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Entscheidungen OLG Bamberg 2023 - FD-Platzhalter-rund

Entscheidungen OLG Bamberg 2023


 



Prozeßkosten-/Verfahrenskostenhilfe; Akteneinsicht eines Beteiligten in die Verfahrenskostenhilfeunterlagen der Gegenseite

Familiensteuerrecht; Pflicht der Ehegatten zur Zustimmung zur Zusammenveranlagung

Umgangsrecht; Umgang des Kindes mit den Eltern; Statthaftigkeit einer Beschwerde gegen die Kostenentscheidung bei Nichteinleitung eines Verfahrens

Kosten und Gebühren; Glaubhaftmachung notwendiger Kosten im Kostenfestsetzungsverfahren; anwaltliche Versicherung; postalische Erreichbarkeit an einem Wohnsitz; Nachweis des gewöhnlichen Aufenthalts unter dieser Adresse; Nachweis des tatsächlichen Aufenthalts am Sitz des beauftragten Rechtsanwalts

Abstammungsrecht; Anerkennung der Vaterschaft; Zustimmungsbedürftigkeit; Versterben der Kindsmutter vor Erteilung der Zustimmung

Umgangsrecht; Umgang des Kindes mit den Eltern; Abänderung einer Umgangsvereinbarung; triftiger Grund; Wohnortwechsel der umgangsberechtigten Kindsmutter

Unterhalt unter Verwandten; Anspruch des minderjährigen Kindes auf Unterhalt; Abänderungsverfahren bei vorausgegangenem vereinfachten Unterhaltsverfahren; Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe

Elterliche Sorge; Einigungsgebühr in Verfahren nach § 1666 BGB

Prozeßkosten-/Verfahrenskostenhilfe; Erstattung von Auslagen für Fahrtkosten und Übernachtung für Terminswahrnehmung; Mittellosigkeit; 9-Euro-Ticket; öffentlicher Personennahverkehr

Verfahrensrecht; Akteneinsicht eines Beteiligten in ein vor dem 1.09.2009 beendetes Kindschaftsverfahren

Kosten und Gebühren; Gebührenbefreiung des Kirchensteueramtes für Auskunftsersuchen zur Erbfolge beim Nachlaßgericht


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Prozeßkosten-/Verfahrenskostenhilfe; Akteneinsicht eines Beteiligten in die Verfahrenskostenhilfeunterlagen der Gegenseite.
ZPO § 117; FamFG §§ 13, 58, 76

1. Ein Einsichtsgesuch bezüglich der Verfahrenskostenhilfeunterlagen der Gegenseite nach Abschluß des Verfahrenskostenhilfe-Bewilligungsverfahrens kann nicht mehr auf § 117 Abs. 2 S. 2 ZPO (hier in Verbindung mit § 76 Abs. 1 FamFG) gestützt werden.
2. Ein solches Gesuch in einem Kindschaftsverfahren bemißt sich nach § 13 Abs. 2 FamFG, und erfordert, daß ein berechtigtes Interesse hierfür glaubhaft gemacht ist, und schutzwürdige Interessen eines Beteiligten oder Dritten nicht entgegenstehen.
3. Der Hinweis des Gesuchstellers auf einen nicht näher ausgeführten Auskunftsanspruch ergibt kein berechtigtes Interesse im Sinne des § 13 Abs. 2 FamFG.

OLG Bamberg, Beschluß vom 10. Januar 2023 – 2 UF 108/22
FuR 2023, 392

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Familiensteuerrecht; Pflicht der Ehegatten zur Zustimmung zur Zusammenveranlagung.
BGB § 1353; EStG § 26

1. Aus dem Wesen der Ehe ergibt sich für beide Ehegatten grundsätzlich die Verpflichtung, die finanziellen Lasten des anderen Teils nach Möglichkeit zu vermindern, soweit dies ohne eine Verletzung eigener Interessen möglich ist.
2. Es besteht daher für beide Ehegatten jeweils die Verpflichtung, in eine Zusammenveranlagung einzuwilligen, wenn dadurch die Steuerschuld des anderen Ehegatten verringert, der in Anspruch genommene aber keiner zusätzlichen steuerlichen Belastung ausgesetzt wird. Eine solche Verpflichtung bleibt auch nach der Scheidung als Nachwirkung der Ehe bestehen.
3. Die Ehegatten können die Pflicht zur Zustimmung zu der Zusammenveranlagung durch Vereinbarung wirksam abbedingen.

