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Rechtsprechung Bundesgerichtshof 04/2021 - FD-Platzhalter-rund

Rechtsprechung Bundesgerichtshof 04/2021


 



Betreuungsrecht; Betreuungssache; Absehen von der Bestellung eines Betreuers; Aufhebung einer Betreuung auf der Grundlage eines psychiatrischen Gutachtens; Erfordernis der persönlichen Anhörung des Betroffenen.
FamFG §§ 26, 278; GG Art. 103

Entschließt sich das Gericht im Rahmen seiner Amtsermittlungspflicht in einem Betreuungsverfahren zu der Einholung eines psychiatrischen Sachverständigengutachtens, und will es dieses Gutachten als Tatsachengrundlage für seine Entscheidung heranziehen, dann muß es den Betroffenen grundsätzlich auch dann persönlich anhören, wenn es im Ergebnis des Verfahrens von der (erstmaligen) Bestellung eines Betreuers absehen oder eine bestehende Betreuung aufheben will (Fortführung der Senatsbeschlüsse vom 18. Oktober 2017 - XII ZB 198/16 - FamRZ 2018, 124 = FuR 2018, 105, und vom 15. Januar 2020 - XII ZB 438/19 - NJW-RR 2020, 321 = FuR 2020, 311).

BGH, Beschluß vom 14. April 2021 - XII ZB 527/20 - LG Waldshut-Tiengen [1 T 48/20]
FamRZ 2021, 1412 = NZFam 2021, 802 = FamRB 2021, 381 = Rpfleger 2021, 639 = MDR 2021, 1025 = FF 2021, 334 [Ls] = ErbR 2021, 910 [Ls] = BtPrax 2021, 198 [Ls]

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Erbrecht; Ausarbeitung des Entwurfs eines gemeinschaftlichen Testaments; Rechtsanwaltsgebühren.
BGB §§ 2265, 2270; RVG § 34; RVG-VV Nr. 2300

Der auftragsgemäße Entwurf eines gemeinschaftlichen Testamentes ist auch dann keine die Geschäftsgebühr auslösende Tätigkeit, wenn wechselbezügliche Verfügungen der Auftraggeber vorgesehen sind.

BGH, Urteil vom 15. April 2021 - IX ZR 143/20 - LG Neubrandenburg [1 S 87/19]
FamRZ 2021, 1053 = FuR 2021, 383 = NJW 2021, 1680 = NZFam 2021, 566 = FamRB 2021, 297 = MDR 2021, 710 = ZEV 2021, 393 = JurBüro 2021, 298 = ZErb 2021, 281 = NJW-Spezial 2021, 315 = ZAP EN-Nr. 342/2021 = AGS 2021, 269 = AnwBl 2021, 425 [Ls] = ErbR 2021, 556 [Ls]

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Verfahrensrecht; Rechtsmittel; Verletzung rechtlichen Gehörs durch Nichtberücksichtigung eines erheblichen Beweisangebots; Teilaufhebung einer Entscheidung in einem Erbrechtsverfahren aufgrund der ungerechtfertigten Ungleichgewichtung von Zeugenaussagen.
ZPO §§ 398, 529; GG Art. 103

