFG nicht eingehalten worden ist.

Nach dieser Vorschrift beginnt die Wiedereinsetzungsfrist mit dem Tag, an dem das Hindernis - hier also die Unkenntnis von der Verspätung der Beschwerdeeinlegung - behoben ist. Dabei ist ein Hindernis nicht erst bei Kenntnis des wahren Sachverhalts entfallen; es ist iSv § 18 Abs. 1 FamFG auch behoben, sobald die Unkenntnis und damit die Verhinderung nicht mehr unverschuldet sind (BGH FamRZ 1996, 934 = EzFamR ZPO § 234 Nr. 8 = BGHF 10, 63; NJW-RR 2004, 282; 2005, 76; 2005, 923; Pabst in MünchKomm, FamFG § 18 Rdn. 13). Die Wiedereinsetzungsfrist beginnt deshalb spätestens mit dem Zeitpunkt, in dem der verantwortliche Rechtsanwalt bei Anwendung der unter den gegebenen Umständen von ihm zu erwartenden Sorgfalt die eingetretene Säumnis hätte erkennen können und müssen (BGH FamRZ 1996, 934 = EzFamR ZPO § 234 Nr. 8 = BGHF 10, 63; vgl. auch BGH NJW-RR 2010, 1000; zuletzt BGH MDR 2011, 1208; OLG Nürnberg BeckRS 2013, 6154). Gemessen hieran begann die zweiwöchige Frist am 27. April 2021, und war in dem Zeitpunkt der Antragstellung vom 21. Mai 2021 bereits abgelaufen.

Ausweislich des Transfervermerks des Verfahrensbevollmächtigten des Antragsgegners vom 27. April 2021 hat dieser die Übermittlung der Beschwerdeschrift vom 26. April 2021 erst am 27. April 2021 um 00:00:06 Uhr - mithin nach Ablauf der Beschwerdefrist - signiert. Anhaltspunkte für eine unverschuldete Unkenntnis des Verfahrensbevollmächtigten von dem Zeitpunkt seiner Signatur erst nach dem Ablauf der Beschwerdefrist sind weder dargelegt, noch sonst ersichtlich. Von einem sorgfältig arbeitenden Rechtsanwalt ist aber zu erwarten, daß er sich, gerade wenn er ein Rechtsmittel erst Minuten oder Sekunden vor Fristablauf - oder gar danach - übermittelt, vergewissert, ob sein Rechtsmittel noch fristgemäß bei dem Empfänger eingeht. Hätte der Verfahrensbevollmächtigte diese Prüfung angestellt, wäre ihm aufgefallen, daß die Übermittlung seiner Rechtsmittelschrift erst nach Fristablauf begonnen hat, und damit verspätet sein muß. Damit begann die Ausschlußfrist des § 18 Abs. 1 FamFG an dem Folgetag zu laufen. Zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen wird im Übrigen auf die Gründe des Senatsbeschlusses vom 1. Juni 2021 Bezug genommen.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 84 FamFG.

Die Entscheidung zum Verfahrenswert beruht auf § 48 Abs. 1 FamGKG.

Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen nicht vor.

OLG Brandenburg 2021-06-23 - 13 UF 62/21
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Anmerkungen

Die Beteiligten - innerhalb der Ehewohnung getrennt voneinander lebende Ehegatten - erstreben jeweils die Zuweisung der Ehewohnung zur alleinigen Nutzung für die Dauer des Getrenntlebens an sich. Die Wohnung steht im Alleineigentum der Antragstellerin; in der Wohnung lebt noch der im Jahre 2006 geborene jüngere Sohn der Beteiligten. Mit dem angefochtenen Beschluß hat das AmtsG die Wohnung der Antragstellerin für die Dauer des Getrenntlebens alleine zugewiesen, und den Antragsgegner zur Räumung verpflichtet. Der Senat hat die Beschwerde des Antragsgegners als unzulässig verworfen.

1. Der vor der Verkündung des angefochtenen Beschlusses eingereichte Schriftsatz des Antragsgegners könne nicht als zulässige Beschwerde ausgelegt werden, denn eine vor der Verkündung eines Beschlusses eingelegte Beschwerde sei unzulässig, und bleibe auch unzulässig, wenn der Beschluß hernach noch wirksam erlassen wird; zudem fehlten diesem Schriftsatz die Voraussetzungen des § 64 Abs. 2 S. 3 FamFG, denn weder sei der angefochtene Beschluß bezeichnet, noch enthalte der Schriftsatz die Erklärung, daß Beschwerde gegen diesen Beschluß eingelegt werde.

2. Der Wiedereinsetzungsantrag sei unzulässig, weil für diesen Antrag die zweiwöchige Frist des § 18 Abs. 1 S. 1 FamFG nicht eingehalten sei. » Nach dieser Vorschrift beginnt die Wiedereinsetzungsfrist mit dem Tag, an dem das Hindernis - hier also die Unkenntnis von der Verspätung der Beschwerdeeinlegung - behoben ist; dabei ist ein Hindernis nicht erst bei Kenntnis des wahren Sachverhalts entfallen; es ist iSv § 18 Abs. 1 FamFG auch behoben, sobald die Unkenntnis und damit die Verhinderung nicht mehr unverschuldet sind (BGH FamRZ 1996, 934; NJW-RR 2004, 282; 2005, 76; 2005, 923). Die Wiedereinsetzungsfrist beginnt deshalb spätestens mit dem Zeitpunkt, in dem der verantwortliche Anwalt bei Anwendung der unter den gegebenen Umständen von ihm zu erwartenden Sorgfalt die eingetretene Säumnis hätte erkennen können und müssen (BGH FamRZ 1996, 934; vgl. auch BGH NJW-RR 2010, 1000; zuletzt BGH MDR 2011, 1208).

Ausweislich des Transfervermerks des Verfahrensbevollmächtigten des Antragsgegners vom 27.04.2021 hat dieser die Übermittlung der Beschwerdeschrift vom 26.04.2021 erst am 27.04.2021 um 00:00:06 Uhr - mithin nach Ablauf der Beschwerdefrist - signiert. Anhaltspunkte für eine unverschuldete Unkenntnis des Verfahrensbevollmächtigten von dem Zeitpunkt seiner Signatur erst nach dem Ablauf der Beschwerdefrist sind weder dargelegt, noch sonst ersichtlich. Von einem sorgfältig arbeitenden Rechtsanwalt ist aber zu erwarten, daß er sich, gerade wenn er ein Rechtsmittel erst Minuten oder Sekunden vor Fristablauf - oder gar danach - übermittelt, vergewissert, ob sein Rechtsmittel noch fristgemäß bei dem Empfänger eingeht. Hätte der Verfahrensbevollmächtigte diese Prüfung angestellt, wäre ihm aufgefallen, daß die Übermittlung seiner Rechtsmittelschrift erst nach Fristablauf begonnen hat, und damit verspätet sein muß. Damit begann die Ausschlußfrist des § 18 Abs. 1 FamFG am Folgetag zu laufen. «

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