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Rechtsprechung Bundesgerichtshof 11/2021 - FD-Platzhalter-rund

Rechtsprechung Bundesgerichtshof 11/2021


 



Betreuungsrecht; Betreuungssache; Vorführung des Betroffenen zur persönlichen Anhörung im Verfahren zur Einrichtung einer Betreuung; Unverhältnismäßigkeit der Vorführung.
FamFG §§ 26, 34, 278

1. Bei der persönlichen Anhörung des Betroffenen im Verfahren zur Einrichtung einer Betreuung darf das Betreuungsgericht grundsätzlich nur dann nach § 34 Abs. 3 FamFG verfahren, wenn alle zwanglosen Möglichkeiten, den Betroffenen anzuhören und sich von ihm einen persönlichen Eindruck zu verschaffen, vergeblich ausgeschöpft sind, und die gemäß § 278 Abs. 5 bis 7 FamFG zu Gebote stehende Vorführung des Betroffenen unverhältnismäßig ist (im Anschluß an den Senatsbeschluß vom 24. Februar 2021 - XII ZB 503/20 - FamRZ 2021, 795 = FuR 2021, 375).
2. Bei der Frage, ob die Vorführung des Betroffenen und deren zwangsweise Vollziehung ausnahmsweise unverhältnismäßig sind, ist insbesondere die Bedeutung des Verfahrensgegenstands in den Blick zu nehmen (im Anschluß an den Senatsbeschluß vom 12. Oktober 2016 - XII ZB 246/16 - FamRZ 2017, 142 = FuR 2017, 83).

BGH, Beschluß vom 3. November 2021 - XII ZB 215/21 - LG Berlin [83 T 122/19]
FamRZ 2022, 379 = FuR 2022, 148 = NZFam 2022, 280 = FamRB 2022, 106 = MDR 2022, 328 = Seniorenrecht aktuell 2022, 41 = FF 2022, 128 [Ls]


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Verfahrensrecht; Zuständigkeit der Gerichte für die Überprüfung von Infektionsschutzmaßnahmen an Schulen; unterlassene Vorabentscheidung bei Rüge der Zulässigkeit des Rechtsweges; Übergabe des Beschlusses an die Geschäftsstelle; ausschließliche Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte für Maßnahme gegenüber schulischen Behörden; Verweisung an das Verwaltungsgericht.
BGB § 1666; FamFG §§ 38, 151; GVG § 17a; VwGO § 40

1. Unterläßt das erstinstanzliche Gericht eine nach § 17a Abs. 3 S. 2 GVG gebotene Vorabentscheidung, dann kann die Rechtswegzuständigkeit noch im Rahmen eines Rechtsmittels gegen die Sachentscheidung geprüft werden (im Anschluß an BGH, Urteil vom 25. Februar 1993 - III ZR 9/92 - BGHZ 121, 367 = NJW 1993, 1799). Daneben kann die Entscheidung nach dem Grundsatz der Meistbegünstigung auch mit der sofortigen Beschwerde angefochten werden (im Anschluß an BAG, Beschluß vom 15. April 1993 - 2 AZB 32/92 - NJW 1993, 2458).
2. Die Übergabe des Beschlusses an die Geschäftsstelle als Voraussetzung für dessen Erlaß setzt eine Empfangnahme durch den Urkundsbeamten voraus.
3. Für Maßnahmen gegenüber schulischen Behörden (hier: mit dem Ziel der Unterlassung schulinterner Infektionsschutzmaßnahmen) ist der Rechtsweg zu den Familiengerichten im Verfahren nach § 1666 Abs. 1 und 4 BGB nicht eröffnet; zuständig sind ausschließlich die Verwaltungsgerichte (im Anschluß an den Senatsbeschluß vom 6. Oktober 2021 - XII ARZ 35/21 - FamRZ 2021, 1884).
4. Eine Verweisung des Verfahrens an das Verwaltungsgericht kommt wegen unüberwindbar verschiedener Prozeßmaximen beider Verfahrensordnungen nicht in Betracht (im Anschluß an den Senatsbeschluß vom 6. Oktober 2021 - XII ARZ 35/21 - FamRZ 2021, 1884.