1. Die Nichtberücksichtigung eines erheblichen Beweisangebotes verstößt gegen Art. 103 Abs. 1 GG, wenn sie im Prozeßrecht keine Stütze mehr findet.
2. Das Berufungsgericht ist grundsätzlich an die Tatsachenfeststellungen des ersten Rechtszuges gebunden; bei Zweifeln an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen sind allerdings erneute Feststellungen geboten.
3. Auch wenn die erneute Vernehmung von Zeugen grundsätzlich in dem Ermessen des Berufungsgerichts steht, ist es verpflichtet, einen in erster Instanz vernommenen Zeugen erneut zu vernehmen, wenn es seine Glaubwürdigkeit anders als der Erstrichter beurteilen, oder die protokollierte Aussage anders als die Vorinstanz verstehen oder würdigen will.
4. Die nochmalige Vernehmung eines Zeugen kann allenfalls dann unterbleiben, wenn sich das Berufungsgericht auf solche Umstände stützt, die weder die Urteilsfähigkeit, das Erinnerungsvermögen oder die Wahrheitsliebe des Zeugen, noch die Vollständigkeit oder Widerspruchsfreiheit seiner Aussage betreffen.
5. Kann der Inhalt einer Zeugenaussage dem Protokoll nicht zweifelsfrei entnommen werden, weil Angaben widersprüchlich sind, oder weil Interpretationsspielräume bleiben, dann darf das Berufungsgericht die Aussage nicht ohne erneute Vernehmung anders würdigen als das Erstgericht. Verstößt das Berufungsgericht gegen die Pflicht zu der erneuten Einvernahme, so verletzt es den Anspruch der Partei auf Gewährung rechtlichen Gehörs aus Art. 103 Abs. 1 GG.
6. Hat das erstinstanzliche Gericht über streitige Äußerungen und über die Umstände, unter denen sie gemacht worden sind, Zeugen vernommen, und ist es aufgrund einer Würdigung der Aussage zu einem bestimmten Ergebnis gekommen, so kann das Berufungsgericht dieses nicht ohne weiteres verwerfen und zu einem gegenteiligen Ergebnis kommen, ohne zuvor die Zeugen gemäß § 398 Abs. 1 ZPO selbst vernommen zu haben. Hat das Erstgericht nach der Beweisaufnahme eine bestimmte Vereinbarung nicht für bewiesen gehalten, dann kann das Berufungsgericht die Beweise nur anders würdigen, wenn es die Zeugen erneut vernimmt.

BGH, Beschluß vom 15. April 2021 - IX ZR 296/19 - OLG Celle [6 U 21/19]

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Hinweis
Der Senat hat die Anhörungsrüge des Beklagten gegen den Senatsbeschluß vom 15. April 2021 auf Kosten des Beklagten zu 2) zurückgewiesen (BGH, Beschluß vom 24. Juni 2021 - IX ZR 296/19 - ZInsO 2021, 1764):
1. Auch wenn die Entscheidung des Berufungsgerichts auf mehreren Rechtsfehlern beruht, ist der Zugang zur Revision insoweit verschlossen, als sich darunter einer befindet, für den kein Zulassungsgrund besteht. Das ist Folge der § 543 Abs. 2 S. 1 ZPO zu entnehmenden Entscheidung des Gesetzgebers, daß der Zugang zur Revisionsinstanz nur eröffnet ist, wenn ein Rechtsfehler vorliegt, dessen Beseitigung auch im Interesse der Allgemeinheit liegt.
2. Ist eine Verurteilung des Beklagten durch das Berufungsgericht insgesamt aufgrund Verletzung rechtlichen Gehörs und zudem teilweise wegen fälschlich als zulässig angenommener Hilfsanschlußberufung des Klägers rechtsfehlerhaft erfolgt, dann ist die Nichtzulassungsbeschwerde des Beklagten wegen der Gehörsverletzung zwar begründet, mangels eines diesbezüglichen Zulassungsgrundes im Sinne von § 543 Abs. 2 S. 1 ZPO jedoch nur unter Ausschluß des auf die Hilfsanschlußberufung erfolgten Verurteilungsteils.
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Erbrecht; Geldwäschebekämpfung; Anforderungen an Identitätsüberprüfung eines für unbekannte Erben tätigen Nachlaßpflegers.
BGB §§ 1791, 1915, 1960; GwG §§ 10, 12, 13

1. Die Übersendung einer notariell beglaubigten Ablichtung seines Personalausweises durch den Nachlaßpfleger der unbekannten Erben ermöglicht nicht, eine gemäß §§ 12 Abs. 1 und 3, 13 GWG entsprechende Identitätsprüfung (hier: durch eine Bank) vorzunehmen.
2. Ein Personalausweis ist zwar ein Dokument, anhand dessen gemäß § 12 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 GwG die Überprüfung der Identität erfolgen kann; dies setzt allerdings voraus, daß dem Verpflichteten der Ausweis im Original von der zu identifizierenden Person vorgelegt wird.
3. Die Übersendung einer notariell beglaubigten Kopie des Personalausweises stellt kein sonstiges Verfahren im Sinne von § 13 Abs. 1 Nr. 2 GwG dar.
4. Die Bestallungsurkunde des Nachlaßpflegers (§ 1791 in Verbindung mit §§ 1915 Abs. 1 S. 1, 1960 Abs. 2 BGB) ist kein amtlicher Ausweis im Sinne von § 12 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 GwG.

