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Entscheidungen OLG Celle 2023 - FD-Platzhalter-rund

Entscheidungen OLG Celle 2023



Verfahrenskostenhilfe; Berechnung des Verfahrenswertes; Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe abhängiger Hauptsacheantrag.
FamGKG §§ 33, 34, 51, 59; GKG §§ 17, 42

1. In Unterhaltssachen ist gemäß § 51 Abs. 1 S. 1 FamGKG für den laufenden wiederkehrenden Unterhalt der für die ersten zwölf Monate nach Einreichung des Antrages geforderte Betrag maßgeblich. Bei Ansprüchen auf Zahlung von Kindesunterhalt ist der Monatsbetrag des zu dem Zeitpunkt der Einreichung des Antrages geltenden Mindestunterhalts nach der zu diesem Zeitpunkt maßgebenden Altersstufe zugrunde zu legen (§ 51 Abs. 1 S. 2 FamGKG).
2. Bei einer Erweiterung des Antrages auf Zahlung laufenden Unterhalts erhöht sich der Verfahrenswert gemäß § 34 FamGKG um denjenigen Mehrbetrag, der auf die zwölf Monate entfällt, die der Anhängigkeit des erweiternden Antrages folgen.
3. Der zwischen Einreichung eines Antrages auf Verfahrenskostenhilfe für ein beabsichtigtes Hauptsacheverfahren und der erfolgten Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe aufgelaufene Betrag ist gemäß § 51 Abs. 2 S. 2 FamGKG nicht als rückständiger Betrag verfahrenswerterhöhend zu berücksichtigen.

OLG Celle, Beschluß vom 17. Januar 2023 - 21 WF 156/22

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Abstammungsrecht; von einer Leihmutter geborenes Kind; Geburtsakte; Eintrag der Wunscheltern als rechtliche Eltern; Anerkennung eines Bescheids des georgischen Justizministeriums über die rechtlichen Eltern.
BGB § 1600d; EGBGB Art. 19; GG Art. 6; MRK Art. 8; FamFG §§ 108, 169, 179

1. Ein Bescheid des georgischen Justizministeriums, in dem mitgeteilt wird, daß für das von einer Leihmutter geborene Kind in dessen Geburtsakte die Wunscheltern als rechtliche Eltern eingetragen sind, ist keine Entscheidung, die nach § 108 Abs. 1 FamFG anerkannt werden kann (vgl. BGH FamRZ 2019, 890).
2. Auch eine Gesamtbeurteilung im Sinne einer dreigliedrigen Prüfung der Geburtsurkunde, des ergangenen Bescheides sowie eines georgischen Urteils, in dem der Antrag der Wunscheltern auf Feststellung ihrer rechtlichen Elternschaft im Hinblick auf die bestehende Geburtsurkunde als unzulässig abgewiesen wird, rechtfertigt keine andere Beurteilung.
3. Auf einen Hilfsantrag kann in diesem Verfahren die Vaterschaft des genetisch verwandten Wunschelternteils gemäß § 1600d Abs. 1 BGB auf der Grundlage eines in Georgien eingeholten genetischen Abstammungsgutachtens festgestellt werden.
4. Das Recht der Wunscheltern auf Achtung des Privat- und Familienlebens aus Art. 8 EMRK sowie das Elternrecht aus Art. 6 GG werden dadurch nicht verletzt.

OLG Celle, Beschluß vom 23. Januar 2023 - 21 UF 171/19

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Familienvermögensrecht; Güterrecht; keine Korrektur einer vereinbarten Morgengabe nach dem deutschen ordre public wegen wirtschaftlicher Überforderung; wirksamer Verzicht auf vereinbarte Morgengabe anläßlich islamischer Scheidung.
BGB § 313; EGBGB Art. 6, Art. 14

1. Die wirtschaftliche Überforderung des Ehemannes durch eine versprochene Morgengabe gebietet nicht deren Korrektur nach dem deutschen ordre public.
2. Die Begründung deutschen Unterhalts- und Scheidungsstatuts während der Ehe kann eine Anpassung des Morgengabeversprechens nach § 313 BGB gebieten, soweit sich die Durchsetzung des Versprechens nach deutschem Recht richtet.
3. Die zu einer islamischen Scheidung abgegebene Erklärung, auf die Morgengabe zu verzichten, läßt den Anspruch darauf erlöschen.

