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BGB § 313 - Unbenannte ehebedingte Zuwendungen - FD-Logo-500

BGB § 313 - Störung der Geschäftsgrundlage



BGB § 313 - Störung der Geschäftsgrundlage

(1) Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kann Anpassung des Vertrags verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.
(2) Einer Veränderung der Umstände steht es gleich, wenn wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, sich als falsch herausstellen.
(3) Ist eine Anpassung des Vertrags nicht möglich oder einem Teil nicht zumutbar, so kann der benachteiligte Teil vom Vertrag zurücktreten. An die Stelle des Rücktrittsrechts tritt für Dauerschuldverhältnisse das Recht zur Kündigung.




 



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Familienvermögensrecht; Abgrenzung zwischen Rechtsgeschäft und Zuwendung unter Ehegatten.

BGB §§ 242, 313, 488, 812; FamFG § 266

1. Eine Zuwendung unter Ehegatten ist kein eheneutrales Rechtsgeschäft, sondern eine ehebezogene Zuwendung, wenn ein Ehegatte dem anderen einen Vermögenswert um der Ehe willen und als Beitrag zu der Verwirklichung und Ausgestaltung, Erhaltung oder Sicherung der ehelichen Lebensgemeinschaft zukommen läßt, wobei er die Vorstellung oder Erwartung hegt, daß die eheliche Lebensgemeinschaft Bestand haben, und er innerhalb dieser Gemeinschaft an dem Vermögenswert und dessen Früchten weiter teilhaben werde.
2. In der Regel ist davon auszugehen, daß Zuwendungen (auch) größerer Vermögenswerte unter Ehegatten keine »eheneutralen« Rechtsgeschäfte wie etwa Schenkungen oder Darlehen sind, sondern der ehelichen Lebensgemeinschaft dienende, ehebedingte Zuwendungen sind.
3. Maßgeblich für die Abgrenzung zwischen einem Rechtsgeschäft und einer Zuwendung unter Ehegatten ist der Parteiwille. Bei der zu der Ermittlung des Parteiwillens heranzuziehenden Auslegung des Parteiverhaltens muß im Rahmen einer bestehenden Ehe sorgfältig geprüft werden, ob nicht die Förderung der ehelichen Lebensgemeinschaft so sehr das Geschehen prägt, daß die Zuwendung unter Ehegatten vorrangig gegenüber einer anderen Einordnung ist.
4. Für eine Einordnung als eheneutrales Rechtsgeschäft, nicht als ehebedingte Zuwendung muß sich ein anderweitiger Rechtsbindungswille deutlich manifestieren.

OLG Frankfurt, Hinweisbeschluß vom 13. Januar 2020 - 8 UF 167/19

Tenor
1. Gemäß §§ 117 Abs. 3, 68 Abs. 3 S. 2 FamFG wird darauf hingewiesen, daß der Senat beabsichtigt, von weiteren Verfahrensschritten abzusehen, ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden, und die Beschwerde zurückzuweisen.
2. Schriftsätze können eingereicht werden bis zum 14.02.2020.
3. Termin zur Verkündung einer Entscheidung wird bestimmt auf Freitag, den 28.02.2020.

Gründe
I. Die Beteiligten, getrennt lebende Ehegatten, streiten um die Rückzahlung einer vor der Trennung getätigten Überweisung der Antragstellerin auf das Konto des Antragsgegners.

Die Beteiligten schlossen im Jahre 2009 ihre Ehe. Sie leben im gesetzlichen Güterstand, wobei dieser durch einen notariellen Vertrag vom 2. Dezember 2009 modifiziert wurde, der im wesentlichen das Betriebsvermögen des Antragsgegners, sowie künftige Erwerbe von Dritten von Todes wegen oder aufgrund Schenkung von dem Zugewinnausgleich ausnimmt. Zu der Frage eines Auskunftsanspruchs der hiesigen Antragstellerin zu dem Betriebsvermögen des Antragsgegners ist vor dem Senat ein Verfahren rechtshängig.

