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Entscheidungen OLG Braunschweig 2023 - FD-Platzhalter-rund

Entscheidungen OLG Braunschweig 2023


 




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Erbrecht; Nachlaßpflegschaft; telefonische Bestellung eines Nachlaßpflegers.
BGB §§ 1789, 1836, 1861, 1888, 1915; FamFG §§ 15, 63; ZPO § 184

1. Die Bestellung eines berufsmäßigen Nachlaßpflegers gemäß § 1789 BGB in der bis zum 31. Dezember 2022 geltenden Fassung kann ausnahmsweise auch dann wirksam sein, wenn die persönliche Verpflichtung des Bestellten nicht in dessen Anwesenheit, sondern lediglich telefonisch erfolgt ist (Abgrenzung zu BGH NJW-RR 2018, 325, 326, und FamRZ 2020, 601 = FuR 2020, 303).
2. Der Einwand der mangelhaften Geschäftsführung ist bei der Bewilligung der Vergütung eines Nachlaßpflegers grundsätzlich nicht zu berücksichtigen (im Anschluß an OLG Hamm NLPrax 2020, 79, und OLG Schleswig FamRZ 2012, 143). Etwas anderes gilt nur bei einer bereits in dem Festsetzungsverfahren - etwa aufgrund eines Geständnisses - feststehenden gewichtigen und zumindest leichtfertigen Pflichtverletzung, die in ihrer Schwere mit einer vorsätzlichen Schädigung des Nachlaßvermögens zumindest vergleichbar ist (Abgrenzung zu OLG Frankfurt FGPrax 2019, 134).

OLG Braunschweig, Beschluß vom 1. Februar 2023 - 3 W 885/22
NZFam 2023, 671 = MDR 2023, 918 = ErbR 2023, 413 [Ls]

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Vormundschaft und Pflegschaft; Auswahl eines Vormundes; Beschwerdebefugnis eines nicht sorgeberechtigten Elternteils gegen die Auswahl.
BGB §§ 1778, 1779, 1782; FamFG § 59; GG Art. 6

1. Ein nicht sorgeberechtigter Elternteil ist jedenfalls dann zu der Beschwerde gegen die Auswahl und Bestellung eines Vormundes berechtigt, wenn seinem bereits in dem Vorfeld des vorangegangenen Sorgerechtsentzugs unterbreiteten Vorschlag der Bestellung eines nahen Verwandten nicht gefolgt wurde.
2. Gemäß § 1778 Abs. 2 Nr. 2 BGB ist bei der Vormundsauswahl auch der Wille eines nicht sorgeberechtigten Elternteils mit zu berücksichtigen.
3. Im Rahmen der Auswahl des Vormundes spielt der Kontinuitätsgrundsatz insbesondere dann eine gewichtige Rolle, wenn das Mündel bereits mehrere Beziehungsabbrüche erlebt hat; zudem kann auch der Gesichtspunkt der Verhinderung einer Verunsicherung des Mündels durch widersprüchliche Darstellungen über den Grund der Inhaftierung seines Vaters zu berücksichtigen sein.

OLG Braunschweig, Beschluß vom 17. März 2023 - 1 UF 2/23
FamRZ 2023, 1028 = FF 2023, 216 [Ls]

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Prozeßkosten-/Verfahrenskostenhilfe; angemessene besondere Belastung beim einzusetzenden Einkommen; einkommensmindernde Berücksichtigung von Rundfunkgebühren.
ZPO § 115; FamFG § 113; SGB XII § 27a

Rundfunkgebühren sind bei der Ermittlung des einzusetzenden Einkommens als angemessene besondere Belastungen nach § 115 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 ZPO in Abzug zu bringen.

OLG Braunschweig, Beschluß vom 23. März 2023 - 2 WF 27/23
FuR 2023, 393 = NZFam 2023, 714 = AGS 2023, 273 = MDR 2023, 940

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Familiensteuerrecht; Auskehrung des Kindergeldes; kein Anspruch des volljährigen Kindes bei fehlender Bedürftigkeit.
BGB §§ 242, 1602, 1612b; EStG §§ 31, 74; SGB II § 11; SGB XII § 82

1. Besteht wegen fehlender Bedürftigkeit kein Unterhaltsanspruch eines volljährigen Kindes gegen seine Eltern, so steht diesem auch kein unterhaltsrechtlicher Anspruch auf Auskehrung des von den Eltern bezogenen Kindergeldes zu.
2. Die einschlägigen steuer- und sozialrechtlichen Regelungen legen es nahe, daß das Kindergeld bei fehlender Bedürftigkeit des Kindes auch familienrechtlich den Eltern zusteht, so daß keine Grundlage für einen aus § 242 BGB hergeleiteten Auskehrungsanspruch ersichtlich ist.

OLG Braunschweig, Beschluß vom 25. April 2023 - 1 UF 13/23
ZAP EN-Nr. 409/2023 [Ls]

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Versorgungsausgleich; Anrechte auf Grundrentenzuschlag; Geringfügigkeitsprüfung.
VersAusglG §§ 2, 18, 19; SGB VI §§ 76g, 97a

1. Im Rahmen der Ermessensentscheidung nach § 18 Abs. 2 VersAusglG ist der mit der Teilung von Anrechten auf Grundrentenzuschlag verbundene Verwaltungsaufwand in Folge der dadurch veranlaßten jährlichen Prüfung der Einkommensanrechnung nach § 97a Abs. 6 SGB VI regelmäßig als nicht unerheblich zu gewichten.
2. Kommt hinzu, daß die wirtschaftliche Bedeutung des Ausgleichs für den Ausgleichsberechtigten in dem konkreten Fall als gering einzuschätzen ist, und der Halbteilungsgrundsatz aufgrund eines vereinbarten Teilverzichts auf den Versorgungsausgleich ohnehin nicht vollständig umgesetzt wird, dann kann der Aspekt der Verwaltungseffizienz den Ausschlag gegen einen Ausgleich geben.

