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BGB § 1379 - Auskunftspflicht - FD-Logo-500

BGB § 1379 - Auskunftspflicht




BGB § 1379 - Auskunftspflicht

(1) Ist der Güterstand beendet oder hat ein Ehegatte die Scheidung, die Aufhebung der Ehe, den vorzeitigen Ausgleich des Zugewinns bei vorzeitiger Aufhebung der Zugewinngemeinschaft oder die vorzeitige Aufhebung der Zugewinngemeinschaft beantragt, kann jeder Ehegatte von dem anderen Ehegatten
1. Auskunft über das Vermögen zum Zeitpunkt der Trennung verlangen;
2. Auskunft über das Vermögen verlangen, soweit es für die Berechnung des Anfangs- und Endvermögens maßgeblich ist.
Auf Anforderung sind Belege vorzulegen. Jeder Ehegatte kann verlangen, dass er bei der Aufnahme des ihm nach § 260 vorzulegenden Verzeichnisses zugezogen und dass der Wert der Vermögensgegenstände und der Verbindlichkeiten ermittelt wird. Er kann auch verlangen, dass das Verzeichnis auf seine Kosten durch die zuständige Behörde oder durch einen zuständigen Beamten oder Notar aufgenommen wird.
(2) Leben die Ehegatten getrennt, kann jeder Ehegatte von dem anderen Ehegatten Auskunft über das Vermögen zum Zeitpunkt der Trennung verlangen. Absatz 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.






 



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Auskunftspflicht bei modifizierter Zugewinngemeinschaft (hier: Herausnahme von Betriebsvermögen aus dem Zugewinnausgleich).

1. Die Modifizierung des Zugewinnausgleichs durch einen Ehevertrag dahingehend, dass das Betriebsvermögen aus dem Zugewinnausgleich ausgenommen wird, hält einer Wirksamkeits- und Ausübungskontrolle stand.
2. Haben die Ehegatten in einem wirksamen Ehevertrag vereinbart, dass das betriebliche Vermögen des Ehemannes bei der Berechnung des Zugewinnausgleichs ausser Betracht bleiben soll, so besteht bezüglich dieses Betriebsvermögens kein Anspruch auf Auskunfterteilung.

OLG Frankfurt, Beschluß vom 13. Januar 2020 - 8 UF 115/19

Anmerkungen

1. Nach ihrer Eheschliessung modifizierten Auskunftspflicht die Eheleute ihre Zugewinngemeinschaft dahingehend, dass die Kanzlei des Ehemannes, der bereits damals als selbstständiger Steuerberater tätig war, vom Zugewinnausgleich ausgeschlossen wurde; dabei wurde der Begriff des Betriebsvermögens auch auf gewillkürtes Betriebsvermögen ausgedehnt. Im Rahmen des güterrechtlichen Stufenantrages als Folgesache erteilte der Ehemann die geforderte Auskunft zum Endvermögen; Angaben zur Steuerberatungspraxis verweigerte er. Die Ehefrau verlangte insoweit Auskunft, da »aus allgemeinrechtlichen Gesichtspunkten« eine Auskunftspflicht bestehe; unter anderem begründete sie dies damit, dass ein Motorrad, das privat genutzt werde, nicht in der allgemeinen Auskunft auftauche: Es müsse somit im Betriebsvermögen der Praxis geführt werden. Der Auskunftsanspruch wurde insoweit in zwei Instanzen abgewiesen.

2. Der Senat wiederholt die hinlänglich bekannte Rechtsprechung des BGH zur Wirksamkeits- und Ausübungskontrolle nach §§ 138, 242 BGB. Anhaltspunkte insoweit seien nicht gegeben, zumal der Vertrag erst nach Eheschliessung unterzeichnet wurde. Auch aus »allgemeinrechtlichen Überlegungen« ergebe sich keine Unwirksamkeit. Zwar bestehe bei jeder Herausnahme von Betriebsvermögen aus dem Zugewinnausgleich die Möglichkeit, durch Schaffung von gewillkürtem Betriebsvermögen vormaliges Privatvermögen dem Zugewinnausgleich zu entziehen. Sofern der Ehemann bestimmte Fahrzeuge zu seinem gewillkürten Betriebsvermögen zähle, habe er damit sich nur eine Regelung des Notarvertrages zur Herausnahme von Betriebsvermögen in zulässiger Weise zunutze gemacht. Steuerrechtlich sei die Zuordnung eines gemischt genutzten Wirtschaftsguts zum gewillkürten Betriebsvermögen möglich, sofern das Wirtschaftsgut mindestens 10% betrieblich genutzt werde (BFH NJW 2004, 319). Die Tatsache, dass sich eine Vertragspartei eine zulässige Klausel zunutze mache, führe ausserhalb des Kernbereichs des Ehescheidungsfolgenrechts, insbesondere also bei reinen Zugewinnregelungen, weder zur Unwirksamkeit des Vertrages, noch zu dessen Veränderbarkeit; die Beteiligten hätten zulässigerweise den Zugewinnausgleich ja sogar insgesamt ausschliessen können. Bezogen auf den ausgeschlossenen Vermögensgegenstand hätten sie faktisch Gütertrennung vereinbart; aus diesem Grunde bestehe insoweit kein Auskunftsanspruch.

3. Derartige Klauseln bilden eine höchst problematische Vertragsgestaltung (so schon Mayer, DStR 1993, 993): Sie öffnen Manipulationsmöglichkeiten Tür und Tor, indem durch Aufnahme in das Betriebsvermögen eigentlich private Aktiva dem Ausgleich entzogen werden können. Vielfach wird sich der von der finanzgerichtlichen Rechtsprechung geforderte betriebliche Nutzungsanteil von zumindest 10% rechtfertigen lassen. Auf diese Weise können zum Beispiel erhebliche Guthabenbeträge auf Konten plötzlich als Betriebsvermögen deklariert werden. Bei kriselnder Ehe muss der Ausgleichsberechtigte darauf bedacht sein, möglichst früh den Ehescheidungsantrag zu stellen; ansonsten bleibt dem anderen Ehepartner viel Zeit, um die Aktiv- und Passivseite bis zum Stichtag entsprechend zu »schönen«. Der Pflichtige sollte bei seiner Auskunft klarstellend darauf hinweisen, dass sich diese lediglich auf diejenigen Gegenstände erstreckt, die nach dem Notarvertrag dem Zugewinnausgleich unterliegen. Allerdings muss er sich sicher sein, dass insoweit seine Angaben eindeutig und richtig sind. Umgekehrt sollte die Gegenseite als Reaktion zumindest verlangen, dass die Richtigkeit und Vollständigkeit der erteilten Auskunft an Eides Statt versichert wird. Spätestens hier »rächen« sich dann eventuelle Fehlbeurteilungen sowie Ungenauigkeiten bei der Eingruppierung von Vermögensgegenständen, vor allem von Surrogaten.

4. Bereits bei der vertraglichen Ausgestaltung eines Ehevertrags ist ein mögliches »Umkippen der Ausgleichsrichtung« zu bedenken (vgl. Münch, FamRB 2014, 71). Sofern z.B. ein Unternehmenswert nicht berücksichtigt wird, muss vielfach der durch die Klausel begünstigte Ehegatte (nur) erheblich weniger an Zugewinn ausgleichen. Sofern er aber über kein oder nur geringeres privates Vermögen oder erhebliches Anfangsvermögen verfügt, kann es im schlimmsten Fall sogar dazu kommen, dass nunmehr er sogar ausgleichsberechtigt wird, obwohl er wirtschaftlich »unter dem Strich« doch einen weitaus höheren Vermögenszuwachs erzielt hat. Eine solche Konsequenz ist - sofern voraussehbar - nach der Rechtsprechung des BGH hinzunehmen (vgl. BGH FamRZ 2013, 1543 = FuR 2013, 703). Weder ist das Ergebnis sittenwidrig, noch ist die Rechtsfolge im Wege der Ausübungskontrolle zu berichtigen. Gerade wegen dieser misslichen Konsequenz wird heute vielfach in notariellen Urkunden folgende Einschränkung gemacht: »Die Beteiligten vereinbaren, dass der Zugewinn nicht zu zahlen ist, sofern der andere Partner nunmehr unter Einbeziehung der eigentlich ausgeschlossenen Gegenstände seinerseits ausgleichspflichtig wäre.« In diesem Sonderfall muss aber eine Bewertung aller Vermögensgegenstände erfolgen. Deswegen muss die Auskunft vollumfänglich erteilt werden. In der Entscheidung des OLG Frankfurt hatten die Beteiligten eine solche »Auffangklausel« gerade nicht vorgesehen.

Nach diesem Hinweisbeschluss hat die Ehefrau ihre Beschwerde zurückgenommen.


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Familienvermögensrecht; Zugewinngemeinschaft; Zugewinnausgleich; Auskunftspflicht; Erfüllung und Ergänzung des Auskunftsanspruchs; Vorlage eines Lebensversicherungsscheines im Rahmen der Belegvorlage.

BGB § 1379

1. Auch die Erteilung einer falschen, aber den formellen Anforderungen entsprechenden Auskunft kann den Auskunftsanspruch aus § 1379 Abs. 1 S. 1 BGB erfüllen.
2. Fehlen in der Aufstellung bestimmte sachliche oder zeitliche Angaben vollständig, oder sind diese erkennbar unvollständig, so besteht in Ausnahmefällen ein Anspruch auf Ergänzung der Auskunft.
3. Der Belegvorlageanspruch des § 1379 Abs. 1 S. 2 BGB umfaßt auch die Vorlage eines Lebensversicherungsscheines, durch den sich der Anspruchsinhaber einen Eindruck über die wertbildenden Faktoren, und insbesondere über die Vertragslaufzeit, verschaffen kann.

OLG Karlsruhe, Beschluß vom 15. Mai 2020 - 16 UF 240/19

Tenor
1. Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluß des Amtsgerichts - Familiengericht - Weinheim vom 13.11.2019 (1 F 215/18) abgeändert, und wie folgt neu gefaßt:
Es wird festgestellt, daß sich das Verfahren in der Hauptsache erledigt hat, soweit die Antragstellerin Auskunft und Belegvorlage zu dem Stichtag Endvermögen 21.07.2018 und zu dem Stichtag Trennungsvermögen 15.05.2015 verlangt hat.
Im Übrigen wird der Antrag abgewiesen.
2. Die weitergehende Beschwerde des Antragsgegners wird zurückgewiesen.
3. Von den Kosten beider Instanzen tragen die Antragstellerin 1/5, der Antragsgegner 4/5.
4. Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 4.794,10 € festgesetzt.

Gründe
I. Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist ein isolierter Auskunftsantrag bezüglich güterrechtlicher Ansprüche.

Die Beteiligten haben am 21. August 1998 geheiratet; sie haben im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft gelebt. Seit dem 15. Mai 2015 leben sie getrennt voneinander. Zwischen dem 5. Juni 2001 und dem 6. Juni 2001 ist die Mutter des Antragsgegners verstorben. Der Antragsgegner ist Alleinerbe geworden; zu der Erbschaft hat unter anderem ein Grundstück in der H. in R. gehört. Dieses Grundstück haben die Beteiligten am 26. Oktober 2007 verkauft. Zu diesem Zeitpunkt war das Grundstück mit einer Grundschuld in Höhe von 82.000 € belastet.

Zwischen den Beteiligten ist unter dem Aktenzeichen 1 F 138/18 bei dem Amtsgericht Weinheim ein Scheidungsverfahren rechtshängig. Die Zustellung des Scheidungsantrages ist am 21. Juli 2018 erfolgt. Mit Schreiben vom 10. September 2018 hat der Antragsgegner außergerichtlich Auskunft zu den Stichtagen Anfangsvermögen am 21. August 1998 und Endvermögen am 31. Dezember 2017 erteilt.

Mit der dem Antragsgegner am 2. November 2018 zugestellten Antragsschrift vom 16. Oktober 2018 hat die Antragstellerin den Antragsgegner zunächst auf Auskunft über sein Anfangsvermögen am 21. August 1998, über privilegierten Erwerb durch die Erbschaft nach seiner Mutter im Jahre 2001, und sein Endvermögen am 21. Juli 2018, sowie auf Vorlage stichtagsbezogener Belege in Anspruch genommen

Die Antragstellerin hat insoweit geltend gemacht, sie habe den Antragsgegner mit Schriftsätzen vom 25. Juni 2018, vom 20. August 2018 und vom 21. September 2018 außergerichtlich zur Auskunft aufgefordert. Der Antragsgegner habe mit Schriftsatz vom 10. September 2018 zwar Auskunft erteilt; die Auskunft sei allerdings nicht vollständig gewesen: Sie sei nicht stichtagsbezogen erteilt, und es seien auch keine stichtagsbezogenen Belege vorgelegt worden; auch fehlten in der Auskunft weitere Konten und Lebensversicherungen. Es seien keine Angaben zu Nachlaßverbindlichkeiten hinsichtlich des Erbes des Antragsgegners nach der Mutter gemacht worden, obwohl bei dem Verkauf des Grundstücks Belastungen in Höhe von 82.000 € bestanden hätten. Sie hat daher beantragt, den Antragsgegner zu verpflichten,

1. ihr Auskunft über sein Anfangsvermögen zum Stichtag 21. August 1998 und sein Endvermögen zum Stichtag 21. Juli 2018 zu erteilen, und zwar jeweils durch Vorlage eines vollständigen geschlossenen, übersichtlichen systematischen Verzeichnisses, untergliedert nach Aktiv- und Passivvermögen, und bezogen auf die jeweiligen Stichtage, und in den Verzeichnissen die vorhandenen einzelnen Vermögenspositionen unter Angabe der Konten- und Vertragsnummern bzw. der wertbildenden Faktoren hinreichend zu konkretisieren, sowie

2. die einzelnen Positionen der Auskunft gemäß Ziffer 1. nummeriert durch geeignete Nachweise jeweils stichtagsgenau zu belegen, bei

a) Konten, Sparkonten, Bausparkonten, Depots und sonstigen Finanzanlagen durch Vorlage stichtagsgenauer Kontounterlagen (zum Beispiel Kontoauszug, Gesamtengagement) in Kopie,

b) Versicherungen (zum Beispiel Lebensversicherungen/Rentenversicherungen) durch Vorlage einer Versicherungsbestätigung hinsichtlich Fortführungswert, Rückkaufswert, Gewinnanteil sowie Schlußgewinnanteil gemäß den Empfehlungen der Aktuar-Vereinigung,

c) Grundstücks - und Immobilienbesitz durch Vorlage des Kaufvertrages, Grundrißplan in Kopie,

d) Fahrzeugen (Pkw, Motorräder, etc.) durch Vorlage des Fahrzeugscheins in Kopie.

Der Antragsgegner hat hiergegen eingewandt, er habe bereits mit Schriftsatz vom 10. September 2018 außergerichtlich vollständig Auskunft erteilt. Der Nachlaß sei schuldenfrei gewesen. Kosten im Zusammenhang mit der Beerdigung seien durch eine Sterbegeldversicherung und durch noch vorhandenes Geld auf dem Girokonto abgedeckt gewesen. Die Grundschuld auf dem Grundstück aus dem Nachlaß der Mutter sei erst im Jahre 2004 von den Beteiligten zur Sicherung eines Darlehens bestellt worden, das der Finanzierung des Eigenheims der Beteiligten gedient habe. Der Vortrag, es fehlten Vermögenswerte, sei unsubstantiiert.

Am 17. Januar 2019 hat eine mündliche Verhandlung stattgefunden. Im Nachgang hierzu hat der Antragsgegner mit Schriftsatz vom 7. Februar 2019 ein Vermögensverzeichnis zum Anfangsvermögen am 21. August 1998, zum privilegierten Erwerb im Jahre 2001, und zum Endvermögen am 21. Juli 2018 vorgelegt, und weitere Belege eingereicht; hierbei sind unter der Position »privilegierter Erwerb« drei Ackergrundstücke »S.«, »A.« und »B.« aufgeführt. Im Endvermögen sind diese Grundstücke nicht angegeben.

Mit Schriftsätzen vom 22. Februar 2019 und vom 25. Februar 2019 hat die Antragstellerin gerügt, die Ackergrundstücke »S.«, »A.« und »B.« seien im Endvermögen noch vorhanden gewesen. Bezüglich der Lebensversicherung bei der K. im Endvermögen sei nur über den Zeitwert Auskunft erteilt worden; die Auszahlung der Versicherung habe jedoch unmittelbar bevorgestanden: Für diesen Fall sei aber der Auszahlungsbetrag abzüglich der zwischen Endvermögensstichtag und Auszahlungsdatum geleisteten Versicherungsprämien maßgeblich. Die insoweit erforderlichen Informationen wie Auszahlungstermin und wertbildende Faktoren könnten nur aus dem Versicherungsschein entnommen werden. Während der Ehezeit habe der Antragsgegner ausweislich der Antragstellerin vorliegender Kontoauszüge mit Überweisungen und Buchungsvorgängen weitere Vermögenswerte innegehabt. So seien am 19. Januar 2015 Wertpapiere mit einem Erlös von 41.828,65 € verkauft worden; der Verbleib des Erlöses sei unklar. Darüber hinaus habe der Antragsgegner über eine J. Card, eine Festgeldanlage bei der C., eine Lebensversicherung bei der W., Gelder bei der D., ein Konto bei der T. und einen Motorroller verfügt. Diese Vermögenswerte seien im Endvermögen nicht aufgeführt. Des Weiteren sei der Antragsgegner Mitarbeiter bei der B.; hier würden Stunden- bzw. Altersteilzeitkonten geführt; auch diese stellten einen Vermögenswert dar. Im Anfangsvermögen seien Schulden aus BAföG-Leistungen nicht aufgeführt.

Der Antragsgegner hat daraufhin mit Schriftsatz vom 21. März 2019 eine neue Auskunft erteilt und erklärt, die Grundstücke »S.«, »A.« und »B.« seien im Endvermögen noch vorhanden gewesen; sie seien bei Erstellung des Vermögensverzeichnisses versehentlich nicht berücksichtigt worden. Bezüglich des Depots bei der D. gebe es nur diesen Beleg. Die vorgelegten Unterlagen der K. enthielten alle von der Rechtsprechung geforderten Angaben. Das Geld aus dem Wertpapierdepot bei der C., in dem auch B.-Aktien enthalten gewesen seien, sei nach der Auflösung des Kontos auf das Girokonto der Beteiligten geflossen; von dort habe es der Antragsgegner auf sein Konto bei der C. transferiert. In dem insoweit beauskunfteten Guthaben sei dieses Geld nach wie vor enthalten. Bei den Karten von J. und der C. habe es sich um Firmenkreditkarten gehandelt, die zu keinem Zeitpunkt ein positives Guthaben ausgewiesen hätten. Die Festgeldanlage bei der C. sei am 18. Januar 2016 aufgelöst, und die Fondsanteile bei der D. seien veräußert worden. Die Lebensversicherung bei der W. sei die beauskunftete K. Die Verträge seien von der K. Versicherung übernommen worden. Der Motorroller existiere noch immer, stehe aber im Eigentum der Antragstellerin. Das Altersteilzeitkonto dokumentiere lediglich einen zukünftigen Anspruch auf Freistellung bei Eintritt in das Rentenalter; ein Rückkaufswert insoweit existiere nicht. Ansprüche auf Altersvorsorge seien Gegenstand des Versorgungsausgleichsverfahrens. Die BAföG-Leistungen seien bei Eheschließung bereits zurückbezahlt gewesen.

In dem weiteren Verlauf hat die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 10. April 2019 geltend gemacht, sie gehe davon aus, daß das Festgeld bei der C. kurz vor der Trennung noch vorhanden gewesen sei. Sie bezweifle, daß die Gelder aus dem Wertpapierdepot auf das Konto der C. geflossen seien; der Antragsgegner solle Unterlagen bei der Bank anfordern, um zu belegen, daß es sich bei dem Tagesgeldvermögen bei der C. tatsächlich um das Guthaben aus dem Aktienverkauf handele. Angesichts der unklaren Vermögensverschiebungen möge nunmehr auch Auskunft über das Vermögen zu dem Zeitpunkt der Trennung erteilt werden. Im Versorgungsausgleich seien nur die Anwartschaften aus den Versicherungsbausteinen Verfahrensgegenstand, nicht der Vermögenswert des Altersteilzeit- bzw. Stundenkontos.

