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Rechtsprechung Bundesgerichtshof 05/2021 - FD-Platzhalter-rund

Rechtsprechung Bundesgerichtshof 05/2021


 



Verfahrens-/Prozeßkostenhilfe; materielle Voraussetzungen für die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe; Anordnung oder Aufrechterhaltung einer Freiheitsentziehung; Unzulässigkeit der Beschwerde hinsichtlich einer die Freiheitsentziehung ablehnenden Entscheidung des Amtsgerichts; Rechtsbeschwerde gegen einen landgerichtlichen Beschluß.
FamFG §§ 10, 70, 74, 76 ff

Die Rechtsbeschwerde gegen einen landgerichtlichen Beschluß, der nicht die Anordnung oder Aufrechterhaltung einer Freiheitsentziehung, sondern die Unzulässigkeit der Beschwerde der Betroffenen hinsichtlich der gegenläufigen, eine Freiheitsentziehung ablehnenden Entscheidung des Amtsgerichts zum Gegenstand hat, ist entgegen § 70 Abs. 1 FamFG nicht zugelassen.

BGH, Beschluß vom 4. Mai 2021 - 3 ZB 1/21 - LG Köln [34 T 104/20]

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Versorgungsausgleich; Bindung des Revisionsgerichts an die vom Oberlandesgericht im Berufungsurteil bejahte Rechtswegzuständigkeit; Erstattung der Aufwendungen des Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung aufgrund eines rechtswidrig durchgeführten Quasisplittings von privatrechtlichen Versorgungsansprüchen.
BGB § 1587b; SGB VI § 225; GVG §§ 17a, 51

1. Hat das Oberlandesgericht in dem Berufungsurteil seine Rechtswegzuständigkeit bejaht, ohne darüber im Wege der Vorabentscheidung befunden zu haben, dann ist das Revisionsgericht daran gebunden (im Anschluß an BGH, Urteile vom 29. März 1996 - V ZR 326/94 - BGHZ 132, 245 = NJW 1996, 1890, und vom 18. November 1998 - VIII ZR 269/97 - NJW 1999, 651).
2. Aufwendungen des Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung aufgrund eines (rechtswidrig durchgeführten) Quasisplittings von privatrechtlichen Versorgungsansprüchen nach beamtenrechtlichen Grundsätzen sind nach § 225 Abs. 1 S. 1 SGB VI zu erstatten (Fortführung von Senatsbeschluß vom 17. April 1985 - IVb ZB 796/81 - FamRZ 1985, 794 = EzFamR BGB § 1587b Nr. 7 = BGHF 4, 948, sowie von BSG, Urteil vom 21. März 2018 - B 13 R 17/15 R - SozR 4 - 2600 § 225 Nr. 3).

BGH, Urteil vom 5. Mai 2021 - XII ZR 45/20 - OLG Koblenz [3 U 1782/19]
FamRZ 2021, 1185 = NJW 2021, 2972 = MDR 2021, 813 = FamRB 2021, 324 = BetrAV 2021, 546

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Personenstandsrecht; Personenstandssache; Inhalt der Eheurkunde bei Änderung der Vornamen nach der Eheschließung auf der Grundlage des Transsexuellengesetzes.
PStG §§ 15, 16, 54, 57, 63; TSG §§ 1, 4, 5, 8, 10

Eine transsexuelle Person, deren Vornamen nach der Eheschließung auf der Grundlage des Transsexuellengesetzes geändert worden sind, hat keinen Anspruch auf Erteilung einer Eheurkunde, in der als ihre Vornamen vor der Ehe ihre aktuell geführten, auf der Namensänderung beruhenden Vornamen genannt werden.

BGH, Beschluß vom 5. Mai 2021 - XII ZB 189/20 - OLG München [11 Wx 65/20]
BGHZ 229, 374 = FamRZ 2021, 1387 = FamRZ 2021, 1387 = NZFam 2021, 653 = NZFam 2021, 653 = FamRB 2021, 468 = StAZ 2021, 239 = MDR 2021, 943 = ErbR 2021, 786 = FF 2021, 334 [Ls] = ZAP EN-Nr. 386/2021 [Ls]

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Versorgungsausgleich; Voraussetzungen für die Abfindung eines ausländischen Anrechts; Unbilligkeit des Wertausgleichs von Anrechten des anderen Ehegatten.
VersAusglG §§ 19, 23

1. Die Abfindung eines ausländischen Anrechts nach § 23 VersAusglG setzt voraus, daß es sich um ein dem Grund und der Höhe nach gesichertes Anrecht handelt (im Anschluß an den Senatsbeschluß vom 17. April 2013 - XII ZB 371/12 - FamRZ 2013, 1021 = FuR 2013, 453).
2. Eine Unbilligkeit des Wertausgleichs von Anrechten des anderen Ehegatten bei der Scheidung gemäß § 19 Abs. 3 VersAusglG kann nicht mit Blick darauf verneint werden, daß der über ausländische Anrechte verfügende Ehegatte daneben ausgleichsreife inländische Anwartschaften erworben hat, deren Wert über dem Wert der inländischen Anrechte des anderen Ehegatten liegen.

