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Rechtsprechung Bundesgerichtshof 03/2021 - FD-Platzhalter-rund

Rechtsprechung Bundesgerichtshof 03/2021


 



Betreuungsrecht; Vergütung des Betreuers; erhöhter Stundensatz aufgrund besonderer betreuungsrelevanter Kenntnisse eines Betreuers (hier: ein mit der Approbation zum Tierarzt abgeschlossenes Studium der Veterinärmedizin).
BGB § 1836; VBVG § 4

Zu der Frage, unter welchen Voraussetzungen ein mit der Approbation zum Tierarzt abgeschlossenes Studium der Veterinärmedizin besondere und für die Betreuung mit dem Aufgabenkreis Gesundheitssorge nutzbare Kenntnisse im Sinne von § 4 Abs. 3 Nr. 2 VBVG bzw. § 4 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 VBVG a.F. vermittelt.

BGH, Beschluß vom 3. März 2021 - XII ZB 118/20 - LG Mannheim [4 T 204/19]
FamRZ 2021, 890 = FuR 2021, 373 = JurBüro 2021, 326 = MDR 2021, 583 = BtPrax 2021, 106 = RdLH 2021, 214

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Verfahrensrecht; Rechtsmittel; Versäumung der Berufungsfrist bei Prozeßkostenhilfeantrag wegen Bedürftigkeit vor Ablauf der Berufungsfrist; Beginn der Wiedereinsetzungsfrist bei Prozeßkostenhilfeversagung wegen mangelnder Erfolgsaussicht; Vertrauensschutz bei richterlichem Hinweis auf Erfolglosigkeit; Vertrauen auf Fortbestand früherer Beurteilung der wirtschaftlichen Verhältnisse durch dasselbe Gericht; Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.
ZPO §§ 114, 233, 234, 517

1. Beantragt eine Partei vor dem Ablauf der Rechtsmittel- oder Rechtsmittelbegründungsfrist die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe, ist sie regelmäßig schuldlos verhindert, die genannten Fristen einzuhalten, wenn sie vernünftigerweise nicht mit der Verweigerung der Prozeßkostenhilfe mangels Bedürftigkeit rechnen mußte.
2. Die Wiedereinsetzungsfrist (§ 234 Abs. 1 ZPO) beginnt auch dann, wenn das Gericht die Ablehnung der Prozeßkostenhilfe nicht auf die fehlende Bedürftigkeit der Partei stützt, sondern die Erfolgsaussichten der beabsichtigten Rechtsverfolgung verneint, grundsätzlich nicht vor der Bekanntgabe der Entscheidung über den Prozeßkostenhilfeantrag (im Anschluß an BGH, Beschlüsse vom 9. Januar 1985 - IVb ZB 142/84 - EzFamR ZPO § 234 Nr. 1 = BGHF 4, 760, und vom 9. Juli 2020 - V ZR 30/20 - NJW 2021, 242 Tz. 6).
3. Weist das Gericht, bei dem die Gewährung von Prozeßkostenhilfe beantragt wird, vor der Entscheidung über den Antrag darauf hin, daß dieser mangels Vorliegens der persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen voraussichtlich keinen Erfolg haben wird, dann darf der Antragsteller nur dann weiterhin auf die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe vertrauen, wenn er vernünftigerweise davon ausgehen durfte, die Zweifel ausräumen zu können, und die gerichtliche Auflage ordnungsgemäß erfüllt (im Anschluß an BGH, Beschlüsse vom 13. Februar 2008 - XII ZB 151/07 - FamRZ 2008, 871 Tz. 12; vom 26. Mai 2008 - II ZB 19/07 - NJW-RR 2008, 1306 Tz. 12, und vom 18. Juni 2020 - IX ZB 45/19 - NJW-RR 2020, 944 Tz. 7).
4. Für ein solches Vertrauen auf Seiten des Antragstellers - der zu den gerichtlichen Beanstandungen fristgerecht ausführt - kann auch sprechen, daß ihm nicht nur durch das erstinstanzliche Gericht, sondern - auf Basis vergleichbarer Angaben zu seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen - kurz zuvor durch das Berufungsgericht in einem anderen Verfahren Prozeßkostenhilfe bewilligt wurde.

BGH, Beschluß vom 9. März 2021 - VIII ZB 1/21 - OLG Frankfurt [15 U 116/19]
NJW-RR 2021, 568 = MDR 2021, 635 [858] = FamRZ 2021, 967 [Ls] = ErbR 2021, 637 [Ls] = ZIP 2021, 1728 [Ls]

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Erbrecht; Tötung des Erblassers durch dessen Erben; Einziehung des Nachlasses.
BGB §§ 2339, 2340 ff; StGB §§ 73 ff, 212

In dem Falle der Tötung des Erblassers durch dessen Erben ist eine Einziehung des Nachlasses nach §§ 73 ff StGB ausgeschlossen, weil die Rechtslage betreffend die Erbschaft in einem solchen Falle vorrangig und abschließend in §§ 2339 Abs. 1 Nr. 1, 2340 ff BGB geregelt ist.

