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Entscheidungen OLG München 2023 - FD-Platzhalter-rund

Entscheidungen OLG München 2023


 



Unterhalt unter Verwandten; Anspruch eines minderjährigen Kindes auf Unterhalt; Stufenantrag auf Herabsetzung der Kindesunterhaltsverpflichtung; Auskunftspflicht; Anteilshaftung; Gleichwertigkeitsregel; Darlegungs- und Beweislast

Erbrecht; Geschäftsfähigkeit des Erblassers; Begründung des letzten gewöhnlichen Aufenthalts in einem Pflegeheim; Zuständigkeit der Gerichte; Bestimmung des örtlich zuständigen Nachlaßgerichts

Elterliche Sorge; Entzug der elterlichen Sorge bei körperlicher Züchtigung nach syrischem Heimatrecht

Erbrecht; Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüche; nachträgliche Zweifel des Pflichtteilsberechtigten an seiner Enterbung; Hemmung der Verjährungsfrist aufgrund veränderter rechtlicher Beurteilung der letztwilligen Verfügung durch den Pflichtteilsberechtigten entgegen seiner ursprünglich zutreffenden Beurteilung

Unterhalt unter Verwandten; Anspruch des minderjährigen Kindes auf Unterhalt; Mindestunterhalt; gesteigerte Erwerbsobliegenheit; finanzielle Mehrbelastung aufgrund eines weit über das übliche Maß hinausgehenden Umgangsrecht eines Elternteils; Wegfall oder Ermäßigung der Barunterhaltspflicht eines nicht betreuenden Elternteils

Erbrecht; Erbengemeinschaft; Wille des Erblassers; Dauertestamentsvollstreckung; Abwicklungsvollstreckung; Entlassung des Testamentsvollstreckers wegen erheblicher Pflichtverletzung; Vermietung einer zum Nachlaß gehörenden Immobilie durch den Testamentsvollstrecker ohne Anderkonto

Erbrecht; Begriff »Verfahren« im Sinne des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit und damit auch im Sinne des Gesetzes über Kosten der freiwilligen Gerichtsbarkeit für Gerichte und Notare; Kosten eines Teilerbscheines


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Unterhalt unter Verwandten; Anspruch eines minderjährigen Kindes auf Unterhalt; Stufenantrag auf Herabsetzung der Kindesunterhaltsverpflichtung; Auskunftspflicht; Anteilshaftung; Gleichwertigkeitsregel; Darlegungs- und Beweislast.
BGB §§ 242, 313, 1606; FamFG § 239

1. Eltern eines auch minderjährigen Kindes sind nach § 242 BGB untereinander zu der Auskunft über ihr Einkommen und/oder Vermögen verpflichtet, wenn die Auskunft zu der Feststellung eines Unterhaltsanspruchs oder einer Unterhaltsverpflichtung erforderlich ist.
2. Der ein minderjähriges Kind betreuende Elternteil muß als nachrangig Verpflichteter Auskunft erst dann erteilen, wenn feststeht, daß der vorrangig auf Barunterhalt haftende Unterhaltsschuldner ganz oder teilweise leistungsunfähig ist. Deshalb muß zunächst der barunterhaltspflichtige Elternteil Auskunft über sein Einkommen erteilen, da nur dann über die Ersatzhaftung entschieden werden kann.
3. Die Abänderung einer Vereinbarung ist zulässig, sofern der Antragsteller Tatsachen vorträgt, die die Abänderung rechtfertigen. Hierfür müssen die der Vereinbarung zugrunde liegenden sowie die neuen Verhältnisse, aus denen eine Abänderung gerechtfertigt wäre, dargetan werden. Eine Abänderung scheidet somit aus, wenn die als neu mitgeteilten Verhältnisse bereits in der Vereinbarung berücksichtigt worden sind.