BGH, Beschluß vom 5. Mai 2021 - XII ZB 381/20 - OLG Frankfurt [3 UF 30/18]
BGHZ 230, 1 = FamRZ 2021, 1280 = FuR 2021, 484 = NZFam 2021, 784 = FamRB 2021, 365 = MDR 2021, 1200 = WM 2022, 1989 = BetrAV 2021, 439 = NJW-Spezial 2021, 518 = FF 2021, 333 [Ls]

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Hinweise
1. Eine - ausländische - betriebliche Pensionszusage ist nicht bereits deshalb wegen fehlender Verfestigung als nicht ausgleichsreif im Sinne von § 19 Abs. 2 Nr. 4 VersAusglG anzusehen, weil dem Arbeitgeber in bestimmten Härtefällen die Möglichkeit eröffnet ist, die erteilte Versorgungszusage wegen Rechtsmißbrauchs oder nach den Grundsätzen der Störung der Geschäftsgrundlage zu kürzen oder aufzuheben.
2. Haben die Vertragsparteien einer betrieblichen Pensionszusage sich wirksam ausbedungen, daß bei einer wesentlichen Veränderung der Verhältnisse jeder Vertragsteil berechtigt ist, unter Berücksichtigung sich ändernder Bedarfe des Berechtigten und der Leistungsfähigkeit des Verpflichteten eine Anpassung der monatlichen Rentenzahlung zu verlangen, so ist das Versorgungsanrecht der Höhe nach als verfallbar anzusehen. Ist die vertragliche Abänderungsmöglichkeit nach unten nicht durch eine vertraglich festgelegte, in jedem Fall zu zahlende Mindestrente begrenzt, existiert kein verfestigter Rentenanspruch, welcher dem Grunde und der Höhe nach durch die künftige Entwicklung nicht mehr beeinträchtigt werden kann, und somit bereits endgültig gesichert wäre.
3. Enthält die Pensionszusage einer internationalen Anwaltssozietät eine Regelung, die die Altersbezüge nicht nur an deren wirtschaftlichen Erfolg knüpft, sondern auch von der jeweiligen Anzahl der aktiven Partner abhängig macht, dann ist die Auszahlung der Altersbezüge von vornherein und nach feststehenden Regeln von der Leistungsfähigkeit der Partnerschaft abhängig.
4. Ist die hierdurch mögliche Reduzierung der Altersbezüge nach unten nicht durch eine vertraglich festgelegte, in jedem Fall zu zahlenden Mindestrente begrenzt, dann existiert kein verfestigter Rentenanspruch, welcher dem Grund und der Höhe nach durch die künftige Entwicklung nicht mehr beeinträchtigt werden kann und somit bereits endgültig gesichert wäre.
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Betreuungsrecht; Bestellung eines Verfahrenspflegers bei möglicher Anordnung einer Betreuung in allen Angelegenheiten bzw. eines Einwilligungsvorbehalt.
FamFG §§ 276, 278

Die Bestellung eines Verfahrenspflegers für den Betroffenen ist regelmäßig schon dann geboten, wenn der Verfahrensgegenstand die Anordnung einer Betreuung in allen Angelegenheiten als möglich erscheinen läßt (im Anschluß an den Senatsbeschluß vom 11. September 2019 - XII ZB 537/18 - FamRZ 2020, 50 = FuR 2020, 49), oder wenn das Betreuungsgericht einen Einwilligungsvorbehalt anordnet (im Anschluß an den Senatsbeschluß vom 2. Dezember 2020 - XII ZB 456/17 - FamRZ 2021, 457 = FuR 2021, 151).

BGH, Beschluß vom 5. Mai 2021 - XII ZB 510/20 - LG Düsseldorf [25 T 506/20]
FamRZ 2021, 1239 = FuR 2021, 490 = NJW-RR 2021, 865 = Rpfleger 2021, 638 = MDR 2021, 828 = NZFam 2021, 655 = NJW 2021, 2583 [Ls] = BtPrax 2021, 158 [Ls]

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Haftung des Rechtsanwalts; Verletzung anwaltlicher Sorgfaltspflichten; Organisationswesen; Fristenkontrolle; Versäumung der Beschwerdebegründungsfrist in einer Familiensache; anwaltliche Einzelanweisungen an Büroangestellte bei der Anfertigung der Rechtsmittelbegründungsschrift zur Korrektur falscher Gerichtsangabe; notwendige Vorkehrungen gegen ein Vergessen der Anweisungen; Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.
FamFG §§ 113, 117; ZPO §§ 85, 233, 234, 522, 574

1. Auch bei einem so wichtigen Vorgang wie der Anfertigung einer Rechtsmittelbegründungsschrift darf der Rechtsanwalt einer zuverlässigen Büroangestellten eine konkrete Einzelanweisung erteilen, deren Ausführung er grundsätzlich nicht mehr persönlich überprüfen muß. In der Kanzlei müssen jedoch ausreichende organisatorische Vorkehrungen dagegen getroffen werden, daß die Anweisung (etwa im Drange der Geschäfte) in Vergessenheit gerät, und die Übersendung eines zulässigen Rechtsmittels unterbleibt (im Anschluß an den Senatsbeschluß vom 5. Juni 2013 - XII ZB 47/10 - NJW-RR 2013, 1393).
2. Solche Vorkehrungen sind nur dann entbehrlich, wenn die Bürokraft zugleich die unmißverständliche Weisung erhält, den von ihr zu erledigenden Vorgang sofort auszuführen (im Anschluß an den Senatsbeschluß vom 5. Juni 2013 - XII ZB 47/10 - NJW-RR 2013, 1393).