OLG Braunschweig, Beschluß vom 25. Mai 2023 - 1 UF 38/23

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Versorgungsausgleich; Anrechte auf Grundrentenzuschlag; Geringfügigkeitsprüfung.
VersAusglG §§ 2, 18, 19; SGB VI §§ 76g, 97a

1. Im Rahmen der Ermessensentscheidung nach § 18 Abs. 2 VersAusglG ist der mit der Teilung von Anrechten auf Grundrentenzuschlag verbundene Verwaltungsaufwand in Folge der dadurch veranlaßten jährlichen Prüfung der Einkommensanrechnung nach § 97a Abs. 6 SGB VI regelmäßig als nicht unerheblich zu gewichten.
2. Auf der anderen Seite ist die wirtschaftliche Bedeutung des Ausgleichs für den Ausgleichsberechtigten zu beachten, die insbesondere bei beengten finanziellen Verhältnissen und einem wirtschaftlich nicht völlig bedeutungslosen Ausgleichswert den Ausschlag für den Ausgleich geben kann.

OLG Braunschweig, Beschluß vom 5. Juni 2023 - 1 UF 25/23

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Kosten und Gebühren; Rechtsanwaltsgebühren; Voraussetzungen für die Entstehung einer Einigungsgebühr in Sorgerechtsverfahren.
FamFG § 81; RVG § 56; RVG-VV Nr. 1000, Nr. 1003

Eine Einigung im kostenrechtlichen Sinne liegt vor, wenn die Eltern in einem sorgerechtlichen Verfahren übereinstimmende Erledigungserklärungen abgeben, nachdem sie sich zuvor darüber verständigt haben, daß dem einen Elternteil eine umfassende Sorgerechtsvollmacht erteilt werden, und es deshalb bei der gemeinsamen elterlichen Sorge verbleiben soll.

OLG Braunschweig, Beschluß vom 19. Juni 2023 - 1 WF 65/23

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Verfahrensrecht; Nachholung der Beschwerdezulassung durch das Beschwerdegericht; Erstattungsfähigkeit von Dolmetscherkosten des Verfahrensbeistandes.
FamFG §§ 58, 61, 158c, 292; GG Art. 3; JVEG § 1; RPflG § 11; ZPO § 567

1. Ist erkennbar, daß das erstinstanzliche Gericht irrtümlich von der Statthaftigkeit eines zulassungsfreien Rechtsmittels ausgegangen ist, so ist die Entscheidung über das Vorliegen eines Zulassungsgrundes durch das Beschwerdegericht nachzuholen.
2. Die Kosten für die Hinzuziehung eines Dolmetschers sind dem Verfahrensbeistand neben der Vergütungspauschale zu erstatten, wenn die Hinzuziehung zu der Verständigung mit der Familie und damit zu der Sicherung eines rechtsstaatlichen Verfahrens erforderlich war, und das Gericht dem Verfahrensbeistand daher die Dolmetscherhinzuziehung vorab ausdrücklich gestattet hatte. § 158c Abs. 1 S. 3 FamFG steht dem bei verfassungskonformer Auslegung nicht entgegen.

OLG Braunschweig, Beschluß vom 20. Juni 2023 - 1 WF 61/23

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Prozeßkosten-/Verfahrenskostenhilfe; abschlägige Bescheidung eines Verfahrenskostenhilfeantrages fünf Tage vor dem Termin; dadurch bedingte fehlende anwaltliche Vertretung in einer Familienstreitsache; keine schuldhafte Säumnis.
ZPO §§ 114 ff, 514, 538

Wird ein rechtzeitig vor dem Termin gestellter Verfahrenskostenhilfeantrag eines Antragsgegners in einer Familienstreitsache erst so knapp vor dem Termin abschlägig beschieden, daß es bei einem gewöhnlichen Lauf der Dinge einem sorgsam handelnden Rechtssuchenden nicht möglich ist, sich angemessen zu verteidigen, so ist der anberaumte Termin zu vertagen.

OLG Braunschweig, Beschluß vom 23. Juni 2023 - 1 UF 165/22

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Verfahrensrecht; Festsetzung des Verfahrenswertes einer Ehescheidung; Berücksichtigung des Vermögens beim Wert der Scheidung; Freibeträge.
FamGKG § 43

1. Für den Wert der Scheidung ist dem aus den Einkünften folgenden Wert ein Anteil von 5% des um Schulden und Freibeträge bereinigten Vermögens der Eheleute hinzuzurechnen.
2. Die Freibeträge werden für jeden Ehegatten in Höhe von 60.000 € und für jedes gemeinsame Kind, das noch nicht wirtschaftlich verselbständigt ist, in Höhe von 30.000 € angesetzt. Ein Kind ist regelmäßig noch nicht wirtschaftlich verselbständigt, wenn es noch im Kindergeldbezug steht.

OLG Braunschweig, Beschluß vom 17. Juli 2023 - 1 WF 41/23

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