Mit Schriftsatz vom 16. Mai 2019 hat der Antragsgegner den Geldtransfer von dem Wertpapierdepot bei der C. auf das Konto bei der C. im Einzelnen dargelegt und nachgewiesen; im Übrigen hat er eingewandt, der Antragstellerin sei bekannt, daß das Guthaben aus der Festgeldanlage bei der C. auf das gemeinsame Konto der Beteiligten geflossen sei. Unterlagen hierzu seien nicht mehr vorhanden; vorzulegen seien aber nur vorhandene Belege. Dem Antrag der Antragstellerin fehle das Rechtsschutzbedürfnis. Es gebe keine konkreten Anhaltspunkte für die Annahmen und Mutmaßungen der Antragstellerin; es handele sich um bloße Ausforschung. Es gebe keine gesetzliche Grundlage für die geforderte Auskunft. Eine Belegpflicht bestehe nicht.

In der mündlichen Verhandlung vom 13. Juni 2019 hat die Antragstellerin beantragt, den Antragsgegner zu verpflichten

1. Auskunft darüber zu erteilen, ob und wann eine Festgeldanlage bei der C. getätigt worden ist, wann diese zur Auszahlung gelangt ist, und Höhe sowie Auszahlungsdatum durch Vorlage der Auszahlungsmitteilung der C. bzw. Vorlage des Kontoauszuges, aus dem sich die Überweisung des Auszahlungsbetrages ersehen lasse, zu belegen,

2. Auskunft zu erteilen über das Stunden-/Altersteilzeitkonto bei der B. durch Vorlage einer Bestätigung der B., aus welcher sich Höhe und Wert der angesparten Zeit-/Stunden Gutschriften zum dem Stichtag 21. Juli 2018 ergebe,

3. hinsichtlich der Lebensversicherung bei der W. (ehemals K.) mit der Nr. … den Versicherungsschein in Kopie, sowie eine Bescheinigung der Versicherung über den Versicherungswert inklusive Gewinnanteile, Überschußanteile und Schlußgewinnanteile zum Stichtag 21. Juli 2018 vorzulegen,

4. Auskunft über sein Vermögen zum Trennungszeitpunkt 15. Mai 2015 zu erteilen, und zwar jeweils durch Vorlage eines vollständigen geschlossenen, übersichtlichen systematischen Verzeichnisses, untergliedert nach Aktiva- und Passivavermögen, und bezogen auf die jeweiligen Stichtage, und in den Verzeichnissen die vorhandenen einzelnen Vermögenspositionen unter Angabe der Konten- und Vertragsnummern bzw. der wertbildenden Faktoren hinreichend zu konkretisieren,

5. die einzelnen Positionen der Auskunft gemäß Ziffer 1. nummeriert durch geeignete Nachweise jeweils stichtagsgenau zu belegen, bei

a) Konten, Sparkonten, Bausparkonten, Depots und sonstigen Finanzanlagen durch Vorlage stichtagsgenauer Kontounterlagen (zum Beispiel Kontoauszug, Gesamtengagement) in Kopie,

b) Versicherungen (zum Beispiel Lebensversicherungen/Rentenversicherungen) durch Vorlage einer Versicherungsbestätigung hinsichtlich Fortführungswert, Rückkaufswert, Gewinnanteile sowie Schlußgewinnanteile gemäß den Empfehlungen der Aktuar-Vereinigung,

c) Grundstücks - und Immobilienbesitz durch Vorlage des Kaufvertrages, Grundrißplan in Kopie,

d) Fahrzeuge (Pkw, Motorräder etc.) durch Vorlage des Fahrzeugscheins in Kopie.

Der Antragsgegner hat beantragt, die Anträge abzuweisen. Mit Schriftsatz vom 28. Juni 2019 hat er innerhalb nachgelassener Schriftsatzfrist ergänzende Auskünfte erteilt; insbesondere hat er mitgeteilt, die Beteiligten hätten einmalig im Jahre 2008 Festgeld in Höhe von 31.380 € bei der C. angelegt. Nach Ablauf sei das Guthaben dem gemeinsamen Konto der Beteiligten gutgeschrieben worden. Das Wertguthaben aus dem Zeitwertkonto des Antragsgegners bei der B. zum 31. Dezember 2018 betrage 53.159,47 €.

Mit Schriftsatz vom 11. Juli 2019 hat die Antragstellerin mitgeteilt, daß zu einer vollständigen Auskunft lediglich noch der Versicherungsschein der K. fehle, und hat angekündigt, nach Vorlage des Versicherungsscheines die Auskunft insgesamt für erledigt zu erklären.

Mit Schriftsatz vom 21. August 2019 hat der Antragsgegner den Versicherungsschein der K. zur Akte gereicht. Daraufhin hat die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 23. September 2019 das Verfahren insgesamt für erledigt erklärt, und beantragt, dem Antragsgegner die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen. Mit Schriftsatz vom 11. Oktober 2019 hat der Antragsgegner der Erledigterklärung der Antragstellerin widersprochen, und beantragt, den Feststellungsantrag als unzulässig, hilfsweise als unbegründet, abzuweisen.

Das Amtsgericht - Familiengericht - Weinheim hat mit Beschluß vom 13. November 2019 festgestellt, daß sich das Verfahren in der Hauptsache erledigt hat, und dem Antragsgegner die Kosten des Verfahrens auferlegt. Der Antrag der Antragstellerin auf Auskunfterteilung und Belegvorlage sei von Anfang an zulässig und begründet gewesen, und habe sich durch Auskunfterteilung und Vorlage verschiedener Belege seitens des Antragsgegners nach dem Eintritt der Rechtshängigkeit erledigt. Der Antrag der Antragstellerin sei hinreichend bestimmt. Die Antragsschrift enthalte die Bezeichnung der Parteien und des Gerichts, die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs, sowie einen bestimmten Antrag. Der Sachverhalt, aus dem der geltend gemachte Anspruch hergeleitet werde, sei konkret dargelegt. Zu dem Zeitpunkt der Antragstellung sei der Auskunftsanspruch nicht erfüllt gewesen. Die Antragstellerin habe in der Antragsschrift substantiiert vorgetragen, daß das Verzeichnis unvollständig sei, die angegebenen Werte nicht stichtagsgenau seien, und offenkundig Vermögenswerte fehlten, ferner daß die Auskünfte nicht stichtagsgenau belegt seien. Da der Antragstellerin zu dem Zeitpunkt der Rechtshängigkeit nicht bekannt gewesen sei, welche konkreten Vermögenswerte gefehlt hätten, habe die Antragstellerin nicht lediglich einen Auskunftsergänzungsanspruch geltend machen können, sondern habe den Antrag stellen müssen, den Antragsgegner insgesamt zur Erteilung einer vollständigen Auskunft über sein Vermögen am Anfangs- und Endvermögensstichtag unter Vorlage der entsprechenden Belege zu verpflichten.

Das Vermögensverzeichnis vom 10. September 2018 sei offenkundig unzureichend gewesen. Die Belege seien nicht exakt auf den Endvermögensstichtag bezogen gewesen. Angaben zu den landwirtschaftlichen Grundstücken im Endvermögen hätten gefehlt. Das mit Schriftsatz vom 7. Februar 2019 vorgelegte Vermögensverzeichnis zeige eine Abweichung zu dem ursprünglich vorgelegten Vermögensverzeichnis vom 10. September 2018 in Höhe von knapp 10.000 €, das überarbeitete Vermögensverzeichnis vom 20. März 2019 eine von über 26.000 €. Der Antragsgegner sei verpflichtet, die wertbildenden Faktoren einer Lebensversicherung, mithin Abschlußjahr, Fälligkeitszeitpunkt, Prämienhöhe und Versicherungssumme zu belegen; dieser Verpflichtung sei er bezüglich der K. erst mit Schriftsatz vom 21. August 2019 durch Vorlage des Versicherungsscheines nachgekommen.

Die Voraussetzungen, unter denen der Antragsgegner geltend machen könne, das Verlangen der Antragstellerin sei rechtsmißbräuchlich, lägen nicht vor. Der Auskunftsanspruch sei nur in besonderen Ausnahmefällen vollumfänglich zu versagen, wenn zum Beispiel zweifelsfrei feststehe, daß ein Zugewinnausgleichsanspruch nicht in Betracht komme. Ob der Antragsgegner überhaupt einen ausgleichspflichtigen Zugewinn erzielt habe, könne die Antragstellerin erst nach Auskunft über den Bestand seines Anfangs- und Endvermögens feststellen. Zu dem Zeitpunkt der Rechtshängigkeit des Auskunftsbegehrens habe nicht zweifelsfrei festgestanden, daß der Antragstellerin keine Ausgleichsforderung zustehe. Allein die Behauptung des Antragsgegners, ein ausführliches Vermögensverzeichnis seines Anfangs- und Endvermögens sei vorgelegt, und Belege seien beigefügt worden, rechtfertige noch nicht, das Auskunfts- und Belegverlangen der Antragstellerin, aus deren Sicht einige Vermögensgüter unter anderem im Endvermögen nicht aufgeführt worden seien, abzuweisen. Der Antragstellerin sei es nicht verwehrt gewesen, während des Verfahrens ihren Auskunftsanspruch auf den Trennungsstichtag zu erweitern. Die Trennung sei ausweislich des Protokolls über die Anhörung der Parteien in dem Scheidungsverfahren am 15. Mai 2015 erfolgt; hierauf habe das Gericht auch in der mündlichen Verhandlung vom 13. Juni 2019 hingewiesen. Die Antragstellerin könne auch nicht darauf verwiesen werden, sich eine Vermögensübersicht zum Trennungsstichtag aus den bereits vorgelegten Unterlagen selbst zusammenzustellen.

Der Beschluß ist dem Antragsgegner am 26. November 2019 zugestellt worden. Er hat hiergegen am 18. Dezember 2019 Beschwerde eingelegt, und die Beschwerde begründet. Die Beschwerdebegründung ist bei dem Oberlandesgericht mit den erstinstanzlichen Akten am 23. Dezember 2019 eingegangen. Der Antragsgegner meint, der Antrag sei wegen Verstoßes gegen §§ 253, 254 ZPO unzulässig. Ein Stufenantrag sei nur dann zulässig, wenn die Auskunft ein Hilfsmittel für die Herbeiführung der fehlenden Bestimmtheit des Leistungsanspruchs darstelle, wenn also ohne Auskunft eine Bezifferung nicht möglich sei; die Antragstellerin habe vorliegend aber aufgrund eigener Kenntnis alle hierzu erforderlichen Informationen gehabt. Der Vortrag des Antragsgegners, die Antragstellerin benötige die Auskunft nicht, sei von ihr nicht bestritten worden. Der Antragstellerin habe der einfachere Weg des Leistungsantrages zur Verfügung gestanden; deshalb habe das Rechtsschutzbedürfnis für den vorliegenden Antrag gefehlt. Auch habe die Antragstellerin Auskunft zu Zeitpunkten begehrt, die von dem Gesetz nicht vorgesehen seien. Der Antragsgegner sei auch nicht vorab zu der Auskunfterteilung aufgefordert worden.

Die Auskunft sei bereits vorgerichtlich mit Schriftsatz vom 10. September 2018 erteilt worden. In dem Schriftsatz vom 10. September 2018 seien auch die Ackergrundstücke aufgeführt gewesen. Die Antragstellerin habe ihren Anspruch nicht auf substantiierten Vortrag gestützt; sie habe lediglich Behauptungen, Vermutungen und Verdächtigungen aufgestellt. Der Antragsgegner habe angeforderte Belege immer unverzüglich und vollständig geliefert. Die Antragstellerin habe erst am 11. Juli 2019 klargestellt, daß Auskunft über den Inhalt des Versicherungsvertrages bei der K. gefordert werde. Der Versicherungsschein sei schon früher vorgelegt worden. Die Antragstellerin habe Auskunft zum 15. Mai 2017 bzw. zum 31. Dezember 2015 verlangt; hierbei handele es sich jedoch nicht um gesetzlich vorgesehene Stichtage.

Wenn Bedenken gegen die Vollständigkeit und Richtigkeit der Auskunft geltend gemacht würden, sei dies Sache der Vollstreckung bzw. der eidesstattlichen Versicherung; ein Anspruch auf Auskunft bzw. Ergänzung der Auskunft liege dann nicht vor. Die inhaltliche Richtigkeit der Auskunft sei keine Erfüllungsvoraussetzung. Die Aufstellung vom 17. Januar 2019 genüge den gesetzlichen Anforderungen. Das Familiengericht habe die Antragstellerin auf einen Ergänzungsanspruch verweisen müssen. Die Kostenentscheidung des Amtsgerichts verletze den Rechtsgedanken des § 92 Abs. 1 ZPO. Der Antragsgegner beantragt daher, den Beschluß des Familiengerichts Weinheim abzuändern, und den Stufenantrag der Antragstellerin abzuweisen.

Die Antragstellerin beantragt, die Beschwerde des Antragsgegners kostenpflichtig zurückzuweisen. Sie trägt vor, der Antragsgegner habe außergerichtlich keine ordnungsgemäße Auskunft vorgelegt; daher sei die Klageerhebung erforderlich gewesen. Die Auskünfte seien erst im Laufe des Verfahrens nach und nach erteilt worden. Der Versicherungsschein der K. sei erst mit Schriftsatz vom 21. August 2019 übersandt worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Beteiligtenvorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze der Verfahrensbevollmächtigten Bezug genommen. Der Senat hat den Beteiligten mit Beschluß vom 3. April 2020 einen Beschlußentwurf übersandt und mitgeteilt, daß beabsichtigt sei, gemäß §§ 117 Abs. 3, 68 Abs. 3 FamFG ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden. Die Antragstellerin hat hierauf mit Schriftsatz vom 27. April 2020 mitgeteilt, sie akzeptiere den Beschlußentwurf. Der Antragsgegner hat keine Stellungnahme abgegeben.

II. Die form- und fristgerecht eingelegte und begründete Beschwerde des Antragsgegners ist gemäß §§ 117 Abs. 1 und 2, 58 ff FamFG zulässig. Sie hat in der Sache teilweise Erfolg. Das Amtsgericht - Familiengericht - Weinheim hat zu Recht festgestellt, daß sich das Verfahren in der Hauptsache erledigt hat, soweit Auskunft zum Stichtag Endvermögen 21. Juli 2018 und zum Stichtag Trennungsvermögen 15. Mai 2015 verlangt worden ist. Die insoweit zulässigen und begründeten Anträge der Antragstellerin auf Auskunfterteilung und Belegvorlage haben sich durch Auskunfterteilung nach Rechtshängigkeit erledigt. Soweit Auskunft zum Anfangsvermögen begehrt worden ist, ist dieser Antrag unbegründet gewesen, da diese Auskunft bereits außergerichtlich erteilt worden ist.

1. Bedenken gegen die Zulässigkeit der gestellten Auskunftsanträge bestehen nicht.

a) Die Auskunftsanträge genügen den formalen Erfordernissen der § 113 Abs. 1 FamFG, § 253 Abs. 2 ZPO; insbesondere sind sie hinreichend bestimmt. Ein Klageantrag ist hinreichend bestimmt, wenn er den erhobenen Anspruch durch Bezifferung oder gegenständliche Beschreibung so konkret bezeichnet, daß der Rahmen der gerichtlichen Entscheidungsbefugnis (§ 308 ZPO) klar abgegrenzt ist, Inhalt und Umfang der materiellen Rechtskraft der begehrten Entscheidung (§ 322 ZPO) erkennbar sind, das Risiko des (eventuell teilweisen) Unterliegens des Klägers nicht durch vermeidbare Ungenauigkeit auf den Beklagten abgewälzt, und eine etwaige Zwangsvollstreckung nicht mit einer Fortsetzung des Streits in einem Vollstreckungsverfahren belastet wird (Greger in Zöller, ZPO 33. Aufl. § 253 Rdn. 13). Der Auskunftsklageantrag ist genügend bestimmt, wenn der Gegenstand des Auskunfts- oder Rechnungslegungsbegehrens sowie der Zeitraum, auf den sich das Begehren bezieht, genau angegeben werden (Becker-Eberhard in MünchKomm, ZPO 5. Aufl. § 253 Rdn. 145).

Die Antragstellerin hat mit ihrer Antragsschrift vom 16. Oktober 2018 Auskunft über das Vermögen des Antragsgegners zu den Stichtagen Eheschließung und Zustellung des Scheidungsantrages durch Vorlage eines vollständigen, geschlossenen, übersichtlichen und systematischen Verzeichnisses, untergliedert nach Aktiva und Passiva, verlangt, und darüber hinaus Belegvorlage zu den einzelnen Positionen der Auskunft, wobei sie zunächst abstrakt benannt hat, welche Belege vorzulegen seien. Schließlich hat sie ihren Antrag erweitert, und in der mündlichen Verhandlung vom 13. Juni 2019 zuletzt Auskunft über das Vermögen des Antragsgegners zu dem Zeitpunkt der Trennung am 15. Mai 2015 einschließlich Belegvorlage begehrt. Dies genügt den Anforderungen an die Bestimmtheit des Klagebegehrens im Rahmen einer Auskunftsklage.

b) Es hat auch nicht an einem Auskunftsbedürfnis der Antragstellerin gefehlt. Jeder Ehegatte kann nach § 1379 Abs. 1 BGB von dem anderen Ehegatten Auskunft verlangen, ohne daß die Vorschrift ein besonderes Auskunftsinteresse voraussetzt; allerdings kann der Auskunftsanspruch ausnahmsweise nicht geltend gemacht werden, wenn für ihn kein Bedürfnis mehr besteht. Als lediglich dienendes Recht kann der Anspruch nicht erhoben werden, wenn die Auskunft für den ihr ausschließlich zugedachten Zweck der Zugewinnberechnung nicht mehr verwendet werden kann. Deshalb kann die Auskunft nicht mehr verlangt werden, wenn sie weder der Verfolgung eines eigenen, noch der Ermittlung eines Gegenanspruchs auf Zugewinnausgleich dienen kann (Schiefer in Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB 9. Aufl. § 1379 BGB Rdn. 6).

Dies ist vorliegend nicht der Fall. Erst durch die Erteilung einer vollständigen Auskunft zum Anfangs- und Endvermögen des Antragsgegners ist die Antragstellerin in die Lage versetzt worden, eigene Zugewinnausgleichsansprüche zu berechnen oder zu übersehen, ob gegen sie Ansprüche geltend gemacht werden können. Es war bei Antragserhebung nicht von vornherein ausgeschlossen, daß es Zugewinnausgleichsansprüche der Antragstellerin gegen den Antragsgegner oder umgekehrt geben könnte. Die Antragstellerin kann hierbei auch nicht darauf verwiesen werden, sich Unterlagen aus einem anderen Verfahren selbst zusammenzustellen; vielmehr ist die Auskunft in übersichtlicher und umfassender Weise zu erteilen, so daß der Antragstellerin ermöglicht wird, ohne größeren Aufwand die güterrechtliche Situation beurteilen zu können. Die Antragstellerin hat den Antragsgegner auch mit Schriftsätzen vom 25. Juni 2018, vom 20. August 2018 und vom 21. September 2018 außergerichtlich zur Auskunft aufgefordert.

c) Ein Rechtsschutzbedürfnis der Antragstellerin ist nicht dadurch entfallen, weil ihr der einfachere Weg des Leistungsantrages offen gestanden hätte: Der vorgeschaltete Auskunftsantrag dient gerade dem Zweck, ein unnötiges Kostenrisiko zu vermeiden, daß dadurch entstehen kann, daß die Antragstellerin Ansprüche ohne ausreichende Kenntnis über die Vermögensverhältnisse beziffern muß.