OLG Celle, Beschluß vom 24. Januar 2023 - 17 WF 8/23

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Abstammungsrecht; Umfang der Beweisaufnahme in einem postmortalen Vaterschaftsfeststellungsverfahren.
BGB § 1600d; GenDG §§ 1, 12, 13, 17; FamFG §§ 26, 37, 177, 178

1. Kann die Abstammung eines Kindes nicht über ein DNA-Abstammungsgutachten festgestellt werden, weil hierfür nicht ausreichendes genetisches Material des verstorbenen und eingeäscherten potentiellen Vaters zur Verfügung steht, und andere Verwandte für ein Gutachten (§ 178 Abs. 1 FamFG) nicht zur Verfügung stehen, dann umfaßt es die Verpflichtung zur Amtsermittlung nach § 26 FamFG nicht, nicht näher konkretisierten Behauptungen des Kindes nachzugehen, Kleidungsstücke mit möglichen genetischen Spuren des Verstorbenen befänden sich noch in der Wohnung der Witwe.
2. Einer Beweisaufnahme zu der Feststellung der Vaterschaft durch eine genetisch-genealogische Analyse, die unter Verwendung einer genetischen Probe des Kindes durch einen Dienstleister im Ausland durchgeführt werden müßte, steht nach den §§ 1, 12, 13, 17 GenDG ein Beweiserhebungsverbot entgegen.
3. Die Feststellung der Vaterschaft aufgrund der Vermutung nach § 1600d Abs. 2 S. 1 BGB setzt voraus, daß die Beiwohnung in der gesetzlichen Empfängniszeit zu der Überzeugung des Gerichts (§ 37 FamFG) nach einer erfolgten Beweisaufnahme durch Vernehmung von Zeugen erwiesen ist.

OLG Celle, Beschluß vom 30. Januar 2023 - 21 UF 124/20

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Herausgabe eines Kindes; Zwangsvollstreckung; unmittelbare Anordnung von Ordnungshaft.
BGB § 1632; FamFG §§ 89, 90, 91, 93, 94

1. Kommt ein Elternteil einer vollstreckbaren Verpflichtung zu der Herausgabe eines Kindes an den anderen Elternteil nicht nach, dann kann bei hartnäckiger und nachhaltiger Weigerung unmittelbar auf Ordnungshaft erkannt werden.
2. Dies gilt umso mehr, wenn der zu der Herausgabe berufene Elternteil bereits anläßlich der früheren Anhörung in dem Sorgerechtsverfahren auf eine solche mögliche Vorgehensweise hingewiesen worden ist.
3. Die Festsetzung eines Ordnungsmittels erfordert bei Zuwiderhandlungen, die über einen längeren Zeitraum andauern, daß sie sich auf einen bestimmten Zeitraum bezieht, in dem auch die Vollstreckung aus dem Herausgabebeschluß nicht eingestellt gewesen ist, und für den ein Ordnungsmittelantrag des Gläubigers vorliegt, zu welchem dem Schuldner rechtliches Gehör gewährt worden ist.

OLG Celle, Beschluß vom 31. Januar 2023 - 10 WF 135/22

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Elterliche Sorge; Erziehungseignung eines Elternteils; Nichtherausgabe eines Kindes an den allein sorgeberechtigten Elternteil; Vereitelung der Vollstreckung eines Beschlusses zu der Herausgabe des Kindes.
BGB §§ 1671, 1696; FamFG § 159

1. Ein Abänderungsantrag zu der elterlichen Sorge kann weder mit dem Ziel der nochmaligen Überprüfung der Vorentscheidung, noch allein mit einer dieser nachgehenden Kindesentführung seitens des nicht (mehr) sorgeberechtigten Elternteils begründet werden (Fortführung Senatsbeschluß FamRZ 2023, 148).
2. Ein Fall mangelnder Erziehungseignung liegt vor, wenn ein Elternteil zum wiederholten Male das Kind in Anwesenheit zahlreicher dritter Personen (sog. »Unterstützer« des herausgabepflichtigen Elternteils) bei eigener Ton- und Bildaufzeichnung und Anwesenheit eines »Kameramannes« mit zur Aufnahme bereitem technischen Gerät bewußt und gezielt einer Vollstreckungsmaßnahme aussetzt (Fortführung Senatsbeschluß FamRZ 2022, 611).
3. Gegen die Erziehungseignung eines nicht sorgeberechtigten Elternteils spricht weiter, wenn dieser zu der Vermeidung der Vollstreckung einer Herausgabe des Kindes dieses aus dem bisherigen Wohnumfeld herausnimmt, nicht mehr zur Schule gehen läßt, und damit von sämtlichen bestehenden sozialen Kontakten abschneidet.
4. Das Absehen von der erstinstanzlichen Anhörung eines Kindes ist insbesondere dann nicht verfahrensfehlerhaft, wenn der zu der Herausgabe verpflichtete Elternteil die Vorstellung des Kindes bei Gericht davon abhängig macht, daß anläßlich dessen Anhörung auf die Vollstreckung einer wirksamen Verpflichtung zu der Herausgabe des Kindes verzichtet werde.

OLG Celle, Beschluß vom 1. Februar 2023 - 10 UF 116/22

Hinweise

I. OLG Celle, Beschluß vom 5. Mai 2022 - 10 WF 51/22 - FamRZ 2023, 148
1. Eine Befangenheitsablehnung trägt auch aufgrund gehäufter bzw. grober Verfahrensverstöße, so etwa im Falle des Beharrens auf einer rechtlich grob falschen Position trotz entsprechender Gegenvorstellung.
2. Die Möglichkeit einer vorläufigen Einstellung der Vollstreckung gemäß § 93 FamFG bezieht sich - wie sich bereits aus der Stellung der Vorschrift im entsprechenden Unterabschnitt 2 ergibt - ausschließlich auf Entscheidungen über die Herausgabe von Personen bzw. über die Regelung des Umgangs (Fortführung Senatsbeschluß FamRZ 2013, 2001 f).
3. Entführt ein Elternteil im Nachgang einer wirksamen Entscheidung, mit der das Aufenthaltsbestimmungsrecht für ein Kind dem anderen Elternteil zugewiesen worden ist, dieses Kind, dann kann die so veränderte tatsächliche Lage für sich allein keinen Abänderungsantrag begründen.

