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Entscheidungen OLG Karlsruhe 2023 - FD-Platzhalter-rund

Entscheidungen OLG Karlsruhe 2023


 



Erbrecht; Wechselbezüglichkeit testamentarischer Verfügungen; Erfahrungssatz zu der Enterbung von Kindern bei gegenseitiger Erbeinsetzung von Ehegatten bei dem Tode als Erstversterbender; erhebliches Vermögensgefälle

Erbrecht; gemeinschaftliches Ehegattentestament in drei getrennten Urkunden; lebzeitige Äußerungen des Letztverstorbenen zeitlich in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Tode des Erstversterbenden; des Auslegung Wortlauts »im Falle unseres gemeinsamen Todes«; gemeinschaftlicher Wille der Erblasser

Unterhalt unter Verwandten; Anspruch des minderjährigen Kindes auf Unterhalt; Mindestunterhalt; Übergang von Unterhaltsansprüchen; negativer Feststellungsantrag des Unterhaltsschuldners gegen das Jobcenter bei Anmeldung übergegangener Unterhaltsansprüche mit Zusatz zur Insolvenztabelle; sekundäre Darlegungslast hinsichtlich mangelnder Leistungsfähigkeit

Betreuungsrecht; Zuständigkeit der Gerichte; Abgabe eines Betreuungsverfahrens bei Unterbringung des Betroffenen

Verfahrensrecht; verfahrensrechtliche Durchsetzung der Kindesanhörung

Versorgungsausgleich; schweizerische Rentenanwartschaften im Wertausgleich

Erbrecht; rechtliche Stellung des Erben; Annahme und Ausschlagung der Erbschaft, Fürsorge des Nachlaßgerichts; Sicherung des Nachlasses; Begriff »ungewiß« iSd § 1960 Abs. 1 S. 2 BGB; Nachlaßpflegschaft bei Erbunwürdigkeitsverfahren; Ermessensspielraum des Nachlaßpflegers

Elterliche Sorge; gerichtliche Maßnahmen bei Gefährdung des Kindeswohles; sorgerechtliche Maßnahmen bei Schulverweigerung

Umgangsrecht; Umgang des Kindes mit den Eltern; Abänderungsverfahren zwecks Reduzierung der vereinbarten Umgangszeiten; keine nachträgliche Änderung der für die frühere Umgangsvereinbarung maßgeblichen Umstände

Ehewohnung und Hausrat; Kostenentscheidung in Ehewohnungssachen

Verfahrensrecht; Ablehnung von Richtern und Sachverständigen; Verlust des Ablehnungsrechts trotz Anberaumung eines Fortsetzungstermins

Erbrecht; Anfechtung der Erbschaftsausschlagung; Einziehung eines von einem Notar erlassenen Erbscheines; funktionelle Zuständigkeit des Rechtspflegers

Erbrecht; Pflichtteilsrecht; Unwirksamkeit der Pflichtteilsentziehung; Verzeihung

Verfahrensrecht; Zuständigkeit der Gerichte; Rechtsweg bei Unterlassungsansprüchen zwischen geschiedenen Ehegatten

Elterliche Sorge; Rechte des leiblichen, nicht rechtlichen Vaters; Auskunftsanspruch des § 1686a BGB; Fertigung von Kindesfotos; Kostenentscheidung in Verfahren der Freiwilligen Gerichtsbarkeit; Entscheidung nach billigem Ermessen

Gewaltschutzrecht; Verfahren zwischen Ehegatten; Kostenentscheidung in einem Gewaltschutzverfahren nach § 1 GewSchG

Verfahrensrecht; Zwangsvollstreckung; Festsetzung eines Ordnungsgeldes in einer Kindschaftssache gegen einen Beteiligten ohne Anberaumung eines neuen Termins zur persönlichen Anhörung

Abstammungsrecht; Vaterschaftsanerkenntnis in Kasachstan; Vereinbarkeit kasachischer Formvorschriften mit dem deutschen ordre public; Gleichstellung der Vaterschaftsanerkennung vor einem kasachischen Notar mit derjenigen vor einem deutschen Notar

Versorgungsausgleich; Teilhabe an der Hinterbliebenenversorgung gemäß § 25 VersAusglG

Versorgungsausgleich; interne Teilung von Anrechten der privaten Altersvorsorge (hier: bei der SV SparkassenVersicherung Lebensversicherung AG); Gewährleistung gleichwertiger Teilhabe der Ehegatten an den in der Ehezeit erworbenen Anrechten

Versorgungsausgleich; Teilung mehrerer Anrechte bei demselben Versorgungsträger mit geringem Ausgleichswert; Kostenverteilung in gerichtlichen Verfahren; Aufhebung der Kosten des Beschwerdeverfahrens zwischen den Ehegatten bei Tragung der eigenen außergerichtlichen Kosten des beschwerdeführenden Versorgungsträgers durch diesen selbst

Eheaufhebung; Verschweigen des Vorhandenseins von minderjährigen Kindern; Eheaufhebung und Ehescheidung als identischer Verfahrensgegenstand

Adoptionsrecht; Ersetzung der Einwilligung bei der Volljährigenadoption; vermögensrechtlicher Interessen

Umgangsrecht; Umgang des Kindes mit den Eltern; Zwangsvollstreckung; Vollstreckungsvoraussetzung der hinreichenden Bestimmtheit einer Umgangsregelung

Verfahrensrecht; Zuständigkeit der Gerichte; Aussetzung eines Verfahrens zur Klärung der internationalen Zuständigkeit

Verfahrensrecht; Festsetzung des Verfahrenswertes in Beschwerden betreffend Unterhaltssachen

Umgangsrecht; Umgang des Kindes mit den Eltern; Aufhebung und Zurückverweisung bei verdeckter Teilentscheidung über die Regelung des Umgangs

Verfahrensrecht; Zuständigkeit der Gerichte; internationale Zuständigkeit nach LugÜ bei Verfügung über das Vermögen im Ganzen