BGH, Beschluß vom 9. März 2021 - 1 StR 487/20 - LG Augsburg [401 Js 134958/18 - 8 Ks]
NStZ-RR 2021, 207 = StV 2021, 708 [Ls]

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Erbrecht; den Vertragserben beeinträchtigende Schenkungen; entsprechende Anwendung des § 2287 Abs. 1 BGB auf wechselbezügliche Verfügungen in einem gemeinschaftlichen Testament; Aktivlegitimation für den Herausgabeanspruch aus § 2287 Abs. 1 BGB bei mehreren Vertragserben bzw. bindend eingesetzten Schlußerben.
BGB § 2287

1. Auf wechselbezügliche Verfügungen in einem gemeinschaftlichen Testament ist § 2287 Abs. 1 BGB entsprechend anzuwenden.
2. Der Herausgabeanspruch aus § 2287 Abs. 1 BGB gehört nicht zum Nachlaß. Sind mehrere Vertragserben bzw. bindend eingesetzte Schlußerben vorhanden, dann steht dieser Anspruch nicht den Erben gemeinschaftlich zu, sondern jedem von ihnen persönlich, und zwar zu einem seiner Erbquote entsprechenden Bruchteil.

BGH, Urteil vom 10. März 2021 - IV ZR 8/20 - Kammergericht [4 U 8/18]
FamRZ 2021, 983 = NJW-RR 2021, 521 = ZEV 2021, 445 = ZErb 2021, 262 = ErbR 2021, 678 = MittBayNot 2022, 49 = DNotZ 2022, 295 = NJW-Spezial 2021, 424

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Zwangsvollstreckung; Pfändbarkeit der Corona-Soforthilfe; Erhöhung des Pfändungsfreibetrages.
ZPO §§ 850k, 851

1. Bei der Corona-Soforthilfe (Bundesprogramm »Corona-Soforthilfen für Kleinstunternehmen und Selbständige« und ergänzendes Landesprogramm »NRW-Soforthilfe 2020«) handelt es sich um eine nach § 851 Abs. 1 ZPO nicht pfändbare Forderung.
2. Im Hinblick auf die Verwirklichung der mit dieser Soforthilfe verbundenen Zweckbindung ist in Höhe des bewilligten und auf einem Pfändungsschutzkonto des Schuldners gutgeschriebenen Betrages der Pfändungsfreibetrag in entsprechender Anwendung des § 850k Abs. 4 ZPO zu erhöhen.

BGH, Beschluß vom 10. März 2021 - VII ZB 24/20 - LG Bonn [4 T 196/20]
BGHZ 229, 94 = FuR 2021, 430 = NJW 2021, 1322 = JurBüro 2021, 328 = ZIP 2021, 814 = Rpfleger 2021, 366 = WM 2021, 742 = MDR 2021, 642 [661] = ZInsO 2021, 781 = KKZ 2021, 92 = NZI 2021, 437 = ZVI 2021, 197 = DStR 2021, 1179 = BKR 2021, 372 = ZRI 2021, 492 = DGVZ 2021, 140 = DZWIR 2021, 415 = HFR 2021, 723 = WuB 2021, 322 = NJW-Spezial 2021, 309 = InsbürO 2021, 249 = FamRZ 2021, 968 [Ls] = JAmt 2021, 283 [Ls] = StE 2021, 236 [Ls] = EWiR 2021, 414 [Ls] = ZAP EN-Nr. 508/2021 [Ls] = VuR 2021, 353 [Ls]

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Nichteheliche Lebensgemeinschaft; gemeinschaftsbezogene Zuwendung; Ausgleichsanspruch der Erben nach dem Tode des Zuwendenden; Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör.
BGB §§ 313, 727, 730, 812; GG Art. 103

1. Hat der gemeinschaftsbezogenen Zuwendung in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft die Vorstellung oder Erwartung zugrunde gelegen, die Lebensgemeinschaft, deren Ausgestaltung sie allein gedient hat, werde Bestand haben, entfällt die Geschäftsgrundlage nicht dadurch, daß die Lebensgemeinschaft durch den Tod des Zuwendenden ein natürliches Ende gefunden hat
2. Ist eine nichteheliche Lebensgemeinschaft durch den Tod des Zuwendungsempfängers beendet worden, dann ist auch ohne gesonderte Abrede ein unmittelbar aus § 313 BGB resultierender Anspruch denkbar.
3. Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der Prozeßbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Dabei soll das Gebot des rechtlichen Gehörs als Prozeßgrundrecht sicherstellen, daß die Entscheidung frei von Verfahrensfehlern ergeht, welche ihren Grund in unterlassener Kenntnisnahme und Nichtberücksichtigung des Sachvortrags der Parteien haben.
4. In diesem Sinne gebietet Art. 103 Abs. 1 GG in Verbindung mit den Grundsätzen der Zivilprozeßordnung die Berücksichtigung erheblicher Beweisanträge. Die Nichtberücksichtigung eines erheblichen Beweisangebots verstößt gegen Art. 103 Abs. 1 GG, wenn sie im Prozeßrecht keine Stütze findet, auch und insbesondere dann, wenn diese Nichtberücksichtigung auf vorweggenommener tatrichterlicher Beweiswürdigung beruht, also der von einer Partei angebotene Beweis nicht erhoben wird, weil das Gericht dem unter Beweis gestellten Vorbringen wegen seiner bereits gewonnenen Überzeugung kein Gewicht mehr beimißt.