BGH, Beschluß vom 3. November 2021 - XII ZB 289/21 - OLG Thüringen [1 UF 136/21]
FamRZ 2022, 189 = FuR 2022, 155 = NJW-RR 2022, 217 = FF 2022, 68 = NZFam 2022, 63 = FamRB 2022, 54 = MDR 2022, 262 = ZKJ 2022, 101


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Verfahrensrecht; Rechtsmittel; Berufungsverfahren; Wert des Beschwerdegegenstandes bei erstmalig in der Berufungsinstanz erhobener Widerklage.
ZPO §§ 3, 511

Eine erstmalig in der Berufungsinstanz erhobene Widerklage erhöht nicht den Wert des Beschwerdegegenstandes der Berufung des Beklagten (Fortführung von BGH, Beschluß vom 19. März 2009 - IX ZB 152/08 - NJW-RR 2009, 853 Tz. 8 f).

BGH, Beschluß vom 9. November 2021 - VI ZB 45/21 - OLG Dresden [1 U 292/20]

file:///C:/Users/mk/Downloads/1%20U%20292.20_20.04.2021.pdf

VersR 2022, 263 = FamRZ 2022, 201 [Ls] = FA 2022, 26 [Ls] = ErbR 2022, 272 [Ls]


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Erbrecht; Wirksamkeit einer Erbeinsetzung in einem eigenhändigen Testament bei individualisierender Bestimmung der Erben erst durch Bezugnahme auf eine nicht die Testamentsform wahrende Anlage.
BGB §§ 125, 2247, 2267

1. Zu der Unwirksamkeit einer Erbeinsetzung, wenn die Erben in einem eigenhändigen Testament erst durch Bezugnahme auf eine nicht die Testamentsform wahrende Anlage individualisierbar bestimmt werden.
2. Werden die konkreten Erben in einem eigenhändigen Testament erst durch die Bezugnahme auf eine nicht die Testamentsform wahrende Anlage und nicht bereits allein durch den Wortlaut des Testaments individualisierbar bestimmt, dann liegt eine wirksame Erbeinsetzung insgesamt nicht vor.

BGH, Beschluß vom 10. November 2021 - IV ZB 30/20 - OLG Frankfurt [20 W 79/19]
FamRZ 2022, 386 = NJW 2022, 474 = NZFam 2022, 140 = FamRB 2022, 108 = MDR 2022, 249 = FGPrax 2022, 30 = Rpfleger 2022, 133 = ZErb 2022, 111 = ZEV 2022, 143 = DNotI-Report 2022, 21 = JuS 2022, 273 = NotBZ 2022, 136


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Verfahrensrecht; Rechtsmittel; Beschwerdewert bei Verpflichtung zur Belegvorlage mit Pflicht zur Beschaffung von Unterlagen aus dem Besitz eines nicht zur Herausgabe bereiten Dritten.
ZPO §§ 3, 511; FamFG §§ 61, 113

Ist ein Beteiligter zur Belegvorlage verpflichtet worden, und umfaßt diese Verpflichtung die Beschaffung von Unterlagen aus dem Besitz eines Dritten, dann ist im Rahmen der Beschwer der Kostenaufwand für eine entsprechende Rechtsverfolgung nur dann zu berücksichtigen, wenn substantiiert dargelegt und glaubhaft gemacht worden ist, daß der Dritte nicht zur Herausgabe bereit ist, und die Unterlagen nicht anderweitig beschafft werden können.

BGH, Beschluß vom 10. November 2021 - XII ZB 350/20 - OLG Thüringen [3 UF 113/20]
FamRZ 2022, 468 = FuR 2022, 143 = NZFam 2022, 123 = FamRB 2022, 103 = FF 2022, 118 = MDR 2022, 187 = FF 2022, 86 [Ls]


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Notarrecht; Befreiung eines Notars von der Pflicht zur Verschwiegenheit durch die Aufsichtsbehörde anstelle eines verstorbenen Beteiligten.
BNotO § 18; VwGO §§ 43, 124, 124a

Zu der Befreiung eines Notars von der Pflicht zur Verschwiegenheit durch die Aufsichtsbehörde anstelle eines verstorbenen Beteiligten gemäß § 18 Abs. 2 Hs. 2 BNotO.