OLG München, Beschluß vom 25. Januar 2023 - 2 UF 813/22
FamRZ 2023, 690 = FuR 2023, 331 = NZFam 2023, 276 = NJW-Spezial 2023, 292

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Erbrecht; Geschäftsfähigkeit des Erblassers; Begründung des letzten gewöhnlichen Aufenthalts in einem Pflegeheim; Zuständigkeit der Gerichte; Bestimmung des örtlich zuständigen Nachlaßgerichts.
FamFG §§ 5, 343; EUV 650/2012 Art. 21

1. Grundsätzlich kann ein Aufenthalt auch in Alten- und Pflegeheimen begründet werden, wenn der Erblasser in dem Zeitpunkt des Einzugs - mindestens - fähig war, einen eigenen Bleibewillen zu bilden.
2. Hat sich der Erblasser bis zu seinem Tode mehr als zehn Jahre in einem Pflegeheim an demselben Ort befunden, dann hat er an diesem Ort auch dann seinen gewöhnlichen Aufenthalt, wenn er während der gesamten Zeit wegen einer geistigen Erkrankung unter Betreuung gestanden, und der Betreuer auch das Aufenthaltsbestimmungsrecht ausgeübt hat.

OLG München, Beschluß vom 9. Februar 2023 - 33 UH 4/23
FuR 2023, 307 = NJW-RR 2023, 583 = Rpfleger 2023, 361 = FGPrax 2023, 85 = ZErb 2023, 186 = ErbR 2023, 482 = MDR 2023, 780 = RNotZ 2023, 343 = NJW-Spezial 2023, 263

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Elterliche Sorge; Entzug der elterlichen Sorge bei körperlicher Züchtigung nach syrischem Heimatrecht.
BGB §§ 1666, 1666a; GG Art. 6

1. Das Elternrecht nach Art. 6 Abs. 2 S. 1 GG garantiert den Eltern das Recht auf Pflege und Erziehung ihrer Kinder. Der Schutz des Elternrechts erstreckt sich auf die wesentlichen Elemente des Sorgerechts.
2. Art. 6 Abs. 3 GG erlaubt eine räumliche Trennung des Kindes von seinen Eltern nur unter der strengen Voraussetzung, daß das elterliche Fehlverhalten ein solches Ausmaß erreicht, daß das Kind bei den Eltern in seinem körperlichen, geistigen oder seelischen Wohl nachhaltig gefährdet wäre. Eine Trennung des Kindes von seinen Eltern darf daher nur unter strikter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit erfolgen.
3. Eine solche Gefährdung des Kindeswohles ist dann anzunehmen, wenn bei dem Kind bereits ein Schaden eingetreten ist, oder sich eine erhebliche Gefährdung mit ziemlicher Sicherheit voraussehen läßt. Bei der Prognose, ob eine solche erhebliche Gefährdung vorauszusehen ist, muß von Verfassungswegen die drohende Schwere der Beeinträchtigung des Kindeswohles berücksichtigt werden.
4. Läßt sich eine erhebliche Gefährdung des Kindes mit ziemlicher Sicherheit voraussehen, dann hängt die verfassungsrechtliche Zulässigkeit eines auf die Trennung des Kindes von den Eltern gerichteten Entzugs des Sorgerechts nach §§ 1666, 1666a BGB von der Verhältnismäßigkeit dieses Eingriffes in das Elternrecht ab. Die Verhältnismäßigkeit im verfassungsrechtlichen Sinn verlangt bei diesem Vorgehen keine weitere, eine höhere Sicherheit des Schadenseintritts erfordernde Prognose; verfassungsrechtlich kommt es vielmehr darauf an, daß der entsprechende Eingriff sich als geeignet, erforderlich und angemessen erweist.
5. Bereits zu dem früheren Recht, als sich das Recht der elterlichen Sorge noch nach der übereinstimmenden Staatsangehörigkeit von Eltern und Kindern richtete, war anerkannt, daß die Ausübung von übermäßiger körperlicher Züchtigung auch dann Maßnahmen gemäß § 1666 BGB, die mit einer Trennung des Kindes von der Familie verbunden sind, rechtfertige, wenn das Heimatrecht des Kindes das Recht der Eltern zu der körperlichen Züchtigung des Kindes umfaßt.