BGH, Beschluß vom 10. März 2021 - XII ZR 54/20 - OLG Frankfurt [3 U 248/19]
FamRZ 2021, 964 = FamRB 2021, 294 = ZEV 2021, 773

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Betreuungsrecht; Auswahl eines Betreuers; Voraussetzungen für Abweichen vom Betreuungswunsch des Betroffenen; Anforderungen an die Eignung des Betreuers.
BGB § 1897

1. Zu den Voraussetzungen, unter denen nach § 1897 Abs. 4 S. 1 BGB bei der Auswahl eines Betreuers von dem Vorschlag des volljährigen Betreuten abgewichen werden darf (im Anschluß an den Senatsbeschluß vom 9. Mai 2018 - XII ZB 553/17 - FamRZ 2018, 1192 = FuR 2018, 482).
2. Ein Betreuer ist nur dann geeignet im Sinne des § 1897 Abs. 1 BGB, wenn er - neben der fachlichen Qualifikation - auch in persönlicher Hinsicht zur Führung der Betreuung geeignet ist (im Anschluß an den Senatsbeschluß vom 3. Februar 2021 - XII ZB 181/20 - FamRZ 2021, 797 = FuR 2021, 372).

BGH, Beschluß vom 10. März 2021 - XII ZB 174/20 - LG Gera [5 T 358/19]
FuR 2021, 372 = MDR 2021, 686 = BtPrax 2021, 105 = Rpfleger 2021, 492 = FamRZ 2021, 799 [Ls] = FF 2021, 217 [Ls]

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Ehewohnung; Herausgabeanspruch des Eigentümers; zeitliche Grenze für Geltendmachung des Anspruchs auf nachehezeitliche Überlassung.
BGB §§ 985, 1568a; FamFG §§ § 200 ff, 266

1. Der aus dem Eigentum folgende Herausgabeanspruch eines Ehegatten ist auch nach Rechtskraft der Scheidung nicht zulässigerweise als sonstige Familiensache im Sinne des § 266 Abs. 1 Nr. 3 FamFG durchsetzbar, solange der Anwendungsbereich des § 1568a BGB und damit das Ehewohnungsverfahren nach § 200 Abs. 1 Nr. 2 FamFG eröffnet ist (Fortführung Senatsbeschluß vom 28. September 2016 - XII ZB 487/15 - BGHZ 212, 133 = FamRZ 2017, 22 = FuR 2017, 78).
2. Ob es sich (noch) um eine Ehewohnung im Sinne des § 1568a BGB handelt, ist nach der Situation in dem Zeitpunkt der Rechtskraft der Ehescheidung, und nicht bezogen auf den Zeitpunkt der die Wohnung betreffenden Entscheidung zu beurteilen.
3. Der Anspruch auf Überlassung der Ehewohnung gemäß § 1568a Abs. 1 und 2 BGB erlischt ein Jahr nach Rechtskraft der Ehescheidung, wenn er nicht vorher rechtshängig gemacht worden ist.

BGH, Beschluß vom 10. März 2021 - XII ZB 243/20 - OLG Hamm [II-9 UF 78/19]
BGHZ 229, 101 = FamRZ 2021, 834 = FuR 2021, 428 = NJW 2021, 1527 = FF 2021, 360 = NZFam 2021, 450 = FamRB 2021, 229 = NJW-Spezial 2021, 357 = MDR 2021, 622 = WuM 2021, 316 = NZM 2021, 543 = MietPrax-AK § 266 FamFG Nr. 3 = JuS 2021, 693 = JA 2021, 691 = DW 2021, 69 = ZAP EN-Nr. 302/2021 = FF 2021, 261 [Ls] = ErbR 2021, 638 [Ls]

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Betreuungsrecht; Anhörung des Betroffenen nach Bekanntgabe des Sachverständigengutachtens.
FamFG §§ 26, 68, 278, 280; GG Art. 103

Die nach § 278 Abs. 1 S. 1 FamFG erforderliche Anhörung des Betroffenen ist grundsätzlich durchzuführen, nachdem ihm das nach § 280 Abs. 1 S. 1 FamFG einzuholende Sachverständigengutachten rechtzeitig bekanntgegeben worden ist (im Anschluß an den Senatsbeschluß vom 12. August 2020 - XII ZB 204/20 - FamRZ 2020, 1770 = FuR 2020, 654).

BGH, Beschluß vom 10. März 2021 - XII ZB 462/20 - LG Oldenburg [8 T 700/19]
FamRZ 2021, 1064 = FuR 2021, 422 = NJW-RR 2021, 653 = MDR 2021, 819 = FF 2021, 263 [Ls] = BtPrax 2021, 158 [Ls]

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Sozialrecht; gesetzliche Rentenversicherung; Beratungspflicht des Rentenversicherungsträgers hinsichtlich der Anrechnung von Mindestentgeltpunkten bei geringem Arbeitsentgelt.
BGB § 839; GG Art. 34; SGB I § 14; SGB VI §§ 109, 262

Zu den Anforderungen an die Beratungspflicht des Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung gemäß § 14 SGB I hinsichtlich der Anrechnung von Mindestentgeltpunkten bei geringem Arbeitsentgelt nach § 262 SGB VI (Fortführung des Senatsurteils vom 2. August 2018 - III ZR 466/16 - VersR 2019, 28).