BGH, Beschluß vom 15. November 2021 - NotZ (Brfg) 3/21 - OLG Thüringen [1 Not 1/21]
FamRZ 2022, 488 = MDR 2022, 400 = BWNotZ 2022, 17


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Haftung des Rechtsanwalts; Verletzung anwaltlicher Sorgfaltspflichten; Organisationswesen; Fristenkontrolle; Antrag auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist ohne Angabe eines Grundes für die Notwendigkeit der Fristverlängerung; Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.
ZPO §§ 85, 233, 520

Der Berufungsführer kann sich in einem Wiedereinsetzungsverfahren nicht mit Erfolg auf sein Vertrauen in die Gewährung einer (erstmaligen) Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist berufen, wenn sein Prozeßbevollmächtigter in dem (nicht auf die Einwilligung des Gegners gestützten) Fristverlängerungsantrag keinen Grund für die Notwendigkeit der Fristverlängerung angegeben hat; vielmehr muß der Prozeßbevollmächtigte des Berufungsführers in einem solchen Falle damit rechnen, daß der Vorsitzende des Berufungsgerichts in einem nicht mit erheblichen Gesichtspunkten begründeten Antrag auf Verlängerung der Frist eine Verzögerung des Rechtsstreits sehen, und das Gesuch deshalb ablehnen werde (im Anschluß an den Senatsbeschluß vom 7. Oktober 1992 - VIII ZB 28/92 - NJW 1993, 134 unter 2. a); an BGH, Beschlüsse vom 18. Juli 2007 - IV ZR 132/06 - FamRZ 2007, 1808 Tz. 7, und vom 20. August 2019 - X ZB 13/18 - NJW-RR 2019, 1392 Tz. 12).

BGH, Beschluß vom 16. November 2021 - VIII ZB 70/20 - OLG Hamm [I-2 U 193/20]
NJW-RR 2022, 201 = NZFam 2022, 182 = MDR 2022, 184 [349] = NJ 2022, 124 = IBR 2022, 102 = FamRZ 2022, 369 [Ls] = AnwBl 2022, 173 [Ls]


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Abstammungsrecht; Klärung der leiblichen Abstammung; Anspruch auf Einwilligung in eine genetische Untersuchung bei einem bereits vorliegenden Abstammungsgutachten.
BGB § 1598a

Für die Frage, ob es bei einem bereits vorliegenden Abstammungsgutachten an einer den Anspruch aus § 1598a BGB ausschließenden ausreichend sicheren naturwissenschaftlichen Klärung fehlt, sind formale Kriterien der Gutachtenserstattung wie etwa die Akkreditierung des Labors nur maßgeblich, wenn ihre Nichterfüllung der Begutachtung die Verläßlichkeit nimmt und daher einer objektiven Gewißheit der Abstammung entgegensteht.

BGH, Beschluß vom 17. November 2021 - XII ZB 117/21 - OLG Karlsruhe [2 UF 179/16]
FamRZ 2022, 459 = FuR 2022, 224 = NJW 2022, 878 = NZFam 2022, 164 = FamRB 2022, 149 = MDR 2022, 373 = FF 2022, 128 [Ls]


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Versorgungsausgleich; Abänderungsverfahren nach dem Tode eines Ehegatten; Prüfung der Auswirkung der Abänderung zugunsten eines Ehegatten oder Hinterbliebenen anhand einer Gesamtbetrachtung des Ausgleichsergebnisses.
VersAusglG §§ 31, 51, 225