Der Antragsgegner ist als selbständiger Steuerberater tätig; in seiner Kanzlei war die Antragstellerin zeitweise auf 400-Euro-Basis beschäftigt. Am 13. Oktober 2010 überwies die Antragstellerin dem Antragsgegner einen Betrag von 12.500 € auf dessen Konto, welches in der Ehe zugleich als dessen Privat- und Geschäftskonto diente. Der Verwendungszweck dieser Überweisung war mit »Darlehen« benannt. Von dem Geld wurde ein Fahrzeug X angeschafft. Das Fahrzeug diente während der Ehe überwiegend als Auto der Familie; es wurde als gewillkürtes Betriebsvermögen in dem Steuerberaterbüro des Antragsgegners geführt. Vor der Trennung hatte die Antragstellerin keine Rückzahlung eingefordert. Mittlerweile hat das Fahrzeug keinen wirtschaftlichen Wert mehr.

Die Eheleute trennten sich im August 2016 zunächst innerhalb der Ehewohnung. Mit Schriftsatz vom 25. August 2016 kündigte die Antragstellerin an, daß der Betrag zu einem späteren Zeitpunkt von dem Antragsgegner an die Antragstellerin zurückgewährt werden müsse. Mit vorgerichtlichem Schriftsatz vom 7. Mai 2018 kündigte sie das »Darlehen«, und forderte den Antragsteller zur Rückzahlung bis zum 14. Mai 2018 auf. Sie meint, daß der dem Antragsgegner überwiesene Betrag als Darlehen zu bewerten sei, welches sie wirksam gekündigt habe, weshalb der Betrag zur Rückzahlung fällig sei. Selbst wenn es sich um kein Darlehen handeln würde, läge eine Zahlung ohne Rechtsgrund vor, weshalb sich eine Rückzahlungsverpflichtung aus Bereicherungsrecht ergäbe. Mit Antragsschriftsatz vom 7. Dezember 2018 beantragte die Antragstellerin, den Antragsgegner zu verpflichten, an die Antragstellerin 12.500 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15. Mai 2018 zu zahlen.

Der Antragsgegner beantragt Zurückweisung des Antrages. Er meint, daß es sich nicht um ein Darlehen handelte, sondern daß die Beteiligten sich darüber einig waren, daß die Zahlung der Verwirklichung der ehelichen Lebensgemeinschaft dienen sollte, und es keinen entsprechenden Rechtsbindungswillen für den Abschluß eines Darlehensvertrages gegeben habe.

Im Rahmen der informatorischen Anhörung der Beteiligten vor dem Amtsgericht - Familiengericht - Hanau erklärte die Antragstellerin, daß der Fahrzeugkauf ohne ihren Zahlungsbeitrag nicht möglich gewesen wäre, das Auto von Anfang an auf die Steuerkanzlei angemeldet war, und wie beabsichtigt für die Kanzlei und privat genutzt wurde. Der Antragsgegner erklärte, daß er vor der Trennung für die Familie die Urlaube und die Anschaffungen für das Haus sowie die beiden Kinder finanziert habe. Es sei nie die Rede davon gewesen, daß das Geld als Darlehen gewährt werde, oder in irgendeiner Form zurückgezahlt werden müsse. Es habe Einigkeit darüber geherrscht, daß keine Rückzahlung erfolgen solle, da er genug Geld in die Ehe eingebracht habe.

Mit dem angefochtenen Beschluß vom 7. Juni 2019 (64 F 1845/18) hat das Amtsgericht den Antrag zurückgewiesen. Ein Darlehensvertrag sei weder ausdrücklich noch konkludent geschlossen worden. Ein Anspruch der Antragstellerin wegen einer ehebedingten Zuwendung ergäbe sich auch nicht, da eine Anpassung der Geschäftsgrundlage wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage aufgrund Fehlens einer Vermögensmehrung bzw. fehlender Untragbarkeit des Ergebnisses nicht gegeben sei. Wegen der weiteren Begründung wird auf den angefochtenen Beschluß Bezug genommen. Der Beschluß wurde der Antragstellerin am 1. Juli 2019 zugestellt.