2. Die Anträge der Antragstellerin sind auch überwiegend begründet gewesen.

a) Die Antragstellerin hat gegen den Antragsgegner bei Rechtshängigkeit des Auskunftsantrages vom 16. Oktober 2018 einen Anspruch auf Auskunfterteilung gemäß § 1379 Abs. 1 Nr. 2 BGB gehabt, soweit sie Auskunft zum Stichtag Endvermögen bei Zustellung des Scheidungsantrages am 21. Juli 2018 verlangt hat. Der Antragsgegner hat diesen Auskunftsanspruch nicht bereits vor der Einleitung des Verfahrens durch die mit Schriftsatz vom 10. September 2018 erteilte Auskunft erfüllt, denn diese Auskunft bezog sich hinsichtlich des Endvermögens nicht auf den Stichtag der Zustellung des Scheidungsantrages am 21. Juli 2018, sondern auf den 31. Dezember 2017; zudem war sie unstreitig schon insoweit unvollständig, als die Werte dreier Ackergrundstücke mit insgesamt 16.573,76 € im Endvermögen nicht angegeben worden sind.

Was allerdings das Auskunftsbegehren zu dem Stichtag Anfangsvermögen bei Eheschließung am 21. August 1998 betrifft, so ist dieses bei Rechtshängigkeit des Antrages unbegründet gewesen: Auskunft zum Anfangsvermögen ist nämlich mit Schriftsatz vom 10. September 2018 erteilt worden. Diese Auskunft ist auch von Seiten der Antragstellerin mit der Antragsschrift nicht als unvollständig beanstandet worden.

b) Das ergänzende Auskunftsbegehren in den Schriftsätzen der Antragstellerin vom 22. Februar 2019 und vom 10. April 2019 war wiederum begründet. Soweit die Antragstellerin hier das Fehlen konkreter Vermögenspositionen in den bisherigen Auskünften beanstandet hat, hat sie einen Auskunftsergänzungsanspruch gehabt.

Zwar kann auch durch Erteilung einer falschen Auskunft, die den formellen Anforderungen genügt, eine Erfüllung des Auskunftsanspruchs eintreten; dem Antragsteller verbleibt dann nur der Weg, den Antragsgegner zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung verpflichten zu lassen. Ausnahmsweise besteht aber ein Anspruch auf Ergänzung der Auskunft dann, wenn in der Aufstellung bestimmte sachliche oder zeitliche Teile völlig fehlen, oder wenn die Angaben erkennbar unvollständig sind (OLG Hamburg NJW-RR 2002, 1292; Brudermüller in Palandt, BGB 79. Aufl. § 1379 Rdn. 13; Grüneberg in Palandt, aaO § 260 Rdn. 16). Daß diese Voraussetzungen für einen Anspruch auf Ergänzung der Auskunft hier vorlagen, hat die Antragstellerin schlüssig vorgetragen: Sie hat ihre Anträge auf konkrete Sachverhalte, und nicht nur auf reine Vermutungen, Mutmaßungen und Unterstellungen gestützt. So hat sie unter anderem mit Schriftsatz vom 22. Februar 2019 konkrete Geldanlagen bzw. Vermögensgegenstände benannt, die ihrer Kenntnis nach während der Ehe vorhanden gewesen seien, sich aber in der während des Verfahrens vorgelegten Vermögensübersicht des Antragsgegners vom 7. Februar 2019 nicht wiederfinden, nämlich im Einzelnen eine J. Card, eine Festgeldanlage bei der C., eine Lebensversicherung bei der W., Gelder bei der D., ein Konto bei der T., und einen Motorroller.

Auch hat die Antragstellerin beanstandet, daß im Verzeichnis über das Endvermögen die drei ererbten Grundstücke »S.«, »A.« und »B.« nicht genannt gewesen sind. Entsprechendes gilt, soweit die Antragstellerin Auskunft über den Wert des Altersteilzeitkontos des Antragsgegners bei der Firma B. begehrt hat. Daß ein berechtigtes Interesse der Antragstellerin an einer vollständigen Auskunft bestand, ergibt sich auch daraus, daß es deutliche Abweichungen zwischen den Ergebnissen der verschiedenen Vermögensaufstellungen gegeben hat. Da die auf einem als illoyal definierten Verhalten beruhenden Vermögensminderungen dem Endvermögen hinzuzurechnen sind, sind sie für dessen Berechnung relevant, und werden von der Auskunftspflicht des § 1379 Abs. 1 Nr. 2 BGB erfaßt (Koch in MünchKomm, BGB 8. Aufl. § 1379 Rdn. 24).

c) Ferner ist der Antrag der Antragstellerin vom 12. Juni 2019, konkretisiert in der mündlichen Verhandlung vom 13. Juni 2019, begründet gewesen. Soweit die Antragstellerin Auskunft über das Vermögen des Antragsgegners zum Zeitpunkt der Trennung am 15. Mai 2015 einschließlich Belegvorlage begehrt hat, hat sie ihre Anträge in zulässiger Weise erweitert. Gemäß § 1379 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BGB hat die Antragstellerin auch einen Anspruch auf entsprechende Auskunfterteilung. Eine Auskunft zum Trennungszeitpunkt war bis dahin von dem Antragsgegner noch nicht erteilt worden. Soweit der Antragsgegner geltend machen will, die Antragstellerin habe in ihrem Antrag unzutreffend den 15. Mai 2015 als Trennungszeitpunkt angegeben, während die Trennung tatsächlich bereits am 1. Mai 2015 stattgefunden habe, rechtfertigt das keine andere Entscheidung: Das Amtsgericht hat in seiner Entscheidung auf den 15. Mai 2015 als Trennungszeitpunkt abgestellt, weil die Beteiligten dieses Datum in dem Scheidungsverfahren übereinstimmend als Trennungstermin angegeben haben. Damit setzt sich der Antragsgegner nicht auseinander.

d) Schließlich ist der Antrag der Antragstellerin auf Vorlage des Versicherungsscheines der K. begründet gewesen. Der Anspruch der Antragstellerin auf Belegvorlage ergibt sich aus § 1379 Abs. 1 S. 2 BGB. Die Antragstellerin hat auch einen Anspruch auf Vorlage des Versicherungsscheines gehabt, um sich einen abschließenden Eindruck über die wertbildenden Faktoren, insbesondere Vertragslaufzeit, zu verschaffen. Soweit der Antragsgegner vorbringt, er habe den »Versicherungsschein« bereits viel früher vorgelegt, ist dies nicht zutreffend: Die Antragstellerin hat insoweit deutlich gemacht, daß es ihr um den Versicherungsschein im Sinne der Vertragsunterlagen geht, aus denen sich unter anderem der Auszahlungstermin und die wertbildenden Faktoren ergeben. Aus den Unterlagen, die der Antragsgegner als »Versicherungsschein« bezeichnet, sind diese Angaben nicht zu entnehmen gewesen.

3. Das Verfahren hat sich betreffend Auskunft zum Trennungs- und Endvermögen durch die Erfüllung der Auskunfts- und Belegvorlageansprüche erledigt. Mit Schriftsätzen vom 7. Februar 2019 und vom 21. März 2019 hat der Antragsgegner während des Verfahrens eine auf den Stichtag 21. Juli 2018 bezogene Auskunft vorgelegt. Mit Schriftsatz vom 28. Juni 2019 hat er wegen des Begehrens auf Auskunft zum Trennungszeitpunkt eine weitere Auskunft erteilt, und damit dem Informationsbedürfnis der Antragstellerin genügt. Den Anspruch der Antragstellerin auf vollständige Belegvorlage hat er ebenfalls in dem Verlaufe des Verfahrens, zuletzt mit Schriftsatz vom 21. August 2019, durch Vorlage der Vertragsunterlagen der K. erfüllt.

Soweit der Antragsgegner geltend macht, sämtliche angeforderten Belege seien von ihm in dem Verlaufe des Verfahrens vollständig und unverzüglich vorgelegt worden, sobald die Antragstellerin diese verlangt habe, rechtfertigt das bei einer einseitigen Erledigungserklärung keine andere Beurteilung: Entscheidend ist in diesem Zusammenhang allein, ob ein Antrag zulässig und begründet war, und ob er sich erledigt hat. Ob der Antragsgegner für den gerichtlichen Antrag Veranlassung gegeben hat, oder ob er dem Begehren unverzüglich nachgekommen ist, ist dabei nicht von Bedeutung.

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 113 Abs. 1 FamFG, § 92 Abs. 1 ZPO. Im Hinblick auf die Tatsache, daß der Antrag der Antragstellerin auf Auskunfterteilung bezüglich des Anfangsvermögens ursprünglich unbegründet war, erscheint es angemessen, ihr 1/5 der Verfahrenskosten beider Instanzen aufzuerlegen, denn der Schwerpunkt des Begehrens der Antragstellerin bezog sich auf das Vermögen des Antragsgegners zu dem Stichtag der Zustellung des Scheidungsantrages, und zu dem Zeitpunkt der Trennung.

Die Entscheidung über den Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren ergibt sich aus §§ 40, 42 FamGKG. Der Verfahrenswert ist nach der Kostentragungspflicht des Antragstellers in dem erstinstanzlichen Verfahren zu bemessen (BGH FamRZ 1990, 1225 = BGHF 7, 387, hier drei Gerichtsgebühren aus dem erstinstanzlich festgesetzten Verfahrenswert von 15.500 € zu je 293 € zuzüglich 2 x 2, 5 Gebühren nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz inklusive Postpauschale und Mehrwertsteuer 1.957,55 € x 2 = 3.915,10 €).

Der Senat konnte von der Durchführung einer erneuten mündlichen Verhandlung absehen, da diese ebenso wie alle sonstigen Verfahrenshandlungen in dem ersten Rechtszug vorgenommen worden sind, und von einer erneuten Vornahme keine zusätzlichen Erkenntnisse zu erwarten sind (§§ 117 Abs. 3, 68 Abs. 3 S. 2 FamFG).

Die Zulassung der Rechtsbeschwerde ist nicht veranlaßt.

OLG Karlsruhe 2020-05-15 - 16 UF 240/19
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Anmerkungen

Gegenstand des Verfahrens ist ein isolierter Auskunfts- und Belegvorlageantrag bezüglich güterrechtlicher Ansprüche. Die Beteiligten hatten im Jahre 1998 geheiratet und im gesetzlichen Güterstand gelebt. Seit Mai leben sie voneinander getrennt. Die Antragstellerin hat mangelhafte Auskünfte des Antragsgegners gerügt.

» Jeder Ehegatte kann nach § 1379 Abs. 1 BGB von dem anderen Ehegatten Auskunft verlangen, ohne dass die Vorschrift ein besonderes Auskunftsinteresse voraussetzt. Allerdings kann der Auskunftsanspruch ausnahmsweise nicht geltend gemacht werden, wenn für ihn kein Bedürfnis mehr besteht. Als lediglich dienendes Recht kann der Anspruch nicht erhoben werden, wenn die Auskunft für den ihr ausschliesslich zugedachten Zweck der Zugewinnberechnung nicht mehr verwendet werden kann. Deshalb kann die Auskunft nicht mehr verlangt werden, wenn sie weder zur Verfolgung eines eigenen, noch zur Ermittlung eines Gegenanspruchs auf Zugewinnausgleich dienen kann. …

Die Antragstellerin kann hierbei auch nicht darauf verwiesen werden, sich Unterlagen aus einem anderen Verfahren selbst zusammenzustellen; vielmehr ist die Auskunft in übersichtlicher und umfassender Weise zu erteilen, so dass der Antragstellerin ermöglicht wird, ohne grösseren Aufwand die güterrechtliche Situation beurteilen zu können. …

Zwar kann auch durch Erteilung einer falschen Auskunft, die den formellen Anforderungen genügt, eine Erfüllung des Auskunftsanspruchs eintreten; dem Antragsteller verbleibt dann nur der Weg, den Antragsgegner zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung verpflichten zu lassen. Ausnahmsweise besteht aber ein Anspruch auf Ergänzung der Auskunft dann, wenn in der Aufstellung bestimmte sachliche oder zeitliche Teile völlig fehlen, oder die Angaben erkennbar unvollständig sind (OLG Hamburg NJW-RR 2002, 1292). «

Diese Voraussetzungen eines Anspruchs auf Ergänzung der Auskunft habe die Antragstellerin schlüssig vorgetragen: Sie habe ihre Anträge auf konkrete Sachverhalte, und nicht nur auf reine Vermutungen, Mutmassungen und Unterstellungen gestützt. So habe sie konkrete Geldanlagen bzw. Vermögensgegenstände benannt, die ihrer Kenntnis nach während der Ehe vorhanden gewesen seien, sich aber in der während des Verfahrens vorgelegten Vermögensübersicht des Antragsgegners nicht wiederfinden. Entsprechendes gelte, soweit die Antragstellerin Auskunft über den Wert des Altersteilzeitkontos des Antragsgegners bei der Firma B. begehrt habe. Ein berechtigtes Interesse der Antragstellerin an einer vollständigen Auskunft ergebe sich auch daraus, dass es deutliche Abweichungen zwischen den Ergebnissen der verschiedenen Vermögensaufstellungen gegeben habe.

» Da die auf einem als illoyal definierten Verhalten beruhenden Vermögensminderungen dem Endvermögen hinzuzurechnen sind, sind sie für dessen Berechnung relevant und werden von der Auskunftspflicht des § 1379 Abs. 1 Nr. 2 BGB erfasst. «

Gemäss § 1379 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BGB habe die Antragstellerin auch einen Anspruch auf entsprechende Auskunfterteilung zum Trennungszeitpunkt.

» Soweit der Antragsgegner geltend machen will, die Antragstellerin habe in ihrem Antrag unzutreffend den 15.05.2015 als Trennungszeitpunkt angegeben, während die Trennung tatsächlich bereits am 01.05.2015 stattgefunden habe, rechtfertigt das keine andere Entscheidung. Das AmtsG hat in seiner Entscheidung auf den 15.05.2015 als Trennungszeitpunkt abgestellt, weil die Beteiligten dieses Datum im Scheidungsverfahren übereinstimmend als Trennungstermin angegeben haben. Damit setzt sich der Antragsgegner nicht auseinander. «

Schliesslich sei der Antrag auf Vorlage des Versicherungsscheines der K. begründet; der Anspruch auf Belegvorlage ergebe sich aus § 1379 Abs. 1 S. 2 BGB. Die Antragstellerin dürfe sich einen abschliessenden Eindruck über die wertbildenden Faktoren, insbesondere die Vertragslaufzeit verschaffen.


____________________________________________________________________________________________

Familienvermögensrecht; eheliches Güterrecht; gesetzliches Güterrecht; Auskunfts- und Belegvorlagepflichten im Zugewinnausgleichsverfahren; Auskunftsanspruch eines Ehegatten über den Vermögensbestand zum Trennungszeitpunkt; Wert der Beschwer bei selbständiger Feststellung des Trennungszeitpunktes; genügende Konkretisierung des Leistungsinhalts durch genaue Bezeichnung des Antrages auf Vorlage von Belegen mit Rücksicht auf die Zwangsvollstreckung; Herbeiführung der Trennung im Rechtssinne durch Zäsur in den individuellen ehelichen Lebensverhältnissen.

BGB §§ 1375, 1379, 1567

1. Bei der Bemessung des Abwehrinteresses des Auskunftspflichtigen gegen die Feststellung des Trennungszeitpunktes ist auch die wirtschaftliche Bedeutung des Feststellungsausspruchs, insbesondere die in § 1375 Abs. 2 S. 2 BGB geregelte Umkehr der Beweislast bei Vermögensminderungen zwischen dem Trennungszeitpunkt und der Zustellung des Scheidungsantrages als Endstichtag zu berücksichtigen. Ein Abschlag ist vorzunehmen, wenn der Feststellungsantrag im Rahmen der Auskunftsstufe erhoben worden ist, für welche als Wert regelmäßig 10% des möglichen Zahlungsanspruchs anzusetzen sind. Ein weiterer Abschlag von einem Fünftel ist anzusetzen, wenn es sich lediglich um einen Zwischenfeststellungsantrag handelt.
2. Die Frage des Zeitpunktes der Herbeiführung der Trennung im Rechtssinne ist einer Zwischenfeststellung zugänglich.
3. Nur gelegentliche, vereinzelte gemeinsame Mahlzeiten mit den gemeinsamen Kindern hindern die Annahme eines Höchstmaßes an räumlicher Trennung nicht; vielmehr entspricht es der Vernunft und auch den Erfordernissen einer sozialadäquaten Kommunikation gerade unter einem Dach getrennt lebender Eltern, denen während der Trennungszeit unter Kindeswohlgesichtspunkten abverlangt wird, sozial angemessen zu kommunizieren, daß sie einander in Gegenwart der Kinder besonnen und respektvoll begegnen.
4. Maßgeblich ist dabei, daß durch die Trennung eine Zäsur in den individuellen ehelichen Lebensverhältnissen feststellbar ist, nach der die ehetypischen Gemeinsamkeiten aufgegeben sind, und zwischen den Eheleuten, anders als vor der Trennung, nur noch ganz vereinzelte Gemeinsamkeiten zustande kommen, die nicht mehr über diejenigen einer bloßen Zweckgemeinschaft hinausgehen.
5. Der Antrag, »die Auskünfte durch geeignete Unterlagen zu belegen«, genügt nicht der verfahrensrechtlichen Pflicht zu der genügenden Konkretisierung des Leistungsinhalts; er hat keinen vollstreckungsfähigen Inhalt.

OLG Brandenburg, Beschluß vom 10. August 2020 - 13 UF 122/17

Tenor
1. Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Teilbeschluß des Amtsgerichts - Familiengericht - Zossen vom 27.06.2017 (6 F 622/15) unter Zurückweisung der Beschwerde im übrigen in Ziffer 2. abgeändert.
Der Antragsteller wird verpflichtet, der Antragstellerin über den Bestand seines Vermögens Auskunft zu erteilen, und zwar systematisch geordnet in Form eines jeweils in sich geschlossenen Verzeichnisses mit einer zusammenfassenden Darstellung aller Einzelpositionen, getrennt nach Aktiva und Passiva, mit Angabe aller wertbildenden Merkmale, jeweils zu den Stichtagen 14.05.2010 (Anfangsvermögen), 14.09.2014 (Trennungsvermögen) und 16.11.2015 (Endvermögen).
2. Der Antrag auf Verpflichtung des Antragsgegners zur Belegung seiner Auskünfte durch Vorlage »geeigneter Unterlagen« wird verworfen.
3. Gerichtliche Kosten werden in dem Beschwerdeverfahren nicht erhoben. Die weiteren Kosten des Beschwerdeverfahrens werden zwischen dem Antragsteller und der Antragsgegnerin gegeneinander aufgehoben.
4. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf bis 1.000 € festgesetzt.

Gründe
I. Der beschwerdeführende Antragsteller wendet sich gegen seine Verpflichtung zur Auskunfterteilung und zur Belegvorlage in dem von der Antragsgegnerin eingeleiteten Stufenverfahren, mit dem sie Ansprüche auf Zugewinnausgleich geltend macht.

Die Antragsgegnerin hat behauptet, die Beteiligten hätten sich am 14. September 2014 voneinander getrennt: An jenem Abend habe der Antragsteller ihr die Trennung erklärt. Zu der objektiven Umsetzung dessen sei er aus dem Schlafzimmer in das Gästezimmer umgezogen; an dem darauffolgenden Tage hätten die Beteiligten die gemeinsamen Kinder über die Trennung unterrichtet. Mahlzeiten habe die Antragsgegnerin ausschließlich für sich und die Kinder zubereitet und mit diesen gemeinsam eingenommen, je nachdem, inwieweit sie sich im Haushalt aufgehalten hätten. Die Beteiligten hätten keine gemeinsamen Mahlzeiten mehr eingenommen; auch gemeinsame Einkäufe für den Haushalt habe es nicht mehr gegeben. Jeder Beteiligte habe für sich allein bzw. noch für die Kinder Einkäufe getätigt.