BGH, Beschluß vom 5. Mai 2021 - XII ZB 552/20 - OLG Frankfurt [5 UF 140/20]
FamRZ 2021, 1300 = NJW-RR 2021, 998 = NZFam 2021, 650 = FamRB 2021, 420 = MDR 2021, 1086 = IBR 2021, 441 = FF 2021, 335 [Ls] = FA 2021, 251 [Ls] = ErbR 2021, 817 [Ls] = ZAP EN-Nr. 410/2021 [Ls]

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Betreuungsrecht; Vergütung des Berufsbetreuers; Aufenthalt der Betreuten mit ihrem Kind in einer gemeinsamen Wohnform für Mütter/Väter und Kinder.
VBVG § 5; SGB VIII § 19

Lebt die Betroffene mit ihrem Kind in einer gemeinsamen Wohnform für Mütter/Väter und Kinder nach § 19 SGB VIII, in der im Wesentlichen nur pädagogische Unterstützungsleistungen angeboten werden, so hält sie sich grundsätzlich noch nicht in einer stationären Einrichtung im Sinne von § 5 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 VBVG oder einer gleichgestellten ambulant betreuten Wohnform im Sinne von § 5 Abs. 3 S. 2 Nr. 2, S. 3 VBVG auf.

BGH, Beschluß vom 5. Mai 2021 - XII ZB 576/20 - LG Leipzig [2 T 521/20]
MDR 2021, 1093 = Rpfleger 2021, 579 = NDV-RD 2022, 3 = FamRZ 2021, 1315 [Ls] = FF 2021, 334 [Ls] = BtPrax 2021, 198 [Ls]

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Betreuungsrecht; Vergütung des Berufsbetreuers; Aufenthalt der Betreuten in einer einer stationären Einrichtung gleichgestellten ambulant betreuten Wohnform.
VBVG § 5; SGB IX §§ 102, 105

Lebt die Betroffene im Rahmen einer Leistungsgewährung der Eingliederungshilfe nach §§ 102 Abs. 1, 105 Abs. 1 SGB IX in einem eigenen Zimmer einer Außenwohngruppe, in der Unterstützungsleistungen angeboten werden, zu deren Inanspruchnahme die Betroffene jedoch nicht verpflichtet ist, hält sie sich grundsätzlich nicht in einer einer stationären Einrichtung gleichgestellten ambulant betreuten Wohnform im Sinne von § 5 Abs. 3 S. 2 Nr. 2, S. 3 VBVG auf.

BGH, Beschluß vom 5. Mai 2021 - XII ZB 580/20 - LG Leipzig [2 T 653/20]
FamRZ 2021, 1314 = Rpfleger 2021, 578 = MDR 2021, 1222 = BtPrax 2021, 150 = ZFSH/SGB 2021, 439 = RdLH 2022, 47 = FF 2021, 335 [Ls]

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Verfahrensrecht; Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren; Entschädigungsanspruch wegen unangemessener Dauer eines Gerichtsverfahrens; Einzelfallprüfung und Prüfungskriterien für die Beurteilung der Verfahrensführung des Gerichts; Abweichen von dem normierten Pauschalsatz aus Billigkeitsgründen bei Vorliegen besonderer Umstände in Verfahren wegen Sorge- und Umgangsrecht insbesondere gegenüber Kleinkindern.
BGB § 1684; GVG § 198; GG Art. 6; MRK Art. 8

1. Im Hinblick auf den eine Verfahrensvereinfachung anstrebenden Gesetzeszweck ist der Tatrichter nur bei Vorliegen besonderer Umstände gehalten, von dem normierten Pauschalsatz (§ 198 Abs. 2 S. 3 GVG) aus Billigkeitsgründen gemäß § 198 Abs. 2 S. 4 GVG abzuweichen. Erforderlich ist, daß sich das zu beurteilende Verfahren durch eine oder mehrere entschädigungsrelevante Besonderheiten in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht von anderen Verfahren dieser Art abhebt, so daß die konkreten Auswirkungen der überlangen Verfahrensdauer die Pauschalhöhe als unbillig erscheinen lassen (Bestätigung und Fortführung der Senatsurteile vom 14. November 2013 - III ZR 376/12 - BGHZ 199, 87, und vom 13. März 2014 - III ZR 91/13 - NJW 2014, 1816).
2. In Verfahren, die Fragen des Sorge- und Umgangsrechts insbesondere gegenüber Kleinkindern zum Gegenstand haben, kommt bei einer dem Gericht zuzurechnenden erheblichen Verfahrensverzögerung (hier: 37 Monate) eine schwerwiegende Beeinträchtigung des betroffenen Elternteils in seinem Recht auf Umgang mit seinem Kind (Art. 6 Abs. 2 GG, § 1684 Abs. 1 BGB) und seinem Recht auf Achtung seines Privat- und Familienlebens (Art. 8 Abs. 1 EMRK) in Betracht, die nach § 198 Abs. 2 S. 4 GVG die Erhöhung des gesetzliches Pauschalsatzes rechtfertigen kann.

BGH, Urteil vom 6. Mai 2021 - III ZR 72/20 - OLG Koblenz [1 EK 1/19]
BGHZ 230, 14 = FamRZ 2021, 1302 = NJW 2021, 3194 = NZFam 2021, 682 = FF 2021, 316 = FamRB 2021, 368 = MDR 2021, 878 [1051]

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Bürgerliches Recht; Widerruf eines Dienstleistungsvertrages (hier: eines Partnervermittlungsvertrages); Ausschlussgrund des vollständigen Erbringens der Leistung; Festlegung des Vertragsgegenstandes durch Allgemeine Geschäftsbedingungen; Berechnung des Wertersatzes für teilweise erbrachte Leistungen.
BGB §§ 307, 312b, 312g, 355, 356, 357