Mit der am 17. Juli 2019 bei dem Amtsgericht eingegangenen Beschwerde verfolgt die Antragstellerin ihren Antrag unter Wiederholung und Vertiefung der erstinstanzlichen Begründung weiter. Sie beantragt:

» Unter Aufhebung des Beschlusses des Amtsgerichts - Familiengericht - Hanau vom 07.06.2019 wird der Antragsgegner verurteilt, an die Antragstellerin 12.500 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.05.2018 zu zahlen. «

Der Antragsgegner verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung und beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II. Der Senat beabsichtigt, die zulässige Beschwerde (§§ 117, 58 ff FamFG) ohne erneute mündliche Verhandlung (§ 68 Abs. 3 S. 2 FamFG) zurückzuweisen, da die Antragstellerin aus keiner möglichen Anspruchsgrundlage einen Rückzahlungsanspruch gegen den Antragsgegner hinsichtlich der überlassenen 12.500 € habe. Im einzelnen:

Ein Darlehensvertrag iSd §§ 488 ff BGB liegt zwischen den Beteiligten nicht vor. Zuwendungen unter Eheleuten können rechtlich unterschiedlich zu qualifizieren sein, je nachdem, ob sie der Verfolgung eines bestimmten Geschäftszwecks oder der Verwirklichung der ehelichen Lebensgemeinschaft dienen. Im ersten Fall handelt es sich um »eheneutrale« Zuwendungen, deren rechtliche Einordnung den Regeln folgt, die die Eheleute als Basis für ihr Rechtsgeschäft vereinbart haben (Berger in MünchKomm, BGB 8. Aufl. Vorbem. zu § 488 Rdn. 38).

Dienen dagegen Zahlungen eines Ehepartners nicht einem bestimmten Geschäftszweck, sondern der Verwirklichung der ehelichen Lebensgemeinschaft, so liegt eine ehebezogene Zuwendung vor (OLG Köln FamRZ 2000, 227). Eine Zuwendung unter Ehegatten ist kein eheneutrales Rechtsgeschäft, sondern ehebezogene Zuwendung, wenn ein Ehegatte dem anderen einen Vermögenswert um der Ehe willen und als Beitrag zur Verwirklichung und Ausgestaltung, Erhaltung oder Sicherung der ehelichen Lebensgemeinschaft zukommen läßt, wobei er die Vorstellung oder Erwartung hegt, daß die eheliche Lebensgemeinschaft Bestand haben, und er innerhalb dieser Gemeinschaft an dem Vermögenswert und dessen Früchten weiter teilhaben werde (BGH FamRZ 2006, 1022 = NJW 2006, 2330). Unabhängig von der von den Parteien gewählten Bezeichnung - also selbst dann, wenn die Eheleute den Begriff »Darlehen« verwenden - handelt es sich dann weder um einen Darlehens-, noch um einen Schenkungsvertrag, sondern um ein ehebezogenes Rechtsgeschäft eigener Art (Berger, aaO Rdn. 39). Im Rahmen ihrer privatautonomen Gestaltungsmacht steht es Ehegatten frei, Darlehen oder Schenkungen untereinander zu vereinbaren (vgl. BGH NJW 1982, 1093 = BGHF 2, 976 zur Schenkung).

Maßgeblich für die Abgrenzung zwischen einem Rechtsgeschäft und einer Zuwendung unter Ehegatten ist der Parteiwille (BGH FamRZ 1992, 293 = EzFamR BGB § 242 Nr. 15 = BGHF 7, 1056; 2008, 1404 = NJW 2008, 2333 zu der Feststellung des Parteiwillens bei nichtehelicher Lebensgemeinschaft für den Abschluß eines Leihvertrages; Koch in MünchKomm, BGB 8. Aufl. § 516 Rdn. 63). In der Regel ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, der sich der Senat anschließt, jedoch davon auszugehen, daß Zuwendungen (auch) größerer Vermögenswerte unter Ehegatten keine »eheneutralen« Rechtsgeschäfte wie etwa Schenkungen oder Darlehen, sondern der ehelichen Lebensgemeinschaft dienende, ehebedingte Zuwendungen sind (BGH FamRZ 1990, 600 = EzFamR BGB § 242 Nr. 12 = BGHF 7, 4; 1992, 293 = EzFamR BGB § 242 Nr. 15 = BGHF 7, 1056; so auch OLG Hamm NJW-RR 1993, 706; OLG Köln FamRZ 2000, 227; KG FamRZ 2010, 33; OLG Saarbrücken FamRZ 2010, 297; Freitag in Staudinger, BGB [2015] § 488 Rdn. 63).