OLG Bamberg, Beschluß vom 10. Januar 2023 - 2 UF 212/22
FuR 2023, 242 = NZFam 2023, 374 = NJW-Spezial 2023, 229 = DStR 2023, 295

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Umgangsrecht; Umgang des Kindes mit den Eltern; Statthaftigkeit einer Beschwerde gegen die Kostenentscheidung bei Nichteinleitung eines Verfahrens.
BGB §§ 1684, 1685; FamFG §§ 24, 38, 81; BayAktO §§ 8, 11

1. Wenn bei der Frage der Regelung des Umgangs auf eine Anregung hin kein Verfahren eingeleitet wird, dann ist auch keine Kostenentscheidung zu treffen, denn mit der Anregung nach § 24 FamFG sind keine gesonderten Kosten und Gebühren verbunden.
2. Ergeht dennoch seitens des Familiengerichts eine Kostenentscheidung, stellt diese für den Betroffenen eine die Instanz beendende Entscheidung und damit eine Endentscheidung im Sinne von § 38 FamFG dar.
3. Die Prüfung, ob auf die Anregung hin ein förmliches Verfahren eingeleitet wird, ist unter dem Registerzeichen »AR« (vgl. § 8 Abs. 1 S. 1 a) BayAktO a.F.; ab dem 1. Januar 2023 § 11 Abs. 1 Nr.1 BayAktO) durchzuführen.

OLG Bamberg, Beschluß vom 12. Januar 2023 - 7 WF 5/23
FamRZ 2023, 1053 = FGPrax 2023, 92 = FamRB 2023, 278

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Kosten und Gebühren; Glaubhaftmachung notwendiger Kosten im Kostenfestsetzungsverfahren; anwaltliche Versicherung; postalische Erreichbarkeit an einem Wohnsitz; Nachweis des gewöhnlichen Aufenthalts unter dieser Adresse; Nachweis des tatsächlichen Aufenthalts am Sitz des beauftragten Rechtsanwalts.
ZPO §§ 91, 104

1. Eine anwaltliche Versicherung stellt im Rahmen von § 104 Abs. 2 S. 1 ZPO ein mögliches, aber nicht stets hinreichendes Mittel der Glaubhaftmachung dar.
2. Die postalische Erreichbarkeit an einem Wohnsitz ist kein Nachweis des gewöhnlichen Aufenthalts unter dieser Adresse.
3. Zu den Voraussetzungen des Nachweises des tatsächlichen Aufenthalts am Sitz des beauftragten Rechtsanwalt: Zum Nachweis der räumlichen Nähe zwischen anwaltlichem Kanzleisitz und dem Wohnsitz der Partei und damit der hinreichenden Glaubhaftmachung der Erforderlichkeit der Beauftragung des nicht ortsansässigen des Prozeßbevollmächtigten kommt nicht nur eine Bestätigung des Einwohnermeldeamtes in Betracht; die Partei kann sich vielmehr sämtlicher Beweismittel bedienen, beispielsweise der Vorlage eines Mietvertrages oder eidesstattlicher Versicherungen von Zeugen, die Angaben über den Aufenthalt der Partei an dem Kanzleisitz machen können.

OLG Bamberg, Beschluß vom 23. Januar 2023 - 2 W 2/23
FamRZ 2023, 1051 = Rpfleger 2023, 311 = JurBüro 2023, 141 = ZfSch 2023, 343 = AGS 2023, 123 = FA 2023, 59 [Ls]

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Abstammungsrecht; Anerkennung der Vaterschaft; Zustimmungsbedürftigkeit; Versterben der Kindsmutter vor Erteilung der Zustimmung.
BGB §§ 1592, 1595; PStG §§ 27, 49

Eine Anerkennung der Vaterschaft ist nicht mehr möglich, wenn die Kindsmutter vor der Erteilung der Zustimmung zu der Anerkennung verstorben ist.

OLG Bamberg, Beschluß vom 26. Januar 2023 - 1 W 67/22
FamRZ 2023, 708 = NZFam 2023, 517 = StAZ 2023, 110 = FamRB 2023, 151 = MDR 2023, 642 = FF 2023, 216 [Ls]

Hinweis
Das Verfahren ist bei dem Bundesgerichtshof unter dem Aktenzeichen XII ZB 48/23 anhängig.