OLG München, Beschluß vom 24. Februar 2023 - 16 UF 963/22
FamRZ 2023, 952-957 = NZFam 2023, 366 = ZKJ 2023, 224

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Erbrecht; Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüche; nachträgliche Zweifel des Pflichtteilsberechtigten an seiner Enterbung; Hemmung der Verjährungsfrist aufgrund veränderter rechtlicher Beurteilung der letztwilligen Verfügung durch den Pflichtteilsberechtigten entgegen seiner ursprünglich zutreffenden Beurteilung.
BGB §§ 195, 199, 2325, 2329

1. Hat eine Verjährungsfrist zu laufen begonnen, dann wird ihr Lauf nicht dadurch gehemmt, daß der Pflichtteilsberechtigte die letztwillige Verfügung entgegen seiner ursprünglich zutreffenden Beurteilung später (unzutreffend) für unwirksam hält.
2. Kommen dem Pflichtteilsberechtigten nachträglich Zweifel an seiner Enterbung, und beantragt er selbst einen Erbschein, dann beeinflußt dies den Lauf der Verjährungsfrist hinsichtlich der Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüche nicht.

OLG München, Beschluß vom 30. März 2023 - 33 U 7507/22

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Unterhalt unter Verwandten; Anspruch des minderjährigen Kindes auf Unterhalt; Mindestunterhalt; gesteigerte Erwerbsobliegenheit; finanzielle Mehrbelastung aufgrund eines weit über das übliche Maß hinausgehenden Umgangsrecht eines Elternteils; Wegfall oder Ermäßigung der Barunterhaltspflicht eines nicht betreuenden Elternteils.
BGB §§ 1603, 1606

1. Aufgrund der gesteigerten Erwerbsobliegenheit gemäß § 1603 Abs. 2 S. 1 BGB ist im Rahmen des zu leistenden Mindestunterhalts neben einer in Vollzeit ausgeübten Tätigkeit auch eine ausgeübte Nebentätigkeit anzurechnen.
2. Dem Umstand, daß mit einem weit über das übliche Maß hinausgehenden Umgangsrecht eines Elternteils eine finanzielle Mehrbelastung verbunden sein kann, kann grundsätzlich dadurch Rechnung getragen werden, daß etwaige Mehraufwendungen des barunterhaltspflichtigen Elternteils berücksichtigt werden.
3. Da den Unterhaltspflichtigen im Rahmen des Mindestunterhalts für die eigenen minderjährigen Kinder gemäß § 1603 Abs. 2 S. 1 BGB eine gesteigerte Erwerbspflicht trifft, wird vorausgesetzt, daß er, sofern er einen erhöhten notwendigen Selbstbehalt geltend macht, vorträgt und nachweist, daß die hierzu führenden Verpflichtungen erheblich und nach den Umständen unvermeidbar sind.
4. Die Barunterhaltspflicht des nicht betreuenden Elternteils kann entfallen oder sich ermäßigen, wenn er zu der Unterhaltszahlung nicht ohne Beeinträchtigung seines eigenen angemessenen Unterhalts in der Lage wäre.