Bei der zu der Ermittlung des Parteiwillens heranzuziehenden Auslegung des Parteiverhaltens muß im Rahmen einer bestehenden Ehe sorgfältig geprüft werden, ob nicht die Förderung der ehelichen Lebensgemeinschaft so sehr das Geschehen prägt, daß die Zuwendung unter Ehegatten vorrangig gegenüber einer anderen Einordnung ist (OLG Köln FamRZ 2000, 227). Für eine Einordnung als eheneutrales Rechtsgeschäft, nicht als ehebedingte Zuwendung muß sich ein anderweitiger Rechtsbindungswille deutlich manifestieren (OLG Saarbrücken FamRZ 2010, 297). Daß die Zuwendung unter Ehegatten der ehelichen Lebensgemeinschaft dienen sollte, bedarf der tatrichterlichen Feststellung (BGH FamRZ 2006, 1022 = NJW 2006, 2330).

Für den Abschluß eines Darlehensvertrages spricht vorliegend einzig der als Indiz für einen entsprechenden Rechtsbindungswillen heranzuziehende Verwendungszweck in dem Überweisungsträger (dazu OLG Frankfurt, Beschluß vom 18. Januar 2011 - 14 W 118/10 - juris; Wever, Vermögensauseinandersetzung der Ehegatten außerhalb des Güterrechts 7. Aufl. Rdn. 901), auf dem »Darlehen« als Bezeichnung gewählt wurde. Dieses Indiz ist vorliegend aber entkräftet, weil nach den insoweit übereinstimmenden Angaben der Ehegatten im Rahmen der informatorischen Anhörung vor dem Amtsgericht vor der Trennung weder über eine Rückzahlung gesprochen, noch diese Rückzahlung bis zu der Trennung jemals eingefordert wurde; insbesondere sollten die von der Antragstellerin überlassenen Geldmittel auch von vornherein für die Anschaffung eines überwiegend für die Familie gebrauchten Fahrzeugs genutzt werden, und sie wurden so auch genutzt. Gerade diese geplante und vollzogene familiäre Nutzung des überlassenen Geldbetrages spricht dafür, die Zahlung nach den äußeren Umständen als Beitrag zu der Verwirklichung und Ausgestaltung der ehelichen Lebensgemeinschaft zu werten, da die Antragstellerin tatsächlich auch an dem Vermögenswert und dessen familiärer Nutzung teilhatte.

Daß das Fahrzeug steuerrechtlich - bei betrieblicher Nutzung von mehr als 10% auch steuerrechtlich zulässig (vgl. BFH NJW 2004, 319) - trotz überwiegender Privatnutzung als gewillkürtes Betriebsvermögen der Steuerberaterkanzlei behandelt wurde, ändert an der zivilrechtlichen Qualifizierung des Parteihandelns nichts.

Auch aus anderen Rechtsgrundlagen als einem Darlehensvertrag kommt ein Rückforderungsanspruch der Antragstellerin nicht in Betracht. Grundsätzlich ist zwar auch eine Rückabwicklung einer ehebedingten Zuwendung denkbar; jedoch ist der gesetzliche Zugewinnausgleich grundsätzlich vorrangig, und verdrängt das Institut des Wegfalls der Geschäftsgrundlage (BGH FamRZ 1991, 1169 = EzFamR BGB § 242 Nr. 13 = BGHF 7, 959; Wever, aaO Rdn. 950). Für diese Fälle kann auf § 313 BGB nur dann zurückgegriffen werden, wenn das güterrechtliche Ergebnis schlechthin unangemessen und untragbar wäre (BGH FamRZ 1997, 933 = EzFamR BGB § 242 Nr. 23 = BGHF 10, 916), wofür vorliegend keine Anhaltspunkte ersichtlich sind. Selbst wenn man vorliegend davon ausginge, daß aufgrund der Modifizierung des Zugewinnausgleichs durch den notariellen Vertrag vom 2. Dezember 2019 von dem milderen, im Rahmen der Gütertrennung anzuwendenden Maßstab der Unzumutbarkeit auszugehen wäre, müßte die Beibehaltung der durch die Zuwendung geschaffenen Vermögensverhältnisse unzumutbar sein (Wever, aaO Rdn. 951). Auch dafür gibt es vorliegend aufgrund der Nutzung des Geldbetrages für die Anschaffung eines überwiegend familiär genutzten Fahrzeugs und der Tatsache, daß das Fahrzeug bei Antragstellung keinen wirtschaftlichen Wert mehr hatte, keine Anhaltspunkte.