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Umgangsrecht; Umgang des Kindes mit den Eltern; Abänderung einer Umgangsvereinbarung; triftiger Grund; Wohnortwechsel der umgangsberechtigten Kindsmutter.
BGB §§ 1684, 1696

1. Führt der Wohnortwechsel der umgangsberechtigten Kindsmutter, die über kein eigenes Auto verfügt, dazu, daß eine Umgangsvereinbarung nur noch mit einigen Schwierigkeiten umzusetzen ist, birgt dies wiederum die Gefahr, daß die - von Kind ausdrücklich gewünschten - persönlichen Kontakte zwischen Mutter und Kind nicht mehr regelmäßig stattfinden können. Die eingetretene Veränderung stellt damit einen triftigen Grund im Sinne des § 1696 Abs. 1 BGB dar, der aus Gründen des Kindeswohles auch unter Berücksichtigung des Interesses an Kontinuität eine Änderung der bisherigen Regelung erfordert.
2. Führt eine getroffene Entscheidung im Ergebnis dazu, daß derjenige Elternteil, bei dem das Kind lebt, dieses zum Umgang bringen und von dort wieder abholen müßte, ohne daß eine große räumliche Distanz überwunden werden muß, kann diese Verpflichtung nicht auf § 1684 Abs. 2 BGB gestützt werden.

OLG Bamberg, Beschluß vom 30. Januar 2023 - 7 UF 190/22

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Unterhalt unter Verwandten; Anspruch des minderjährigen Kindes auf Unterhalt; Abänderungsverfahren bei vorausgegangenem vereinfachten Unterhaltsverfahren; Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe.
FamFG §§ 113, 240; ZPO § 114

1. Zu der verfahrenskostenhilferechtlichen Mutwilligkeit des nicht rechtzeitigen Vorbringens zu der eingeschränkten Leistungsfähigkeit in einem vorausgegangenen Vereinfachten Unterhaltsfestsetzungsverfahren.
2. Die erstmalige rechtzeitige Behauptung eingeschränkter Leistungsfähigkeit in einem Abänderungsverfahren gemäß § 240 FamFG stellt sich bei vorausgegangenem Vereinfachten Unterhaltsverfahren als mutwillig dar, wenn entsprechendes Vorbringen dort versäumt wurde.
3. Ein wirtschaftlich leistungsfähiger Beteiligter hätte zu der Vermeidung der Kosten des Abänderungsverfahrens den Einwand fehlender Leistungsfähigkeit bereits in dem Vereinfachten Unterhaltsfestsetzungsverfahren rechtzeitig und ordnungsgemäß erhoben; in diesem Falle wäre der in dem Abänderungsverfahren bekämpfte Titel bereits nicht erlassen worden.

OLG Bamberg, Beschluß vom 14. Februar 2023 - 2 WF 216/22
NJW 2023, 1971 = NZFam 2023, 520 = FamRB 2023, 226 [Ls]

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Elterliche Sorge; Einigungsgebühr in Verfahren nach § 1666 BGB.
BGB § 1666; FamFG §§ 7, 162; RVG § 45; RVG-VV Nr. 1000, Nr. 1003

1. Weil Nr. 1003 Abs. 2 RVG-VV dem Wortlaut nach von »Kindschaftssachen« spricht, und es dem Gesetzgeber darum ging, »die streitvermeidende oder -beendende Tätigkeit des Rechtsanwalts weiter zu fördern und damit gerichtsentlastend zu wirken« (vgl. BT-Dr. 15/1971 S. 204), ist die Regelung auch in einem Verfahren nach § 1666 BGB anwendbar.
2. Eine zwischen dem Jugendamt (Muß-Beteiligter nach § 162 Abs. 2 FamFG) und den Eltern (Muß-Beteiligte nach § 7 Abs. 2 Nr. 1 FamFG) abgeschlossene Vereinbarung kann insoweit eine gerichtliche Entscheidung (nämlich Anordnung von Geboten nach § 1666 Abs. 3 BGB) entbehrlich machen.