BGH, Urteil vom 20. April 2021 - XI ZR 511/19 - LG Essen [17 S 7/19]
BGHZ 229, 317 = FamRZ 2021, 1149 = FuR 2021, 441 = NJW 2021, 2032 = Rpfleger 2021, 504 = WM 2021, 978 = BB 2021, 1295 = ZIP 2021, 1105 = NJW-Spezial 2021, 360 = DB 2021, 1393 = ZEV 2021, 438 = MDR 2021, 892 = NLPrax 2021, 88 = BWNotZ 2021, 287 = BKR 2021, 787 = EWiR 2021, 417 [Ls] = ErbR 2021, 728 [Ls]

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Betreuungsrecht; Ungeeignetheit eines Bevollmächtigten bei Uneinigkeit über den Aufenthalt des Betroffenen zwischen seinem Bevollmächtigten und seinem Ehegatten.
BGB § 1896; GG Art. 6

Zu der Frage der Ungeeignetheit eines Bevollmächtigten und der hierzu anzustellenden Gesamtschau des Tatrichters, wenn über den Aufenthalt eines pflegebedürftigen Betroffenen zwischen seinem Bevollmächtigten und seinem Ehegatten Uneinigkeit besteht (im Anschluß an die Senatsbeschlüsse vom 25. April 2018 - XII ZB 216/17 - FamRZ 2018, 1110 = FuR 2018, 422, und vom 29. April 2020 - XII ZB 242/19 - FamRZ 2020, 1300).

BGH, Beschluß vom 21. April 2021 - XII ZB 164/20 - LG Aurich [7 T 89/20]
FamRZ 2021, 1236 = FuR 2021, 495 = NJW-RR 2021, 794 = MDR 2021, 1139 = Rpfleger 2021, 580 = BtPrax 2021, 152 = RdLH 2021, 203

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Unterbringungsrecht; geschlossene Unterbringung des Betreuten; Voraussetzungen und Begründungsanforderungen bei einer über die regelmäßige Höchstfrist von einem Jahr hinausgehenden Unterbringung.
BGB § 1906; FamFG § 329

Zu den Voraussetzungen und Begründungsanforderungen, wenn eine Unterbringung für länger als ein Jahr angeordnet oder genehmigt werden soll (im Anschluß an den Senatsbeschluß vom 22. März 2017 - XII ZB 260/16 - FamRZ 2017, 996 = FuR 2017, 391).

BGH, Beschluß vom 21. April 2021 - XII ZB 520/20 - LG Saarbrücken [5 T 307/20]
FamRZ 2021, 1242 = FuR 2021, 493 = NJW-RR 2021, 793 = MDR 2021, 880 = BtPrax 2021, 151 = G+G 2021, Nr. 9, 38 = RuP 2021, 195 [Ls]

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Hinweis
Der Senat hat auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen mit Beschluß vom 29. September 2021 (XII ZB 300/21 - FamRZ 2022, 57 = FuR 2022, 53) festgestellt, daß der Beschluß des Amtsgerichts Merzig vom 14. Juli 2020 und der Beschluß der 5. Zivilkammer des Landgerichts Saarbrücken vom 31. Mai 2021 den Betroffenen in seinen Rechten verletzt haben, und die außergerichtlichen Kosten des Betroffenen der Staatskasse auferlegt.
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Verfahrensrecht; Rechtsmittel; Beginn der Frist für die Begründung der Rechtsbeschwerde; Wiedereinsetzungsantrag einer unbemittelten Partei.
ZPO §§ 85, 233, 234, 236, 575

Beantragt eine unbemittelte Partei Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Einlegungs- und Begründungsfrist für eine Rechtsbeschwerde, läuft die Frist für deren Begründung ab der Bekanntgabe der Gewährung von Prozeßkostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts und nicht erst ab Bekanntgabe der Bewilligung von Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Einlegungsfrist (im Anschluß BGH, Beschluß vom 29. Mai 2008 - IX ZB 197/07 - BGHZ 176, 379).

