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Entscheidungen Kammergericht 2023 - FD-Platzhalter-rund

Entscheidungen Kammergericht 2023


 



Erbrecht; Anordnung und Voraussetzungen einer Nachlaßpflegschaft

Gewaltschutzrecht; einstweilige Anordnung nach § 1 GewSchG; Drohung im Sinn von § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 GewSchG; Wiederholungsgefahr; Wertung einer umfangreichen, kommentierend-erläuternde Darstellung des Geschehensablaufs aus der Perspektive eines Verfahrensbevollmächtigten

Vormundschaft und Pflegschaft; haftungsrechtlichen Folgen lebenserhaltender Maßnahmen in Akutsituationen trotz Vorliegen einer Patientenverfügung

Prozeßkosten-/Verfahrenskostenhilfe; Darlegungs- und Glaubhaftmachungspflicht zur Bestreitung der Kosten des Lebensunterhalts; Notwendigkeit der Vorlage des vollständig, wahrheitsgemäß und sorgfältig ausgefüllten amtlichen Formulars

Personenstandsrecht; Geburtenregister; Berichtigung einschränkender Zusätze bei dem Kind sowie der Mutter; gerichtliche Pflicht zur Hinwirkung auf die Stellung sachdienlicher Anträge

Unterhalt unter Verwandten; Anspruch des minderjährigen Kindes auf Unterhalt; Vereinfachtes Unterhaltsverfahren; Darlegungs- und Beweislast für rechtzeitigen Eingang der Einwendungen bei Gericht; zulässige Einwendung trotz mangelhaft ausgefülltem Formular (»weder datiert noch unterzeichnet«)

Verfahren in Kindschaftssachen; Abänderung und Überprüfung von Entscheidungen und gerichtlich gebilligten Vergleichen; Ursprungsverfahren und neues förmliches Abänderungsverfahren; Feststellung von Abänderungsbedarf im Zuge der Überprüfung; Vermengung von Elementen zweier unterschiedlicher Verfahren: von Amts wegen geführtes Überprüfungsverfahren nach § 166 Abs. 2 FamFG und Abänderungsverfahren nach § 1696 BGB, § 166 Abs. 1 FamFG; wesentlicher Verfahrensmangel; Regelwert für eine Kindschaftssache

Prozeßkosten-/Verfahrenskostenhilfe; mindestens stillschweigend zugleich begehrte die Beiordnung eines Verfahrensbevollmächtigten; Aufhebung der Beiordnung eines Rechtsanwalts; mangelnde Bereitschaft des beigeordneten Rechtsanwalts zur Vertretung im Rahmen der gewährten Verfahrenskostenhilfe

Erbrecht; Anforderungen an die Form eines Testamentes; Anforderungen an den Nachweis der Testierunfähigkeit des Erblassers


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Erbrecht; Anordnung und Voraussetzungen einer Nachlaßpflegschaft.
BGB § 1960

Die Anordnung einer Nachlaßpflegschaft kann nicht allein darauf gestützt werden, daß bei bestehendem Streit um die Echtheit eines Testamentes derzeit nicht geklärt ist, wer Erbe ist; es bedarf vielmehr weiterhin eines Sicherungsbedürfnisses, das nicht gegeben ist, wenn das vorhandene Immobilienvermögen unter langjähriger Verwaltung Dritter steht.

Kammergericht, Beschluß vom 9. Januar 2023 - 19 W 146/22

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Gewaltschutzrecht; einstweilige Anordnung nach § 1 GewSchG; Drohung im Sinn von § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 GewSchG; Wiederholungsgefahr; Wertung einer umfangreichen, kommentierend-erläuternde Darstellung des Geschehensablaufs aus der Perspektive eines Verfahrensbevollmächtigten.
GewSchG § 1

1. Eine Drohung im Sinne von § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 GewSchG bezeichnet das In-Aussicht-Stellen eines Übels, dessen Verwirklichung davon abhängt, daß die bedrohte Person nicht nach dem Willen des Täters handelt. Dafür bedarf es nicht des ausdrücklichen ln-Aussicht-Stellens eines Übels, sondern das kann auch durch Drohgebärden, Gesten oder eine »Drohkulisse» erfolgen.
2. Ein Verhalten des Täters, das Anlaß zum Erlaß von Maßnahmen nach dem Gewaltschutzgesetz gibt, indiziert eine Wiederholungsgefahr und das rechtfertigt es zwanglos, eine zu Recht erlassene Schutzanordnung auch auf ein Rechtsmittel hin weiter aufrecht zu erhalten.
3. Auch wenn der Verfahrensbevollmächtigte seinen Vortrag mit den Worten «aus Sicht des Antragsgegners» einleitet und eine umfangreiche, kommentierend-erläuternde Darstellung des Geschehensablaufs aus der Perspektive des von ihm vertretenen Beteiligten abgibt, liegt damit keine eidesstattliche Versicherung vor mit der Folge, daß die Behauptungen - wenn keine anderen, präsenten Beweismittel angeboten werden - nicht im Sinne von § 31 FamFG glaubhaft gemacht sind.