1. Ein vollständiges Erbringen der Leistung im Sinne des § 356 Abs. 4 S. 1 BGB erfordert jedenfalls, dass der Unternehmer seine Hauptleistung vollständig erbracht hat. Welche Pflichten Hauptleistungspflichten sind, bestimmt sich nach den Umständen des jeweiligen Vertragsverhältnisses; entscheidend ist, worauf es der einen oder der anderen Partei in hohem Grade ankam, was sie unter allen Umständen erlangen wollte. Dies ist durch Auslegung zu ermitteln.
2. Durch Allgemeine Geschäftsbedingungen kann der Vertragsgegenstand nicht verändert werden; der Begriff der Leistung steht nicht zu der Disposition des Verwenders von Allgemeinen Geschäftsbedingungen (Fortführung von BGH, Urteil vom 18. Mai 1999 - XI ZR 219/98 - BGHZ 141, 380, 383; Senat, Urteile vom 18. April 2002 - III ZR 199/01 - NJW 2002, 2386, und vom 8. Oktober 2009 - III ZR 93/09 - NJW 2010, 150 Tz. 23).
3. Zu der Berechnung des Wertersatzes für teilweise erbrachte Leistungen nach dem Widerruf eines Partnervermittlungsvertrages ist auf den in dem Vertrag vereinbarten Preis für die Gesamtheit der vertragsgegenständlichen Leistungen abzustellen, und der geschuldete Betrag zeitanteilig zu berechnen. Eine Ausnahme hiervon gilt nur, wenn der geschlossene Vertrag ausdrücklich vorsieht, dass eine oder mehrere der Leistungen gleich zu Beginn der Vertragsausführung vollständig und gesondert zu einem getrennt zu zahlenden Preis erbracht werden (vgl. EuGH, Urteil vom 8. Oktober 2020 - C-641/19 - NJW 2020, 3771 Tz. 26 ff).

BGH, Urteil vom 6. Mai 2021 - III ZR 169/20 - OLG Köln [I-21 U 107/19]
NJW 2021, 2885 = MDR 2021, 994 = VersR 2022, 177 = JuS 2021, 881 = W= RP 2021, 1192 = CR 2021, 616 = VuR 2021, 344 = IBR 2021, 493 = FamRZ 2021, 1333 [Ls] = BB 2021, 1601 [Ls] = ZAP EN-Nr. 411/2021 [Ls] = K&R 2021, 594 [Ls] = ZIP 2021, 1822 [Ls] = LMK 2021, 811967 [Ls]

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Haftung des Rechtsanwalts; Verletzung anwaltlicher Sorgfaltspflichten; Organisationswesen; Fristenkontrolle; Übermittlung eines fristwahrenden Schriftsatzes über das besondere elektronische Anwaltspostfach; Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.
ZPO §§ 85, 130a, 233

1. Zu dem Eingang eines über das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) eingereichten elektronischen Dokuments (hier: Berufungsbegründung) bei Gericht (§ 130a Abs. 5 S. 1 ZPO; im Anschluß an BGH, Urteil vom 14. Mai 2020 - X ZR 119/18 - WM 2021, 463 Tz. 8 ff, und Beschluß vom 25. August 2020 - VI ZB 79/19 - NJW-RR 2020, 1519 Tz. 7)
2. Die anwaltlichen Sorgfaltspflichten im Zusammenhang mit der Übermittlung von fristgebun-denen Schriftsätzen im Wege des elektronischen Rechtsverkehrs per beA entsprechen denen bei Übersendung von Schriftsätzen per Telefax. Auch hier ist es unerläßlich, den Versandvorgang zu überprüfen. Die Überprüfung der ordnungsgemäßen Übermittlung erfordert dabei die Kontrolle, ob die Bestätigung des Eingangs des elektronischen Dokuments bei Gericht nach § 130a Abs. 5 S. 2 ZPO erteilt wurde. Hat der Rechtsanwalt eine solche Eingangsbestätigung erhalten, besteht Sicherheit darüber, daß der Sendevorgang erfolgreich war. Bleibt sie dagegen aus, muß dies den Rechtsanwalt zur Überprüfung und gegebenenfalls erneuten Übermittlung veranlassen (im Anschluß an BAG, Beschluß vom 7. August 2019 - 5 AZB 16/19 - BAGE 167, 221 Tz. 20 mwN - zu der mit § 130a Abs. 5 S. 2 ZPO gleichlautenden Vorschrift des § 46c Abs. 5 S. 2 ArbGG).
3. Versendet ein Rechtsanwalt fristwahrende Schriftsätze über das beA an das Gericht, hat er in seiner Kanzlei das zuständige Personal dahingehend anzuweisen, daß stets der Erhalt der automatisierten Eingangsbestätigung nach § 130a Abs. 5 S. 2 ZPO zu kontrollieren ist. Er hat zudem diesbezüglich zumindest stichprobenweise Überprüfungen durchzuführen (im Anschluß an BAG, Beschluß vom 7. August 2019 - 5 AZB 16/19 - BAGE 167, 221 Tz. 23 mwN).

BGH, Beschluß vom 11. Mai 2021 - VIII ZB 9/20 - OLG Karlsruhe [19 U 98/19]
NJW 2021, 2201 = MDR 2021, 896 [897] = BB 2021, 1681 = MMR 2022, 127 = NJW-Spezial 2021, 478 = IBR 2021, 498 = JA 2021, 1041 = FamRZ 2021, 1300 [Ls] = AnwBl 2021, 487 [Ls] = BB 2021, 1601 [Ls] = WRP 2021, 1107 [Ls] = DB 2021, 1670 [Ls] = K&R 2021, 530 [Ls] = FA 2021, 251 [Ls] = ErbR 2021, 817 [Ls] = LMK 2021, 813537 [Ls] = DAR 2021, 562 [Ls] = CR 2021, 770 [Ls] = GmbHR 2022, 32 [Ls]