Verfahrensrecht; Zuständigkeit der Gerichte; internationale Zuständigkeit für einstweilige Anordnungen; Mutwilligkeit eines zusätzlichen einstweiligen Anordnungsverfahrens; rechtmäßiger plötzlicher Umzug des betreuenden Elternteils; Antrag des anderen Elternteils auf vorläufigen Obhutswechsel; keine Mutwilligkeit für eine einstweilige Anordnung trotz bereits rechtshängigem Hauptsacheverfahren

Verfahrensrecht; Rechtsmittel; Beschwerdewert bei Verpflichtung zur Auskunft in einem Unterhaltsverfahren

Versorgungsausgleich; Versicherungsverlauf; ungeklärte Zeiten; Anordnung von Zwangsmitteln im Versorgungsausgleichsverfahren; notwendiger vollstreckbarer Inhalt für die Anordnung von Zwangsmitteln

Verfahrensrecht; Rechtsmittel; Erreichen der Wertgrenze des § 61 Abs. 1 FamFG nach Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist in Unterhaltsverfahren

Verfahrensrecht; Festsetzung des Verfahrenswertes Beschwerde und Anschlußbeschwerde in Unterhaltsverfahren nach Rücknahme des Rechtsmittels

Versorgungsausgleich; Sicherstellung gleichmäßiger Teilhabe beider Ehegatten an der Wertentwicklung zwischen Ehezeitende und Rechtskraft der Ehescheidung; Maßgabenanordnung des Familiengerichts

Versorgungsausgleich; Teilanfechtung; nicht ausgleichsreife ausländische Anrechte; Zusammenhang mit inländischen Anrechten; Einbeziehung in die Überprüfung des Beschwerdegerichts

Elterliche Sorge; Ruhen der elterlichen Sorge bei tatsächlichem Hindernis; gerichtliche Feststellung des Wegfalls des Ruhensgrundes nach § 1674 Abs. 2 BGB; Aussetzung der Vollziehung des amtsgerichtlichen Beschlusses

Betreuungsrecht; polizeiliche Durchsuchung der Wohnung eines Betroffenen; Überprüfung des Vorliegens der Voraussetzungen von Maßnahmen nach dem bad-württPsychKHG


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Erbrecht; Wechselbezüglichkeit testamentarischer Verfügungen; Erfahrungssatz zu der Enterbung von Kindern bei gegenseitiger Erbeinsetzung von Ehegatten bei dem Tode als Erstversterbender; erhebliches Vermögensgefälle.
BGB §§ 133, 2270

1. Für eine Wechselbezüglichkeit von Verfügungen im Sinne des § 2270 BGB kann der Wortlaut eines Testamentes sprechen, wenn in der Urkunde die Rede von dem »gesamten Vermögen« der Ehegatten ist, das von ihnen ohne eine Unterscheidung nach unterschiedlichen Eigentumsverhältnissen verteilt wird. Dies läßt nach § 133 BGB den Rückschluß zu, daß die Ehegatten zu dem Zeitpunkt der Errichtung des Testamentes nach jahrzehntelanger Ehe nicht von getrennten Vermögensmassen ausgegangen sind, sondern die aufgeführten Gegenstände als gemeinsames Vermögen angesehen haben.
2. Es gibt den Erfahrungssatz, daß ein Ehegatte bei der gegenseitigen Erbeinsetzung seine Kinder bei dem Tode als Erstversterbender nur enterbt, weil er darauf vertraut, daß das gemeinsame Vermögen der Ehegatten bei dem Tode des Überlebenden auf die gemeinsamen Kinder übergehen wird.
3. Leistete die Ehefrau des Erblassers ihren Beitrag zu dem gemeinsamen Unterhalt durch die Haushaltsführung sowie die Erziehung und Betreuung der drei gemeinsamen Kinder, kann bei der Frage, ob ein erhebliches Vermögensgefälle vorliegt, nicht mit Erfolg argumentiert werden, das Familieneinkommen (und damit das Vermögen) rühre weit überwiegend von dem allein erwerbstätigen Erblasser her.

OLG Karlsruhe, Beschluß vom 3. Januar 2023 - 14 W 111/22 (Wx)
FGPrax 2023, 38 = ZEV 2023, 405 [Ls]

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Erbrecht; gemeinschaftliches Ehegattentestament in drei getrennten Urkunden; lebzeitige Äußerungen des Letztverstorbenen zeitlich in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Tode des Erstversterbenden; des Auslegung Wortlauts »im Falle unseres gemeinsamen Todes«; gemeinschaftlicher Wille der Erblasser.
BGB §§ 2247, 2265, 2267

1. Bei der Frage, ob es sich bei einem in drei getrennten Urkunden errichteten Testament um ein gemeinschaftliches Ehegattentestament handelt, sind lebzeitige Äußerungen des Letztverstorbenen von besonderem Gewicht, insbesondere dann, wenn diese Äußerungen zeitlich in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Tode des Erstversterbenden gemacht werden, etwa bei der Testamentseröffnung.
2. Der Wortlaut »im Falle unseres gemeinsamen Todes« bedarf der Auslegung: Dieser Wortlaut steht nicht grundsätzlich einer Auslegung entgegen, wonach eine Schlußerbeneinsetzung auch für den Fall eines Versterbens in größerem zeitlichen Abstand erfolgen sollte; maßgeblich ist der anhand der Auslegung zu ermittelnde (gemeinschaftliche) Wille der Erblasser.