Die Freizeit hätten die Beteiligten nicht mehr gemeinsam gestaltet. Im Kühlschrank habe es keine Trennung gegeben, weil sich die Kinder hieraus versorgt hätten. Von dem Antragsteller erworbene Hygieneartikel habe die Antragsgegnerin nicht verwendet, sondern solche für ihren Gebrauch ausschließlich selbst erworben. Die Beteiligten hätten auch nicht mehr gemeinsam Kaffee getrunken oder Wäsche gewaschen. Soweit es noch ein gemeinsames Abendessen gegeben habe sollte, sei dies ausschließlich in dem Beisein der gemeinsamen Kinder gewesen. Im übrigen habe sich die Antragsgegnerin in jener Woche kaum in der Ehewohnung aufgehalten, sondern erhebliche Zeit - auch zu den Mahlzeiten - bei Freunden aufgehalten. Soweit der Antragsteller noch Einkäufe getätigt habe, hätte er dies nur für sich und die Kinder, nicht aber für sie getan. Die Antragsgegnerin habe weiterhin die Stromkosten für die Ehewohnung gezahlt, weil sich beide Beteiligten bis zu ihrem Auszug noch in der Wohnung aufgehalten hätten. Bei dem strengen Stichtagsprinzip zu dem Trennungszeitpunkt komme es vorrangig auf die subjektive Einstellung an, an der Ehe nicht mehr festhalten zu wollen, und auf den Ausdruck dessen.

Soweit sie die Vorlage geeigneter Belege verlange, sei ihr eine Konkretisierung nicht möglich, weil sich erst aus der Auskunft ergeben werde, welche Belege sich eignen könnten. Es seien Kontoauszüge und Bestätigungen von Versicherungsanstalten beizufügen, ohne daß dies vorab konkretisierend bestimmt werden könne.

Die Antragsgegnerin hat beantragt,

1. festzustellen, daß die Trennung der Beteiligten am 14. September 2014 erfolgt ist,

2. den Antragsteller zu verpflichten, ihr über den Bestand seines Vermögens systematisch geordnet in Form eines jeweils in sich geschlossenen Verzeichnisses mit einer zusammenfassenden Darstellung aller Einzelpositionen, getrennt nach Aktiva und Passiva, mit Angabe aller wertbildenden Merkmale, Auskunft zu den Stichtagen 14. Mai 2010 (Anfangsvermögen), 14. September 2014 (Trennungsvermögen) und 16. November 2016 (Endvermögen) Auskunft zu erteilen, und die Auskünfte durch geeignete Unterlagen zu belegen.

Der Antragsteller hat beantragt, die Anträge abzuweisen. Er hat gemeint, der Zwischenfeststellungsantrag sei unbegründet. Die Beteiligten hätten nicht seit dem 14., sondern seit dem 22. September 2014 voneinander getrennt gelebt. Bis zu diesem Datum hätten sie noch - wie zuvor - das Schlafzimmer geteilt, und auch danach wechselseitig Versorgungsleistungen erbracht. Am 15. September 2014 habe er der Antragsgegnerin seinen Trennungswunsch mitgeteilt. Bis zu dem Auszug der Antragsgegnerin im November 2014 sei die eheliche Lebensgemeinschaft nicht völlig aufgehoben worden. Er habe auch nach dem 14. September 2014 Einkäufe für die gesamte Familie getätigt, und die Antragsgegnerin habe diese von ihm gekauften Lebensmitteln mitverzehrt. Im Kühlschrank habe es keine Trennung gegeben. Die Beteiligten hätten von demselben Stück Butter und von demselben Kaffee, sowie gemeinsam von fast allen Lebensmitteln und Hygieneartikeln genommen. Sie hätten gemeinsam Kaffee getrunken und zu Abend gegessen.

Die Antragsgegnerin habe nicht allein mit den Kindern gegessen; sie habe weiterhin für die gesamte Familie gekocht. Die Rollenverteilung sei beibehalten worden. Der Antragsteller habe seine Haushaltsleistungen und sonstigen Beiträge nicht etwa eingestellt: Er habe der Antragsgegnerin noch Ende September 2014 das Auto repariert; währenddessen habe sie seinen Pkw benutzt. Eine Kostenbeteiligung sei hierfür weder vereinbart gewesen noch geleistet worden. Auch sei die Wohnung nicht umgeräumt worden; die Eheleute hätten lediglich nicht mehr in demselben Raum geschlafen. Zunächst habe die Antragsgegnerin selbst nichts anderes vorgetragen, sondern erklärt, der Antragsteller habe bis zu ihrem Auszug weiter eingekauft. Lediglich sexuelle Kontakte habe es sogleich nicht mehr gegeben.

Hinsichtlich des Antrages, die Auskünfte »durch geeignete Unterlagen zu belegen« fehle es am Rechtsschutzbedürfnis. Der Antrag sei so unpräzise, daß er nicht zu einem Titel mit einem vollstreckungsfähigen Inhalt führen könne. Ein Beleganspruch müsse die geforderten Belege genau bezeichnen. Ein entsprechender Titel sei nur vollstreckbar, wenn der Gerichtsvollzieher aus ihm ersehen könne, welche Belege auszusondern seien.

Das Amtsgericht - Familiengericht - Zossen hat die Beteiligten angehört, und Beweis erhoben durch Vernehmung verschiedener Zeugen zu der Frage des Trennungszeitpunktes. Mit dem angefochtenen Teilbeschluß, auf den der Senat wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes Bezug nimmt, hat es dem Antrag stattgegeben.

Mit seiner hiergegen gerichteten Beschwerde erstrebt der Antragsteller die Aufhebung des Beschlusses, und die Zurückverweisung des Verfahrens an das Amtsgericht, hilfsweise die Abänderung des Teilbeschusses, und Abweisung der Anträge der Antragsgegnerin. Er hält es für einen schwerwiegenden Verfahrensfehler, daß das Amtsgericht die Bezugnahme der Antragsgegnerin auf einen Antrag, den sie in dem vorausgegangenen Beschwerdeverfahren gestellt, und nach Zurückverweisung des Verfahrens an das Amtsgericht zu keinem Zeitpunkt schriftsätzlich in das erstinstanzliche Verfahren eingebracht habe, zugelassen hat. Dieser Verfahrensfehler rechtfertige die Zurückverweisung an das Amtsgericht. Zudem sei es befremdlich, daß das Protokoll der mündlichen Verhandlung erst nach dem Erlaß des angefochtenen Beschlusses fertiggestellt worden sei.

Das Amtsgericht habe die Bedeutung des Rechtsbegriffes » Trennung« verkannt, und unstreitige Umstände sowie den Vortrag des Antragstellers nicht gewürdigt, und damit seinen Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt. Die vernommenen Zeugen hätten zu dem tatsächlichen Vollzug der Trennung überwiegend aus eigener Anschauung nichts sagen können. Die Ausdeutung der Aussage der gemeinsamen Tochter der Beteiligten durch das Amtsgericht werde dieser Zeugenaussage nicht gerecht.

Der Antragsteller beantragt, den Teilbeschluß des Amtsgerichts Zossen vom 27. Juni 2017 aufzuheben, und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht zurückzuverweisen, hilfsweise, der Sache nach, unter Abänderung des Teilbeschlusses des Amtsgerichts Zossen vom 27. Juni 2017 den Antrag der Antragsgegnerin, festzustellen, daß die Trennung der Beteiligten am 14. September 2014 erfolgt sei, und den Antragsteller zu verpflichten, ihr über den Bestand seines Vermögens Auskunft zum 14. September 2014 zu erteilen, und alle drei zu erteilenden Auskünfte zu den Stichtagen durch geeignete Unterlagen zu belegen, zurückzuweisen.

Die Antragsgegnerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen. Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung.

Wegen der weiteren Einzelheiten des zweitinstanzlichen Sach- und Streitstandes nimmt der Senat auf die in dem Beschwerderechtszug gewechselten Schriftsätze Bezug. Er entscheidet, seiner Ankündigung folgend, ohne erneute mündliche Verhandlung. Die Beteiligten haben ihr Tatsachenvorbringen und ihre Rechtsansichten umfassend schriftsätzlich geäußert; es ist nicht ersichtlich, welche weiteren Erkenntnisfortschritte eine erneute mündliche Verhandlung bringen könnte.

II. 1. Die Beschwerde ist zulässig. Der Beschwerdewert (§ 61 FamFG) ist erreicht. Gegenstand des Beschwerdeverfahrens sind die Feststellung des Trennungszeitpunktes und die Verurteilung des Antragstellers, Auskunft zu erteilen über sein Vermögen zu den drei Stichtagen und »die Auskünfte durch geeignete Unterlagen zu belegen«.

a) Für die Bemessung des Wertes des Beschwerdegegenstandes, den das Gericht bei einem Rechtsstreit wegen der Erteilung einer Auskunft gemäß §§ 2, 3 ZPO nach freiem Ermessen festzusetzen hat, ist das Interesse des Rechtsmittelführers (hier: des Antragstellers) maßgebend, die Auskunft nicht erteilen zu müssen. Abgesehen von dem (hier nicht vorliegenden) Fall eines besonderen Geheimhaltungsinteresses ist hierbei auf den Aufwand an Zeit und Kosten abzustellen, den die sorgfältige Erteilung der geschuldeten Auskunft erfordert (BGHZ FamRZ 1995, 349, 350 f = EzFamR ZPO § 3 Nr. 44 = BGHF 9, 938; 2014, 644 = FuR 2014, 291 Tz. 6 mwN; 2020, 777 = FuR 2020, 372 Tz. 7).

Die Beschwer des Antragstellers besteht in dem hier in Rede stehenden Fall in dem - kaum meßbaren - Zeitaufwand, den es erfordert, drei nach Aktiva und Passiva gegliederte Vermögensverzeichnisse zu den Stichtagen zu erstellen, dabei wertbildende Faktoren mitzuteilen, und zum Beleg seiner Angaben »geeignete Unterlagen« herauszusuchen und sie vorzulegen. In ständiger Rechtsprechung beziffert der Senat diesen Aufwand grundsätzlich auf nicht mehr als 200 €.

b) Der Antragsteller macht geltend, soweit der angefochtene Teilbeschluß ihn zur Vorlage »geeignete[r] Unterlagen« verpflichte, habe er keinen vollstreckungsfähigen Inhalt. Es ist nicht ausgeschlossen, daß die Antragsgegnerin aus dem Titel auch insoweit Vollstreckungsversuche unternimmt. Die Beschwer erhöht sich damit um die mit der Abwehr einer insoweit ungerechtfertigten Zwangsvollstreckung verbundenen Kosten, wenn die Belegvorlageverpflichtung, gegen die sich der Rechtsmittelführer zur Wehr setzt, keinen vollstreckbaren Inhalt hat (Senatsbeschluß FamRZ 2016, 1448 mwN). Das gilt aber nur für die Abwehr der Vollstreckung des Teils der ausgesprochenen Verpflichtung, die keinen vollstreckbaren Inhalt hat.

Nach eigener Auffassung des Antragsgegners ist nicht die Verpflichtung zur Auskunfterteilung als solche mit Mängeln der Vollstreckbarkeit behaftet, sondern die ausgesprochene Belegpflicht, indem diese sich zu unbestimmt auf »geeignete Unterlagen« beziehe. Damit ist das Interesse einer möglichen Vollstreckungsabwehr nicht durch die wirtschaftliche Bedeutung der Auskunft als solche bestimmt, sondern lediglich durch den Erkenntniswert der zusätzlichen Belegvorlage. Da konkrete Anhaltspunkte für die isolierte Bewertung des antragstellerseitigen Interesses an der Belegvorlage nicht greifbar sind, wird hierfür auf den Auffangwert des § 42 Abs. 3 FamGKG in Höhe von 5.000 € zurückgegriffen (vgl. BGH FamRZ 2019, 1078 = FuR 2019, 471 Tz. 7; 2020, 777 = FuR 2020, 372 Tz. 11 - 13). Diesen zugrunde gelegt bleibt der Beschwerdewert in dem vorliegenden Fall deutlich unter 600 €.

Zu der Abwehr der Vollstreckung der unbestimmten Belegvorlagepflicht würden 6/10 einer Anwaltsgebühr entstehen (§ 18 Nr. 13 RVG iVm Nrn. 3309, 3310 RVG-VV), zuzüglich Auslagen und Umsatzsteuer (BGH FamRZ 2016, 1348; 2016, 1448 = FuR 2016, 517; MMR 2018, 344 [Ls]; FamRZ 2019, 1078 = FuR 2019, 471; 2019, 1442 = FuR 2019, 598). Eine Anwaltsgebühr aus 5.000 € beläuft sich auf 303 €; 6/10 hiervon machen einen Betrag von 181,80 € aus. Zuzüglich Auslagenpauschale und Umsatzsteuer ergeben sich demgemäß höchstens berücksichtigungsfähige Anwaltskosten in Höhe von 240,14 €. Weitere Kosten hat der Bundesgerichtshof nicht berücksichtigt, insbesondere auch nicht die Kosten eventueller Beschwerdeverfahren. Dem schließt sich der Senat an. Die Kosten, die dem Gegner im Rahmen der Zwangsvollstreckung erwachsen, sind bereits deshalb nicht berücksichtigungsfähig, weil sie der Gegner selbst zu tragen hat, wenn sich der Auskunftsverpflichtete erfolgreich gegen die Zwangsvollstreckung wehrt (vgl. OLG München BeckRS 2019, 39997).

c) In dem vorliegenden Fall kommt der Wert für die Feststellung des Trennungszeitpunktes hinzu; insoweit besteht ein Abwehrinteresse des Antragstellers, das für die Bemessung der Beschwer gemäß §§ 112 Nr. 2, 113 Abs. 1 FamFG, § 3 ZPO zu schätzen ist. Bei der Bemessung des Abwehrinteresses ist auch die wirtschaftliche Bedeutung des Feststellungsausspruchs, insbesondere die in § 1375 Abs. 2 S. 2 BGB geregelte Umkehr der Beweislast bei Vermögensminderungen zwischen dem Trennungszeitpunkt und der Zustellung des Scheidungsantrages als Endstichtag zu berücksichtigen.

In dem vorliegenden Fall kann sich deswegen die Darlegungs- und Beweislast auf den Nachweis der von der Antragsgegnerin behaupteten Verschiebung von Geldbeträgen in Höhe von ca. 5.000 € zwischen den umstrittenen Trennungsstichtagen, und damit auf die Erfolgsaussicht des Antrages auf Zugewinnausgleich auswirken. Damit steht ein um rund 2.500 € höherer oder geringerer Zugewinnausgleich im Raum. Der Zwischenfeststellungsantrag ist im Rahmen der Auskunftsstufe erhoben worden, für welche als Wert regelmäßig 10% des möglichen Zahlungsanspruchs anzusetzen sind; das sind hier 250 €. Nach einem weiterem Abschlag von einem Fünftel, da es sich lediglich um einen Zwischenfeststellungsantrag gehandelt hat (OLG Koblenz FamRZ 2018, 42 = FuR 2018, 95), verbleibt noch ein Verfahrenswert von 200 €.

Für die Frage der Beschwer kann dahinstehen, ob der Trennungszeitpunkt ein zwischenfeststellungsfähiges Rechtsverhältnis iSd § 256 ZPO darstellt (vgl. hierzu aber nachfolgend Ziff. II. 3. b) aa)). Nachdem das Amtsgericht den Trennungszeitpunkt isoliert festgestellt hat, kann dem Antragsteller ein Abwehrinteresse gegen die Titulierung des Trennungszeitpunktes nicht abgesprochen werden. Unabhängig von der Wirksamkeit einer solchen isolierten Feststellung des Trennungszeitpunktes kann nicht ausgeschlossen werden, daß die Gerichte sich - möglicherweise nicht nur für das weitere Verbundverfahren - an diese Feststellung gebunden sehen.

Nach alledem übersteigt die Beschwer des Antragsgegners die Wertgrenze des § 61 Abs. 1 FamFG: 200 € (Abwehr der Auskunft) + 240,14 € (Abwehr der Zwangsvollstreckung) + 200 € (Zwischenfeststellung Trennungszeitpunkt), also insgesamt 640,14 €.

2. Die Beschwerde ist jedoch im Hauptantrag unbegründet. Das Beschwerdegericht hat in der Sache selbst zu entscheiden (§ 69 Abs. 1 S. 1 FamFG): Es darf die Sache unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und des Verfahrens nur dann an das Gericht des ersten Rechtszuges zurückverweisen, wenn dieses in der Sache noch nicht entschieden hat, oder soweit das Verfahren an einem wesentlichen Mangel leidet, und zu der Entscheidung eine umfangreiche oder aufwendige Beweiserhebung notwendig wäre, und ein Beteiligter die Zurückverweisung beantragt (§ 69 Abs. 1 S. 3 FamFG).

Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Es kann dahinstehen, ob das Amtsgericht es verfahrensfehlerhaft zugelassen hat, daß die Antragsgegnerin auf einen in einer anderen Instanz gestellten Antrag Bezug genommen hat: Eine Aufhebung und Zurückverweisung kommt nicht in Betracht, weil jedenfalls die Notwendigkeit einer umfangreichen oder aufwendigen Beweisaufnahme nicht ersichtlich ist.

3. Die Beschwerde ist auf den Hilfsantrag nur teilweise begründet.

a) Die Beschwerde ist erfolglos, soweit sich der Antragsteller gegen seine Auskunftspflicht wendet, denn er ist verpflichtet, Auskunft über sein Vermögen zu dem Zeitpunkt der Trennung und zu den Zeitpunkten, die für die Berechnung des Anfangs- und des Endvermögens maßgeblich sind, zu erteilen, und diese zu belegen (§ 1379 Abs. 1 S. 1 BGB). Die Voraussetzung hierfür, ein Scheidungsantrag, liegt vor.

b) Erfolglos bleibt die Beschwerde auch, soweit der Antragsgegner die Feststellung eines anderen Trennungszeitpunktes erstrebt. Der Antragsteller wendet sich mit der Behauptung einer Trennung erst zum 22. September 2014 gegen die Verpflichtung zur Auskunfterteilung zum Stichtag 14. September 2014. Mit Blick auf den auch in zweiter Instanz fortgeführten Streit um den Trennungszeitpunkt war auf den entsprechenden Antrag der Antragsgegnerin vorab ausdrücklich festzustellen, daß die Trennung der Beteiligten am 14. September 2014 erfolgt ist.

aa) Der (Zwischen-)Feststellungsantrag der Antragsgegnerin ist zulässig (so auch OLG Brandenburg NJW-RR 2014, 519; OLG Celle FamRZ 2014, 326; a.A. OLG Koblenz FamRZ 2018, 42 = FuR 2018, 95). Insbesondere besteht durchaus ein beachtliches Interesse der Antragsgegnerin daran, den Trennungszeitpunkt gesondert feststellen zu lassen (vgl. zum Ganzen OLG Celle FamRZ 2014, 326).

Allein der Umstand, daß im Rahmen des geltend gemachten Anspruchs zur Auskunfterteilung über das Trennungsvermögen nur inzident bzw. als Vorfrage notwendig der Tag der Trennung als Stichtag zu benennen ist, beseitigt das Rechtsschutzbedürfnis nicht. Die Entscheidung zur Auskunft unter Bezeichnung des maßgeblichen Stichtages entfaltet weder eine innerprozessuale Bindungswirkung, noch erwächst der in der Auskunftsstufe genannte Trennungsstichtag in Rechtskraft. Es widerspräche dem Wesen der Rechtskraft, wenn man die Entscheidungswirkung über die unmittelbar ausgesprochene Rechtsfolge (Zuerkennung eines Anspruchs auf Auskunft und Belegvorlage) hinausgreifen ließe, und auch das zugrunde liegende Rechtsverhältnis (Trennung der Eheleute iSv § 1567 BGB) mit einbezöge (BGH MDR 1970, 577). Es besteht mithin die Gefahr, daß die mit den weiteren Stufen des hier streitigen Zugewinnausgleichsanspruchs, aber auch im Zuge anderer Folgesachen des Scheidungsverbundes befaßten (Instanz-)Gerichte zu abweichenden Ergebnisses bezüglich des streitigen Trennungszeitpunktes gelangen.