BGH, Urteil vom 11. März 2021 - III ZR 27/20 - OLG Koblenz [1 U 1274/19]
MDR 2021, 872 = VersR 2021, 1043 = NVwZ-RR 2021, 671 = SuP 2021, 457 = RdLH 2021, 207 = FamRZ 2021, 1191 [Ls] = FF 2021, 375-376 [Ls]

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Grundstückserwerb eines Minderjährigen; Genehmigungsbedürftigkeit der Bestellung eines Nießbrauchs oder eines Grundpfandrechts.
BGB §§ 1643, 1821; GBO § 19

Die Bestellung eines Nießbrauchs oder eines Grundpfandrechts im Zusammenhang mit dem Grundstückserwerb eines Minderjährigen ist jedenfalls dann nicht nach § 1821 Abs. 1 Nr. 1 BGB genehmigungsbedürftig, wenn sich die Belastung bei wirtschaftlicher Betrachtung als Teil des Erwerbsvorgangs darstellt, und die Auflassung und die dingliche Einigung über die Belastung gleichzeitig erfolgen; die Belastung bedarf nicht deshalb der familiengerichtlichen Genehmigung, weil ihre Eintragung in das Grundbuch erst nach Umschreibung des Eigentums an dem Grundstück bewilligt und beantragt wird.

BGH, Beschluß vom 11. März 2021 - V ZB 127/19 - Kammergericht [ZEV 2020, 54]
FamRZ 2021, 951 = FuR 2021, 419 = NJW 2021, 1673 = NZFam 2021, 457 = FamRB 2021, 283 = MDR 2021, 608 = DNotI-Report 2021, 77 = BBB 2021, Nr. 6, 52 = NZM 2021, 620 = ZNotP 2021, 274 = FGPrax 2021, 97 = NotBZ 2021, 263 = ZEV 2021, 452 = Rpfleger 2021, 399 = DNotZ 2021, 980 = RNotZ 2021, 354 = WM 2021, 1964 = notar 2021, 339 = DNotI-Report 2021, 77 = BWNotZ 2021, 308 = FF 2021, 262 [Ls] = ErbR 2021, 636 [Ls] = LMK 2021, 811960 [Ls]

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Betreuungsrecht; Betreuungsverfahren; Beschwerdebefugnis eines Beteiligten; konkludent mögliche Hinzuziehung eines Beteiligten zu einem Betreuungsverfahren.
FamFG §§ 7, 274, 303

1. Für die auch konkludent mögliche Hinzuziehung zu einem Betreuungsverfahren ist erforderlich, daß das Gericht dem Beteiligten eine Einflußnahme auf das laufende Verfahren ermöglichen will, und dies zum Ausdruck bringt (im Anschluß an die Senatsbeschlüsse vom 27. März 2019 - XII ZB 417/18 - FamRZ 2019, 1091 = FuR 2019, 469 Tz. 7, und vom 17. Juni 2020 - XII ZB 574/19 - FamRZ 2020, 1590 = FuR 2020, 648)
2. Allein die Bekanntgabe der erstinstanzlichen Entscheidung bewirkt noch keine Beteiligung im Sinne der §§ 7, 274, 303 Abs. 2 Nr. 1 FamFG (im Anschluß an den Senatsbeschluß vom 18. Oktober 2017 - XII ZB 213/16 - FamRZ 2018, 197 = FuR 2018, 101 Tz. 9).

BGH, Beschluß vom 17. März 2021 - XII ZB 169/19 - LG Hamburg [301 T 76/19]
FamRZ 2021, 1062 = NJW-RR 2021, 937 = MDR 2021, 1026 = NZFam 2021, 571 = FF 2021, 263 [Ls] = ZAP EN-Nr. 352/2021 [Ls] = BtPrax 2021, 158 [Ls]

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Unterhalt des geschiedenen Ehegatten; Unterhaltsabänderung; Anpassung des nachehelichen Unterhalts an veränderte Verhältnisse; Neubewertung eines Ehevertrages im Rahmen der Ausübungskontrolle; wesentliche Veränderungen der der Ausgangsentscheidung zugrunde liegenden tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse.
BGB §§ 138, 242, 1572, 1573; FamFG §§ 113, 238

1. Die Unterhaltsabänderung nach § 238 FamFG besteht in einer unter Wahrung der Grundlagen des Unterhaltstitels vorzunehmenden Anpassung des Unterhalts an veränderte Verhältnisse (im Anschluß an den Senatsbeschluß vom 15. Juli 2015 - XII ZB 369/14 - FamRZ 2015, 1694 = FuR 2015, 671).
2. Auch wenn für die erstmalige Bewertung eines möglichen Rechtsmißbrauchs im Rahmen der Ausübungskontrolle eines Ehevertrages nach § 242 BGB der Zeitpunkt des Scheiterns der Ehe maßgeblich ist, kann sich durch die weitere Entwicklung ergeben, daß ein späteres Berufen seitens des von dem Ehevertrag begünstigten Ehegatten auf eine entsprechende Regelung im Sinne von § 242 BGB nicht mehr rechtsmißbräuchlich ist. Dies kann grundsätzlich im Rahmen einer Unterhaltsabänderung nach § 238 FamFG berücksichtigt werden.
3. Allerdings müssen die Voraussetzungen des § 238 FamFG erfüllt sein, um eine abweichende Bewertung der Ausübungskontrolle aus der abzuändernden Entscheidung zu erreichen. Es müssen mithin Tatsachen vorgetragen werden, aus denen sich eine wesentliche Veränderung der der Entscheidung zugrunde liegenden tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse ergibt.