Kammergericht, Beschluß vom 8. Februar 2023 - 16 UF 154/22
FamRB 2023, 197 = FF 2023, 208 = NJ 2023, 261 = NJW-Spezial 2023, 390

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Vormundschaft und Pflegschaft; haftungsrechtlichen Folgen lebenserhaltender Maßnahmen in Akutsituationen trotz Vorliegen einer Patientenverfügung.
BGB §§ 630a, 1827, 1829, 1901a, 1904, 1922, 1967

Zu den haftungsrechtlichen Folgen lebenserhaltender Maßnahmen in einer Akutsituation trotz Vorliegen einer Patientenverfügung.

Kammergericht, Urteil vom 20. Februar 2023 - 20 U 105/22
FamRZ 2023, 1064 = NJW-Spezial 2023, 296 = ZEV 2023, 8

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Prozeßkosten-/Verfahrenskostenhilfe; Darlegungs- und Glaubhaftmachungspflicht zur Bestreitung der Kosten des Lebensunterhalts; Notwendigkeit der Vorlage des vollständig, wahrheitsgemäß und sorgfältig ausgefüllten amtlichen Formulars.
ZPO § 117

1. Wer Verfahrenskostenhilfe beantragt, muß darlegen und glaubhaft machen, wie er seinen Lebensunterhalt bestreitet.
2. Das Familiengericht ist nicht gehalten, im Rahmen einer Entscheidung über Verfahrenskostenhilfe Mutmaßungen über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse eines Beteiligten anzustellen oder sich vermeintlich »passende« Angaben aus sich teilweise eklatant widersprechenden Unterlagen »zusammenzusuchen«, sondern kann erwarten, daß das amtliche Formular vollständig, wahrheitsgemäß und insbesondere auch so sorgfältig ausgefüllt wird, daß es aus sich selbst heraus verständlich ist und die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Beteiligten korrekt widerspiegelt.

Kammergericht, Beschluß vom 27. Februar 2023 - 16 WF 17/23
NJ 2023, 269 = FF 2023, 262 [Ls]

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Personenstandsrecht; Geburtenregister; Berichtigung einschränkender Zusätze bei dem Kind sowie der Mutter; gerichtliche Pflicht zur Hinwirkung auf die Stellung sachdienlicher Anträge.
FamFG § 28; PStG §§ 21, 47, 48, 54, 99; PStV §§ 23, 33, 35; EGBGB Art. 5, Art. 10

1. Die Pflicht des Gerichts, auf die Stellung sachdienlicher Anträge hinzuwirken, besteht grundsätzlich nur im Rahmen des von dem Antragsteller verfolgten Verfahrensziels.
2. Ist in dem Geburtenregister bei einem Elternteil ein dessen Identität einschränkender Vermerk eingetragen worden, kommt dessen Berichtigung (Löschung) regelmäßig nicht in Betracht, wenn nicht zugleich der unrichtig beurkundete Name dieses Elternteils berichtigt wird.
3. Dies ist nicht zwingend, wenn der von dem - richtig verlautbarten - Familienname abweichende Geburtsname des Elternteils im Geburtenregistereintrag - noch - nicht beurkundet worden ist.

Kammergericht, Beschluß vom 3. März 2023 - 1 W 378/22
FA 2023, 119 [Ls]

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Unterhalt unter Verwandten; Anspruch des minderjährigen Kindes auf Unterhalt; Vereinfachtes Unterhaltsverfahren; Darlegungs- und Beweislast für rechtzeitigen Eingang der Einwendungen bei Gericht; zulässige Einwendung trotz mangelhaft ausgefülltem Formular (»weder datiert noch unterzeichnet«).
FamFG § 252

1. Das Risiko, daß ein (angeblich eingereichter) Schriftsatz bei Gericht nicht ankommt, ist uneingeschränkt von dem Beteiligten zu tragen, weil er die Darlegungs- und Beweislast dafür trägt, daß seine Einwendungen rechtzeitig bei Gericht eingegangen sind.
2. Auch wenn in dem Vereinfachten Unterhaltsverfahren das Formular mit den Einwendungen des Antragsgegners weder datiert noch unterzeichnet wurde, liegt dennoch eine im Sinne von § 252 FamFG zulässige Einwendung vor, wenn aus dem ausgefüllten Formular alle für die Erfüllung seines Zwecks erforderlichen Angaben eindeutig hervorgehen, und zusätzlich als Beleg zu den gemachten Angaben eine vollständige Kopie des aktuellen SGB II-Bescheides beigefügt wird, mit dem staatliche Transferleistungen für die Dauer von etwa einem Jahr bewilligt worden sind.