1. Für den Einstieg in das Abänderungsverfahren gemäß § 51 VersAusglG nach dem Tode eines Ehegatten muß sich der überlebende, insgesamt ausgleichspflichtige Ehegatte grundsätzlich auf eine wesentliche, ihn oder einen Hinterbliebenen begünstigende Wertänderung eines in den Versorgungsausgleich einbezogenen Anrechts berufen (im Anschluß an den Senatsbeschluß vom 5. Februar 2020 - XII ZB 147/18 - FamRZ 2020, 743 = FuR 2020, 582).
2. Die Prüfung, ob sich die Abänderung zugunsten eines Ehegatten oder Hinterbliebenen auswirkt, ist anhand einer Gesamtbetrachtung des Ausgleichsergebnisses vorzunehmen, das sich hypothetisch im Falle einer Totalrevision ohne Anwendung von § 31 Abs. 1 S. 2 VersAusglG ergeben hätte (Fortführung des Senatsbeschlusses vom 5. Februar 2020 - XII ZB 147/18 - FamRZ 2020, 743 = FuR 2020, 582).

BGH, Beschluß vom 17. November 2021 - XII ZB 375/21 - OLG Stuttgart [16 UF 55/21]
FamRZ 2022, 258 = FuR 2022, 216 = NJW-RR 2022, 291 = NZFam 2022, 66 = FamRB 2022, 96 = BetrAV 2022, 54 = MDR 2022, 247 = FF 2022, 86 [Ls]


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Erbrecht; eigenhändiges Testament; Einwand der Testierunfähigkeit des Erblassers; Voraussetzungen für die Annahme einer die Testierfähigkeit ausschließenden Lese- bzw. Schreibunfähigkeit; Darlegungs- und Beweislast.
BGB § 2247

1. Gemäß § 2247 Abs. 4 BGB kann derjenige, der Geschriebenes nicht zu lesen vermag, kein eigenhändiges Testament errichten.
2. Die Darlegungs- und Beweislast für die mangelnde Lesefähigkeit des Erblassers trägt grundsätzlich derjenige, der sich auf diesen Einwand der mangelnden Testierfähigkeit beruft.
3. Kann die Beweisaufnahme keine Klarheit hierüber erbringen, so ist von dem Regelfall auszugehen, nämlich der Lesefähigkeit des Testierenden.

BGH, Beschluß vom 24. November 2021 - IV ZR 132/21 - OLG München [33 U 6447/20]
ZEV 2022, 19 = ZErb 2022, 61 = ZAP EN-Nr. 54/2022


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Wirkungen der Ehe im Allgemeinen; eheliche Lebensgemeinschaft; Anspruch auf Unterrichtung über vermögensrechtliche Belange mit dem Scheitern der Ehe; endgültiges Scheitern der Ehe vor Ablauf des Trennungsjahres; Darlegungs- und Beweislast.
BGB §§ 1353, 1385, 1386, 1565, 1566

1. Der aus § 1353 Abs. 1 S. 2 BGB hergeleitete Anspruch auf Unterrichtung über vermögensrechtliche Belange, dessen beharrliche und grundlose Nichterfüllung mit der vorzeitigen Beendigung der Zugewinngemeinschaft nach §§ 1385 Nr. 4, 1386 BGB sanktioniert werden kann, endet entsprechend § 1353 Abs. 2 BGB mit dem Scheitern der Ehe (im Anschluß an die Senatsbeschlüsse vom 15. August 2012 - XII ZR 80/11 - BGHZ 194, 245 = FamRZ 2012, 1785 = FuR 2012, 658, und vom 17. September 2014 - XII ZB 604/13 - FamRZ 2015, 32 = FuR 2015, 109).
2. Ob die Ehe im Sinne der §§ 1353 Abs. 2, 1565 Abs. 1 S. 2 BGB gescheitert ist, muß - wenn nicht die gesetzlichen Zerrüttungsvermutungen des § 1566 BGB eingreifen - als tatrichterliche Prognose unter Würdigung aller Umstände entschieden werden. Leben die Ehegatten getrennt, rechtfertigt der Nichtablauf des Trennungsjahres für sich genommen noch nicht den Schluß, daß die Ehe noch nicht endgültig gescheitert sei, und der Unterrichtungsanspruch weiterhin geltend gemacht werden könne.
3. Der Schuldner des Unterrichtungsanspruchs ist für die Umstände, aus denen auf das Scheitern der Ehe geschlossen werden soll, darlegungs- und beweispflichtig.

