Entscheidungen OLG Saarbrücken 2023
BGB §§ 139, 181, 883, 885, 2203, 2205, 2216; GBO §§ 53, 71
1. Die von Amts wegen gebotene Prüfung der Verfügungsbefugnis des Testamentsvollstreckers erstreckt sich bei der zu eigenen Gunsten bewilligten Auflassungsvormerkung auch auf seine Berechtigung zu der Vornahme eines solchen In-Sichgeschäfts, wobei deren Fehlen im Zweifel zu der Unwirksamkeit der Bewilligung auch hinsichtlich der übrigen Miterwerber führt.
2. Eine Befreiung des Testamentsvollstreckers von dem Verbot des Selbstkontrahierens setzt voraus, daß das In-Sichgeschäft dem Gebot ordnungsmäßiger Verwaltung des Nachlasses entspricht; daran fehlt es, wenn die bewilligte Auflassungsvormerkung der Absicherung einer freihändigen Veräußerung unter anderem an den Testamentsvollstrecker als Miterben dienen soll, dahingehende Anordnungen durch den Erblasser nicht getroffen wurden, und eine angemessene Beteiligung der anderen Miterben nicht feststeht.
3. Die Bewilligung einer Grundschuld zugunsten eines Kreditinstituts durch den Testamentsvollstrecker ist kein entgeltliches Geschäft, wenn nicht sichergestellt erscheint, daß die besicherte Darlehenssumme in voller Höhe dem Nachlaß zugeführt werden wird.
Verfahrenskostenhilfe; Einsatz des Vermögens; Verkehrswert eines Kraftfahrzeugs; Vermögensfreibetrag.
ZPO § 115; SGB XII § 90
1. Verfahrenskostenhilferechtlich im Sinne des § 115 Abs. 3 ZPO in Verbindung mit § 90 Abs. 2 Nr. 10 SGB XII n.F. angemessen ist ein Kraftfahrzeug, das einen Verkehrwert von 7.500 € nicht überschreitet.
2. Der diese Grenze übersteigende Betrag des Verkehrswertes des Kraftfahrzeugs ist sodann zunächst zu der Auffüllung des maßgeblichen Vermögensfreibetrages nach § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII, der seit dem 1. Januar 2023 10.000 € beträgt (§ 1 S. 1 Nr. 1 der DurchführungsVO zu § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII n.F.), heranzuziehen.
Familienvermögensrecht; eheliches Güterrecht; gesetzliches Güterrecht; Verfügung über Vermögen im Ganzen; Recht und Pflicht des Grundbuchamtes zu Nachforschungen von Amts wegen oder zur »vorbeugenden« Anforderung einer Zustimmung des Ehegatten; konkrete Anhaltspunkte für Vorliegen der objektiven und subjektiven Voraussetzungen.
BGB § 1365; GBO § 19
1. Nur wenn konkrete Anhaltspunkte für das Vorliegen sowohl der objektiven als auch der subjektiven Voraussetzungen des § 1365 Abs. 1 BGB gegeben sind, darf das Grundbuchamt die Zustimmung des anderen Ehegatten oder den Nachweis weiteren Vermögens verlangen.
2. Demgegenüber begründen bloße Zweifel oder abstrakte Vermutungen hinsichtlich des Umfangs des Vermögens und/oder der Kenntnis des Vertragspartners kein Recht und keine Pflicht des Grundbuchamtes zu Nachforschungen von Amts wegen oder zur »vorbeugenden« Anforderung einer Zustimmung des Ehegatten.
Versorgungsausgleich; Zuschlag an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung (sog. Grundrentenzuschlag) als gesondert auszugleichendes Anrecht; Unwirtschaftlichkeit des Ausgleichs des Grundrentenzuschlags.
VersAusglG § 19; SGB VI § 97a
1. Der Zuschlag an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung (sog. Grundrentenzuschlag) ist ein - vorbehaltlich seiner Ausgleichsreife - gesondert auszugleichendes Anrecht mit der Folge der Zulässigkeit einer Rechtsmittelbeschränkung auf dieses Anrecht und einer es bezüglichen Wertfestsetzung.
2. Der Grundrentenzuschlag ist nicht im Sinne von § 19 Abs. 2 Nr. 1 VersAusglG volatil.
3. Der Ausgleich des Grundrentenzuschlags kann gemäß § 19 Abs. 2 Nr. 3 VersAusglG unwirtschaftlich sein, wenn feststeht oder mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit prognostiziert werden kann, daß der Ausgleichsberechtigte aufgrund der durch § 97a SGB VI vorgeschriebenen Einkommensanrechnung nie eine Rente aus den ihm zu übertragenden Grundrenten-Entgeltpunkten erhalten wird.
Verfahrensrecht; einstweilige Anordnungen; gemischt mündlich-schriftliches Verfahren; Entscheidung aufgrund mündlicher Erörterung; neuer Sachvortrag und/oder weitere Ermittlungen.
FamFG § 57
1. Die Entscheidung in einem einstweiligen Anordnungsverfahren ist nicht aufgrund mündlicher Erörterung im Sinne von § 57 S. 2 FamFG ergangen, wenn das Erstgericht in dem sogenannten gemischt mündlich-schriftlichen Verfahren entschieden hat.
2. Dieses liegt vor, wenn zwar zunächst mündlich erörtert, dann aber nicht sofort entschieden wird, sondern neuer Sachvortrag herangezogen oder gar weitere Ermittlungen angestellt und in der Entscheidung verarbeitet werden, ohne Gegenstand der mündlichen Erörterung gewesen zu sein.
Verfahrensrecht; einstweilige Anordnungen; Anforderungen an mündliche Erörterung; Bezugnahme auf schriftsätzlich gestellte Anträge; mündliche Erörterung in einem Parallelverfahren.
FamFG § 57
1. Den an eine mündliche Erörterung nach § 57 S. 2 FamFG zu stellenden Anforderungen genügt es nicht, wenn das Gericht die Beteiligten in dem Erörterungstermin lediglich auf ihre bereits schriftsätzlich gestellten Anträge Bezug nehmen läßt, und sodann unmittelbar - unter Ankündigung einer Entscheidung im Schriftwege - den Termin schließt.
2. Eine mündliche Erörterung in einem Parallelverfahren kann allenfalls dann an die Stelle derjenigen in dem gegenständlichen Eilverfahren treten, wenn in jenem auch alle in diesem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes entscheidungserheblichen Fragen mündlich erörtert worden sind.
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