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Hinweis
Ein über das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) eingereichtes elektronisches Dokument ist im Sinne von § 130a Abs. 5 S. 1 ZPO wirksam bei Gericht eingegangen, wenn es auf dem für dieses eingerichteten Empfänger-Intermediär in dem Netzwerk für das elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach (EGVP) gespeichert worden ist. Ob es von dort aus rechtzeitig an andere Rechner innerhalb des Gerichtsnetzes weitergeleitet oder von solchen Rechnern abgeholt werden konnte, ist demgegenüber unerheblich (Fortführung von BGH, Urteil vom 14. Mai 2020 - X ZR 119/18 - WM 2021, 463, und Beschluß vom 25. August 2020 - VI ZB 79/19 - NJW-RR 2020, 1519).
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Verfahrensrecht; Rechtsmittel; Berufung; inhaltliche Anforderungen an eine Berufungsbegründung.
ZPO §§ 520, 531

1. Um den inhaltlichen Anforderungen an eine Berufungsbegründung gemäß § 520 Abs. 3 S. 2 Nrn. 2 und 3 ZPO zu genügen, muß der Berufungsführer in einer aus sich heraus verständlichen Weise angeben, welche bestimmten Punkte des angefochtenen Urteils er bekämpft, und welche tatsächlichen oder rechtlichen Gründe er ihnen im Einzelnen entgegensetzt. Es reicht nicht aus, die Auffassung des Erstgerichts mit formularmäßigen Sätzen oder allgemeinen Redewendungen zu rügen, oder lediglich auf das Vorbringen erster Instanz zu verweisen (ständige Rechtsprechung, vgl. etwa BGH, Beschlüsse vom 23. Oktober 2012 - XI ZB 25/11 - NJW 2013, 174 Tz. 10; vom 9. April 2013 - VIII ZB 64/12 - WuM 2013, 367 Tz. 8; vom 13. Juni 2017 - VIII ZB 7/16 - juris Tz. 12, und vom 21. Juli 2020 - VI ZB 68/19 - WM 2020, 1847 Tz. 10).
2. Will der Berufungsführer die Berufung auf neue Angriffs- oder Verteidigungsmittel im Sinne von § 531 Abs. 2 ZPO stützen, dann muß die Berufungsbegründung nach § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 4 ZPO die Tatsachen bezeichnen, aufgrund derer die neuen Angriffs- oder Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 ZPO zuzulassen sind.

BGH, Beschluß vom 11. Mai 2021 - VIII ZB 50/20 - LG Weiden [22 S 5/20]
NJW-RR 2021, 935 = NZM 2021, 602 = MietPrax-AK § 520 ZPO Nr. 7 = IBR 2021, 555 = FamRZ 2021, 1401 [Ls] = MDR 2021, 959 [Ls] = ErbR 2021, 909 [Ls]

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Verfahrensrecht; Anforderungen an den Vortrag bei Briefbeförderung durch die Post; Zulässigkeit erkennbar unklarer oder ergänzungsbedürftiger Angaben in einem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand auch nach Fristablauf.
ZPO §§ 139, 233, 520

1. Erkennbar unklare oder ergänzungsbedürftige Angaben in einem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, deren Aufklärung nach § 139 ZPO geboten ist, können auch nach Fristablauf - etwa noch mit der Rechtsbeschwerde - ergänzt oder erläutert werden (ständige Rechtsprechung, vgl. etwa BGH, Beschlüsse vom 16. Oktober 2018 - VI ZB 68/16 - NJW-RR 2019, 502 Tz. 7, und vom 28. April 2020 - VIII ZB 12/19 - NJW-RR 2020, 818 Tz. 26, jeweils mwN).
2. Eine solche ergänzungsbedürftige Angabe kann, bei einer im Übrigen aus sich heraus verständlichen, geschlossenen Schilderung der tatsächlichen Abläufe bis zu der rechtzeitigen Aufgabe eines in Verlust geratenen Schriftsatzes zur Post, eine bislang unterbliebene Darlegung zu dessen ausreichender Frankierung sein (im Anschluß an den Senatsbeschluß vom 17. Januar 2012 - VIII ZB 42/11 - WuM 2012, 157 Tz. 11).

BGH, Beschluß vom 11. Mai 2021 - VIII ZB 65/20 - OLG Hamm [I-30 U 60/20]
FuR 2021, 496 = NJW 2021, 3132 = MDR 2021, 1085 = FamRZ 2021, 1399 [Ls] = ErbR 2021, 817 [Ls]

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Elterliche Sorge; Kindeswohlgefährdung; Verfahrensfähigkeit eines mindestens 14 Jahre alten Minderjährigen in Verfahren wegen Kindeswohlgefährdung; Wirksamkeit eines Verfahrenskostenhilfeantrages des Minderjährigen.
BGB § 1666; FamFG §§ 9, 23, 59, 60, 76; ZPO § 117

1. In Verfahren wegen Kindeswohlgefährdung nach § 1666 BGB ist ein Minderjähriger auch dann, wenn er mindestens 14 Jahre alt ist, nicht nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 FamFG verfahrensfähig.
2. Für solche Verfahren kann auch dem mindestens 14 Jahre alten Minderjährigen Verfahrenskostenhilfe nicht auf eigenen Antrag bewilligt werden, weil er mangels Verfahrensfähigkeit keinen wirksamen Verfahrenskostenhilfeantrag stellen kann.