BGH, Beschluß vom 17. März 2021 - XII ZB 221/19 - Kammergericht [FamRZ 2019, 1785 - Ls]
BGHZ 229, 128 = FamRZ 2021, 1114 = FuR 2021, 480 = NJW 2021, 1752 = NZFam 2021, 587 = FamRB 2021, 318 = NJW-Spezial 2021, 356 = MDR 2021, 944 = BWNotZ 2021, 248 = MittBayNot 2022, 150 = RNotZ 2021, 499 [Ls] = LMK 2021, 807952 [Ls]

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Betreuungsrecht; Auswahl des Betreuers; Abweichung vom Vorschlag des Betreuten.
BGB § 1897

Zu den Voraussetzungen, unter denen nach § 1897 Abs. 4 S. 1 BGB bei der Auswahl eines Betreuers von dem Vorschlag des volljährigen Betreuten abgewichen werden darf (im Anschluß an den Senatsbeschluß vom 9. Mai 2018 - XII ZB 553/17 - FamRZ 2018, 1192 = FuR 2018, 482).

BGH, Beschluß vom 17. März 2021 - XII ZB 289/20 - LG Hannover [4 T 24/20]
FamRZ 2021, 1060 = FuR 2021, 492 = NJW-RR 2021, 649 = NZFam 2021, 614 = MDR 2021, 880 = Rpfleger 2021, 494 = BtPrax 2021, 154 = FF 2021, 263 [Ls]

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Vormundschaft und Pflegschaft; gerichtliche Bestellung eines Abwesenheitspflegers für einen Pflichtteilsberechtigten; Beschwerdeberechtigung des Erben.
BGB § 1911; FamFG § 59

Der Erbe ist gegen die gerichtliche Bestellung eines Abwesenheitspflegers für einen Pflichtteilsberechtigten nicht beschwerdeberechtigt (Fortführung des Senatsbeschlusses vom 31. Januar 2018 - XII ZB 25/17 - FamRZ 2018, 764 = FuR 2018, 305).

BGH, Beschluß vom 17. März 2021 - XII ZB 415/19 - LG Siegen [4 T 87/19]
FamRZ 2021, 1067 = FuR 2021, 443 = NJW-RR 2021, 944 = FamRB 2021, 339 = MDR 2021, 690 = ZEV 2021, 394 = FGPrax 2021, 120 = ErbR 2021, 596 = NLPrax 2021, 115 = Rpfleger 2021, 495 = NJW-Spezial 2021, 391

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Erbrecht; Sachmängelhaftung des Testamentsvollstreckers bei Verkauf eines denkmalgeschützten Nachlaßgrundstücks; Wissenszurechnung der Kenntnis der Erben und der der Hausverwaltung.
BGB §§ 166, 241, 280, 311, 434, 437; DSchG HA §§ 8, 14

1. Die Denkmaleigenschaft des Kaufobjekts kann einen Sachmangel im Sinne des § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB begründen.
2. Verkauft der Testamentsvollstrecker ein Nachlaßgrundstück, kann ihm die Kenntnis der Erben über Mängel der Kaufsache oder andere offenbarungspflichtige Umstände nicht nach den für juristische Personen und öffentliche Körperschaften geltenden Grundsätzen über die »Organisation eines innerbetrieblichen Informationsaustausches« zugerechnet werden.
3. Eine solche Zurechnung findet auch in dem Verhältnis eines Grundstücksverkäufers zu einer von ihm (nur) mit der Verwaltung des Grundstücks beauftragten, rechtlich und organisatorisch selbständigen Hausverwaltung nicht statt (Bestätigung des Senatsurteils vom 22. November 1996 - V ZR 196/95 - NJW-RR 1997, 270).