OLG Karlsruhe, Beschluß vom 4. Januar 2023 - 14 W 89/22 (Wx)
FGPrax 2023, 40 = ZEV 2023, 262 [Ls]

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Unterhalt unter Verwandten; Anspruch des minderjährigen Kindes auf Unterhalt; Mindestunterhalt; Übergang von Unterhaltsansprüchen; negativer Feststellungsantrag des Unterhaltsschuldners gegen das Jobcenter bei Anmeldung übergegangener Unterhaltsansprüche mit Zusatz zur Insolvenztabelle; sekundäre Darlegungslast hinsichtlich mangelnder Leistungsfähigkeit.
BGB § 1612a; InsO § 302; SGB 2 §§ 6, 33, 44b; ZPO §§ 114, 256

1. Werden zugunsten des Jobcenters gemäß § 33 SGB II übergegangene Unterhaltsansprüche tituliert, und später in dem über das Vermögen des Unterhaltsschuldners eröffneten Insolvenzverfahren mit dem Zusatz nach § 302 Nr. 1 InsO zur Insolvenztabelle angemeldet, daß der Schuldner den gesetzlichen Unterhalt vorsätzlich pflichtwidrig nicht gewährt habe, kann der Schuldner im Wege des negativen Feststellungantrages geltend machen, daß die Nichtgewährung des Unterhalts nicht auf einer vorsätzlichen Pflichtwidrigkeit beruht.
2. a) Passivlegitimiert ist in einem solchen Feststellungsverfahren das Jobcenter, das - im Rahmen der ihm zu der Durchführung der Leistungsgewährung nach § 44b SGB II übertragenen vollständigen Aufgabenwahrnehmung - den im Insolvenzverfahren angemeldeten Unterhaltsanspruch in eigenem Namen geltend gemacht, und für sich hat titulieren lassen.
b) Allein der Umstand, daß Unterhaltsansprüche gemäß § 33 SGB II nicht auf das Jobcenter, sondern auf den jeweiligen Leistungsträger nach §§ 6 ff SGB II übergehen, steht in diesem Fall der Passivlegitimation des Jobcenter nicht entgegen.
3. a) Hinsichtlich seines Vortrags, daß der gesetzliche Unterhalt im Sinne von § 302 Nr. 1 InsO vorsätzlich pflichtwidrig nicht gewährt wurde, kann sich der Gläubiger nicht allein auf die Rechtskraft des Unterhaltstitels und die unterbliebene Unterhaltszahlung berufen, sondern muß Tatsachen vortragen und gegebenenfalls beweisen, aus denen sich die vorsätzliche Pflichtwidrigkeit ergibt.
b) Soweit der Mindestunterhalt eines minderjährigen Kindes tituliert ist, kann sich der Gläubiger dabei hinsichtlich des Unterhaltsbedarfs und der -bedürftigkeit des Kindes auf § 1612a BGB berufen; den Schuldner trifft in diesem Fall die sekundäre Darlegungslast hinsichtlich seiner (fehlenden) Leistungsfähigkeit.

OLG Karlsruhe, Beschluß vom 4. Januar 2023 - 18 WF 181/22
FamRZ 2023, 1117 = NZFam 2023, 373 = NJW-Spezial 2023, 214 = ZVI 2023, 155 = ZInsO 2023, 386 = Verbraucherinsolvenz aktuell 2023, 28 = ZAP EN-Nr 74/2023 = InsbürO 2023, 208 [Ls]

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Betreuungsrecht; Zuständigkeit der Gerichte; Abgabe eines Betreuungsverfahrens bei Unterbringung des Betroffenen.
FamFG §§ 4, 5, 273

1. Die zwangsweise Unterbringung eines Betreuten in einer psychiatrischen Klinik von einiger Dauer kann eine Änderung des gewöhnlichen Aufenthalts bewirken, die eine Abgabe eines Betreuungsverfahrens aus wichtigem Grunde rechtfertigt, begründet jedenfalls dann einen gewöhnlichen Aufenthalt, wenn der Betreute keinen anderen Daseinsmittelpunkt als den Ort der zwangsweisen Unterbringung hat.
2. Fehlende Abgabereife eines Betreuungsverfahrens kann dann nicht eingewendet werden, wenn die noch ausstehenden Geschäfte - etwa wegen einer erforderlichen Anhörung - leichter durch das Gericht an dem neuen Aufenthaltsort des Betroffenen wahrgenommen werden können.

OLG Karlsruhe, Beschluß vom 10. Januar 2023 - 19 AR 3/22
FGPrax 2023, 71 = Justiz 2023, 176

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Verfahrensrecht; verfahrensrechtliche Durchsetzung der Kindesanhörung.
FamFG §§ 33, 35

Zu der Erzwingung der Anhörung des Kindes durch das Gericht kommt weder die Festsetzung von Ordnungsmitteln nach § 33 Abs. 3 FamFG, noch die Festsetzung von Zwangsmitteln nach § 35 Abs. 1 FamFG in Betracht (Abgrenzung zu OLG Celle FamRZ 2019, 1875 und KG FamRZ, 2019, 1702).

OLG Karlsruhe, Beschluß vom 11. Januar 2023 - 5 WF 138/22
FamRZ 2023, 544 = NZFam 2023, 173 = FamRB 2023, 147 = MDR 2023, 574 = ZKJ 2023, 189 = Justiz 2023, 160 = FF 2023, 217 [Ls]

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Versorgungsausgleich; schweizerische Rentenanwartschaften im Wertausgleich.
VersAusglG § 19; FamFG § 224; FamGKG § 50

Bei der Prüfung, in welchem Ausmaße schweizerische Rentenanrechte des einen Ehegatten bei der AHV/IV einem Ausgleich inländischer Anrechte des anderen Ehegatten nach § 19 Abs. 3 VersAusglG entgegenstehen, kann eine überschlägige Berechnung auf der Grundlage des Auszugs aus dem individuellen Konto und bei Anwendung der aktuellen Rechengrößen vorgenommen werden.

OLG Karlsruhe, Beschluß vom 16. Januar 2023 - 5 UF 58/22
FamRZ 2023, 1021 = FuR 2023, 285 = NZFam 2023, 620 = JurBüro 2023, 204 = NJW-Spezial 2023, 262

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Erbrecht; rechtliche Stellung des Erben; Annahme und Ausschlagung der Erbschaft, Fürsorge des Nachlaßgerichts; Sicherung des Nachlasses; Begriff »ungewiß« iSd § 1960 Abs. 1 S. 2 BGB; Nachlaßpflegschaft bei Erbunwürdigkeitsverfahren; Ermessensspielraum des Nachlaßpflegers.
BGB § 1960

1. Ein Erbe ist auch dann »ungewiß« im Sinne des § 1960 Abs. 1 S. 2 BGB, wenn zwar alle potentiellen Miterben bekannt sind, hinsichtlich eines Miterben aber die Fortsetzung eines gegen ihn bereits eingeleiteten Verfahrens wegen Erbunwürdigkeit bei noch laufenden strafrechtlichen Ermittlungen wegen einer möglichen Fälschung des Testamentes ernsthaft angekündigt ist.
2. Dem Nachlaßpfleger ist bei Erfüllung der ihm obliegenden Aufgaben ein Ermessensspielraum eröffnet. Er bewegt sich innerhalb des ihm zuzubilligenden Ermessensspielraumes, wenn er sich bei der genehmigungsbedürftigen Veräußerung eines zu dem Nachlaß gehörenden Fahrzeugs hinsichtlich der Ermittlung des Verkaufspreises mit der Einholung eines Kurzgutachtens begnügt.