BGH, Beschluß vom 12. Mai 2021 - XII ZB 34/21 - OLG Frankfurt [FamRZ 2021, 773 = FuR 2021, 426]
BGHZ 230, 49 = FamRZ 2021, 1402 = NJW 2021, 2734 = NZFam 2021, 751 = FamRB 2021, 413 = JurBüro 2021, 488 = NJW-Spezial 2021, 613 = JAmt 2021, 528 = MDR 2021, 1412 = ZKJ 2021, 417 = FF 2021, 335 [Ls] = LMK 2021, 811962 [Ls]

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Unterbringungsrecht; Unterbringungssache; Erforderlichkeit einer erneuten Anhörung des Betroffenen im Beschwerdeverfahren.
FamFG §§ 68, 319; GG Art. 2, Art. 103

Zieht das Beschwerdegericht in einer Unterbringungssache für seine Entscheidung mit einem neuen oder ergänzenden Sachverständigengutachten eine neue Tatsachengrundlage heran, die nach der amtsgerichtlichen Anhörung datiert, so ist eine erneute Anhörung des Betroffenen geboten (im Anschluß an den Senatsbeschluß vom 7. Dezember 2016 - XII ZB 32/16 - FamRZ 2017, 477 = FuR 2017, 203).

BGH, Beschluß vom 12. Mai 2021 - XII ZB 109/21 - LG Hannover [3 T 56/20]
MDR 2021, 1153 = FamRZ 2021, 1575 [Ls] = FF 2021, 375 [Ls] = FGPrax 2021, 172 [Ls]

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Verfahrensrecht; Verletzung rechtlichen Gehörs: Zurückweisung einer beantragten Zeugenvernehmung wegen Ungeeignetheit des Beweismittels.
ZPO §§ 284, 373, 544; GG Art. 103

Die Zurückweisung einer beantragten Zeugenvernehmung wegen Ungeeignetheit des Beweismittels kommt nur ausnahmsweise in Betracht, wenn es völlig ausgeschlossen erscheint, daß diese Vernehmung sachdienliche Erkenntnisse erbringen kann; weder die Unwahrscheinlichkeit der Tatsache noch die Unwahrscheinlichkeit der Wahrnehmung der Tatsache durch den benannten Zeugen berechtigen den Tatrichter dazu, von der Beweisaufnahme abzusehen (im Anschluß an den Senatsbeschluß vom 12. Dezember 2018 - XII ZR 99/17 - NJW-RR 2019, 380 = FuR 2019, 225).

BGH, Beschluß vom 12. Mai 2021 - XII ZR 152/19 - OLG Thüringen [3 U 243/18]
FamRZ 2021, 1297 = NJW-RR 2021, 861 = FF 2021, 312 = NZFam 2021, 781 = FamRB 2021, 338 = MDR 2021, 958 [1050] = IBR 2021, 444 = MittdtschPatAnw 2021, 371 [Ls] = ZAP EN-Nr. 391/2021 [Ls]

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Verfahrensrecht; Verletzung rechtlichen Gehörs: Zurückweisung einer beantragten Zeugenvernehmung wegen Ungeeignetheit des Beweismittels.
ZPO §§ 284, 373, 544; GG Art. 103

Die Zurückweisung einer beantragten Zeugenvernehmung wegen Ungeeignetheit des Beweismittels kommt nur ausnahmsweise in Betracht, wenn es völlig ausgeschlossen erscheint, daß diese Vernehmung sachdienliche Erkenntnisse erbringen kann; weder die Unwahrscheinlichkeit der Tatsache noch die Unwahrscheinlichkeit der Wahrnehmung der Tatsache durch den benannten Zeugen berechtigen den Tatrichter dazu, von der Beweisaufnahme abzusehen (im Anschluß an den Senatsbeschluß vom 12. Dezember 2018 - XII ZR 99/17 - NJW-RR 2019, 380 = FuR 2019, 225).

BGH, Beschluß vom 12. Mai 2021 - XII ZR 153/19 - OLG Thüringen [3 U 210/18]
FamRB 2021, 338

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Hinweis
Parallelverfahren zu dem Beschluß des Bundesgerichtshofes vom 12. Mai 2021 - XII ZR 152/19.
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Betreuungsrecht; erneute persönliche Anhörung des Betroffenen im Beschwerdeverfahren bei Heranziehung neue Tatsachengrundlage neues Sachverständigengutachten durch das Beschwerdegericht: Pflichten des Sachverständige vor der Erstattung des Gutachtens; Voraussetzungen für die Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts in dem Bereich der Vermögenssorge: konkrete Gefährdung des Vermögens durch den Betroffenen.
BGB §§ 1896, 1903; FamFG §§ 68, 278, 280

1. Das Beschwerdegericht darf nicht von der erneuten persönlichen Anhörung des Betroffenen im Beschwerdeverfahren absehen, wenn von dieser neue Erkenntnisse zu erwarten sind, was etwa dann der Fall ist, wenn das Beschwerdegericht für seine Entscheidung eine neue Tatsachengrundlage wie ein neues Sachverständigengutachten heranzieht (im Anschluß an den Senatsbeschluß vom 18. November 2020 - XII ZB 179/20 - FamRZ 2021, 303 = FuR 2021, 154).
2. Der Sachverständige hat den Betroffenen gemäß § 280 Abs. 2 S. 1 FamFG vor der Erstattung des Gutachtens persönlich zu untersuchen oder zu befragen, wobei er vor der Untersuchung des Betroffenen bereits zum Sachverständigen bestellt sein, und ihm den Zweck der Untersuchung eröffnet haben muß (im Anschluß an den Senatsbeschluß vom 6. Februar 2019 - XII ZB 393/18 - FamRZ 2019, 724 = FuR 2019, 286).
3. Für die Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts in dem Bereich der Vermögenssorge muß eine konkrete Gefährdung des Vermögens des Betroffenen durch sein aktives Tun festgestellt werden, indem er etwa vermögenserhaltende und -schützende Maßnahmen des Betreuers konterkariert, oder andere vermögensschädigende Maßnahmen trifft (im Anschluß an den Senatsbeschluß vom 15. August 2018 - XII ZB 10/18 - FamRZ 2018, 1770 = FuR 2018, 653).