BGH, Urteil vom 19. März 2021 - V ZR 158/19 - OLG Hamburg [1 U 128/18]
FamRZ 2021, 1065 = NJW-RR 2021, 1068 = VersR 2021, 1383 = NJW-Spezial 2021, 354 = MDR 2021, 864 = ZEV 2021, 382 = ErbR 2021, 590 = ZErb 2021, 324 = BWNotZ 2021, 228 = NLPrax 2021, 117 = NZM 2021, 662 = RNotZ 2021, 466 = DNotZ 2021, 965 = ZAP EN-Nr. 315/2021 = ZfIR 2021, 296 [Ls] = BBB 2021, Nr. 6, 53 [Ls] = MittBayNot 2022, 139 [Ls]

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Verfahrensrecht; besonderes elektronisches Anwaltspostfach; Anspruch von Rechtsanwälten gegen die Bundesrechtsanwaltskammer auf die besondere Verschlüsselungstechnik der Ende-zu-Ende-Verschlüsselung.
BRAO § 31a; RAVPV §§ 19, 20; GG Art. 12

1. Der Bundesrechtsanwaltskammer steht ein Spielraum bei der technischen Ausgestaltung der Nachrichtenübermittlung mittels des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs zu, sofern das gewählte System eine im Rechtssinne sichere Kommunikation gewährleistet.
2. Ein Anspruch von Rechtsanwälten gegen die Bundesrechtsanwaltskammer darauf, dass diese das besondere elektronische Anwaltspostfach mit einer Ende-zu-Ende-Verschlüsselung im Sinne der Europäischen Patentschrift EP 0 877 507 B1 versieht und betreibt, besteht nicht: Weder die gesetzlichen Vorgaben für die Errichtung und den Betrieb des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs noch die Verfassung gebieten eine derartige Verschlüsselung.
3. Zu der Sicherheit der Verschlüsselungstechnik des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs.

BGH, Urteil vom 22. März 2021 - AnwZ (Brfg) 2/20 - Anwaltsgerichtshof Berlin [I AGH 6/18]
WM 2021, 941 = BRAK-Mitt 2021, 190 = K&R 2021, 413 = BB 2021, 769 = DB 2021, 1012 [Ls] = BB 2021, 1090 [Ls]

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Versorgungsausgleich; externe Teilung rückstellungsfinanzierter Versorgungsanrechte; Gegenüberstellung der in der externen Zielversorgung zu erlangenden Versorgungsleistung mit der bei einer fiktiven internen Teilung im System der Quellversorgung zu erwartenden Versorgungsleistung; Heranziehung der gesetzlichen Rentenversicherung; Mitteilungspflicht des die externe Teilung verlangenden Versorgungsträgers über die Versorgung im Falle einer fiktiven internen Teilung; Vergleich auf der Basis von Rentenwerten oder Barwerten.
VersAusglG §§ 14, 15, 17, 45; BetrAVG § 4; HGB § 253; FamFG § 220; GG Art. 14; BilMoG

1. Zu der externen Teilung rückstellungsfinanzierter Versorgungsanrechte nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 26. Mai 2020 (FamRZ 2020, 1078).
2. Zu der Umsetzung der Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts hat das Familiengericht festzustellen, welche Versorgungsleistung die ausgleichsberechtigte Person mit dem von dem Quellversorgungsträger vorgeschlagenen Ausgleichswert in der externen Zielversorgung erlangen kann, und diese den Versorgungsleistungen gegenüberzustellen, die sie bei einer fiktiven internen Teilung in dem System der Quellversorgung zu erwarten hätte.
3. Als maßgebliche Zielversorgung für den Vergleich mit der Quellversorgung ist die gesetzliche Rentenversicherung heranzuziehen, solange der ausgleichsberechtigten Person noch keine Vollrente wegen Alters bindend bewilligt worden ist; dies gilt auch dann, wenn die ausgleichsberechtigte Person trotz entsprechender Hinweise des Gerichts ihr Wahlrecht nach § 15 VersAusglG nicht oder zugunsten einer anderen Zielversorgung ausübt.
4. Der Versorgungsträger, der die externe Teilung verlangt, hat dem Familiengericht entsprechend § 220 Abs. 4 FamFG auf Ersuchen mitzuteilen, welche Versorgung die ausgleichsberechtigte Person mit ihren biometrischen Daten im Falle einer fiktiven internen Teilung unter Berücksichtigung fiktiver Teilungskosten zu erwarten hätte.
5. Für die Beurteilung der Frage, ob die externe Teilung unter Berücksichtigung eines Toleranzrahmens von 10% mit dem von dem Quellversorgungsträger vorgeschlagenen Ausgleichswert verfassungskonform durchgeführt werden kann, kommt ein Vergleich der Versorgungsleistungen von Zielversorgung (bei externer Teilung) und Quellversorgung (bei fiktiver interner Teilung) auf der Basis von Rentenwerten oder von Barwerten in Betracht.

BGH, Beschluß vom 24. März 2021 - XII ZB 230/16 - OLG Bamberg [7 UF 323/13]
BGHZ 229, 213 = FamRZ 2021, 1103 = FuR 2021, 487 = NJW-RR 2022, 1 = NZFam 2021, 536 = FamRB 2021, 279 = MDR 2021, 750 = BetrAV 2021, 351 = FF 2021, 261 [Ls] = Streit 2021, 131 [Ls]

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Verfahrensrecht; Rechtsmittel; Unzulässigkeit der Revision wegen nicht grundsätzlicher Bedeutung der tatsächlich nicht umstrittenen Rechtsfrage des Ausschlusses der Ausgleichungspflicht durch letztwillige Verfügung; Ausgleichung besonderer Leistungen gegenüber Pflichtteilsansprüchen anderer Abkömmlinge; Ausschluß der Ausgleichung durch den Erblasser; Sittenwidrigkeit der erbrechtliche Zurücksetzung nächster Angehöriger in dem Bereich unterhalb der Schwelle des Pflichtteilsrechts; Testamentsauslegung.
BGB §§ 138, 2057a, 2316, 2318

1. Grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache im Sinne von § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO setzt voraus, daß die Rechtssache eine Rechtsfrage als in dem konkreten Fall entscheidungserheblich, klärungsbedürftig und klärungsfähig aufwirft, und deshalb das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt.
2. Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage dann, wenn sie von dem Bundesgerichtshof bisher nicht entschieden ist und von einigen Oberlandesgerichten unterschiedlich beantwortet wird oder in den beteiligten Verkehrskreisen umstritten ist, oder wenn in der Literatur unterschiedliche Meinungen dazu vertreten werden
3. Der zum Alleinerben eingesetzte Abkömmling kann Ausgleichung seiner besonderen Leistungen gegenüber Pflichtteilsansprüchen anderer Abkömmlinge geltend machen; der Erblasser kann jedoch eine Ausgleichungspflicht bei besonderen Leistungen eines Abkömmlings durch Verfügung von Todes wegen einschränken oder ausschließen.
4. § 2057a BGB, den § 2316 Abs. 1 BGB in das Pflichtteilsrecht überträgt, begründet kein Recht des besondere Leistungen erbringenden Abkömmlings an dem Nachlaß oder einen Anspruch gegenüber dem Erblasser, in das oder den dieser nicht eingreifen dürfte. § 2057a BGB gehört zu den die Auseinandersetzung unter Miterben betreffenden Regelungen nach §§ 2050 ff BGB.
5. §§ 2050 ff und § 2057a BGB gehen von der Vermutung aus, der Erblasser habe in den dort geregelten Fällen die Ausgleichung gewollt. Für eine solche Vermutung ist aber kein Raum, wenn sich der Erblasser durch eine Verfügung von Todes wegen eindeutig geäußert, und das Erbe nicht der gesetzlichen Erbfolge entsprechend aufgeteilt hat. Im Rahmen einer letztwilligen Verfügung hat es der Erblasser in der Hand, Pflegeleistungen zum Beispiel durch Zuwendung eines erhöhten Erbteils oder eines Vermächtnisses an den Pflegenden zu honorieren.
6. Die Schranke des § 138 Abs. 1 BGB kann eine erbrechtliche Zurücksetzung nächster Angehöriger in dem Bereich unterhalb der Schwelle des Pflichtteilsrechts nur in besonders schwerwiegenden Ausnahmefällen abwehren
7. Die Aufgabe der Testamentsauslegung ist grundsätzlich dem Tatrichter vorbehalten. Seine Auslegung kann mit der Revision nur angegriffen werden, wenn sie gegen gesetzliche Auslegungsregeln, allgemeine Denk- und Erfahrungsgrundsätze oder Verfahrensvorschriften verstößt.
8. Bei der Testamentsauslegung ist vor allem der wirkliche Wille des Erblassers zu erforschen, und nicht an dem buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften. Dieser Aufgabe kann der Tatrichter nur dann voll gerecht werden, wenn er sich nicht auf eine Analyse des Wortlauts beschränkt. Der Wortsinn der benutzten Ausdrücke muß gewissermaßen »hinterfragt« werden, wenn dem wirklichen Willen des Erblassers Rechnung getragen werden soll. Wenn der (mögliche) Wille des Erblassers in dem Testament aber auch nicht andeutungsweise oder versteckt zum Ausdruck gekommen ist, ist der unterstellte, aber nicht formgerecht erklärte Wille des Erblassers unbeachtlich.

BGH, Beschluß vom 24. März 2021 - IV ZR 269/20 - OLG Hamm [10 U 2/19]
FamRZ 2021, 1068 = NJW-RR 2021, 660 = ErbR 2021, 781 = ZEV 2021, 449 = ZErb 2021, 263 = BWNotZ 2021, 199 = JuS 2022, 73 = NJW-Spezial 2021, 360 = RNotZ 2021, 375 [Ls]

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Abstammungsrecht; Vaterschaftsanfechtungsverfahren des biologischen Vaters; Ausschluß von der Vertretung des Kindes; maßgeblicher Zeitpunkt für das Vorliegen einer sozial-familiären Beziehung zwischen rechtlichem Vater und Kind.
BGB §§ 1600, 1629, 1795; GG Art. 6

1. In Vaterschaftsanfechtungsverfahren sind der mitsorgeberechtigte rechtliche Vater und die mit ihm verheiratete Mutter von der Vertretung des Kindes ausgeschlossen (im Anschluß an die Senatsbeschlüsse vom 21. März 2012 - XII ZB 510/10 - BGHZ 193, 1 = FamRZ 2012, 859 = FuR 2012, 380, und vom 2. November 2016 - XII ZB 583/15 - FamRZ 2017, 123 = FuR 2017, 84). Ist die Mutter hingegen mit dem rechtlichen Vater nicht (mehr) verheiratet, ist sie von dem gesetzlichen Sorgerechtsausschluß nicht betroffen, so daß das Kind von ihr allein vertreten wird (Aufgabe von BGH, Urteil vom 14. Juni 1972 - IV ZR 53/71 - FamRZ 1972, 498).
2. Die Anfechtung der Vaterschaft durch den leiblichen Vater ist unbegründet, wenn zum Schluß der letzten Tatsacheninstanz eine sozial-familiäre Beziehung zwischen dem rechtlichem Vater und dem Kind besteht, auch wenn eine solche zu dem Zeitpunkt der Einreichung des Antrages noch nicht vorlag (im Anschluß an das Senatsurteil vom 6. Dezember 2006 - XII ZR 164/04 - BGHZ 170, 161 = FamRZ 2007, 538 = FuR 2007, 167 = EzFamR BGB § 1600 Nr. 7, und an den Senatsbeschluß vom 15. November 2017 - XII ZB 389/16 - FamRZ 2018, 275 = FuR 2018, 137).