Kammergericht, Beschluß vom 31. März 2023 - 16 WF 19/23
FamRB 2023, 267 = NJ 2023, 313 = FF 2023, 260 [Ls]

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Verfahren in Kindschaftssachen; Abänderung und Überprüfung von Entscheidungen und gerichtlich gebilligten Vergleichen; Ursprungsverfahren und neues förmliches Abänderungsverfahren; Feststellung von Abänderungsbedarf im Zuge der Überprüfung; Vermengung von Elementen zweier unterschiedlicher Verfahren: von Amts wegen geführtes Überprüfungsverfahren nach § 166 Abs. 2 FamFG und Abänderungsverfahren nach § 1696 BGB, § 166 Abs. 1 FamFG; wesentlicher Verfahrensmangel; Regelwert für eine Kindschaftssache.
BGB § 1696; FamFG § 166; FamGKG § 45

1. Bei dem Überprüfungsverfahren nach § 166 Abs. 2 FamFG handelt es sich um eine nicht-förmliche Vorprüfung, ob ein förmliches Abänderungsverfahren nach § 166 Abs. 1 FamFG, § 1696 BGB einzuleiten ist. Das Überprüfungsverfahren wird in der ursprünglichen Akte, in der die zu überprüfende Maßnahme verfügt wurde, geführt; hierfür ist weder ein neues gerichtliches Aktenzeichen zu vergeben, noch stellt das die Einleitung eines neuen Verfahrens dar. Für das Überprüfungsverfahren kann keine Verfahrenskostenhilfe bewilligt werden, und es ergeht auch keine Kostenentscheidung. Hinsichtlich der Anwaltsgebühren gilt das Überprüfungs- (Vorprüfungs-) Verfahren nicht als neue Angelegenheit, sondern als Teil des Ursprungsverfahrens.
2. Wird im Zuge der Überprüfung Abänderungsbedarf festgestellt, dann ist ein förmliches Abänderungsverfahren nach § 166 Abs. 1 FamFG, § 1696 BGB einzuleiten, und ein neues Verfahren unter neuem Aktenzeichen und mit den üblichen verfahrensrechtlichen Gewährleistungen wie unter anderem einer persönlichen Anhörung der Beteiligten und des Kindes zu führen.
3. Wenn das Familiengericht die Elemente von zwei unterschiedlichen Verfahren - einem von Amts wegen geführten Überprüfungsverfahren nach § 166 Abs 2 FamFG und einem Abänderungsverfahren nach § 1696 BGB, § 166 Abs. 1 FamFG - miteinander vermengt, dann führt das zu einem wesentlichen Verfahrensmangel, der auf Antrag zu der Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und der Zurückverweisung der Sache an das Familiengericht führen kann.
4. Der Regelwert für eine Kindschaftssache kann entsprechend § 45 Abs. 3 FamGKG auf 2.000 € herabgesetzt werden, wenn keine Kindschaftssache aus dem "Katalog" des § 45 Abs. 1 FamGKG vorliegt, sondern eine Beschwerde in einem amtswegig geführten Überprüfungsverfahren nach § 166 Abs. 2 FamFG, das verfahrensfehlerhaft mit einem förmlichen, rechtsmittelfähigen Beschluß abgeschlossen wurde (hier: geringer Aktenumfang von ca. 30 Seiten; sehr beengte wirtschaftliche Verhältnisse der beteiligten Mutter; außerordentlich überschaubarer anwaltlicher Arbeitsaufwand).

Kammergericht, Beschluß vom 6. April 2023 - 16 UF 34/23

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Prozeßkosten-/Verfahrenskostenhilfe; mindestens stillschweigend zugleich begehrte die Beiordnung eines Verfahrensbevollmächtigten; Aufhebung der Beiordnung eines Rechtsanwalts; mangelnde Bereitschaft des beigeordneten Rechtsanwalts zur Vertretung im Rahmen der gewährten Verfahrenskostenhilfe.
FamFG § 78

1. Wenn ein Rechtsanwalt für den eigenen Mandanten (Beteiligten) Verfahrenskostenhilfe beantragt, kann regelmäßig davon ausgegangen werden, daß damit - mindestens stillschweigend - zugleich die Beiordnung des Verfahrensbevollmächtigten begehrt wird.
2. Die Beiordnung eines Rechtsanwalts ist aufzuheben, wenn der beigeordnete Rechtsanwalt nicht (mehr) zur Vertretung im Rahmen der gewährten Verfahrenskostenhilfe bereit ist.

Kammergericht, Beschluß vom 21. April 2023 - 16 WF 28/23
NJ 2023, 317 = FF 2023, 261 [Ls]

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Erbrecht; Anforderungen an die Form eines Testamentes; Anforderungen an den Nachweis der Testierunfähigkeit des Erblassers.
BGB §§ 2229, 2247, 2358

1. Zu den Anforderungen an die Form eines Testamentes.
2. Zu den Anforderungen an den Nachweis der Testierunfähigkeit des Erblassers.

Kammergericht Berlin, Beschluß vom 9. Mai 2023 – 6 W 48/22
NJW-Spezial 2023, 424

Entscheidungen Kammergericht 2023 - FD-Platzhalter-rund
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