BGH, Beschluß vom 27. April 2021 - VI ZB 60/20 - OLG Frankfurt [25 U 305/19]
NJW 2021, 2660 = VersR 2021, 1395 = MDR 2021, 960 = FamRZ 2021, 1300 [Ls] = FA 2021, 251 [Ls] = ErbR 2021, 817 [Ls]

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Verfahrensrecht; Zwangsvollstreckung; Pfändungsschutz für sonstige Einkünfte; Pfändbarkeit einer Einmalzahlung aus einer zur Sicherung von Ansprüchen aus einer Pensionszusage verpfändeten Kapitallebensversicherung.
ZPO § 850i, 851c; InsO § 36

Erhält der Schuldner aus einer Kapitallebensversicherung, die ihm zur Sicherung für Ansprüche aus einer für seine Tätigkeit als Geschäftsführer erteilten Pensionszusage wirksam verpfändet ist, nach Pfandreife eine Einmalleistung, kann er hierfür Pfändungsschutz für sonstige Einkünfte geltend machen. Dem steht nicht entgegen, daß die Voraussetzungen des besonderen Pfändungsschutzes bei Altersrenten nicht gegeben sind.

BGH, Beschluß vom 29. April 2021 - IX ZB 25/20 - LG Nürnberg-Fürth [11 T 7247/18]
FamRZ 2021, 1362 = NJW-RR 2021, 987 = VersR 2022, 124 = MDR 2021, 1217 = Rpfleger 2021, 667 = ZIP 2021, 1403 = WM 2021, 1336 = ZInsO 2021, 1493 = InsbürO 2021, 373 = ZVI 2021, 354 = BetrAV 2021, 645 = NZI 2021, 923 = WuB 2021, 513 = FoVo 2021, 173 = DGVZ 2022, 57 = NJW-Spezial 2021, 501 = JurBüro 2021, 500 [Ls] = ZAP EN-Nr. 420/2021 [Ls] = EWiR 2021, 532 [Ls] = LMK 2021, 812021 [Ls]

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Landwirtschaftsrecht; Landwirtschaftssache; Rechtsbeschwerde gegen die Entscheidung des Landwirtschaftssenats des Oberlandesgerichts über die Beschwerde gegen eine Entscheidung des Grundbuchamts; Zulässigkeit der Eintragung wechselseitiger Hofzugehörigkeitsvermerke für einen zum Hof gehörenden Anteil an einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts.
HöfeO § 2; HöfeVfO §§ 2, 3, 6; FamFG § 72; LwVfG § 2; GBO §§ 38, 72, 81; GVG § 122

1. Hat über eine Beschwerde gegen eine Entscheidung des Grundbuchamtes der Landwirtschaftssenat des Oberlandesgerichts anstelle des funktionell zuständigen Zivilsenats entschieden, dann kann eine Rechtsbeschwerde auf diesen Verfahrensverstoß nicht gestützt werden (Abgrenzung von Senat, Urteil vom 13. Dezember 1991 - LwZR 2/91 - NJW-RR 1992, 1152).
2. Für einen zu dem Hof gehörenden Anteil an einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) sind keine wechselseitigen Hofzugehörigkeitsvermerke auf dem Grundbuchblatt des Hofes und dem Grundbuchblatt von Grundstücken der Gesellschaft bürgerlichen Rechts einzutragen; ein entsprechendes Ersuchen des Landwirtschaftsgerichts muß das Grundbuchamt ablehnen.

BGH, Beschluß vom 30. April 2021 - BLw 2/20 - OLG Celle [7 W 26/20]
FGPrax 2021, 145 = RdL 2021, 364 = ErbR 2022, 40 = AUR 2021, 295 = ZfIR 2021, 401 [Ls] = ZEV 2021, 666 [Ls] = RNotZ 2021, 618 [Ls]

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Rechtsprechung Bundesgerichtshof 04/2021 - FD-Platzhalter-rund
Fachanwälte im Familienrecht gesucht

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