OLG Bamberg, Beschluß vom 31. März 2023 - 7 WF 74/23
NJW-RR 2023, 712 = FamRB 2023, 276

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Verfahrenskostenhilfe; Erstattung von Auslagen für Fahrtkosten und Übernachtung für Terminswahrnehmung; Mittellosigkeit; 9-Euro-Ticket; öffentlicher Personennahverkehr.
FamFG § 76; ZPO §§ 122, 127; JVEG §§ 5, 6

1. Für eine Verfahrenskostenhilfe beantragende Partei eröffnen § 76 Abs. 1 FamFG, § 127 Abs. 2 S. 2 ZPO bei behaupteter Beeinträchtigung in eigenen Rechten die sofortige Beschwerde gegen alle Entscheidungen zur Verfahrenskostenhilfe, unabhängig davon, ob es sich um Entscheidungen im Bewilligungs- oder Festsetzungsverfahren handelt.
2. Die Erstattungsfähigkeit von Auslagen im Rahmen gewährter Verfahrenskostenhilfe der Höhe nach bestimmt sich nicht analog §§ 5, 6 JVEG oder nach der Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz vom 14. Juni 2006 über die Gewährung von Reiseentschädigung, sondern nach sozialhilferechtlichen Grundsätzen, da es sich bei der Verfahrenskostenhilfe um eine Form der Sozialhilfe in dem Bereich der Rechtspflege handelt.
3. Der Berechtigte hat im Rahmen des Zumutbaren sämtliche Einsparmöglichkeiten zu nutzen.
4. Bei einer normalen Fahrtdauer von 9,5 Stunden mit 3 bis 6 Umsteigevorgängen bei Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs und zu erwartender weit überdurchschnittlichen Auslastung (Überfüllung) sowie Verspätungen und Ausfällen im Zugverkehr ist der Verzicht auf die Benutzung von Fernverkehrsmitteln (ICE) auch im Verhältnis zu Einsparungsmöglichkeiten aufgrund des 9-Euro-Tickets nicht zumutbar.
5. Die mittellose Partei, der Verfahrenskostenhilfe gewährt wurde, hat Anspruch auf ein preiswertes Einzelzimmer ohne sonderlichen Komfort.

OLG Bamberg, Beschluß vom 2. Mai 2023 - 2 WF 71/23
FuR 2023, 391 = NZFam 2023, 667 = MDR 2023, 936

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Verfahrensrecht; Akteneinsicht eines Beteiligten in ein vor dem 1.09.2009 beendetes Kindschaftsverfahren.
FamFG §§ 13, 58 ff; FGG-RG Art. 111

1. Bei dem Akteneinsichtsgesuch in ein abgeschlossenes Verfahren handelt es sich um ein selbständiges Verfahren im Sinne des Art. 111 Abs. 2 FGG-RG.
2. Gegen die Ablehnung des nach § 13 FamFG zu beurteilenden Akteneinsichtsgesuchs ist die Beschwerde gemäß §§ 58 ff FamFG statthaft.
3. Das Einsichtsgesuch eines Verfahrensbeteiligten in ein bereits abgeschlossenes Verfahren erfordert ein berechtigtes Interesse an der Akteneinsicht, was glaubhaft zu machen ist.

OLG Bamberg, Beschluß vom 4. Mai 2023 - 2 UF 244/22

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Kosten und Gebühren; Gebührenbefreiung des Kirchensteueramtes für Auskunftsersuchen zur Erbfolge beim Nachlaßgericht.
AO §§ 111, 115; JVKostG Nr. 1401; EGGVG §§ 23 ff; FamFG § 13

1. Das Auskunftsersuchen des Kirchensteueramtes an das Nachlaßgericht über die Erbfolge ist ein Unterfall des Akteneinsichtsrechts durch eine in dem Verfahren nicht beteiligte Behörde in einem Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit.
2. Die entsprechende Auskunft des Nachlaßgerichts ist kein Akt der Rechtsprechung nach § 13 Abs. 2 und 7 FamFG, sondern ein nach §§ 23 ff EGGVG überprüfbarer Justizverwaltungsakt im Wege der Amtshilfe.
3. Das Kirchensteueramt ist von der Gebührenerhebung gemäß §§ 115 Abs. 1, 111 Abs. 1 AO im Rahmen der erfolgten Amtshilfe befreit; es handelt sich insoweit um eine gesetzliche Ausnahme zu dem Kostentatbestand nach Nr. 1401 JVKostG-KV a.F.

OLG Bamberg, Beschluß vom 31. Juli 2023 - 2 W 27/23

Entscheidungen OLG Bamberg 2023 - FD-Platzhalter-rund
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