Gerade in dem hier vorliegenden Fall eines sich abzeichnenden Streits um etwaige illoyale Vermögensminderungen zwischen Trennung und Beendigung des Güterstandes (§ 1375 Abs. 2 S. 1 Nrn. 1 bis 3 BGB) gewinnt aber der Zeitpunkt der Trennung besondere Bedeutung.

Die Frage des Einsatzzeitpunktes für das Getrenntleben iSv § 1567 BGB löst aber auch weitergehende Rechtsfolgen aus, so etwa Unterhaltsverpflichtungen nach § 1361 BGB, die Möglichkeit von Regelungen nach § 1361a und § 1361b BGB; im Scheidungsverbund kann der Trennungszeitpunkt ferner im Rahmen der Durchführung des Versorgungsausgleichs erhebliche Bedeutung erlangen. Insofern handelt es sich bei der Frage nach dem Trennungszeitpunkt um eine bestimmte, rechtlich geregelte Beziehung einer Person zu einer anderen, und damit um ein zwischenfeststellungsfähiges Rechtsverhältnis.

Der Bundesgerichtshof hat es auch bereits ausdrücklich für zulässig erklärt, den Auskunftsanspruch mit einem Zwischenfeststellungsantrag über das zugrunde liegende Rechtsverhältnis zu verbinden (BGH ZIP 1999, 447 = WM 1999, 746); dabei hat er zugleich klargestellt, daß es für die Zulässigkeit des Zwischenfeststellungsantrages bereits ausreicht, daß das festzustellende Rechtsverhältnis für die verschiedenen Teile der Stufenklage maßgeblich ist, da es sich bei der Stufenklage um einen besonderen Fall der objektiven Klagenhäufung handelt (BGH aaO). Von dieser Rechtsprechung abzuweichen, bietet der Streitfall dem Senat keinen Anlaß.

Ausgehend davon ist die umstrittene Frage des Zeitpunktes der Herbeiführung der Trennung im Rechtssinne, von der vorliegend jedenfalls auf den unterschiedlichen Stufen des Antrages der Antragstellerin unmittelbare Rechtsfolgen abhängen, einer Zwischenfeststellung zugänglich (vgl. OLG Brandenburg NJW-RR 2014, 519).

bb) Als Trennungszeitpunkt ist der 14. September 2014 festzustellen. Ehegatten leben getrennt, wenn zwischen ihnen keine häusliche Gemeinschaft mehr besteht, und ein Ehegatte sie erkennbar nicht wieder herstellen will, weil er die eheliche Lebensgemeinschaft ablehnt (§ 1567 Abs. 1 S. 1 BGB). Um feststellen zu können, daß die Beteiligten getrennt leben, müssen beide Elemente - das Nichtbestehen einer häuslichen Gemeinschaft, sowie bei mindestens einem Ehegatten das Bestehen eines Trennungswillens, der erkennbar auf eine Ablehnung der ehelichen Lebensgemeinschaft gerichtet ist - an dem von der Antragsgegnerin behaupteten Trennungstag, dem 14. September 2014, vorgelegen haben, und weiter vorliegen. Das vermochte die Antragsgegnerin zu beweisen.

Die Darlegungs- und Beweislast für den Trennungszeitpunkt, der taggenau zu benennen ist (vgl. MünchKomm/Koch, BGB 7. Aufl. § 1379 Rdn. 9; Kogel, Strategien beim Zugewinnausgleich 5. Aufl. 2016 Rdn. 448), obliegt dem Auskunft begehrenden Ehegatten, und damit hier der Antragsgegnerin (vgl. AmtsG Heidelberg FamRZ 2017, 278; Brudermüller in Palandt, BGB 77. Aufl. § 1379 Rdn. 24 und § 1567 Rdn. 9; Büte, Zugewinnausgleich 5. Aufl. Rdn. 272; Braeuer, Zugewinnausgleich 2. Aufl. Rdn. 661, 665; Schulz/Hauß, Vermögensauseinandersetzung bei Trennung und Scheidung 6. Aufl. Rdn. 757; Kogel, FF 2017, 3, 11 f). Die Antragsgegnerin hat nachgewiesen, daß sich die Trennung am Abend des 14. September 2014 in einem eindeutigen singulären Akt vollzogen hat, dessen Folgen ab sofort konsequent und zielgerichtet umgesetzt worden sind, wenngleich es noch vereinzelt Gemeinsamkeiten zwischen den Eheleuten gab, die jedoch nicht mehr für die Annahme des Fortbestehens einer ehelichen Gemeinschaft, wie sie bis dahin geübt worden war, ausreichen.

(1) Der Trennungswille läßt sich nach dem Vorbringen beider Beteiligter ab dem 14. September 2014 auf beiden Seiten feststellen. Durch die Zeugin P. W. bestätigt, hat die Antragsgegnerin vorgetragen, der Antragsteller hätte ihr am Abend des 14. September 2014, nachdem sie von ihrer Tätigkeit als Wahlhelferin nach Hause zurückgekehrt war, seinen Trennungswunsch offenbart; von Zweifeln seinerseits haben die Beteiligten nichts berichtet. Daß er in dem Gespräch eigentlich nur hätte ankündigen wollen, sich erst in naher Zukunft von der Antragsgegnerin trennen zu wollen, liegt in Ansehung dessen, daß die Beteiligten die gemeinsamen Kinder, wie die Zeugin P. W. ebenfalls bestätigt hat, bereits an dem Folgetag über die Trennung informiert haben, fern, und ist von dem Antragsteller nicht mit Substanz behauptet worden. Die Antragsgegnerin hat durch die Zeugenaussage der gemeinsamen Tochter P. W. auch nachgewiesen, sich auf den Trennungswunsch des Antragstellers noch an demselben Abend eingelassen zu haben, und daß die Eheleute ab diesem Zeitpunkt in unterschiedlichen Zimmern geschlafen haben.

(2) Für die Frage, ob die Beteiligten im Rechtssinne getrennt gelebt haben, kommt es daher entscheidend auf die Frage an, ob zwischen ihnen noch eine häusliche Gemeinschaft bestanden hat. Daß dies ab dem Abend des 14. September 2014 nicht mehr der Fall war, hat die Antragsgegnerin ebenfalls nachgewiesen.

§ 1567 Abs. 1 S. 2 BGB stellt klar, daß eine Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft auch innerhalb der ehelichen Wohnung möglich ist. Eine »vollkommene« Trennung, wie sie noch unter Geltung des § 48 Abs. 1 EheG statuiert wurde, ist nicht mehr erforderlich; es genügt ein der konkreten Wohnsituation entsprechendes Höchstmaß räumlicher Trennung (OLG Köln FamRZ 1982, 807; BeckOGK/S. Kappler, BGB [01.05.2020] § 1567 Rdn. 30). Die gemeinsame Nutzung der der Versorgung und Hygiene dienenden Räume (Küche, Toilette, Bad, Waschküche) sowie Absprachen über deren Benutzung schließen - wenn solche Räume nur einmal vorhanden sind - die Annahme eines Getrenntlebens folglich nicht aus. Haushaltsgeräte, die - wie die Waschmaschine - in der Wohnung nicht leicht doppelt aufgestellt werden können, können ebenfalls gemeinsam genutzt werden (Kappler, aaO Rdn. 32). Außer den der Versorgung und Hygiene dienenden Räumen darf kein Zimmer der ehelichen Wohnung gemeinsam genutzt werden; die übrigen Zimmer der ehelichen Wohnung müssen strikt getrennt werden. Die Ehegatten müssen getrennt wohnen und schlafen (Kappler, aaO Rdn. 33).

Nach diesen Maßstäben ist die Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft mit dem 14. September 2014 festzustellen: Von diesem Zeitpunkt an lebten die Beteiligten von Tisch und Bett getrennt. Die Trennung war nach der Äußerung des Trennungsentschlusses des Antragstellers von beiderseitigem konsequenten Trennungswillen getragen. Von den gemeinsamen Kindern hing die Trennung nicht ab, weshalb sie nicht noch an dem Abend des 14. September 2014 in den Vollzug der Trennung einbezogen werden mußten.

Die Antragsgegnerin hat dargelegt, daß die Ehegatten seit dem 14. September 2014 in unterschiedlichen Zimmern genächtigt hätten, was die Zeugin H. vom Hörensagen, und die Zeugin P. W. aus eigener Wahrnehmung bestätigt haben. Unstreitig hat die Antragsgegnerin ihren Auszug ab diesem Zeitpunkt forciert. Bis zu dem zwei Monate später erfolgten Auszug der Antragsgegnerin ist das notwendige Miteinander auf notwendige, unvermeidbare Regelungen begrenzt worden; so sind Mahlzeiten nach den durch die glaubhafte Aussage der Zeugin P. W. bestätigten Darlegungen der Antragsgegnerin von ihr und den Kindern bewußt häufig bei Freunden in Abwesenheit des Antragstellers eingenommen worden. Einvernehmlich haben gemeinsame Mahlzeiten bis zum 22. September 2014 nur noch stattgefunden, um in der - vor der Möglichkeit des Ausweichens in eigenen Wohnraum für die Antragsgegnerin - unvermeidbar gemeinsam zu nutzenden Wohnung keine Komplikationen eintreten zu lassen.

Gespräche hat es nur noch über Belange der Kinder gegeben, gemeinsame Unternehmungen nicht. Nach dem 14. September 2014 haben die Beteiligten keine nach außen erkennbaren Veränderungen zu der weiteren oder vertieften Umsetzung ihres Trennungsentschlusses vorgenommen. Da es mit dem 22. September 2014, dem Tag, für den der Antragsteller die Herbeiführung des Getrenntlebens anerkennt, bis zu dem Auszug der Antragsgegnerin am 8. November 2014 auch nach dem Vorbringen des Antragstellers keine weiteren Änderungen in der Ausgestaltung der Situation in der Ehewohnung mehr gegeben hat, ist von der Herbeiführung der Trennung am 14. September 2014 auszugehen.

Daran ändert nichts, daß die Eheleute in der Folgezeit bis zum 22. September 2014 noch beide den sich am Abend des 14. September 2014 in der Kaffeedose befindlichen Kaffee bzw. das angefangene Stück Butter verbraucht haben, auch nicht, daß der Antragsteller noch Einkäufe getätigt hat, von denen auch die Kinder gezehrt haben. Auch die Begleichung der Stromrechnung durch die Antragsgegnerin bis zu ihrem Auszug am 8. November 2014 sowie gelegentliche gemeinsame Mahlzeiten vermögen den Fortbestand der häuslichen Gemeinschaft bis zum 22. September 2014 nicht zu begründen. Die Antragsgegnerin hat vorgetragen, in den sieben Tagen bis zu dem streitigen Trennungszeitpunkt (22. September 2014) jedenfalls überwiegend mit den Kindern die Mahlzeiten bei Freunden eingenommen zu haben. An dem darauffolgenden Wochenende ist der Antragsteller unstreitig mit seiner Freundin bereits zu einer Messe gefahren, so daß er in der konkreten Zeit seiner Abwesenheit mit der Antragsgegnerin ebenfalls keine ehetypischen Gemeinsamkeiten teilen konnte.

Daß die Beteiligten außer den der Versorgung und Hygiene dienenden Räumen noch Zimmer der ehelichen Wohnung gemeinsam genutzt hätten, hat auch der Antragsteller nicht vorgetragen. Seine Behauptung, er sei erst am 22. September 2014 aus dem Schlafzimmer ausgezogen, ist durch die Aussage der Zeugin P. W. widerlegt. Nur gelegentliche, vereinzelte gemeinsame Mahlzeiten mit den gemeinsamen Kindern hindern die Annahme eines Höchstmaßes an räumlicher Trennung nicht. Der Senat hielte es für überspannt, getrennten Eheleuten auf die Gefahr hin, die Trennung würde andernfalls vor Gericht nicht anerkannt, vorzugeben, sie müßten, um sich auf einen Trennungszeitpunkt zu berufen, hernach auch das vereinzelte, gemessen an den individuellen Lebensverhältnissen vor der Trennung eine deutlich geringere Häufigkeit aufweisende gemeinsame Einnehmen von Mahlzeiten unter allen Umständen vermeiden; vielmehr entspricht es der Vernunft und auch den Erfordernissen einer sozialadäquaten Kommunikation gerade unter einem Dach getrennt lebender Eltern, denen während der Trennungszeit unter Kindeswohlgesichtspunkten abverlangt wird, sozial angemessen zu kommunizieren, daß sie einander in Gegenwart der Kinder besonnen und respektvoll begegnen.

Vor diesem Hintergrund müssen ganz vereinzelte Begegnungen, wenn sie im Verhältnis zu der Üblichkeit in ungetrennter Zeit nur noch in deutlich geringerer Häufigkeit erfolgen, oder sonstige vernünftige verbal oder nonverbal getroffene Vereinbarungen, beispielsweise über den Weiterverbrauch bereits gemeinsam in Gebrauch genommener Lebensmittel oder Verbrauchsgüter, der Feststellung des Aufgebens der häuslichen Gemeinschaft nicht entgegenstehen: Maßgeblich ist dabei, daß durch die Trennung eine Zäsur in den individuellen ehelichen Lebensverhältnissen feststellbar ist, nach der die ehetypischen Gemeinsamkeiten aufgegeben sind, und zwischen den Eheleuten, anders als vor der Trennung, nur noch ganz vereinzelte Gemeinsamkeiten zustande kommen, die nicht mehr über diejenigen einer bloßen Zweckgemeinschaft hinausgehen.

So lag es hier. Die Zeugin P. W. hat den Vortrag der Antragsgegnerin bestätigt, daß sie mit den Kindern häufig auswärts gegessen habe, und nur noch ab und an gemeinsam mit den Kindern und dem Antragsteller gegessen hätte, während es andere gemeinsame Begegnungen oder Unternehmungen nicht mehr gegeben habe.

c) Die Beschwerde hat allerdings Erfolg, soweit das Amtsgericht das Belegen der Auskünfte durch »geeignete Unterlagen« angeordnet hat: Insoweit ist der Antrag der Antragsgegnerin zu verwerfen, weil er mangels hinreichender Bestimmtheit unzulässig ist.

Gemäß § 113 Abs. 1 FamFG, § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO muß die Antragsschrift die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs, sowie einen bestimmten Antrag enthalten; daraus ergibt sich verfahrensrechtlich die Pflicht zu der genügenden Konkretisierung des Leistungsinhalts. Es muß mit Rücksicht auf die Zwangsvollstreckung genau bezeichnet werden, welche Leistung der Schuldner erbringen soll; der Antrag muß einen vollstreckungsfähigen Inhalt haben (Greger in Zöller, ZPO 33. Aufl. § 253 Rdn. 13c). Schließlich darf die Auseinandersetzung über die Frage, welche konkreten Unterlagen verlangt werden, nicht durch eine unbestimmte Antrags- und Beschlußformel in das Vollstreckungsverfahren verlagert werden (vgl. BGH NJW 1981, 749 mwN).

Der Antrag der Antragsgegnerin, den Antragsteller zu verpflichten, »die Auskünfte durch geeignete Unterlagen zu belegen«, genügt diesen Anforderungen nicht: Ein entsprechender Ausspruch wäre nicht vollstreckbar, weil der Gerichtsvollzieher nicht ermessen könnte, welche Unterlagen aus dem Besitz des Auskunftsschuldners als Beleg geeignet wären. Der Antrag ist nicht hinreichend bestimmt und damit unzulässig (vgl. BGH NJW 1983, 1056 = EzFamR BGB § 1605 Nr. 2 = BGHF 3, 833).

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 20 Abs. 1 FamGKG, § 81 FamFG. Die Entscheidung zum Verfahrenswert folgt aus § 40 Abs. 1 FamFG.

Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen nicht vor (§ 70 Abs. 2 FamFG).

OLG Brandenburg 2020-08-10 - 13 UF 122/17
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Anmerkungen

Der auf Zugewinnausgleich in Anspruch genommene Antragsteller hat sich gegen seine Auskunftspflicht über sein Vermögen zum Zeitpunkt der Eheschliessung, zum Trennungszeitpunkt sowie zum Endvermögen gewandt; er sollte diese Auskunft durch »geeignete Unterlagen« belegen. Gegen die erstinstanzlich ausgesprochene Verpflichtung hat der Beschwerde eingelegt. Der Senat hat der Beschwerde teilweise stattgegeben.

Sie sei zulässig, weil die Beschwer von 600 € erreicht sei. Regelmässig sei zwar bei dem Auskunftspflichtigen nur der Aufwand an Zeit und Kosten massgeblich, den er für die sorgfältige Erteilung der geschuldeten Auskunft benötige, und diesen Aufwand bewerte der Senat grundsätzlich mit 200 €. Da der erstinstanzliche Titel aber keinen vollstreckungsfähigen Inhalt habe, erhöhe sich die Beschwer um die Kosten, die mit der Abwehr einer insoweit ungerechtfertigten Zwangsvollstreckung verbunden seien (vgl. hierzu bereits BGH FamRZ 2019, 1442 = FuR 2019, 607). Belege, die ein Auskunftspflichtiger vorlegen soll, müssten im Titel genau bezeichnet sein, und in den Entscheidungsgründen konkretisiert werden. Der Begriff »Geeignete Unterlagen« erfüllen diese Anforderung nicht; die Kosten für die Abwehr der Vollstreckung betrügen ca. 240 €.

Hinzu komme noch der Wert für die Feststellung des Trennungszeitpunkts; insoweit bestehe ein Abwehrinteresse des Antragstellers. Bei der Bemessung dieses Abwehrinteresses sei besonders die in § 1375 Abs. 2 S. 2 BGB geregelte Beweislastumkehr zu berücksichtigen. In dem vorliegenden Fall habe die Antragsgegnerin eine Verschiebung von Geldbeträgen in Höhe von ca. 5.000 € geltend gemacht; dies ergebe einen um rund 2.500 € höheren Zugewinnausgleich. Für den Zwischenfeststellungsantrag würden regelmässig 10% des möglichen Zahlungsanspruchs angesetzt; das seien 250 €. Da es sich lediglich um einen Zwischenfeststellungsantrag gehandelt habe, sei ein weiterer Abschlag von 1/5 anzusetzen (vgl. OLG Koblenz FamRZ 2018, 42 = FuR 2018, 95); damit ergebe sich ein weiterer Teilverfahrenswert von 200 €. Insgesamt betrage die Beschwer also 640 €.

Auch der Antrag der Antragsgegnerin auf Zwischenfeststellung des Trennungszeitpunkts sei zulässig (so bereits OLG Brandenburg NJW-RR 2014, 519; OLG Celle FamRZ 2014, 326). Gerade im Falle eines sich abzeichnenden Streits um etwaige illoyale Vermögensminderungen zwischen Trennung und Rechtshängigkeit komme dem Trennungszeitpunkt besondere Bedeutung zu. Es bestehe die Gefahr, dass die mit den weiteren Stufen des streitigen Zugewinnausgleichsanspruchs befassten Gerichte zu abweichenden Ergebnissen bezüglich des streitigen Trennungszeitpunkts gelangten. Gleiches gelte für andere Folgesachen des Scheidungsverbunds. Die Frage des Einsatzzeitpunkts für das Getrenntleben im Sinne von § 1567 BGB löse ohnehin weitergehende Rechtsfolgen aus, so etwa Unterhaltsverpflichtungen nach § 1361 BGB. Insofern handele es sich um eine bestimmte, rechtlich geregelte Beziehung einer Person zu einer anderen. Dies sei ein zwischenfeststellungsfähiges Rechtsverhältnis.