OLG München, Beschluß vom 3. Mai 2023 - 2 UF 1057/22
NJW-Spezial 2023, 453

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Erbrecht; Erbengemeinschaft; Wille des Erblassers; Dauertestamentsvollstreckung; Abwicklungsvollstreckung; Entlassung des Testamentsvollstreckers wegen erheblicher Pflichtverletzung; Vermietung einer zum Nachlaß gehörenden Immobilie durch den Testamentsvollstrecker ohne Anderkonto.
BGB §§ 551, 2205, 2227; ZPO § 747

1. Die Abwicklung des Nachlasses hat bei Abwicklungsvollstreckung mit tunlicher Beschleunigung zu erfolgen (Anschluß an OLG München OLGR 1994, 225). Stellt es der Erblasser dem Testamentsvollstrecker frei, innerhalb welcher Frist eine zum Nachlaß gehörende Immobilie zu veräußern ist, führt diese Anordnung nicht dazu, daß Dauertestamentsvollstreckung angeordnet wäre.
2. Vermietet der Testamentsvollstrecker die zu dem Nachlaß gehörende Immobilie, und trennt er die Mieteinnahmen nicht von seinem persönlichen Vermögen, dann setzt er die Erben dem Risiko aus, daß Eigengläubiger des Testamentsvollstreckers in den ungeteilten Nachlaß vollstrecken können, und damit auf eine Haftungsmasse Zugriff haben, die für Eigenverbindlichkeiten des Testamentsvollstreckers grundsätzlich nicht zur Verfügung steht. Eine derartige Pflichtverletzung rechtfertigt grundsätzlich die Entlassung des Testamentsvollstreckers.
3. Richtet der Testamentsvollstrecker, der die zu dem Nachlaß gehörenden Immobilie vermietet, für die von dem Mieter entrichtete Mietkaution kein separates Konto ein, um diese getrennt von seinem Vermögen zu verwahren, dann handelt es sich um eine erhebliche Pflichtverletzung, die seine Entlassung aus dem Amt des Testamentsvollstreckers rechtfertigen kann.

OLG München, Beschluß vom 25. Mai 2023 - 33 Wx 36/23
NJW-Spezial 2023, 455

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Erbrecht; Begriff »Verfahren« im Sinne des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit und damit auch im Sinne des Gesetzes über Kosten der freiwilligen Gerichtsbarkeit für Gerichte und Notare; Kosten eines Teilerbscheines.
GNotKG § 22; FamFG § 352a

1. Unter den Begriff »Verfahren« im Sinne des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit und damit auch im Sinne des Gesetzes über Kosten der freiwilligen Gerichtsbarkeit für Gerichte und Notare fällt lediglich das konkrete Nachlaßverfahren (Erbscheinserteilung, Erbscheinseinziehung, Ernennung eines Testamentsvollstreckers etc.), nicht das gesamte Nachlaßverfahren nach dem Tode einer Person als Ganzes: Jedes dieser Verfahren ist selbständig, und hat grundsätzlich ein eigenes Schicksal.
2. Unter Berücksichtigung und Übertragung dieser Grundsätze auf § 22 GNotKG meint »gerichtliches Verfahren« damit stets das konkrete Erbscheinserteilungsverfahren, und mithin das jeweilige Verfahren, das durch den Erbscheinsantrag eingeleitet wurde. Nur bezogen auf diesen Antrag können einem Beteiligten Kosten nach dem Grundsatz auferlegt werden, daß derjenige, der ein Verfahren beantragt hat, insoweit als Kostenschuldner herangezogen werden kann.
3. In Erbscheinsverfahren ist der Antragsteller gemäß § 22 Abs. 1 GNotKG Kostenschuldner, da es sich um ein Verfahren handelt, das nur auf Antrag eingeleitet wird. Wird die Erteilung eines gemeinschaftlichen Erbscheines (§ 352a FamFG) oder eines Teilerbscheines von allen Miterben beantragt, dann haften auch alle Erben als echte Mitschuldner. Wird der Antrag hingegen nicht von allen gestellt, haften nur die antragstellenden Miterben. Miterben, die keinen Antrag gestellt haben, können nicht als Kostenschuldner herangezogen werden.

OLG München, Beschluß vom 24. Juli 2023 - 11 W 768/23

Entscheidungen OLG München 2023 - FD-Platzhalter-rund
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