BGH, Beschluß vom 12. Mai 2021 - XII ZB 427/20 - LG Erfurt [3 T 235/20]
FamRZ 2021, 1312 = FuR 2021, 494 = NJW-RR 2021, 1010 = NZFam 2021, 658 = MDR 2021, 1084 = BtPrax 2021, 198 [Ls] = Rpfleger 2021, 641 [Ls]

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Unterbringungsrecht; öffentlich-rechtliche Unterbringung in Bayern; Voraussetzung der Aufhebung einer freien Willensbestimmung aufgrund psychischer Krankheit.
bayPsychKG Art. 5

Eine öffentlich-rechtliche Unterbringung nach Art. 5 Abs. 1 S. 1 bayPsychKHG setzt in verfassungskonformer Auslegung der Vorschrift voraus, daß die freie Willensbestimmung des Betroffenen aufgehoben ist.

BGH, Beschluß vom 12. Mai 2021 - XII ZB 505/20 - LG Ingolstadt [24 T 2868/20]
NJW 2021, 2582 = MDR 2021, 1069 = BtPrax 2021, 191 = RuP 2021, 255 = FF 2021, 375 [Ls]

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Unterbringungsrecht; Unterbringungssache; wesentlicher Verfahrensmangel bei nicht rechtzeitiger Überlassung des Sachverständigengutachtens vor dem Anhörungstermin; Bestellung zum Sachverständigen vor der Untersuchung des Betroffenen.
FamFG §§ 37, 68, 319, 321

1. Wenn in einem Unterbringungsverfahren dem Betroffenen das Sachverständigengutachten nicht rechtzeitig vor dem Anhörungstermin überlassen worden ist, leidet die Anhörung an einem wesentlichen Verfahrensmangel (im Anschluß an den Senatsbeschluß vom 14. Oktober 2020 - XII ZB 146/20 - FamRZ 2021, 145).
2. Der Gutachter in einer Unterbringungssache muß schon vor der Untersuchung des Betroffenen zum Sachverständigen bestellt worden sein (im Anschluß an den Senatsbeschluß vom 16. September 2015 - XII ZB 250/15 - FamRZ 2015, 2156 = FuR 2016, 46).

BGH, Beschluß vom 12. Mai 2021 - XII ZB 587/20 - LG Dortmund [9 T 559/20]
FamRZ 2021, 1414 = NJW-RR 2021, 1009 = MDR 2021, 1084 = NJW 2021, 2734 [Ls] = FF 2021, 334 [Ls] = BtPrax 2021, 198 [Ls]

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Versorgungsausgleich; ausländische Anrechte; Divergenz zwischen dem tatsächlichen Scheidungsstatut und dem Versorgungsausgleichsstatut; Anwendbarkeit der Ausgleichssperre bei nicht ehezeitlich erworbenen ausländischen Anrechten; Kürzung des Versorgungsausgleichs bei grober Unbilligkeit.
VersAusglG §§ 19, 27; EGBGB Art. 17, Art. 229 § 28; EUV 1259/2010 Art. 8, Art. 18

1. Ist ein Scheidungsverfahren zwischen dem 21. Juni 2012 und dem 28. Januar 2013 eingeleitet worden, dann gelten für die Anknüpfung des Scheidungsstatuts anstelle von Art. 17 Abs. 1 EGBGB 2009 die höherrangigen Regelungen der Rom III-Verordnung; wegen der Anknüpfung des Versorgungsausgleichs wird Art. 17 Abs. 1 EGBGB 2009 demgegenüber nicht von der Rom III-Verordnung verdrängt, so daß sich das auf den Versorgungsausgleich anwendbare Recht weiterhin nach dem Ehewirkungsstatut bestimmt, und es deshalb in der Interimsphase zu einer Divergenz zwischen dem tatsächlichen Scheidungsstatut und dem Versorgungsausgleichsstatut kommen kann.
2. Nicht ehezeitlich erworbene ausländische Anrechte der Ehegatten unterfallen nicht dem Anwendungsbereich von § 19 Abs. 2 Nr. 4 VersAusglG, und können folglich auch keine Ausgleichssperre nach § 19 Abs. 3 VersAusglG auslösen.
3. § 27 VersAusglG verfolgt nicht den Zweck, eine insgesamt gleichmäßige Verteilung des in der Ehe erwirtschafteten Vermögens zu erreichen, so daß die Vorschrift auch keinen dahingehenden Automatismus bewirkt, daß ansonsten nicht realisierbare vermögensrechtliche Forderungen der Ehegatten untereinander mit den im Wege des Versorgungsausgleichs auszugleichenden Versorgungsanrechten stets in voller Höhe zu verrechnen wären.

BGH, Beschluß vom 19. Mai 2021 - XII ZB 190/18 - OLG Stuttgart [17 UF 131/17]
FamRZ 2021, 1609 = FuR 2022, 142 = NJW 2022, 62 = NZFam 2021, 891 = FamRB 2021, 447 = MDR 2021, 1535 = BetrAV 2021, 648 = FF 2021, 467 [Ls] =ErbR 2021, 989 [Ls] = LMK 2022, 800847 [Ls]

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Betreuungsrecht; Betreuungssache; Betreuerbestellung zu Zwecken der Erhaltung des Vermögens eines dementen Betroffenen.
BGB § 1896

Eine Betreuung hat nicht den Zweck, das Vermögen des Betroffenen zugunsten eines gesetzlichen Erben zu erhalten oder zu vermehren (im Anschluß an das Senatsurteil vom 22. Juli 2009 - XII ZR 77/06 - BGHZ 182, 116 = FamRZ 2009, 1656).