Schließlich kommt auch eine bereicherungsrechtliche Rückabwicklung nicht in Betracht, denn Rechtsgrund für ein Behaltendürfen des Antragsgegners - soweit eine Vermögensmehrung überhaupt noch vorhanden ist - ist die ehebedingte Zuwendung als familienrechtliches Rechtsinstitut eigener Art. Eine Rückabwicklung kommt nur wegen Zweckverfehlung nach § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB dann in Betracht, wenn es sich um einen wirtschaftlich bedeutsamen Gegenstand handelt, und bei der Zuwendung der Fortbestand der Ehe nicht bloß zur Rechtsgrundlage, sondern zu dem Gegenstand einer Zweckabrede geworden ist, was positive Kenntnis, nicht bloßes Kennenmüssen von der Zweckvorstellung des anderen Teils voraussetzt (Wever, aaO Rdn. 1064, 1286). Eine derartige Zweckverfehlung läßt sich nur in den seltensten Fällen feststellen (Wever, aaO Rdn. 1064). Im übrigen ist hier zu berücksichtigen, daß eine Vermögensmehrung des Antragsgegners (»etwas erlangt« iSd § 812 Abs. 1 BGB) nicht mehr vorhanden ist.

Der Antragstellerin wird nahegelegt, innerhalb der gesetzten Stellungnahmefrist ihre Beschwerde - auch aus Kostengründen (vgl. Nr. 1224 Nr. 1 FamGKG-KV) - zurückzunehmen.

OLG Frankfurt 2020-01-13 - 8 UF 167/19
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Anmerkungen

1. Während der im gesetzlichen Güterstand geführten Ehe hat die Frau auf das Privat- und zugleich Geschäftskonto des als selbständiger Steuerberater tätigen Mannes 12.500 € überwiesen; als Verwendungszweck war »Darlehen« angegeben. Von dem Geld wurde ein Fahrzeug angeschafft, das als Betriebsvermögen des Steuerberaterbüros geführt, überwiegend aber von der Familie genutzt wurde. Nach der sechs Jahre später erfolgten Trennung kündigt die Frau das »Darlehen«. Der Mann tritt ihrem Rückzahlungsverlangen mit der Behauptung entgegen, einen Rechtsbindungswillen für den Abschluss eines Darlehensvertrages habe es nicht gegeben; die Zahlung habe der Verwirklichung der ehelichen Lebensgemeinschaft gedient. Das FamG hat das Rückzahlungsbegehren abgewiesen.

2. Das OLG hat die Entscheidung des FamG bestätigt. Zuwendungen unter Ehegatten seien rechtlich unterschiedlich zu qualifizieren, je nachdem, ob sie der Verfolgung eines bestimmten Geschäftszwecks wie Darlehen oder Schenkung dienten (»eheneutrale« Zuwendungen), oder ob sie als Beitrag zur Verwirklichung der ehelichen Lebensgemeinschaft in Erwartung von deren Bestand gedacht seien (ehebezogene Zuwendungen). Massgeblich für die Abgrenzung sei der Parteiwille. In der Regel sei davon auszugehen, dass Zuwendungen (auch) grösserer Vermögenswerte unter Ehegatten der ehelichen Lebensgemeinschaft dienende, ehebezogene Zuwendungen seien. Für eine Einordnung als »eheneutrales« Rechtsgeschäft müsse sich ein dahin gehender Rechtsbindungswille deutlich manifestieren.