BGH, Beschluß vom 24. November 2021 - XII ZB 253/20 - OLG Köln [II-10 UF 205/19]
NJW 2022, 944 = NZFam 2022, 313 = FF 2022, 163


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Betreuungsrecht; Betreuungssache; Erforderlichkeit einer erneuten Anhörung des Betroffenen im Beschwerdeverfahren.
FamFG §§ 68, 278

Zieht das Beschwerdegericht in einer Betreuungssache für seine Entscheidung mit einem neuen oder ergänzenden Sachverständigengutachten eine neue Tatsachengrundlage heran, die nach der amtsgerichtlichen Anhörung datiert, so ist eine erneute Anhörung des Betroffenen geboten (im Anschluß an den Senatsbeschluß vom [http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&nr=119431&pos=0&anz=1]12. Mai 2021 - XII ZB 427/20[/link] - FamRZ 2021, 1312 = FuR 2021, 494).

BGH, Beschluß vom 24. November 2021 - XII ZB 269/21 - LG Itzehoe [4 T 23/21]
NZFam 2022, 235 = Seniorenrecht aktuell 2022, 61 = FamRZ 2022, 380 [Ls]


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Unterbringungsrecht; Unterbringungssache; Pflicht des behandelnden Arztes zur Unterrichtung des Betroffenen über seine Bestellung zum Sachverständigen und zur gesonderten Untersuchung.
FamFG § 321

Wird der behandelnde Arzt in einem Unterbringungsverfahren zum Sachverständigen bestellt, muß dieser dem Betroffenen deutlich zu erkennen geben, daß er von seiner Bestellung an (auch) als Gutachter für das Gericht tätig sein wird. In dieser Funktion muß er den Betroffenen gesondert untersuchen, und darf sich für sein Gutachten nicht darauf beschränken, die aus der bisherigen Tätigkeit als behandelnder Arzt gewonnenen Erkenntnisse zu verwerten (im Anschluß an den Senatsbeschluß vom 5. Februar 2020 - XII ZB 252/19 - FamRZ 2020, 784 = FuR 2020, 426).

BGH, Beschluß vom 24. November 2021 - XII ZB 335/21 - LG Mannheim [4 T 102/21]
FamRZ 2022, 304 = FuR 2022, 150 = NJW-RR 2022, 219 = NZFam 2022, 84 = Seniorenrecht aktuell 2022, 21 = SuP 2022, 126 = Rpfleger 2022, 188 [Ls]


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Versorgungsausgleich; Versorgungsausgleichssache; Zulässigkeit einer erneuten Totalrevision im Abänderungsverfahren; Abänderung einer Härtefallregelung.
VersAusglG §§ 27, 31, 32, 51; FamFG §§ 225, 226

1. Wurde eine nach früherem Recht ergangene Entscheidung über den Versorgungsausgleich bereits in einem Abänderungsverfahren einer Totalrevision nach § 51 VersAusglG unterzogen, steht für eine weitere Abänderung nicht mehr eine erneute Totalrevision nach § 51 VersAusglG offen, sondern nur noch das Verfahren der Abänderung in Bezug auf einzelne Anrechte gemäß § 225 FamFG in Verbindung mit § 32 VersAusglG.
2. Die Abänderung einer nach § 27 VersAusglG ergangenen Härtefallregelung aufgrund einer späteren Änderung der zugrunde gelegten Umstände des Einzelfalles ohne einhergehende Wertänderung des Anrechts gemäß § 225 FamFG in Verbindung mit § 32 VersAusglG sieht das Gesetz nicht vor (Fortführung des Senatsbeschlusses vom 15. März 1989 - IVb ZB 183/87 - FamRZ 1989, 725 = EzFamR VAHRG § 10a Nr. 9 = BGHF 6, 815, und BGH, Beschluß vom 2. Oktober 1996 - XII ZB 96/93 - BGHZ 133, 344 = FamRZ 1996, 1540 = EzFamR BGB § 1587c Nr. 27 = BGHF 10, 406).