OLG Karlsruhe, Beschluß vom 16. Januar 2023 - 14 W 112/22 (Wx)
FuR 2023, 257 = NJW-RR 2023, 713 = FGPrax 2023, 83 = ZEV 2023, 310 = NJW-Spezial 2023, 104

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Elterliche Sorge; gerichtliche Maßnahmen bei Gefährdung des Kindeswohles; sorgerechtliche Maßnahmen bei Schulverweigerung.
BGB § 1666

1. Bei einer Weigerung der Eltern, das Kind eine Schule besuchen zu lassen, kommt eine Kindeswohlgefährdung in Betracht, auch wenn die Eltern auf andere Weise für eine hinreichende Wissensvermittlung und sonstige Entwicklung des Kindes sorgen.
2. Allein die Möglichkeit von schulrechtlichen Maßnahmen entbindet das Familiengericht nicht von der Pflicht, bei Schulverweigerung eine Kindeswohlgefährdung zu prüfen.

OLG Karlsruhe, Beschluß vom 25. Januar 2023 - 5 UF 188/22
FuR 2023, 288 = NJW-RR 2023, 363 = NZFam 2023, 269 = FamRZ 2023, 957 [Ls]

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Umgangsrecht; Umgang des Kindes mit den Eltern; Abänderungsverfahren zwecks Reduzierung der vereinbarten Umgangszeiten; keine nachträgliche Änderung der für die frühere Umgangsvereinbarung maßgeblichen Umstände.
BGB § 1696

Keine Verfahrenskostenhilfe für die beabsichtigte Beschwerde gegen einen Beschluß, mit dem das Amtsgericht im Abänderungsverfahren nach § 1696 Abs. 1 BGB eine Reduzierung der vereinbarten Umgangszeiten mangels nachträglicher Änderung der für die frühere Umgangsvereinbarung maßgeblichen Umstände zu Recht abgelehnt hat.

OLG Karlsruhe, Beschluß vom 30. Januar 2023 - 20 UF 7/23

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Ehewohnung und Hausrat; Kostenentscheidung in Ehewohnungssachen.
BGB § 1361b; FamFG §§ § 81, 200

Eine Kostenerstattung ist auch in Ehewohnungssachen nach § 200 Abs. 1 Nr. 1 FamFG nur zurückhaltend anzuordnen, sofern die Wohnungszuweisung nicht auf einer schuldhaften Begehung der in § 1361b Abs. 2 S. 1 BGB genannten Rechtsverletzungen beruht, und insbesondere Belange eines im Haushalt lebenden minderjährigen Kindes für die Zuweisung der Ehewohnung maßgeblich sind.

OLG Karlsruhe, Beschluß vom 1. Februar 2023 - 18 WF 51/21
NZFam 2023, 523

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Verfahrensrecht; Ablehnung von Richtern und Sachverständigen; Verlust des Ablehnungsrechts trotz Anberaumung eines Fortsetzungstermins.
FamFG § 113; ZPO §§ 43, 44

1. Zu den Voraussetzungen eines Einlassens in eine Verhandlung gemäß § 43 ZPO.
2. Zu dem Schluß der mündlichen Verhandlung, bis zu dem spätestens ein bekannter Ablehnungsgrund bei der Anberaumung eines Fortsetzungstermins geltend zu machen ist.

OLG Karlsruhe, Beschluß vom 6. Februar 2023 - 18 UFH 1/23

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Erbrecht; Anfechtung der Erbschaftsausschlagung; Einziehung eines von einem Notar erlassenen Erbscheines; funktionelle Zuständigkeit des Rechtspflegers.
BGB §§ 119, 123, 2361; FamFG §§ 58, 342; RPflG §§ 3, 16, 19, 35

1. Für Verfahren, die Erbscheine und somit auch deren Einziehung betreffen, sind Rechtspfleger zuständig. Etwas anderes gilt nur für die Einziehung von Erbscheinen, die durch einen Richter erteilt wurden, jedoch nicht bei Erlaß durch Nachlaßrichter am Notariat.
2. Die Ausschlagung einer Erbschaft auch über eine Wohnung kann nicht deswegen angefochten werden, weil von einem Vorausvermächtnis hinsichtlich eines Wohnrechts ausgegangen wurde, welches auch bei einer Ausschlagung der Erbschaft verblieben wäre: Dies stellt nur einen unbeachtlichen Motivirrtum dar, keinen Inhaltsirrtum.
3. Fehlvorstellungen darüber, daß die Verbindlichkeiten den Wert der Nachlaßgegenstände übersteigen, begründen nur dann einen zu der Anfechtung berechtigenden Eigenschaftsirrtum, wenn sie auf konkreten unrichtigen Vorstellungen über die Zusammensetzung des Nachlasses hinsichtlich des Bestandes an Aktiva und Passiva beruhen.

OLG Karlsruhe, Beschluß vom 8. Februar 2023 - 11 W 66/21 (Wx)
FGPrax 2023, 131 = Rpfleger 2023, 413 = ZErb 2023, 222 = ErbR 2023, 463 = ZEV 2023, 405 [Ls]

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Erbrecht; Pflichtteilsrecht; Unwirksamkeit der Pflichtteilsentziehung; Verzeihung.
BGB §§ 139, 2078, 2085, 2333, 2337; FamFG § 58

Durch Verzeihung eingetretene Unwirksamkeit der Pflichtteilsentziehung kann nur über § 2085 BGB zu der Unwirksamkeit der Enterbung führen.