BGH, Beschluß vom 19. Mai 2021 - XII ZB 518/20 - LG Kiel [3 T 401/19]
FamRZ 2021, 1654 = NJW-RR 2021, 1082 = FF 2021, 451 = MDR 2021, 1201 = ZEV 2021, 584 = ErbR 2021, 949 = BWNotZ 2021, 400 = BtPrax 2021, 235 = DNotI-Report 2021, 140 = FGPrax 2021, 217 [Ls]

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Erbrecht; Pflichtteilsanspruch; Berücksichtigung der Grabpflegekosten als Nachlaßverbindlichkeiten; Auflage des Erblassers an die Erben zur Grabpflege; Berechnung des Zusatzpflichtteils.
BGB §§ 1940, 1968, 2192, 2305, 2306, 2311

1. Grabpflegekosten sind keine Nachlaßverbindlichkeiten im Sinne von § 1968 BGB.
2. Eine in einer letztwilligen Verfügung enthaltene Auflage des Erblassers an die Erben zur Grabpflege führt nicht zu einer Kürzung eines Pflichtteilsanspruchs.
3. Zu der Berechnung des Zusatzpflichtteils gemäß § 2305 BGB.

BGH, Urteil vom 26. Mai 2021 - IV ZR 174/20 - LG Mannheim [ZErb 2020, 369]
BGHZ 230, 130 = FamRZ 2021, 1243 = FuR 2021, 560 = NJW 2021, 2115 = NZFam 2021, 659 = FamRB 2021, 386 = MDR 2021, 883 = ZEV 2021, 521 = ZErb 2021, 313 = ErbR 2021, 777 = ZNotP 2021, 414 = DNotZ 2022, 218 = NJW-Spezial 2021, 424 = JuS 2021, 885 = JA 2021, 869-870 = NotBZ 2021, 374 = ZAP EN-Nr. 389/2021 [Ls] = LMK 2021, 814988 [Ls]

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Verfahrensrecht; Rechtsmittel; Berufung in Zivilsachen; Anforderungen an die Berufungsbegründung nach Klageabweisung aus mehreren voneinander unabhängigen, selbständig tragenden rechtlichen Erwägungen.
ZPO §§ 520, 522

1. Eine Berufung in Zivilsachen muß die tragenden Erwägungen des Erstgerichts angreifen und darlegen, warum diese aus Sicht des Berufungsklägers nicht zutreffen; die Begründung muß - ihre Richtigkeit unterstellt - geeignet sein, das gesamte Urteil in Frage zu stellen (Festhaltung BGH, Beschluß vom 29. November 2018 - III ZB 19/18 - NJW-RR 2019, 180).
2. Hat das Erstgericht die Abweisung der Klage auf mehrere voneinander unabhängige, selbständig tragende rechtliche Erwägungen gestützt, muß die Berufungsbegründung in dieser Weise jede tragende Erwägung angreifen; andernfalls ist das Rechtsmittel unzulässig. Der Grund hierfür liegt darin, daß in derartigen Fällen jede der gleichwertigen Begründungen des Erstgerichts seine Entscheidung trägt. Selbst wenn die gegen einen Grund vorgebrachten Angriffe durchgreifen, ändert sich nichts daran, daß die Klage aus dem anderen Grund weiterhin abweisungsreif ist.
3. Ausnahmsweise kann aber der Angriff gegen einen selbständigen Abweisungsgrund genügen, wenn dieser aus Rechtsgründen auch den anderen Abweisungsgrund zu Fall bringt.

BGH, Beschluß vom 27. Mai 2021 - III ZB 41/20 - OLG Brandenburg [2 U 55/18]
FamRZ 2021, 1399

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Haftung des Rechtsanwalts; Verletzung anwaltlicher Sorgfaltspflichten; Organisationswesen; Fristenkontrolle; Wiedereinsetzung in die versäumte Berufungsbegründungsfrist; Vorrang eines rechtzeitig gestellten Antrags auf Verlängerung der Rechtsmittelbegründungsfrist; Vorrang eines Fristverlängerungsantrages.
ZPO §§ 85, 233, 234, 520

Ein Prozeßbevollmächtigter, der erkennt, eine Rechtsmittelbegründungsfrist nicht einhalten zu können, muß durch einen rechtzeitig gestellten Antrag auf Fristverlängerung dafür Sorge tragen, daß ein Wiedereinsetzungsgesuch nicht notwendig wird. Dies setzt allerdings voraus, daß die Fristverlängerung rechtlich zulässig, und ein Vertrauen auf deren Bewilligung begründet ist (Fortführung von BGH, Beschluß vom 1. Juli 2013 - VI ZB 18/12 - NJW 2013, 3181 Tz. 9).

BGH, Beschluß vom 27. Mai 2021 - III ZB 64/20 - LG Leipzig [7 S 197/20]
NJW-RR 2021, 1143 = AnwBl 2021, 685 = MDR 2021, 915 [958] = ZfSch 2021, 449 = IBR 2021, 440 = FamRZ 2021, 1399 [Ls] = FA 2021, 251 [Ls] = ErbR 2021, 907 [Ls] = MittdtschPatAnw 2021, 422 [Ls] = ZAP EN-Nr. 493/2021 [Ls]

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Rechtsprechung Bundesgerichtshof 05/2021 - FD-Platzhalter-rund
Fachanwälte im Familienrecht gesucht

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