BGH, Beschluß vom 24. November 2021 - XII ZB 359/21 - OLG Stuttgart [11 UF 77/20]
FamRZ 2022, 262 = FuR 2022, 214 = NZFam 2022, 131 = FamRB 2022, 95 = BetrAV 2022, 56 = FF 2022, 86 [Ls]


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Unerlaubte Handlungen; postmortales Persönlichkeitsrecht; unzutreffenden Wiedergabe von - angeblichen - Äußerungen eines Verstorbenen; Buchveröffentlichung von in einem vertraulichen Gespräch gemachten Zitaten.
BGB §§ 823, 1004; GG Art. 1, Art. 2

1. Der unzutreffenden Wiedergabe von (angeblichen) Äußerungen eines Verstorbenen kommt ein dessen postmortales Persönlichkeitsrecht verletzendes Gewicht zu, wenn die untergeschobenen Äußerungen nach Qualität und/oder Quantität das Lebensbild des Verstorbenen grob entstellen.
2. Das postmortale Persönlichkeitsrecht schützt den Verstorbenen grundsätzlich nicht davor, mit Aussagen zitiert zu werden, die er zu Lebzeiten im vertraulichen Gespräch mit der ausdrücklichen Erklärung, sie nicht veröffentlichen zu wollen (»Sperrvermerk«), getätigt hat.
3. Zu der Reichweite des postmortalen Persönlichkeitsrechts in Bezug auf Buchveröffentlichungen (»VERMÄCHTNIS – DIE KOHL-PROTOKOLLE«).

BGH, Teilurteil vom 29. November 2021 - VI ZR 248/18 - OLG Köln [I-15 U 65/17]
FamRZ 2022, 311 = NJW 2022, 847 = FamRB 2022, 69 = MDR 2022, 165 = GRUR 2022, 407 = GRURPrax 2022, 93 = JA 2022, 338 = ZUM 2022, 196 = K&R 2022, 115 = ErbR 2022, 271 [Ls] = ZEV 2022, 186 [Ls]


Hinweise
1. In einem Buch veröffentlichte Zitate, die nicht als Fehlzitate zu qualifizieren sind, stellen keine - für eine Verletzung des postmortalen Persönlichkeitsrechts erforderliche - grobe Entstellung des durch die Lebensstellung erworbenen Geltungsanspruchs des Verstorbenen dar.
2. Auch Zitate, die geeignet sind, sich abträglich auf das Bild des Verstorbenen in der Öffentlichkeit auszuwirken, und deshalb den Verstorbenen in seiner Ehre und sozialen Anerkennung beeinträchtigten, aber weder für sich noch im Zusammenspiel mit anderen Passagen das Maß erreichen, das für die Annahme einer die Menschenwürde des Verstorbenen verletzenden Herabwürdigung oder Erniedrigung erforderlich ist, verletzen nicht das postmortale Persönlichkeitsrecht des Verstorbenen unter dem Gesichtspunkt des allgemeinen Achtungsanspruchs, der dem Menschen kraft seines Personseins zusteht.

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Unerlaubte Handlungen; Persönlichkeitsrechtsverletzung; Vererblichkeit des Anspruchs auf Geldentschädigung.
BGB §§ 253, 823, 1922; GG Art. 1, Art. 2

Der Anspruch auf Geldentschädigung wegen Persönlichkeitsrechtsverletzung wird grundsätzlich erst mit Rechtskraft eines dem Verletzten die Geldentschädigung zusprechenden Urteils vererblich; ein nicht rechtskräftiges, nur vorläufig vollstreckbares Urteil genügt nicht (Fortführungen der Senatsurteile vom 29. April 2014 - VI ZR 246/12 - BGHZ 201, 45 Tz. 24, und vom 23. Mai 2017 - VI ZR 261/16 - BGHZ 215, 117).

BGH, Teilurteil vom 29. November 2021 - VI ZR 258/18 - OLG Köln [I-15 U 64/17]
FamRZ 2022, 306 = NJW 2022, 868 = VersR 2022, 247 = MDR 2022, 166 = AfP 2022, 41 = ErbR 2022, 219 = JZ 2022, 247 = ZEV 2022, 160 = GRUR 2022, 426 = K&R 2022, 123 = ZUM 2022, 221 = GRURPrax 2022, 94 = JA 2022, 338



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