3. Im übrigen treffe der erstinstanzlich angenommene Trennungszeitpunkt 14.09.2014 treffe zu. Er sei taggenau anzugeben und zu beweisen. Diese Voraussetzung sei nach der erstinstanzlichen Beweisaufnahme erfüllt. § 1567 Abs. 1 S. 2 BGB stelle klar, dass eine Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft auch innerhalb der ehelichen Wohnung möglich sei. Eine »vollkommene« Trennung sei nicht erforderlich; es genüge ein der konkreten Wohnsituation entsprechendes Höchstmass räumlicher Trennung. Die gemeinsame Nutzung der der Versorgung und Hygiene dienenden Räume (Küche, Toilette, Bad, Waschküche) sowie Absprachen über deren Benutzung schlössen die Annahme eines Getrenntlebens nicht aus, sofern solche Räume nur einmal vorhanden seien. Haushaltsgeräte (zum Beispiel die Waschmaschine), die in der Wohnung nicht leicht doppelt aufgestellt werden könnten, dürften ebenfalls gemeinsam genutzt werden. Ausser den der Versorgung und Hygiene dienenden Räumen dürften aber keine Zimmer der ehelichen Wohnung gemeinsam genutzt werden. Die Ehegatten müssten getrennt wohnen und schlafen.

Nach der Äusserung des Trennungsentschlusses des Antragstellers am 14.09.2014 sei die Trennung vom beiderseitigen konsequenten Trennungswillen getragen gewesen. Von den gemeinsamen Kindern habe die Trennung nicht abgehangen; deshalb mussten sie nicht noch am Abend des 14.09.2014 in den Vollzug der Trennung einbezogen werden. Vielmehr entspreche es den Erfordernissen einer sozialadäquaten Kommunikation gerade der unter einem Dach noch lebenden Eltern, dass sie einander in Gegenwart der Kinder besonnen und respektvoll begegneten. Während der Trennungszeit werde ihnen unter Kindeswohlgesichtspunkten abverlangt, sozial angemessen zu kommunizieren. Vor diesem Hintergrund stünden ganz vereinzelte Begegnungen, die im Verhältnis zur Üblichkeit in ungetrennter Zeit nur noch in deutlich geringerer Häufigkeit erfolgten, einer Aufgabe der häuslichen Gemeinschaft nicht entgegen. Massgeblich sei dabei, dass durch die Trennung eine Zäsur in den individuellen ehelichen Lebensverhältnissen feststellbar sei. Das Leben unter einem Dach dürfe insgesamt nicht über eine blosse Zweckgemeinschaft hinausgehen.


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Familienvermögensrecht; Zugewinngemeinschaft; Zugewinnausgleich; Auskunftspflicht im Zugewinn; strenge Anforderungen an ein Abweichen von den gesetzlichen Stichtagen.

BGB §§ 242, 1379, 1384

Ein Abweichen von den für die Berechnung des Zugewinnausgleichs gesetzlich bestimmten Stichtagen ist auch im Rahmen der Auskunftspflicht nach § 1379 BGB nur unter engen Voraussetzungen nach § 242 BGB möglich; alleine eine längere Unterbrechung des Scheidungsverfahrens und eine mögliche verfrühte Antragstellung genügen hierfür nicht ohne Weiteres.

OLG Brandenburg, Beschluß vom 18. Februar 2021 - 9 UF 168/20 u.a. (9 UF 169/20)

Tenor
1. Die Beschwerden des Ehemannes vom 12.08.2020, gerichtet gegen die beiden Beschlüsse des Amtsgerichts - Familiengericht - Bad Liebenwerda vom 15.07.2020 (22 F 166/08), werden zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Ehemann.
3. Der Beschwerdewert beträgt bis zu 1.500 € (9 UF 168/20: bis zu 500 €, und 9 UF 169/20: 1.000 €).

Gründe
I. Die Beteiligten haben im Jahre 1995 die Ehe, welche kinderlos geblieben ist, geschlossen. Sie haben sich spätestens im Jahre 2008 voneinander getrennt. Die Ehefrau war bereits im Jahre 2007 aus der vormals ehelichen Wohnung in E. ausgezogen und nach R. verzogen.

Der Scheidungsantrag der Ehefrau wurde dem Ehemann am 28.07.2008 zugestellt. Nachdem der Ehemann sich der Scheidung zunächst unter Hinweis auf den Nichtablauf des Trennungsjahres widersetzt hatte, hat er mit Schriftsatz vom 2. Februar 2009 ebenfalls Scheidungsantrag gestellt. Auf beiderseitigen Antrag der Ehegatten wurde mit Beschluß vom 17. März 2009 durch das Amtsgericht Bad Liebenwerda das Verfahren gemäß § 614 Abs. 3 ZPO a.F. für ein Jahr ausgesetzt. Ob die Aussetzung des Verfahrens auf einer Versöhnung der beteiligten Ehegatten beruhte, oder andere Gründe hatte, war zwischen den Beteiligten streitig; insbesondere der Ehemann hatte sich dabei darauf berufen, die Beteiligten hätten sich im Jahre 2009 tatsächlich wieder versöhnt.

Mit Schriftsatz vom 5. April 2019, dem Ehemann persönlich am 25. April 2019, und seinem Bevollmächtigten am 30. Oktober 2019 zugestellt, hat die Ehefrau die Fortsetzung des Verfahrens begehrt. Mit weiteren Schriftsätzen vom 20. März 2020 (Ehemann) sowie vom 7. April 2020 (Ehefrau) haben die Eheleute wechselseitig eigene Stufenanträge für die Folgesache Zugewinnausgleich gestellt. Hinsichtlich des Endvermögensstichtages hat der Ehemann eine Auskunfterteilung zum 29. Oktober 2019, und die Ehefrau zum 28. Juli 2008 verfolgt. In der mündlichen Verhandlung vom 15. Juli 2020 vor dem Amtsgericht Bad Liebenwerda hat der Ehemann Anerkenntnis betreffend der Auskunftsanträge der Ehefrau mit der Maßgabe, daß dies bezüglich des Stichtages 28. Juli 2008 ohne Anerkenntnis einer Rechtspflicht erfolge, erklärt. Die Ehefrau hat zu den Auskunftsanträgen des Ehemannes betreffend die Stichtage 29. Mai 1995 und 12. Januar 2008 Anerkenntnis erklärt, für den Stichtag 29. Oktober 2019 dagegen Abweisung dieses Auskunftsantrages des Ehemannes begehrt.

Mit getrennt erlassenen (Teilanerkenntnis-)Beschlüssen vom 15. Juli 2020 hat das Amtsgericht Bad Liebenwerda den Ehemann antragsgemäß zur Auskunfterteilung, insbesondere betreffend den Stichtag 28. Juli 2008, sowie die Ehefrau (hilfs-)antragsgemäß zur Auskunfterteilung insbesondere zu dem Stichtag 28. Juli 2008 unter Abweisung des weiteren Antrages des Ehemannes auf Auskunfterteilung zum 29. Oktober 2019 verpflichtet; wegen der Einzelheiten wird auf die Gründe der angefochtenen Entscheidungen des Amtsgerichts Bad Liebenwerda, jeweils vom 15. Juli 2020, Bezug genommen.

Gegen diese Entscheidungen richten sich die Beschwerden des Ehemannes, mit welcher dieser im Ergebnis weiterhin eine Auskunfterteilung allein im Zusammenhang mit der Wiederaufnahme des Verfahrens im Jahre 2019 verfolgt; insoweit hat er sein Vorbringen betreffend eine Versöhnung der Beteiligten im Jahre 2009 wiederholt, und - deutlich - vertieft. Er beantragt, die Teilanerkenntnisbeschlüsse des Amtsgerichts teilweise abzuändern, und

- (Verfahren 9 UF 168/20) den Antrag der Ehefrau zurückzuweisen, soweit er zur Auskunfterteilung zum 28. Juli 2008 verpflichtet worden ist, sowie

- (Verfahren 9 UF 169/20) die Ehefrau zur Auskunfterteilung zum 25. April 2019, hilfsweise zum 30. Oktober 2019, zu verpflichten.

Die Ehefrau beantragt, die Beschwerden zurückzuweisen; sie hat die angefochtenen Entscheidungen verteidigt.

Mit Beschluß vom 3. September 2020 sind die Verfahren dem Berichterstatter des Senats als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen worden. Nach Erteilung von Hinweisen, insbesondere mit Verfügung vom 23. Oktober 2020, sind in der mündlichen Verhandlung des Senats vom 4. Februar 2021 beide Beteiligten persönlich angehört worden.

II. 1. Die gemäß §§ 58 ff FamFG statthaften Beschwerden des Ehemannes sind zulässig. Soweit durch den Senat ursprünglich Bedenken insbesondere an der Zulässigkeit betreffend die Beschwerde einer Auskunftsverpflichtung des Ehemannes zum 28. Juli 2008 geäußert wurden, ist daran nicht mehr festzuhalten. Hinsichtlich der Folgesachenanträge und -wideranträge ist zu berücksichtigen, daß für die Bemessung der Beschwer des in beiden Verfahren unterlegenen Ehemannes die Verfahrenswerte insoweit zusammen zu addieren sind (vgl. zu der gleichen Sachlage bei Klage/Widerklage Hüßtege in Thomas/Putzo, ZPO/FamFG 41. Aufl. § 5 Rdn. 2, bzw. Reichold in Thomas/Putzo, ZPO/FamFG 41. Aufl. § 511 Rdn. 17). Wie sich die Beschwer betreffend die Auskunftsverpflichtung des Ehemannes konkret bemißt, kann daher dahinstehen, denn - wie bereits in der Verfügung zu der Terminsladung vom 7. Januar 2021 ausgeführt, in der mündlichen Verhandlung vom 4. Februar 2021 nochmals dargestellt, und durch die Beteiligten auch unbeanstandet belassen - ist bereits hinsichtlich der durch den Ehemann seinerseits verfolgten Auskunftsverpflichtung der Ehefrau für 2019 eine Beschwer von 1.000 € festzustellen, weshalb in der Summe der Beschwerdewert von 600 € (§ 61 Abs. 1 FamFG) erkennbar überschritten ist.

2. In der Sache selbst bleiben die Beschwerden ohne Erfolg; sie sind unbegründet. Soweit der Streit der Beteiligten hinsichtlich einer wechselseitigen Auskunftsverpflichtung zu dem Endvermögensstichtag insoweit um das Datum der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrages (28. Juli 2008) bzw. der Wiederaufnahme des Verfahrens im Jahre 2019 (dafür wäre nach Auffassung des Senats der 25. April 2019 mit der Zustellung an den Ehemann maßgeblich) rankt, ist festzustellen, daß das erstgenannte Datum den Stichtag für die wechselseitige Auskunftsverpflichtung nach § 1379 Abs. 1 Nr. 2 BGB darstellt.

a) Hat ein Ehegatte die Scheidung der Ehe beantragt, kann jeder Ehegatte von dem anderen nach § 1379 Abs. 1 Nr. 2 BGB Auskunft über das Vermögen verlangen, soweit es für die Berechnung des (Anfangs- und) Endvermögens maßgeblich ist. Der Berechnung des Endvermögens wird derjenige Wert zugrunde gelegt, den das bei Beendigung des Güterstandes vorhandene Vermögen in diesem Zeitpunkt hatte (§ 1376 Abs. 2 BGB). Abweichend hiervon ist gemäß § 1384 BGB bei Anträgen auf Scheidung - wie in dem vorliegenden Fall - als vorgezogener Stichtag der Eintritt der Rechtshängigkeit des Antrages heranzuziehen. Maßgebend ist der Zeitpunkt der Zustellung des Scheidungsantrages (§§ 113 Abs. 1, 121 Nr. 1 FamFG, §§ 253 Abs. 1, 261 Abs. 1 ZPO), hier daher der 28. Juli 2008.

Die Dauer des Verfahrens beeinflußt den Endvermögensstichtag dagegen nicht, selbst wenn dies auf einem längeren Ruhen des Verfahrens beruht (ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, vgl. bereits BGH FamRZ 1983, 350 = BGHF 2, 871; ferner BGH FamRZ 2006, 260 [628] = FuR 2006, 128 = EzFamR BGB § 1587 Nr. 56; OLG Hamm FamRZ 1992, 1180 - Verfahren neun Jahre nicht betrieben; OLG Köln FamRZ 2003, 539). Die Bestimmung der Rechtshängigkeit und damit des Endvermögensstichtages unterliegt einer generalisierenden, streng formal ausgestalteten Regelung, die um der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit willen die Einzelfallgerechtigkeit vernachlässigt (OLG Düsseldorf FamRZ 2017, 1044). Das von dem Gesetzgeber im Interesse der Rechtssicherheit und Praktikabilität im Zugewinnausgleichsrecht festgelegte pauschalisierende und schematische Berechnungssystem (BGH FamRZ 2014, 24 = FuR 2014, 103) läßt eine Abweichung von den gesetzlich bestimmten Stichtagen grundsätzlich nicht zu (BGH FamRZ 2018, 331 = FuR 2018, 193).

Dies gilt regelmäßig auch dann, wenn sich die Eheleute zwischenzeitlich wieder versöhnt, und die Lebensgemeinschaft fortgesetzt haben, währenddessen das Scheidungsverfahren dann in Vergessenheit geraten ist (BGH FamRZ 1983, 350 = BGHF 2, 871; teilweise a.A. OLG Karlsruhe FamRZ 1980, 1119; vgl. auch OLG Bremen FamRZ 1998, 1516), selbst wenn der Ehegatte, für den die Fixierung auf den Zeitpunkt der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrages ungünstig ist, keine Möglichkeit hatte, die Rechtshängigkeit des Scheidungsverfahrens zu beseitigen (Budzikiewicz in Erman, BGB 16. Aufl. § 1384 Rdn. 3 mwN; s. auch Schröder, FamRZ 2003, 277; a.A. - unter Berufung auf § 242 BGB - OLG Bremen FamRZ 1998, 1516). Nur in extremen Ausnahmefällen kann aus Billigkeitsgründen (§ 242 BGB) von dem gesetzlich geregelten Stichtag abgewichen werden, so unter Umständen in Konstellationen, in denen die Eheleute nach Rechtshängigkeit wieder über viele Jahre zusammengelebt, und das Verfahren aus den Augen verloren haben (BGH FamRZ 2018, 331, 333 = FuR 2018, 193; ebenso zum Versorgungsausgleich BGH FamRZ 2017, 1914 = FuR 2018, 157), denn in einem solchen Falle ist entsprechend dem Grundgedanken des Vermögensausgleichs das Vertrauen auf die weitere Teilhabe an einem gemeinsam aufgebauten Vermögen zu schützen (vgl. zu dem Ehezeitende des Versorgungsausgleichs BGH FamRZ 1986, 335 = EzFamR BGB § 1587 Nr. 8 = BGHF 4, 1461; 1986, 449 = EzFamR BGB § 1587a Nr. 28 = BGHF 5, 73).

Darlegungs- und beweispflichtig für das Vorliegen entsprechender Umstände ist derjenige Ehegatte, der sich auf einen von § 1384 BGB abweichenden (fiktiven) Stichtag beruft (vgl. BGH FamRZ 2018, 331, 333 = FuR 2018, 193).

b) Nach Anhörung der Eheleute in der mündlichen Verhandlung vom 4. Februar 2021 ist nicht festzustellen, daß die Voraussetzungen für einen derart ausnahmsweise gegebenen Fall einer Verlegung des Endvermögensstichtages gegeben sind; gleiches gilt im Übrigen dann zwangsläufig für den Stichtag des Ehezeitendes des Versorgungsausgleichs (§ 3 Abs. 1 VersAusglG).

aa) Zwar hat der Ehemann - von der Ehefrau bestritten - erläutert, daß es im Zuge der Aussetzung des Scheidungsverfahrens im März 2009 zu einer Versöhnung der Beteiligten gekommen sei; soweit er dabei aber zunächst allein auf das gemeinsame Auftreten bei Geschäftspartnern und dergleichen abstellte, hat er - erst - auf Nachfragen des Senats und seines Verfahrensbevollmächtigten im Einzelnen ausgeführt, daß auch die Aufnahme der persönlichen Kontakte wieder stattfand, bis hin zu der gemeinsamen Übernachtung im Ehebett. Im Einzelnen hat er dazu ausgeführt, daß die Ehefrau (wie sie dies auch bereits zu Zeiten des ehelichen Zusammenlebens bis Anfang 2008 vornahm) etwa zwei Tage je Woche in ihrer Wohnung in R. nächtigte (um sich um die nahe gelegene Pflegeeinrichtung zu kümmern), die übrigen (fünf) Nächte aber in der Ehewohnung in dem gemeinsamen Schlafzimmer verbrachte. Auch dabei blieb sein Vorbringen aber wenig konkret: So hat er in keiner Weise näher erläutert, inwieweit sich die Beteiligten über die angesichts ihrer ersten Trennung entstandenen Problematiken näher auseinandergesetzt haben, denn insoweit ist zu berücksichtigen, daß nach dem jeweils unbestritten gebliebenen Vorbringen der Ehemann aus einer anderweitigen Beziehung im Jahre 2008 Vater geworden war, wohingegen die Ehefrau ihrerseits (zumindest) im Zuge der Trennung eine neue Partnerschaft aufgenommen hatte.

Ebenso fehlt eine plausible Erklärung des Ehemannes dafür - nachdem die Ehefrau im Jahre 2011 das Haus in R. räumen mußte -, daß sie eine Wohnung in D. angemietet hatte. Auf Nachfrage des Vorsitzenden hat der Ehemann dazu erklärt, daß die Wohnung in D. aufgrund der verkehrstechnischen Gegebenheiten an sich wenig geeignet war, die Betreuung der Pflegeeinrichtung fortzusetzen (wie dies auch bereits dem Inhalt seines Schriftsatzes vom 21. Oktober 2020 entsprach); zumindest sei dies nur mit erheblichem zeitlichen Mehraufwand möglich gewesen. Ebenso wenig erklärte all dies, warum die amtliche Ummeldung der Ehefrau auf die Wohnung in R., sodann nach D., und später nach M., nicht aber zurück auf die vormalige Ehewohnung erfolgte; zumindest dem persönlichen Vorbringen der Ehefrau in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der Ehemann sich insoweit nicht mehr widersetzt.

bb) Letztlich kann aber dahinstehen, ob allein aufgrund der vorgenannten Umstände derartige Zweifel an der tatsächlichen Richtigkeit des Vorbringens des Ehemannes bestehen, die einer Beweisaufnahme ins Blaue hinein entgegenstehen würden, denn selbst wenn unterstellt würde, daß es zu einer Versöhnung der Eheleute in der Zeit ab März 2009 an gekommen war, ist dieser Umstand angesichts des vorliegenden Sachverhalts nicht geeignet, den vorgenannten Ausnahmetatbestand für eine Verlegung des Endvermögensstichtages zu bejahen. Einer Beweisaufnahme über die konkreten Umstände, die zu der Aussetzung des Verfahrens im Jahre 2009 geführt haben, bedarf es daher nicht.

Nach dem eigenen Vorbringen des Ehemannes bei seiner persönlichen Anhörung vor dem Senat hat dieser erläutert, daß spätestens Ende 2011 - insoweit im Übrigen im unaufgeklärten Widerspruch zu seinem schriftsätzlichen Vorbringen, bei dem er dafür auf das Jahr 2013 abgestellt hat (Ausführungen in dem Schriftsatz vom 21. Oktober 2020) - die erneute Trennung der Eheleute erfolgte, bzw. nach seinem Eindruck eine Versöhnungssituation nicht mehr fortbestand. Selbst wenn es daher zu einem ehelichen Zusammenlebens für die Zeitdauer von etwas über zweieinhalb Jahren gekommen wäre, muß gleichsam berücksichtigt werden, daß es anschließend zu einer weiteren langjährigen Trennung der Beteiligten von weiteren rund sieben bis acht Jahren bis zu der Wiederaufnahme des Scheidungsverfahrens im Jahre 2019 gekommen ist. Ein erneutes Zusammenleben über viele Jahre hinweg, wie durch den Bundesgerichtshof (vgl. erneut BGH FamRZ 2018, 331, 333 = FuR 2018, 193) gefordert, liegt darin nicht.