Vorliegend werde das für den Abschluss eines Darlehensvertrages sprechende Indiz, nämlich die Bezeichnung als »Darlehen« in dem Überweisungsträger, dadurch entkräftet, dass zum einen vor der Trennung nie über eine Rückzahlung gesprochen habe, oder eine solche verlangt worden sei, und dass zum anderen das Geld für die Anschaffung eines überwiegend von der Familie genutzten Fahrzeugs bestimmt gewesen sei. Ein Rückgewähranspruch unter dem Gesichtspunkt des Wegfalls der Geschäftsgrundlage der danach anzunehmenden ehebezogenen Zuwendung scheide im Hinblick auf den grundsätzlich vorrangigen Zugewinnausgleich aus. Dass das güterrechtliche Ergebnis schlechthin unangemessen und untragbar oder auch nur unzumutbar wäre, sei nicht ersichtlich, zumal das Fahrzeug bei Antragstellung keinen wirtschaftlichen Wert mehr gehabt habe. Auch ein Bereicherungsanspruch wegen Zweckverfehlung komme nicht in Betracht. Dass der Fortbestand der Ehe nicht nur Geschäftsgrundlage, sondern Gegenstand einer Zweckabrede iSd § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB geworden sei, lasse sich - wie meist - nicht feststellen.

3. Die richtige rechtliche Einordnung einer Zuwendung zwischen Ehegatten ist wichtig, um zu der für einen möglichen Rückgewähranspruch in Betracht kommenden Anspruchsgrundlage zu gelangen: Bei einem Darlehen sind dies §§ 488 ff BGB, bei einer Schenkung §§ 527 ff BGB, und bei einer ehebezogenen Zuwendung ist es § 313 BGB. Die Einordnung der Zuwendung ist anhand des - gegebenenfalls durch Auslegung zu ermittelnden - Parteiwillens vorzunehmen, wobei im Blick zu behalten ist, dass es sich im Regelfall, jedenfalls bei werthaltigen Zuwendungen, um eine ehebezogene Zuwendung handelt (vgl. etwa BGH FamRZ 1993, 1297, 1298). Lassen sich keine entgegenstehenden Absprachen der Eheleute feststellen, ist also im Zweifel von einer ehebezogenen Zuwendung auszugehen.

4. Bei der Beurteilung der Frage, ob nach einer ehebezogenen Zuwendung ein Rückgewähranspruch wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage in Betracht kommt, gelten nach der Rechtsprechung unterschiedliche Maßstäbe, je nachdem, ob die Eheleute im gesetzlichen Güterstand gelebt haben, oder ob Gütertrennung vereinbart war. Bei gesetzlichem Güterstand legt sie einen besonders strengen Maßstab an, und bringt dies zum Ausdruck, indem sie fordert, das güterrechtliche Ergebnis müsse ohne schuldrechtliche Korrektur »schlechthin unangemessen und untragbar« sein. Bei Gütertrennung, gegebenenfalls auch bei modifiziertem Zugewinnausgleich, gilt ein etwas abgemilderter Maßstab; dies wird durch die Formulierung ausgedrückt, die Beibehaltung der durch die Zuwendung geschaffenen Vermögenslage müsse dem Zuwendenden »unzumutbar« sein.

5. In dem entschiedenen Fall, in dem der gesetzliche Güterstand vertraglich modifiziert worden war, sah das OLG die Voraussetzungen des § 313 BGB weder nach dem strengeren, noch nach dem weniger strengen Maßstab als erfüllt an, zumal auch der Ehemann sich darauf berufen konnte, besondere finanzielle Leistungen für Urlaube und Anschaffungen erbracht zu haben. Ohnehin schied ein Rückgewähranspruch schon wegen der in der Zwischenzeit eingetretenen Wertlosigkeit des von der Geldleistung erworbenen Pkw aus, denn ein solcher Anspruch setzt grundsätzlich eine bei Scheitern der Ehe noch vorhandene messbare Vermögensmehrung bei dem Empfänger voraus.

Hinweis
Auf diesen Hinweisbeschluss hin wurde die Beschwerde zurückgenommen.


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Schenkungsrecht; Begriff der Schenkung; Geschäftsgrundlage einer Immobilienschenkung durch Schwiegereltern.

BGB §§ 313, 516

Wird einer Immobilie (auch) an das Schwiegerkind nicht zu der Nutzung als Ehewohnung, sondern als Anlageobjekt zugewendet, dann ist der dauerhafte Fortbestand der Ehe bei fehlenden Anhaltspunkten in dem Schenkungsvertrag nicht Grundlage des Geschäfts.

OLG Oldenburg, Beschluß vom 14. Oktober 2020 - 11 UF 100/20



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