II. OLG Celle, Beschluß vom 14. Juli 2021 - 10 UF 245/20 - FamRZ 2022, 611

Es ist von einer bestenfalls stark eingeschränkten Erziehungseignung eines Elternteil auszugehen, wenn dieser entgegen der wirksamen Beschlußlage, trotz anwaltlicher Beratung und in Ansehung einer als besonders belastend für die Kinder wahrgenommenen und im Rahmen der Anhörung umfangreich so geschilderten vorhergehenden Herausnahme der Kinder aus dem eigenen Haushalt eine erneute Herausgabesituation zuläßt, die kindeswohlschädigend noch massiv dadurch verstärkt wird, daß der Elternteil um diese Herausgabesituation ein Szenario aufbaut, in dem die Kinder der »Teilnahme« dritter - körperlich anwesender bzw. fernmündlich hinzugezogener - Personen ausgesetzt sind, dabei erleben müssen, daß sich die Presse nach dem Stand der Angelegenheit erkundigt und ihr »Schicksal« durch von der Kindesmutter installierte Überwachungskameras auch noch aufgezeichnet werden soll.

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Abstammungsrecht; gerichtliche Feststellung der Vaterschaft bei deren zweifelhafter Anerkennung.
BGB § 1600d; EGBGB Art. 220, Art. 224; FamFG §§ 100, 177, 178

1. Die Vaterschaft eines Mannes zu einem Kinde kann - postmortal - in einem gerichtlichen Verfahren auch festgestellt werden, wenn das Standesamt und die Standesamtsaufsicht die in einem als »Vaterschaftsanerkennung und Alimentenverpflichtung« überschriebenen Schriftstück unter einer Bedingung im Jahre 1965 in der Schweiz beurkundete Erklärung als rechtlich zweifelhaft einstufen.
2. Bei der Abstammung eines Kindes handelt es sich um einen abgeschlossenen Vorgang, so daß nach Art. 220 Abs. 1 EGBGB auf vor dem 1. September 1986 abgeschlossene Vorgänge das bisherige Internationale Privatrecht anwendbar ist (BGH FamRZ 1994, 1027). Da für die Zeit vor dem 1. September 1986 im deutschen Internationalen Privatrecht keine ausdrückliche Kollisionsnorm zu der abstammungsrechtlichen Zuordnung eines nichtehelichen Kindes zu dem Vater bestand, ist nach Inkrafttreten des Nichtehelichengesetzes das für die Vaterschaftsfeststellung anzuwendende Statut dem für die Unterhaltspflicht geltenden Recht zu entnehmen (BGH FamRZ 1973, 257).
3. Für ein Abstammungsgutachten kann eine genetische Probe herangezogen werden, die aus auf Postkarten des potentiellen leiblichen Vaters aufgeklebten Briefmarken gewonnen wurden. Zu der Überzeugungsbildung können die erklärte Vaterschaftsanerkennung, die über mehrere Jahre gezahlten Unterhaltsbeträge sowie Briefe der verstorbenen Mutter und des potentiellen Vaters herangezogen werden.

OLG Celle, Beschluß vom 1. Februar 2023 - 21 UF 164/22

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Elterliche Sorge; Anerkennung einer französischen Sorgerechtsentscheidung in Deutschland; unterbliebene Anhörung des Kindes; nur fiktive Zustellung des verfahrenseinleitenden Schriftstücks an die Mutter durch Niederlegung an den letzten bekannten Aufenthaltsort.
FamFG § 159; EGV 2201/2003 Art. 23

1. Die unterbliebene Anhörung des Kindes und die bloß fiktive Zustellung des verfahrenseinleitenden Schriftstücks an die Mutter stehen der Anerkennung einer französischen Kindschaftsentscheidung in Deutschland ausnahmsweise nicht entgegen, wenn deren Aufenthalt in dem Erstverfahren unbekannt geblieben ist, und nicht mit zumutbaren Mitteln und in einem angemessenen Zeitraum ermittelt werden konnte.
2. Bei den zu fordernden Nachforschungsbemühungen des Antragstellers ist nach Treu und Glauben zu berücksichtigen, daß ein bewußtes Verheimlichen des aktuellen Aufenthaltsortes trotz eines zu erwartenden Verfahrens bei der Mutter vorgelegen hat, und an einen ausländischen Beteiligten keine überhöhten Anforderungen angesichts des nicht bundesländerübergreifenden Melderegisters gestellt werden dürfen.

OLG Celle, Beschluß vom 8. Februar 2023 - 10 UF 153/22

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