Insoweit mag es zwar auch nach der zweiten Trennung zu einer fortwährenden wirtschaftlichen Zusammenarbeit der beteiligten Eheleute angesichts ihres Betriebes insbesondere von Pflegeeinrichtungen gekommen sein; allein dies rechtfertigt aber die Annahme des vorgenannten Ausnahmetatbestandes nicht. Im Übrigen ist zu berücksichtigen, daß dann, so denn die wirtschaftlichen Verflechtung der Beteiligten auch über die Zeit ab dem Jahre 2008 hinaus in der durch den Antragsgegner vor allem in seinem Schriftsatz vom 21. Oktober 2020 geschilderten Weise fortbestand, es auch über den Rechtshängigkeitsstichtag hinaus die Möglichkeit von zivilrechtlichen Ausgleichsansprüchen geben mag, die einen Ausgleich der beiderseitigen Leistungen bedingen können. Einer sehr ausnahmsweisen Korrektur des Ehezeitendes bedarf es dafür nicht.

c) Zuletzt kommt auch eine Verlegung des Endvermögensstichtages aufgrund eines vermeintlich verfrüht (also bereits vor dem Ablauf des Trennungsjahres, und ohne Vorliegen von Härtegründen) gestellten Scheidungsantrages nicht in Betracht. Wurde der Scheidungsantrag verfrüht gestellt, kann der Berufung auf den Stichtag des § 1384 BGB gegebenenfalls der Einwand des Rechtsmißbrauchs (§ 242 BGB) entgegenstehen (BGH FamRZ 2018, 331, 332 = FuR 2018, 193). Dies setzt voraus, daß das Ergebnis ohne Korrektur des Stichtages grob unbillig erscheint, und die Gewährung des Ausgleichsanspruchs in der von dem Gesetz vorgegebenen Art und Weise dem Gerechtigkeitsempfinden in unerträglicher Weise widersprechen würde (BGH FamRZ 2017, 1914 = FuR 2018, 157; 2018, 331, 332 = FuR 2018, 193). Erforderlich sind konkrete Anhaltspunkte dafür, daß durch den verfrühten Scheidungsantrag in illoyaler Weise verhindert werden soll, daß der andere Ehegatte an einer konkret absehbaren erheblichen Vermögensmehrung teilhat. Ein eingehender Sachvortrag des auch insoweit darlegungsbelasteten Ehemannes hinsichtlich einer solchen Absicht der Antragsgegnerin fehlt aber. Im Übrigen könnte eine solche Korrektur des Ehezeitendes allein auf den tatsächlich Ablauf des Trennungsjahres (also maximal auf Anfang des Jahres 2009) erfolgen, nicht aber auf den hier von dem Ehemann begehrten Zeitpunkt der Wiederaufnahme des Scheidungsverfahrens im Jahre 2019.

III. Die Nebenentscheidungen folgen aus § 113 Abs. 1 FamFG, § 97 Abs. 1 ZPO.

Gründe für die Zulassung einer Rechtsbeschwerde bestehen nicht.

OLG Brandenburg 2021-02-18 - 9 UF 168/20 u.a. (9 UF 169/20)
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Anmerkungen

Die beteiligten Ehegatten stritten um wechselseitige Auskunft im Rahmen einer Folgesache Zugewinnausgleich im Scheidungsverbund. Die Ehefrau leitete durch am 28.07. 2008 zugestellten Antrag das Scheidungsverfahren ein. Nachdem der Ehemann sich diesem zunächst unter Berufung auf das noch nicht abgelaufene Trennungsjahr widersetzt hatte, liess er unter dem 02.02.2009 selbst Scheidungsantrag stellen. Das FamG setzte das Verfahren durch Beschluss vom 17.03.2009 aus, wobei die Gründe streitig sind. Mit am 25.04.2019 zugestellten Schriftsatz vom 05.04.2019 beantragte die Ehefrau die Fortsetzung des Verfahrens. In der Folgezeit stellten die Beteiligten wechselseitig Stufenanträge im Zugewinnausgleich, wobei die Ehefrau Auskunft zum Ehezeitende zum 28.07.2008, der Ehemann diese jedoch zum 29.10.2019 verlangt hatte. Während die wechselseitigen Auskunftsanträge zum Anfangs- und Trennungsvermögen anerkannt wurden, erklärte der Ehemann ein Anerkenntnis zum von der Ehefrau angegeben Datum nur ohne Anerkennung einer Rechtspflicht; die Ehefrau beantragte die Zurückweisung des gegenläufigen Antrages. Das FamG entschied durch Teilanerkenntnisbeschlüsse, soweit die Anträge anerkannt wurden, und wies den Antrag des Ehemannes hinsichtlich des von ihm gewählten Endzeitpunktes ab. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Ehemanns, mit der er sich gegen seine Verpflichtung und die Zurückweisung seines Auskunftsantrages wendet. Er berief sich einerseits auf die verfrühte Antragstellung durch die Ehefrau, und andererseits darauf, dass die Beteiligten sich jedenfalls zwischen 2009 und 2011 wieder versöhnt hätten, und auch im Anschluss gemeinsamen wirtschaftlichen Interessen nachgegangen seien.

Das OLG hat die Beschwerde zurückgewiesen. Diese sei zwar zulässig, insbesondere sei aufgrund der Kumulation der Beschwerdegegenstände der Beschwerdewert von 600 € erreicht. Die Beschwerde sei jedoch unbegründet. Massgebliches Datum für die Auskunft sei der 28.07.2008. § 1379 Abs. 1 Nr. 2 BGB begründe eine Auskunftspflicht für den für die Berechnung des Endvermögens massgeblichen Stichtag. Dieser werde durch § 1384 BGB auf den Zeitpunkt der Zustellung des Scheidungsantrages festgesetzt. Die Dauer des sich anschliessenden Verfahrens beeinflusse den Stichtag im Grundsatz nicht mehr. Diese generalisierende, streng formal ausgestaltete Regelung gebe der Rechtsklarheit und der Rechtssicherheit Vorrang vor der Einzelfallgerechtigkeit. Dies gelte grundsätzlich auch dann, wenn die Eheleute sich wieder versöhnt, und die Lebensgemeinschaft fortgesetzt hätten, während das Scheidungsverfahren in Vergessenheit geraten sei, und zwar selbst dann, wenn der Ehegatte, für den der frühe Stichtag ungünstig sei, keine Möglichkeit habe, die Rechtshängigkeit des Scheidungsverfahrens zu beseitigen. Lediglich in extremen Ausnahmefällen könne aus Billigkeitsgründen iSv § 242 BGB von dem gesetzlichen Stichtag abgewichen werden.

Als ein solcher Ausnahmegrund sei einerseits der Fall anerkannt, in welchem die Beteiligten über viele Jahre wieder zusammengelebt haben, da dann das Vertrauen auf die weitere Teilhabe an dem gemeinsam erworbenen Vermögen schutzwürdig sei. Ein solcher Fall liege jedoch schon nach dem streitigen Vortrag des Ehemannes nicht vor, wonach nach einer kurzfristigen Versöhnung eine langjährige weitere Trennung erfolgt sei. Soweit danach noch gemeinsame wirtschaftliche Aktivitäten erfolgt seien, seien die zivilrechtlichen Ausgleichsmöglichkeiten hinreichend. Als weiterer Ausnahmegrund komme die verfrühte Antragstellung in Betracht, wenn durch diese eine illoyale Veränderung des Ausgleichs bezweckt wurde. Diesbezüglich habe der Ehemann, der sich auf die Ausnahme berufe, jedoch keine Anhaltspunkte vorgetragen.

Hinweis
Die Entscheidung steht hinsichtlich der zurückhaltenden Annahme von Korrekturen bei dem Stichtag auf dem Boden der höchstrichterlichen Rechtsprechung (BGH FamRZ 2017, 1914 = FuR 2018, 157; BGHZ 217, 119 = FamRZ 2018, 331 = FuR 2018, 193); zutreffend sind insbesondere die aufgeführten Fallgruppen. Bei einer verfrühten Antragstellung kann eine Korrektur der Stichtage nach § 242 BGB erforderlich sein, wenn diese dazu diente, rechtsmissbräuchlich eine absehbar erwartete erhebliche Vermögensmehrung dem Ausgleich zu entziehen; hierfür habe der andere Ehegatte konkrete Anhaltspunkte vorzutragen. Auch bei einem erneuten Zusammenleben über viele Jahre hinweg könne eine Korrektur geboten sein, weil es dann an der von dem Gesetzgeber unterstellten dauernden Aufhebung der Lebens- und Wirkungsgemeinschaft fehle, die den inneren Grund für die Zugewinngemeinschaft darstellt. Auch insoweit obliegt die Darlegung demjenigen, der die Stichtage modifizieren will. Soweit es nach diesen Regeln bei den gesetzlichen Stichtagen verbleibe, bestehe für andere Daten auch kein Auskunftsanspruch.


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Familienvermögensrecht; Zugewinngemeinschaft; Zugewinnausgleich; Auslegung eines Ehevertrages (sog. »Andeutungstheorie«); Ausschluß von Betriebsvermögen; Auskunfts- und Belegverpflichtungen im Stufenverfahren zur Vorbereitung eines etwaigen Zugewinnausgleichsanspruchs.

BGB §§ 157, 1379

1. Zu der Auslegung eines Ehevertrages sowie der Zulässigkeit des Ausschlusses von Betriebsvermögen in einem Ehevertrag.
2. Zu den Auskunfts- und Belegverpflichtungen im Stufenverfahren zu der Vorbereitung eines etwaigen Zugewinnausgleichsanspruchs.

OLG Brandenburg, Beschluß vom 19. Februar 2021 - 13 UF 36/20

Tenor
1. Unter Zurückweisung der Beschwerde der Antragsgegnerin im Übrigen wird der Teilbeschluß des Amtsgerichts - Familiengericht - Neuruppin vom 02.01.2020 (53 F 224/17) in den Ziffern 1. b) und 2. b) wie folgt ergänzt, und in Ziffer 3. wie folgt abgeändert und neu gefaßt:
1. b) Der Antragsteller wird verpflichtet, seine Auskunft vom 31.05.2019 um nachfolgende Angaben zu dem Stichtag 09.07.2016 zu ergänzen: Angaben zur Lage, Beschaffenheit, Ausstattung, Nutzung und Verkehrswert (sofern vermietet, auch die jeweilige monatliche Kaltmiete) der Eigentumswohnungen belegen in B., A. Straße 5, 7, 9, 11, Grundbuch von P. Blatt a, b, c, d, e und f, jeweils bezogen auf die jeweilige Eigentumswohnung.
2. b) Der Antragsteller wird zudem verpflichtet, die Auskünfte zu 1. a) und 1. b) durch folgende Belege zu belegen: Nachweise (Mietverträge, Nutzungsverträge, Pachtverträge) über die Nutzungsart der Eigentumswohnungen belegen in B., A. Straße 5, 7, 9, 11, Grundbuch von P. Blatt a, b, c, d, e und f.
3. a) Unter Antragsabweisung im Übrigen wird der Antragsteller verpflichtet, der Antragsgegnerin Grundbuchauszüge des in N. S. Allee, Flur …, Flurstück 130 belegenen Grundstücks zu den Stichtagen 09.07.2016 und 20.04.2018 vorzulegen,
b) der Antragsgegnerin zu dem Stichtag 20.04.2018 Auskunft zu den wertbildenden Faktoren seines Nießbrauchs an den unter 1. b) aufgeführten Eigentumswohnungen zu erteilen, und dies durch Vorlage von Gebrauchsüberlassungs- oder anderen Nutzungsverträgen zu belegen.
2. Von den Kosten des Beschwerdeverfahrens haben die Antragsgegnerin ¾, und der Antragsteller ¼ zu tragen.
3. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 10.000 € festgesetzt.

Gründe
I. Die Beteiligten streiten in dem seit dem 20. April 2018 rechtshängigen Scheidungsverbundverfahren über die mit Schriftsatz vom 10. Mai 2019 im Wege eines Stufenverfahrens geltend gemachten Auskunfts- und Belegverpflichtungen des Antragstellers zu der Vorbereitung eines etwaigen Zugewinnausgleichsanspruchs der Antragsgegnerin. Streitig sind Inhalt und Umfang dieser Verpflichtungen des Antragstellers, der die Auffassung vertritt, diesen mit Anwaltsschreiben vom 2. Juli 2018 und vom 3. April 2019, sowie mit Schriftsätzen vom 31. Mai 2019 und vom 19. Dezember 2019, jeweils nebst Anlagen, bereits vollumfänglich nachgekommen zu sein.

Das Amtsgericht - Familiengericht - Neuruppin hat den Antragsteller mit Teilbeschluß vom 2. Januar 2020, auf dessen Inhalt der Senat verweist, unter Antragsabweisung im Übrigen verpflichtet, über seine Immobilien S. Allee/N. und A. Straße/B. zu dem Stichtag des Trennungszeitpunktes Auskunft zu erteilen, und den Kaufvertrag vom 8. Mai 2017 betreffend das Grundstück in N., sowie die Gebrauchsüberlassungsverträge betreffend die Immobilien in B. vorzulegen.

Mit ihrer Beschwerde beanstandet die Antragsgegnerin die Unübersichtlichkeit und Unvollständigkeit der Auskunft des Antragstellers, die ihrer Auffassung nach auf die Schreiben vom 2. Juli 2018 und vom 3. April 2019 sowie auf die Schriftsätze vom 31. Mai 2019 und vom 19. Dezember 2019 verteilt sei, nicht den Anforderungen gemäß § 260 BGB genüge, und insbesondere im Hinblick auf die Unternehmensbeteiligungen des Antragstellers unvollständig sei. Weiter verlangt sie die Vorlage eines Grundbuchauszugs des Grundstücks in N., sowie der Mietverträge über die Eigentumswohnungen in B. zu dem Stichtag des Endvermögens. Sie verweist auf die Unvollständigkeit des Tenors der angegriffenen Entscheidung zu den Ziffern 1. b) und 2. b) im Hinblick auf die in dem Grundbuch von P. aufgeführte sechste Eigentumswohnung des Antragstellers. Sie beantragt, den Antragsteller zu verpflichten, ihr zu den Zeitpunkten 13. Oktober 2002, 9. Juli 2016 und 20. April 2018 Auskunft über den Bestand seines Vermögens zu erteilen durch Vorlage eines einheitlichen schriftlichen Bestandverzeichnisses, gegliedert nach Aktiva und Passiva unter Angabe sämtlicher Vermögensgegenstände; bei Sachgesamtheiten (insbesondere Sammlungen) seien die dazugehörenden Gegenstände einzeln aufzuführen. Bezogen auf alle Vermögensgegenstände seien die für die Bewertung der einzelnen Gegenstände erforderlichen Angaben zu machen. Die Auskunft müsse sich außerdem auf sämtliche Handlungen iSd § 1375 BGB erstrecken, die der Antragsteller vor der Beendigung des Güterstandes unternommen hat, also Schenkungen an Dritte, verschwenderische Handlungen oder Handlungen in der Absicht, die Antragsgegnerin zu benachteiligen.

Die Auskunft sei bezogen auf alle unter Ziffer I. genannten Stichtage, insbesondere zu erteilen über folgende Vermögenswerte: H. GmbH in GbR, System GmbH, sowie Art und Umfang der Beteiligung an etwaigen weiteren Firmen, an denen der Antragsteller wirtschaftlich unmittelbar oder mittelbar beteiligt ist. Hinsichtlich der weiteren, die zu erteilenden Auskünfte und vorzulegenden Belege im einzelnen aufführenden Beschwerdeanträge, die im wesentlichen mit den erstinstanzlich gestellten Anträgen übereinstimmen, verweist der Senat auf die Akten.

Der Antragsteller beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen. Er wendet Erfüllung durch die mit Schriftsatz vom 31. Mai 2019 erteilte Auskunft ein, und bestreitet eine Auskunftsverpflichtung hinsichtlich seiner Unternehmensbeteiligungen. Die wertbildenden Faktoren seines Nießbrauchs an den Eigentumswohnungen seien der Antragsgegnerin aus den gemeinsamen Steuererklärungen und dem Unterhaltsverfahren bekannt. Das Grundstück S. Allee/N. sei zu dem Stichtag des Endvermögens nicht mehr in seinem Eigentum gewesen, so daß er insoweit nicht Auskunft schulde.

Der Senat entscheidet über die Beschwerde, wie angekündigt, ohne Durchführung eines Termins (§§ 117 Abs. 3, 68 Abs. 3 S. 2 FamFG), von dem angesichts des umfangreichen Schriftwechsels der Beteiligten in dem Beschwerderechtszug kein zusätzlicher Erkenntnisgewinn zu erwarten ist.

II. 1. Die gemäß §§ 58 ff FamFG zulässige Beschwerde der Antragsgegnerin ist nur teilweise begründet. Die Antragsgegnerin fordert zu Recht Auskunft und Vorlage von Belegen zu dem Trennungszeitpunkt über die insgesamt sechs Eigentumswohnungen A. Straße 5, 7, 9, 11, Grundbuch von P. Blatt a, b, c, d, e sowie f des Antragstellers. Ausweislich des Grundstücksüberlassungsvertrages vom 22. Mai 2017 hat der Antragsteller sämtliche sechs Eigentumswohnungen bei Einräumung eines Nießbrauchs auf Lebenszeit an seine Söhne übertragen.

2. Begründet ist die Beschwerde weiter, soweit die Antragsgegnerin zu den Stichtagen Trennung und Endvermögen die Vorlage von Grundbuchauszügen des Grundstücks S. Allee in N. verlangt. Da der Antragsteller beauskunftet hat, dieses Grundstück mit Kaufvertrag vom 8. Mai 2017 - also zwischen Trennung und Rechtshängigkeit des Scheidungsantrages - veräußert zu haben, obliegt es ihm gemäß §§ 1379 Abs. 1 S. 2, 1375 Abs. 2 S. 1 BGB, diese Auskunft zu möglicherweise illoyalen Vermögensverschiebungen zu belegen (vgl. Kohlenberg in Johannsen/Henrich/Althammer, Familienrecht 7. Aufl. § 1379 BGB Rdn. 4). Zu der Vorlage des Kaufvertrages vom 8. Mai 2017 ist der Antragsteller bereits durch den Ausspruch zu Ziffer 2. a) des Tenors der Entscheidung des Amtsgerichts verpflichtet worden. Die entsprechenden Grundbuchauszüge hat der Antragsteller vorzulegen, da sich nur daraus, nicht bereits aus dem Kaufvertrag, der Zeitpunkt der möglicherweise illoyalen Vermögensverschiebung ergibt. Der Einwand des Antragstellers, zu dem Stichtag des Endvermögens nicht mehr Eigentümer der Immobilie, und deswegen nicht zur Auskunft verpflichtet zu sein, geht ins Leere.

3. Zu Recht verlangt die Antragsgegnerin auch Auskunft zu den wertbildenden Faktoren des Nießbrauchs des Antragstellers an den sechs Eigentumswohnungen, und die Vorlage der Mietverträge jeweils zum Stichtag des Endvermögens. Die in der Auskunft vom 31. Mai 2019 enthaltene Bezifferung des Jahreswertes des Nießbrauchs ersetzt auch zusammen mit der Bezifferung des Verkehrswertes der Eigentumswohnungen in § 2 des von dem Antragsteller vorgelegten Vertrages vom 22. Mai 2017 nicht die geschuldete Auskunft zu den wertbildenden Faktoren, die eine hinreichend verläßliche Wertermittlung des Nießbrauchs ermöglichen (vgl. Senat FamRZ 2019, 1601).