OLG Karlsruhe, Beschluß vom 8. Februar 2023 - 11 W 94/21 (Wx)
Rpfleger 2023, 417 = FGPrax 2023, 132 = ErbR 2023, 476 = ZErb 2023, 261 = ZEV 2023, 439

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Verfahrensrecht; Zuständigkeit der Gerichte; Rechtsweg bei Unterlassungsansprüchen zwischen geschiedenen Ehegatten.
ZPO §§ 567 ff; FamFG § 266; GVG § 17a

1. Wird gegen die nach § 17a GVG getroffene Rechtswegentscheidung des Familiengerichts sofortige Beschwerde eingelegt, finden die Vorschriften der §§ 567 ff ZPO entsprechende Anwendung.
2. Zu der Frage des für die Zuständigkeit des Familiengerichts nach § 266 Abs. 1 Nr. 3 FamFG notwendigen Zusammenhangs mit der mit Trennung, Scheidung oder Aufhebung der Ehe, wenn ein Beteiligter seinen geschiedenen Ehegatten auf Unterlassung der Verbreitung bestimmter Behauptungen in Anspruch nimmt.

OLG Karlsruhe, Beschluß vom 9. Februar 2023 - 18 WF 147/22
NZFam 2023, 422 = FamRB 2023, 196 = MDR 2023, 916 = Justiz 2023, 205

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Elterliche Sorge; Rechte des leiblichen, nicht rechtlichen Vaters; Auskunftsanspruch des § 1686a BGB; Fertigung von Kindesfotos; Kostenentscheidung in Verfahren der Freiwilligen Gerichtsbarkeit; Entscheidung nach billigem Ermessen.
BGB §§ 1686, 1686a; FamFG § 81

1. Zu der Befugnis des leiblichen, nicht rechtlichen Vaters, während des Umgangs Fotos von seinem Kind anzufertigen.
2. Maßstäbe für die Kostenentscheidung in Verfahren der Freiwilligen Gerichtsbarkeit nach billigem Ermessen.

OLG Karlsruhe, Beschluß vom 14. Februar 2023 - 2 WF 22/23
FamRZ 2023, 786

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Gewaltschutzrecht; Verfahren zwischen Ehegatten; Kostenentscheidung in einem Gewaltschutzverfahren nach § 1 GewSchG.
GewSchG § 1; FamFG § 81

Zu der Kostenverteilung in einem Gewaltschutzverfahren nach § 1 GewSchG, wenn das Verfahren zwischen Ehegatten geführt wird, und der Anlaß für das Verfahren ein Vorfall bei der Übergabe eines Kindes wegen Durchführung des Umgangsrechts war.

OLG Karlsruhe, Beschluß vom 15. Februar 2023 - 18 WF 3/23
NZFam 2023, 459

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Verfahrensrecht; Zwangsvollstreckung; Festsetzung eines Ordnungsgeldes in einer Kindschaftssache gegen einen Beteiligten ohne Anberaumung eines neuen Termins zur persönlichen Anhörung.
FamFG §§ 33, 34, 160

1. Verhängt das Gericht gegen einen unentschuldigt nicht erschienen Beteiligten gemäß § 33 Abs. 3 FamFG ein Ordnungsgeld, und schließt es sodann das Verfahren in der Hauptsache ohne Anberaumung eines neuen Termins ab, steht der Verfahrensabschluß der Aufrechterhaltung des Ordnungsgeldes dann nicht entgegen, wenn die Hauptsache objektiv nicht entscheidungsreif war, und die von Amts wegen gebotene, erstinstanzlich jedoch unterbliebene Sachaufklärung in zweiter Instanz nachzuholen ist.
2. Das bloße Nichterscheinen eines zu der persönlichen Anhörung ordnungsgemäß geladenen Beteiligten stellt keinen schwerwiegenden Grund im Sinne von § 160 Abs. 3 FamFG dar, weshalb zunächst zu versuchen ist, das persönliche Erscheinen zu einem neu anzuberaumenden Termin mit den Ordnungsmitteln nach § 33 Abs. 3 FamFG durchzusetzen.

OLG Karlsruhe, Beschluß vom 21. Februar 2023 - 18 WF 166/22
NZFam 2023, 706 = FGPrax 2023, 95

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Abstammungsrecht; Vaterschaftsanerkenntnis in Kasachstan; Vereinbarkeit kasachischer Formvorschriften mit dem deutschen ordre public; Gleichstellung der Vaterschaftsanerkennung vor einem kasachischen Notar mit derjenigen vor einem deutschen Notar.
BGB § 1597; PStG § 48; EGBGB Art. 6, Art. 11; BeurkG § 1; RuStAG § 6

1. Eine (hier: kasachische) Formvorschrift, nach der die staatliche Registrierung einer Vaterschaft von einer gemeinsamen Erklärung der Eltern oder einem gerichtlichen Urteil abhängig gemacht wird, ist nicht mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts offensichtlich unvereinbar (Art. 6 EGBGB).
2. Die Beurkundung der Anerkennung der Vaterschaft eines in Deutschland geborenen Kindes durch einen kasachischen Notar ist derjenigen vor einem inländischen Notar nicht ohne weiteres gleichzustellen, weil die für eine ordnungsgemäße Belehrung erforderlichen Kenntnisse des deutschen (Familien-)Rechts nicht unterstellt werden können.

OLG Karlsruhe, Beschluß vom 28. Februar 2023 - 19 W 122/21 (Wx)

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Versorgungsausgleich; Teilhabe an der Hinterbliebenenversorgung gemäß § 25 VersAusglG.
VersAusglG §§ 25, 27, 31

1. Zu den Voraussetzungen und zu der Höhe des Anspruchs auf Teilhabe an der Hinterbliebenenversorgung nach § 25 VersAusglG.
2. In dem Falle der Teilhabe an der Hinterbliebenenversorgung gemäß § 25 VersAusglG soll der überlebende Ehegatte nicht bessergestellt werden als bei der Durchführung des Versorgungsausgleichs. Dies kann durch eine Saldierung der beiderseitigen Anrechte der früheren Ehegatten in entsprechender Anwendung von § 31 Abs. 1 und 2 VersAusglG oder durch eine Herabsetzung des Anspruchs nach § 27 VersAusglG gewährleistet werden.

OLG Karlsruhe, Beschluß vom 8. März 2023 - 18 UF 206/22
NJW-RR 2023, 648 = NZFam 2023, 619 = BetrAV 2023, 433

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Versorgungsausgleich; interne Teilung von Anrechten der privaten Altersvorsorge (hier: bei der SV SparkassenVersicherung Lebensversicherung AG); Gewährleistung gleichwertiger Teilhabe der Ehegatten an den in der Ehezeit erworbenen Anrechten.
VersAusglG §§ 10, 11

1. Zu der internen Teilung von Anrechten der privaten Altersvorsorge bei der SV SparkassenVersicherung Lebensversicherung AG.
2. Eine interne Teilung muß die gleichwertige Teilhabe der Ehegatten an den in der Ehezeit erworbenen Anrechten sicherstellen.
3. Eine gleichwertige Teilhabe des ausgleichsberechtigten Ehegatten ist nur gewährleistet, wenn auf dessen Anrecht die für das auszugleichende Anrecht geltenden Rechnungsgrundlagen Anwendung finden, wenn also im Vergleich zu dem Anrecht der ausgleichspflichtigen Person für die ausgleichsberechtigte Person ein eigenständiges und entsprechend gesichertes Anrecht übertragen wird, ein Anrecht in Höhe des Ausgleichswertes mit vergleichbarer Wertentwicklung entsteht, und der gleiche Risikoschutz gewährt wird.

OLG Karlsruhe, Beschluß vom 9. März 2023 - 5 UF 186/22

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Versorgungsausgleich; Teilung mehrerer Anrechte bei demselben Versorgungsträger mit geringem Ausgleichswert; Kostenverteilung in gerichtlichen Verfahren; Aufhebung der Kosten des Beschwerdeverfahrens zwischen den Ehegatten bei Tragung der eigenen außergerichtlichen Kosten des beschwerdeführenden Versorgungsträgers durch diesen selbst.
VersAusglG § 18; FamFG § 150

1. Zu der Teilung mehrerer Anrechte bei demselben Versorgungsträger mit geringem Ausgleichswert.
2. Die Aufhebung der Kosten des Beschwerdeverfahrens zwischen den Ehegatten bei Tragung der eigenen außergerichtlichen Kosten des beschwerdeführenden Versorgungsträgers durch diesen selbst kann nach § 150 Abs. 1 und 3 FamFG geboten sein, wenn der Beschwerdeführer im Rahmen der Auskunfterteilung in dem erstinstanzlichen Verfahren zwar übersehen hat, daß bei ihm ein weiteres Anrecht besteht, dieses aber von dem betreffenden Ehegatten in dem Fragebogen zum Versorgungsausgleich auch nicht angegeben, und ersichtlich deshalb nicht beauskunftet worden ist.

OLG Karlsruhe, Beschluß vom 16. März 2023 - 20 UF 146/22

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Eheaufhebung; Verschweigen des Vorhandenseins von minderjährigen Kindern; Eheaufhebung und Ehescheidung als identischer Verfahrensgegenstand.
BGB §§ 1314, 1565; FamGKG § 39

1. Das Vorhandensein von Kindern stellt einen gewichtigen Umstand im Rahmen einer Eheschließung dar, dessen Verschweigen nach § 1314 Abs. 2 Nr. 3 BGB zu der Aufhebung der Ehe führen kann, jedenfalls dann, wenn die Kinder noch minderjährig sind.
2. Eheaufhebung und Ehescheidung betreffen denselben Gegenstand im Sinne des § 39 Abs. 1 S. 3 FamGKG, so daß bei hilfsweiser Geltendmachung die Werte nicht zusammenzurechnen sind.

OLG Karlsruhe, Beschluß vom 31. März 2023 - 5 UF 102/22
NJW-Spezial 2023, 356 = ZAP EN-Nr. 309/2023 [Ls]

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Adoptionsrecht; Ersetzung der Einwilligung bei der Volljährigenadoption; vermögensrechtlicher Interessen.
BGB §§ 1749, 1766a, 1767

Bei der Ersetzung der Einwilligung eines Ehegatten zu der Annahme eines volljährigen Kindes durch den anderen Ehegatten können entgegenstehende berechtigte Interessen im Sinne des § 1749 Abs. 1 S. 3 BGB auch vermögensrechtlicher Natur sein.

OLG Karlsruhe, Beschluß vom 14. April 2023 - 5 UF 228/21
NJW-RR 2023, 917

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Umgangsrecht; Umgang des Kindes mit den Eltern; Zwangsvollstreckung; Vollstreckungsvoraussetzung der hinreichenden Bestimmtheit einer Umgangsregelung.
FamFG § 89

1. Für die Vollstreckung muß die gerichtliche Entscheidung einen vollstreckbaren Inhalt aufweisen, insbesondere hinreichend bestimmt sein.
2. Umgangsregelungen müssen so konkret gefaßt sein, daß den Beteiligten ausreichend deutlich wird, welche Pflichten sie zu erfüllen haben. Dafür ist eine genaue und erschöpfende Bestimmung über Art, Ort und Zeit des Umgangs erforderlich, insbesondere auch eine konkrete Uhrzeit.
3. Die mögliche Bestimmbarkeit durch ergänzende Auslegung einer in dem Titel enthaltenen Regelung reicht im förmlichen Vollstreckungsverfahren nicht aus.
4. Eine Umgangsregelung »… von Freitag nach der Schule …« ist jedenfalls für die Tage nicht vollstreckbar, an denen keine Schule stattfindet.

OLG Karlsruhe, Beschluß vom 17. April 2023 - 5 WF 29/23
FamRZ 2023, 1026

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Verfahrensrecht; Zuständigkeit der Gerichte; Aussetzung eines Verfahrens zur Klärung der internationalen Zuständigkeit.
EGV 2201/2003 Art. 1, Art. 19, Art. 20

Derselbe Anspruch im Sinne des Art. 19 Abs. 2 Brüssel IIa-VO liegt nicht vor, wenn das Verfahren in dem einen Staat die elterliche Sorge, und das Verfahren in dem anderen Staat den Umgang betrifft.