Mietverträge sind zu der Ermittlung des Wertes des Nießbrauchs grundsätzlich geeignet, da die Vermietung der dem Nießbrauch unterliegenden Sache durch den Nießbrauchsberechtigten eine typische Selbstausübung des Nießbrauchs darstellt (vgl. BGH NJW 1990, 443). Der Antragsteller kann seiner diesbezüglichen Verpflichtung auch nicht erfolgreich entgegen halten, die Höhe der Kaltmieten sei der Antragsgegnerin aus einem - zu der Erfüllung von Belegvorlageansprüchen ohnehin ungeeigneten - Parallelverfahren zum Unterhalt oder aus gemeinsamen Steuererklärungen bekannt. Die Höhe der Kaltmiete stellt zwar einen wesentlichen, aber nicht den einzig ausschlaggebenden Faktor bei der Ermittlung des Wertes des Nießbrauchs dar, so daß allein eine diesbezügliche Kenntnis der Antragsgegnerin schon nicht zu der Erfüllung des Auskunftsanspruchs führen, und erst recht nicht die Vorlage der Mietverträge ersetzen kann.

4. Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg, soweit die Antragsgegnerin meint, die mit Schriftsatz des Antragstellers vom 31. Mai 2019, ergänzt mit Schriftsatz vom 19. Dezember 2019, erteilte Auskunft erfülle nicht die formalen Anforderungen gemäß §§ 1379 Abs. 1, 260 BGB. Alle Angaben des Antragstellers in den Anwaltschreiben vom 2. Juli 2018 und vom 3. April 2019 sind in dem Schriftsatz vom 31. Mai 2019 - durch den der Antragsteller die Auskunft mittels seiner Verfahrensbevollmächtigten wirksam erteilen konnte (vgl. Koch in MünchKomm, BGB 8. Aufl. § 1379 Rdn. 26 f; Siede/Preisner in BeckOGK BGB, und Gsell/Krüger/Lorenz/Reymann, [Stand: 01.11.2020] § 1379 Rdn. 94.1) -, enthalten, so daß die Auskunft insoweit nicht auf mehrere Verzeichnisse verteilt ist. Mit Schriftsatz vom 19. Dezember 2019 wiederholt der Antragsteller die bereits beauskunfteten Passiva zu den Stichtagen Trennungs- und Endvermögen, und erteilt unter Vorlage von Belegen ergänzend Auskunft zu der von der Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 2. Juli 2019 eingeforderten Vermögensminderung zwischen Trennung und Zustellung des Scheidungsantrages.

Diesbezüglich schuldet er, da die zusätzlichen Angaben vom 19. Dezember 2019 keine Korrektur der Auskunft vom 31. Mai 2019 darstellen, und damit deren Übersichtlichkeit nicht beeinträchtigen, sondern allein die Ausgaben des Antragsgegners nach der Trennung chronologisch auflisten, nicht die Erstellung eines neuen, die bisherigen Angaben zusammenfassenden Bestandsverzeichnisses, das aus mehreren Teilverzeichnissen bestehen kann, wenn die Übersichtlichkeit gewahrt ist (vgl. OLG Brandenburg [1. FamS] NJW-RR 2014, 519). Dies ist vorliegend im Übrigen trotz des Fehlens einer Nummerierung der vorgelegten Belege - worauf sich die Antragsgegnerin erfolglos beruft - der Fall.

5. Weiter kann die Antragsgegnerin nicht Auskunft über die Unternehmensbeteiligungen des Antragstellers zu den drei maßgeblichen Stichtagen verlangen: Mit Erfolg beruft sich der Antragsgegner auf den diesbezüglichen Verzicht der Antragsgegnerin auf Zugewinnausgleich durch notariell beglaubigte Erklärung in dem Ehevertrag vom 21. Oktober 2002, ergänzt durch Vertrag vom 19. Januar 2010, auf dessen jeweiligen Inhalt der Senat verweist. Da ein Auskunfts- und Beleganspruch gemäß §§ 1379, 1375 Abs. 2 BGB nicht in Betracht kommt, soweit der Zugewinnausgleich wirksam ausgeschlossen ist (vgl. BGH FamRZ 2013, 269), ist ein Anspruch der Antragsgegnerin insoweit bereits dem Grunde nach nicht gegeben.

Der Auslegung ihrer Erklärung in § 2 a) des Vertrages vom 21. Oktober 2002 dahingehend, daß der Ausschluß des Zugewinnausgleichs nur die unternehmerische Tätigkeit des Antragstellers mit den in § 2 a) S. 1 aufgeführten Unternehmen umfaßt, und sich nicht auf unternehmerische Tätigkeiten des Antragstellers erstreckt, die in dem Vertragstext nicht aufgeführt sind, oder zu dem Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch nicht bestanden, tritt der Antragsteller substantiiert entgegen. Seine Auslegung des Vertrages, wonach bereits bei der Abgabe der Erklärung erkennbar gewesen sei, daß er in Zukunft an weiteren Unternehmen beteiligt sein, und diesbezüglich expandieren werde, weswegen »unternehmerische Tätigkeit« sämtliche Unternehmensbeteiligungen während der Ehezeit umfasse, findet sich in Wortlaut und Sinnzusammenhang von § 2 des Vertragstextes wieder.

Nach der - den Auslegungsmethoden aus §§ 133, 157 BGB folgenden (vgl. Reetz in BeckOGK BGB, aaO [Stand: 01.11.2020] § 1408 Rdn. 79) - Auslegung des Ehevertrages vom 21. Oktober 2002 weist bereits die weit gefaßte Wortwahl, wonach der Zugewinnausgleich hinsichtlich »der unternehmerischen Tätigkeit« des Antragstellers ausgeschlossen ist, darauf hin, daß nicht nur die Vermögenswerte aus den in § 2 a) S. 1 aufgeführten Unternehmensbeteiligungen von dem Ausschluß erfaßt sein sollen; dafür spricht auch, daß die weit gefaßte Bezeichnung »unternehmerische Tätigkeit« in § 2 a) S. 3 und 4 gleichlautend verwendet wird, und Satz 2 die Formulierung enthält, der Ehemann könne über »sein betriebliches Vermögen sowie Unternehmens- oder Gesellschaftsbeteiligungen jeder Art« ohne Zustimmung der Ehefrau frei verfügen. Die Formulierung »jeder Art« läßt den Schluß zu, die Ehegatten seien sich über die Möglichkeit, daß der Antragsteller über die in Satz 1 der Vereinbarung aufgeführten Unternehmen hinaus in der Zukunft weitere Unternehmensbeteiligungen erwerben könnte, im klaren.

Eine hiervon abweichende Auslegung von § 2 a) des Vertrages hat die Antragsgegnerin nicht nachvollziehbar dargelegt. Ihrem Vortrag, sie und der Antragsteller hätten mit der Vereinbarung wechselseitig auf den Zugewinn verzichtet, soweit es ihr Immobiliarvermögen in Form des Grundstücks in W. - mit Vertragsänderung vom 19. Januar 2010 durch das Grundstück in Wu. ersetzt - betrifft, und im Gegenzug habe sie nur auf die beiden Beteiligungen des Antragstellers an den in § 2 a) S. 1 des Vertrages vom 21. Januar 2002 aufgeführten Unternehmen verzichten sollen, findet in Wortlaut und Sinnzusammenhang des Vertragstextes keinen Niederschlag.

Bei der Auslegung des hiesigen formbedürftigen (§§ 1408, 1410 BGB) Vertrages können außerhalb der Vertragsurkunde liegende, eine ergänzende Vertragsauslegung rechtfertigende Umstände nur berücksichtigt werden, wenn der von einem Vertragspartner behauptete rechtsgeschäftliche Wille der Beteiligten in der formgerechten Urkunde einen wenn auch nur unvollkommenen oder andeutungsweisen Ausdruck gefunden hat, sog. »Andeutungstheorie« (BGH NJW-RR 2002, 1513; Reetz, aaO § 1408 Rdn. 79). Der Umstand, daß durch die Vertragsänderung vom 19. Januar 2010 das bislang im Eigentum der Antragsgegnerin stehende Grundstück durch ein anderes Grundstück ausgetauscht wird, spricht vielmehr gerade dafür, daß sich die Vertragspartner über die von dem Zugewinnausgleich erfaßten Vermögensbestandteile und deren individuelle Bezeichnung in der Vertragsurkunde im Klaren waren. Anhaltspunkte dafür, daß sie einerseits die von dem Verzicht auf den Zugewinnausgleich erfaßten Vermögensbestandteile der Antragsgegnerin individuell bezeichnen, die von dem Verzicht erfaßten Unternehmen des Antragstellers hingegen trotz einer weit gefaßten Formulierung in dem Vertragstext ebenfalls auf zwei konkrete Vermögensbestandteile beschränken wollten, sind weder in dem Vertragstext ersichtlich, noch von der Antragsgegnerin im Übrigen vorgetragen.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 150 Abs. 4 S. 1 FamFG.

Die Festsetzung des Beschwerdewertes beruht auf §§ 55 Abs. 2, 42 Abs. 1 FamGKG.

Anlaß, die Rechtsbeschwerde zuzulassen, besteht nicht (§ 70 Abs. 2 FamFG).

OLG Brandenburg 2021-02-19 - 13 UF 36/20
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Anmerkungen

Die Beteiligten stritten in dem Scheidungsverbundverfahren über die im Wege eines Stufenverfahrens geltend gemachten Auskunfts- und Belegverpflichtungen des Antragstellers zur Vorbereitung eines etwaigen Zugewinnausgleichsanspruchs der Antragsgegnerin. Streitig sind Inhalt und Umfang dieser Verpflichtungen des Antragstellers, der die Auffassung vertritt, diesen mit Anwaltsschreiben sowie Schriftsätzen, jeweils nebst Anlagen, bereits vollumfänglich nachgekommen zu sein.

Das AmtsG hat den Antragsteller mit Teilbeschluss unter Antragsabweisung im Übrigen verpflichtet, über seine Immobilien N. und B. zum Stichtag des Trennungszeitpunkts Auskunft zu erteilen. und den Kaufvertrag betreffend das Grundstück N. sowie die Gebrauchsüberlassungsverträge betreffend die Immobilien in B. vorzulegen. Mit ihrer Beschwerde beanstandet die Antragsgegnerin die Unübersichtlichkeit und Unvollständigkeit der Auskunft des Antragstellers, die ihrer Auffassung nach mehrere Schreiben sowie Schriftsätze verteilt sei, nicht den Anforderungen gemäss § 260 BGB genüge, und insbesondere im Hinblick auf die Unternehmensbeteiligungen des Antragstellers unvollständig sei. Weiter verlangt die Antragsgegner die Vorlage eines Grundbuchauszugs des Grundstücks in N. sowie der Mietverträge über die Eigentumswohnungen in B. zum Stichtag des Endvermögens. In dem Tenor der angegriffenen Entscheidung fehle überdies die sechste Eigentumswohnung des Antragstellers.

Das OLG hat die Beschwerde der Antragsgegnerin als teilweise begründet erachtet.

1. Zu Recht fordere die Antragsgegnerin Auskunft und Vorlage von Belegen zum Trennungszeitpunkt über die insgesamt sechs Eigentumswohnungen des Antragstellers. Ausweislich des Grundstücksüberlassungsvertrags vom 22.05.2017 habe der Antragsteller sämtliche sechs Eigentumswohnungen bei Einräumung eines Niessbrauchs auf Lebenszeit an seine Söhne übertragen.

2. Begründet sei die Beschwerde weiter, soweit die Antragsgegnerin zu den Stichtagen Trennung und Endvermögen die Vorlage von Grundbuchauszügen des Grundstücks N. verlange. Da der Antragsteller mitgeteilt hat, er habe dieses Grundstück mit Kaufvertrag vom 08.05.2017 - also zwischen Trennung und Rechtshängigkeit des Scheidungsantrages - veräussert, obliege es ihm gemäss §§ 1379 Abs. 1 S. 2, 1375 Abs. 2 S. 1 BGB, diese Auskunft zu möglicherweise illoyalen Vermögensverschiebungen zu belegen. Zu der Vorlage des Kaufvertrags vom 08.05.2017 sei der Antragsteller bereits durch die Entscheidung des AmtsG verpflichtet worden; die entsprechenden Grundbuchauszüge habe er vorzulegen, da sich nur daraus, nicht bereits aus dem Kaufvertrag, der Zeitpunkt der möglicherweise illoyalen Vermögensverschiebung ergebe. Der Einwand des Antragstellers, zum Stichtag des Endvermögens nicht mehr Eigentümer der Immobilie und deswegen nicht zur Auskunft verpflichtet zu sein, geht ins Leere.

3. Zutreffend verlange die Antragsgegnerin auch Auskunft zu den wertbildenden Faktoren des Niessbrauchs des Antragstellers an den sechs Eigentumswohnungen, und die Vorlage der Mietverträge jeweils zum Stichtag des Endvermögens. Die in der Auskunft enthaltene Bezifferung des Jahreswertes des Niessbrauchs ersetze auch zusammen mit der Bezifferung des Verkehrswertes der Eigentumswohnungen in § 2 des vorgelegten Vertrages vom 22.05.2017 nicht die geschuldete Auskunft zu den wertbildenden Faktoren, die eine hinreichend verlässliche Wertermittlung des Niessbrauchs ermöglichten (vgl. Senat FamRZ 2019, 1601). Mietverträge seien zu der Ermittlung des Wertes des Niessbrauchs grundsätzlich geeignet, da die Vermietung der dem Niessbrauch unterliegenden Sache durch den Niessbrauchsberechtigten eine typische Selbstausübung des Niessbrauchs darstellt (vgl. BGH NJW 1990, 443). Der Antragsteller könne seiner diesbezüglichen Verpflichtung auch nicht erfolgreich entgegen halten, die Höhe der Kaltmieten sei der Antragsgegnerin aus einem - zu der Erfüllung von Belegvorlageansprüchen ohnehin ungeeigneten - Parallelverfahren zum Unterhalt oder aus gemeinsamen Steuererklärungen bekannt. Die Höhe der Kaltmiete stelle zwar einen wesentlichen, aber nicht den einzig ausschlaggebenden Faktor bei der Ermittlung des Wertes des Niessbrauchs dar, so dass allein eine diesbezügliche Kenntnis der Antragsgegnerin schon nicht zur Erfüllung des Auskunftsanspruchs führen, und erst recht nicht die Vorlage der Mietverträge ersetzen könne.

4. Die Beschwerde bleibe allerdings ohne Erfolg, soweit die Antragsgegnerin meint, die mit den beiden Schriftsätzen des Antragstellers erteilte Auskunft erfülle nicht die formalen Anforderungen gemäss §§ 1379 Abs. 1, 260 BGB. Alle Angaben des Antragstellers in den beiden Anwaltschreiben seien in dem Schriftsatz vom 31.05.2019 - durch den der Antragsteller die Auskunft mittels seiner Verfahrensbevollmächtigten habe wirksam erteilen können, enthalten, so dass die Auskunft insoweit nicht auf mehrere Verzeichnisse verteilt sei. Mit Schriftsatz vom 19.12.2019 habe der Antragsteller die bereits beauskunfteten Passiva zu den Stichtagen Trennungs- und Endvermögen wiederholt, und unter Vorlage von Belegen ergänzend Auskunft zu der von der Antragsgegnerin eingeforderten Vermögensminderung zwischen Trennung und Zustellung des Scheidungsantrages erteilt. Diesbezüglich schulde er, da die zusätzlichen Angaben vom 19.12.2019 keine Korrektur der Auskunft vom 31.05.2019 darstellten, und damit deren Übersichtlichkeit nicht beeinträchtigten, sondern allein die Ausgaben des Antragsgegners nach der Trennung chronologisch auflisteten, nicht die Erstellung eines neuen, die bisherigen Angaben zusammenfassenden Bestandsverzeichnisses, das aus mehreren Teilverzeichnissen bestehen kann, wenn die Übersichtlichkeit gewahrt ist (vgl. OLG Brandenburg NJW-RR 2014, 519). Dies sei vorliegend im Übrigen trotz des Fehlens einer Nummerierung der vorgelegten Belege - worauf sich die Antragsgegnerin erfolglos berufen hat - der Fall.

5. Weiter könne die Antragsgegnerin keine Auskunft über die Unternehmensbeteiligungen des Antragstellers zu den drei massgeblichen Stichtagen verlangen: Mit Erfolg berufe sich der Antragsgegner auf den diesbezüglichen Verzicht der Antragsgegnerin auf Zugewinnausgleich durch notariell beglaubigte Erklärung in dem Ehevertrag vom 21.10.2002, ergänzt durch Vertrag vom 19.01.2010: Ein Auskunfts- und Beleganspruch gemäss §§ 1379, 1375 Abs. 2 BGB komme nicht in Betracht, soweit der Zugewinnausgleich wirksam ausgeschlossen sei (vgl. BGH FamRZ 2013, 269); damit sei ein Anspruch der Antragsgegnerin insoweit bereits dem Grunde nach nicht gegeben.

» Der Auslegung ihrer Erklärung in § 2 a) des Vertrages vom 21.10.2002 dahingehend, dass der Ausschluss des Zugewinnausgleichs nur die unternehmerische Tätigkeit des Antragstellers mit den in § 2 a) S. 1 aufgeführten Unternehmen umfasst, und sich nicht auf unternehmerische Tätigkeiten des Antragstellers erstreckt, die in dem Vertragstext nicht aufgeführt sind, oder zu dem Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch nicht bestanden, tritt der Antragsteller substantiiert entgegen. Seine Auslegung des Vertrages, wonach bereits bei Abgabe der Erklärung erkennbar gewesen sei, dass er in Zukunft an weiteren Unternehmen beteiligt sein, und diesbezüglich expandieren werde, weswegen 'unternehmerische Tätigkeit' sämtliche Unternehmensbeteiligungen während der Ehezeit umfasse, findet sich in Wortlaut und Sinnzusammenhang von § 2 des Vertragstexts wieder.

Nach der - den Auslegungsmethoden aus §§ 133, 157 BGB folgenden - Auslegung des Ehevertrages vom 21.10.2002 weist bereits die weitgefasste Wortwahl, wonach der Zugewinnausgleich hinsichtlich »der unternehmerischen Tätigkeit« des Antragstellers ausgeschlossen ist, darauf hin, dass nicht nur die Vermögenswerte aus den in § 2 a) S. 1 aufgeführten Unternehmensbeteiligungen von dem Ausschluss erfasst sein sollen; dafür spricht auch, dass die weitgefasste Bezeichnung 'unternehmerische Tätigkeit' in § 2 a) S. 3 und 4 gleichlautend verwendet wird, und Satz 2 die Formulierung enthält, der Ehemann könne über »sein betriebliches Vermögen sowie Unternehmens- oder Gesellschaftsbeteiligungen jeder Art« ohne Zustimmung der Ehefrau frei verfügen. Die Formulierung 'jeder Art« lässt den Schluss zu, die Ehegatten seien sich über die Möglichkeit, dass der Antragsteller über die in Satz 1 der Vereinbarung aufgeführten Unternehmen hinaus in der Zukunft weitere Unternehmensbeteiligungen erwerben könnte, im klaren.

Eine hiervon abweichende Auslegung von § 2 a) des Vertrages hat die Antragsgegnerin nicht nachvollziehbar dargelegt. Ihrem Vortrag, sie und der Antragsteller hätten mit der Vereinbarung wechselseitig auf den Zugewinn verzichtet, soweit es ihr Immobiliarvermögen in Form des Grundstücks in W. … betrifft, und im Gegenzug habe sie nur auf die beiden Beteiligungen des Antragstellers an den in § 2 a) S. 1 des Vertrages vom 21.01.2002 aufgeführten Unternehmen verzichten sollen, findet in Wortlaut und Sinnzusammenhang des Vertragstextes keinen Niederschlag. Bei der Auslegung des hiesigen formbedürftigen (§§ 1408, 1410 BGB) Vertrages können ausserhalb der Vertragsurkunde liegende, eine ergänzende Vertragsauslegung rechtfertigende Umstände nur berücksichtigt werden, wenn der von einem Vertragspartner behauptete rechtsgeschäftliche Wille der Beteiligten in der formgerechten Urkunde einen wenn auch nur unvollkommenen oder andeutungsweisen Ausdruck gefunden hat, sog. 'Andeutungstheorie' (BGH NJW-RR 2002, 1513). «

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