OLG Karlsruhe, Beschluß vom 24. April 2023 - 5 UF 174/22

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Verfahrensrecht; Festsetzung des Verfahrenswertes in Beschwerden betreffend Unterhaltssachen.
FamGKG §§ 40, 51

Als Stichtag in § 51 FamGKG zwischen laufendem Unterhalt und Rückstand ist auch in zweiter Instanz auf die ursprüngliche Antragseinreichung abzustellen (Aufgabe von OLG Karlsruhe FamRZ 2016, 162).

OLG Karlsruhe, Beschluß vom 24. April 2023 - 5 UF 195/22
MDR 2023, 940

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Umgangsrecht; Umgang des Kindes mit den Eltern; Aufhebung und Zurückverweisung bei verdeckter Teilentscheidung über die Regelung des Umgangs.
BGB § 1684; FamFG § 69

Hat das Amtsgericht lediglich eine unzulässige - verdeckte - Teilentscheidung über die Regelung des Umgangs getroffen, führt die zulässige Beschwerde eines Beteiligten zur Aufhebung und Zurückverweisung gemäß § 69 Abs. 1 S. 2 FamFG.

OLG Karlsruhe, Beschluß vom 9. Mai 2023 - 20 UF 25/23

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Verfahrensrecht; Zuständigkeit der Gerichte; internationale Zuständigkeit nach LugÜ bei Verfügung über das Vermögen im Ganzen.
BGB §§ 1365, 1368; ZPO § 280; FamFG § 261; VollstrZustÜbk 2007

1. Für die Frage, ob ein geltend gemachter Anspruch eine Zivilsache im Sinne von Art. 1 Abs. 2 LugÜ darstellt oder die ehelichen Güterstände im Sinne von Art. 1 Abs. 2 LugÜ betrifft, oder einen Anspruch, welcher dingliche Rechte an unbeweglichen Sachen im Sinne von Art. 22 Nr. 1 LugÜ zum Gegenstand hat, ist auf den Hauptgegenstand des Anspruchs abzustellen.
2. Ein auf §§ 1365, 1368 BGB gestützter Anspruch auf dingliche Rückabwicklung eines Grundstückschenkungsvertrages bzw. auf Feststellung der Unwirksamkeit des zugrunde liegenden schuldrechtlichen und dinglichen Rechtsgeschäfts ist kein Anspruch aus ehelichen Güterständen im Sinne von Art. 1 Abs. 2 LugÜ, da er nach seinem Hauptgegenstand auf eine zivilrechtliche (konkret dingliche) Rechtsfolge gerichtet ist, bei der die Voraussetzungen des § 1365 BGB lediglich als Vorfrage zu prüfen sind. Dies gilt auch dann, wenn die Vorfrage gemäß § 1365 BGB die wesentliche Streitfrage des Falles darstellt.

OLG Karlsruhe, Beschluß vom 15. Mai 2023 - 5 UF 31/22

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Verfahrensrecht; Zuständigkeit der Gerichte; internationale Zuständigkeit für einstweilige Anordnungen; Mutwilligkeit eines zusätzlichen einstweiligen Anordnungsverfahrens; rechtmäßiger plötzlicher Umzug des betreuenden Elternteils; Antrag des anderen Elternteils auf vorläufigen Obhutswechsel; keine Mutwilligkeit für eine einstweilige Anordnung trotz bereits rechtshängigem Hauptsacheverfahren.
ZPO § 114; EGV 2201/2003 Art. 8; FamFG § 76

1. Die internationale Zuständigkeit in der Hauptsache nach Art. 8 Brüssel IIa-VO umfaßt auch einstweilige Maßnahmen in diesem Zusammenhang. Dies gilt auch dann, wenn Hauptsache und einstweilige Maßnahmen nach nationalem Recht nicht in demselben Verfahren, sondern in gesonderten Verfahren geltend zu machen sind.
2. Bei einem rechtmäßigen plötzlichen Umzug des betreuenden Elternteils kann für den Antrag auf vorläufigen Obhutswechsel des anderen Elternteils Mutwilligkeit nach § 76 Abs. 1 FamFG mit § 114 ZPO auch dann nicht angenommen werden, wenn bereits ein Hauptsacheverfahren läuft.

OLG Karlsruhe, Beschluß vom 26. Mai 2023 - 5 WF 5/23

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Verfahrensrecht; Rechtsmittel; Beschwerdewert bei Verpflichtung zur Auskunft in einem Unterhaltsverfahren.
FamFG § 61; FamGKG § 42

Zu der Bemessung des Beschwerdewertes bei einer Verpflichtung zur Auskunft in einem Unterhaltsverfahren (hier: Nichterreichen des Beschwerdegegenstandes von mehr als 600 € auch bei Erhöhung um das Abwehrinteresse aus einer ungerechtfertigten Zwangsvollstreckung unter Rückgriff auf den Auffangwert in Höhe von 5.000 € nach § 42 Abs. 3 FamGKG).

OLG Karlsruhe, Beschluß vom 26. Mai 2023 - 20 UF 73/23

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Versorgungsausgleich; Versicherungsverlauf; ungeklärte Zeiten; Anordnung von Zwangsmitteln im Versorgungsausgleichsverfahren; notwendiger vollstreckbarer Inhalt für die Anordnung von Zwangsmitteln.
FamFG §§ 35, 220

1. Einem in einem Versorgungsausgleichsverfahren zur Auskunft verpflichteten Ehegatten ist im Hinblick auf ungeklärte Zeiten in dem Versicherungsverlauf aufzugeben, im Einzelnen darzulegen, welche Erwerbstätigkeit er bei welchem Arbeitgeber ausgeübt hat, wann innerhalb der Zeiträume er Leistungen der Arbeitsverwaltung oder Krankengeld bezogen, und welche Ausbildungszeiten er zurückgelegt hat.
2. Die familiengerichtliche Aufforderung zur »Klärung dieser Auskünfte«, verbunden mit der Mitteilung, daß das Versicherungskonto des Ehegatten bei der Deutschen Rentenversicherung für bestimmte Zeiträume Lücken aufweise, hat keinen für die Anordnung von Zwangsmitteln notwendigen vollstreckbaren Inhalt.

OLG Karlsruhe, Beschluß vom 31. Mai 2023 - 20 WF 76/23

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Verfahrensrecht; Rechtsmittel; Erreichen der Wertgrenze des § 61 Abs. 1 FamFG nach Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist in Unterhaltsverfahren.
FamFG §§ 61, 117; ZPO § 522

1. Solange in einem Unterhaltsverfahren die Möglichkeit besteht, einen die Beschwerdesumme unterschreitenden Beschwerdeantrag noch bis zu dem Schluß der mündlichen Verhandlung auf einen die Wertgrenze des § 61 Abs. 1 FamFG übersteigenden Umfang zu erweitern, darf die Beschwerde nicht wegen Nichterreichens der Beschwerdesumme als unzulässig verworfen werden.
2. Nach Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist kann die Erweiterung jedoch nur auf schon in der Beschwerdebegründung angeführte Gründe gestützt werden. Fehlen diese, dann ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen.

OLG Karlsruhe, Beschluß vom 9. Juni 2023 - 20 UF 84/22

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Verfahrensrecht; Festsetzung des Verfahrenswertes Beschwerde und Anschlußbeschwerde in Unterhaltsverfahren nach Rücknahme des Rechtsmittels.
FamGKG §§ 39, 40, 51

Zu dem Verfahrenswert für Beschwerde und Anschlußbeschwerde in Unterhaltsverfahren nach Rücknahme des Rechtsmittels.

OLG Karlsruhe, Beschluß vom 16. Juni 2023 - 20 UF 80/23

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Versorgungsausgleich; Sicherstellung gleichmäßiger Teilhabe beider Ehegatten an der Wertentwicklung zwischen Ehezeitende und Rechtskraft der Ehescheidung; Maßgabenanordnung des Familiengerichts.
VersAusglG § 11

Läßt sich zwar den Berechnungen des Versorgungsträgers, nicht aber den Teilungsregelungen (hier: Versicherungsbedingungen der Tarife des Ausgleichsberechtigten und des Ausgleichspflichtigen) eine gleichmäßige Teilhabe beider Ehegatten an der Wertentwicklung zwischen Ehezeitende und Rechtskraft der Ehescheidung entnehmen, ist diese durch eine entsprechende Maßgabe in der Beschlußformel der familiengerichtlichen Entscheidung sicherzustellen.

OLG Karlsruhe, Beschluß vom 21. Juni 2023 - 20 UF 18/23

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Versorgungsausgleich; Teilanfechtung; nicht ausgleichsreife ausländische Anrechte; Zusammenhang mit inländischen Anrechten; Einbeziehung in die Überprüfung des Beschwerdegerichts.
VersAusglG §§ 14, 15, 18, 19

Betrifft die von dem Versorgungsträger eingelegte Beschwerde ein inländisches Anrecht des einen Ehegatten, vermag der durch § 19 Abs. 3 VersAusglG begründete Zusammenhang zwischen diesem Anrecht und nicht ausgleichsreifen ausländischen Anrechten des anderen Ehegatten keinen die Einbeziehung in die Überprüfung des Beschwerdegerichts gebietenden Zusammenhang zu weiteren inländischen Anwartschaften des erstgenannten Ehegatten zu vermitteln.

OLG Karlsruhe, Beschluß vom 28. Juni 2023 - 18 UF 12/23

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Elterliche Sorge; Ruhen der elterlichen Sorge bei tatsächlichem Hindernis; gerichtliche Feststellung des Wegfalls des Ruhensgrundes nach § 1674 Abs. 2 BGB; Aussetzung der Vollziehung des amtsgerichtlichen Beschlusses.
BGB §§ 1666, 1674; RPflG §§ 3, 14; FamFG § 64

1. Bestehen in dem Verfahren auf Feststellung des Wegfalls des Ruhensgrundes nach § 1674 Abs. 2 BGB konkrete Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Kindeswohlgefährdung bei Wiederaufleben der elterlichen Sorge, dann hat das Familiengericht ein Verfahren nach § 1666 BGB einzuleiten, und die Feststellung des Wiederauflebens der elterlichen Sorge bis zu dessen Abschluß zurückstellen. Ist gemäß § 3 Nr. 2a RPflG der Rechtspfleger befaßt, muß er auf die Einleitung des Verfahrens nach § 1666 BGB hinwirken, und die Feststellung des Wiederauflebens der elterlichen Sorge bis zu dessen Abschluß oder der Ablehnung der Einleitung zurückstellen.
2. Hat das Amtsgericht trotz Vorliegens konkreter Anhaltspunkte für eine Kindeswohlgefährdung durch Endbeschluß festgestellt, daß der Grund des Ruhens der elterlichen Sorge nicht mehr bestehe, so ist auf die dagegen erhobene Beschwerde des Jugendamtes, welches zudem bei dem Amtsgericht die Entziehung der elterlichen Sorge gegenüber der Kindesmutter angeregt hat, nach § 64 Abs. 3 FamFG die Vollziehung des amtsgerichtlichen Beschlusses einstweilen auszusetzen.

OLG Karlsruhe, Beschluß vom 29. Juni 2023 - 20 UF 69/23

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Betreuungsrecht; polizeiliche Durchsuchung der Wohnung eines Betroffenen; Überprüfung des Vorliegens der Voraussetzungen von Maßnahmen nach dem bad-württPsychKHG.
FamFG §§ 283, 284, 322; bad-württPsychKHG §§ 15, 17; GG Art. 13; PolG BW §§ 3, 36

Eine Durchsuchung der Wohnung eines Betroffenen kann nicht nach § 36 PolG BW angeordnet werden, wenn diese darauf abzielt, das Vorliegen der Voraussetzungen von Maßnahmen nach dem bad-württPsychKHG zu überprüfen.

OLG Karlsruhe, Beschluß vom 20. Juli 2023 - 19 W 54/23 (Wx)

Entscheidungen OLG Karlsruhe 2023 - FD-Platzhalter-rund
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