BGH, Beschluß vom 24. März 2021 - XII ZB 364/19 - OLG Frankfurt [FamRZ 2019, 1872]
BGHZ 229, 239 = FamRZ 2021, 1127 = FuR 2021, 500 = NJW 2021, 1875 = NZFam 2021, 547 = FamRB 2021, 332 = MDR 2021, 753 = JAmt 2021, 402 = ZKJ 2021, 366 = RNotZ 2022, 164 = ErbR 2021, 729 [Ls]

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Unterbringungsrecht; Beschwerde in Unterbringungssachen; hilfsweise Feststellung der Unbegründetheit nach Verwerfung der Beschwerde als unzulässig.
FamFG § 58

Verwirft das Beschwerdegericht die Beschwerde als unzulässig, und führt hilfsweise aus, daß die Beschwerde auch unbegründet sei, gelten diese Rechtsausführungen des Beschwerdegerichts und grundsätzlich auch seine dazu getroffenen Feststellungen als nicht geschrieben (im Anschluß an den Senatsbeschluß vom 23. September 2020 - XII ZB 482/19 - FamRZ 2021, 213).

BGH, Beschluß vom 24. März 2021 - XII ZB 430/20 - LG Hamburg [309 T 177/20]
FamRZ 2021, 1217 = FuR 2021, 492 = NJW-RR 2021, 721 = FamRB 2021, 421 = MDR 2021, 960 = BtPrax 2021, 158 [Ls]

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Unterbringungsrecht; Unterbringungsverfahren; Umfang der Anhörungspflicht bei Nichteinlassung des Betroffenen im Rahmen der persönlichen Anhörung.
BGB § 1906a; FamFG §§ 26, 319

Zu dem Umfang der Anhörungspflicht, wenn sich der Betroffene im Rahmen seiner persönlichen Anhörung nicht zu dem Verfahrensgegenstand einläßt.

BGH, Beschluß vom 24. März 2021 - XII ZB 445/20 - LG Hamburg [309 T 180/20]
FamRZ 2021, 1240 = FuR 2021, 491 = NJW-RR 2021, 722 = NZFam 2021, 657 = MDR 2021, 1087 = BtPrax 2021, 153 = Seniorenrecht aktuell 2021, 113

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Haftung des Rechtsanwalts; Verletzung anwaltlicher Sorgfaltspflichten; Organisationswesen; Fristenkontrolle; Versäumung der Berufungsfrist; Sicherstellung der fristwahrenden Übermittlung von Schriftsätzen durch Überprüfung der Faxnummer des angeschriebenen Gerichts; von der Kanzleisoftware fehlerhaft eingesetzte Faxnummer; Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.
ZPO §§ 85, 233, 234, 511, 517

1. Ein Rechtsanwalt ist hinsichtlich der fristwahrenden Übermittlung von Schriftsätzen gehalten, durch geeignete organisatorische Vorkehrungen, insbesondere durch entsprechende allgemeine Anweisungen an das Büropersonal, sicherzustellen, daß Fehlerquellen im größtmöglichen Umfang ausgeschlossen sind, und gewährleistet ist, daß - anhand einer nochmaligen Überprüfung der Faxnummer des angeschriebenen Gerichts entweder vor der Versendung oder mit dem Sendebericht anhand einer zuverlässigen Quelle - bei der Adressierung die zutreffende Faxnummer verwendet wird.
2. Zu einer von der Kanzleisoftware fehlerhaft eingesetzten Faxnummer des erstinstanzlichen Gerichts anstelle des zuständigen Berufungsgerichts.

BGH, Beschluß vom 30. März 2021 - VIII ZB 37/19 - OLG Köln [17 U 8/19]
NJW-Spezial 2021, 414 = MDR 2021, 830 [856] = MMR 2021, 634 = ZInsO 2021, 1700 = InsbürO 2021, 501 = ZAP EN-Nr. 327/2021 = FamRZ 2021, 1139 [Ls] = AnwBl 2021, 423 [Ls] = VRR 2021, Nr. 6, 2 [Ls] = MittdtschPatAnw 2021, 294 [Ls] = VRR 2021, Nr. 7, 3 [Ls] = ErbR 2021, 730 [Ls]

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Hinweis
Ein Rechtsanwalt darf sich zu der Ermittlung der Faxnummer eines Gerichts auf ein seit Jahren bewährtes Software-Programm in der jeweils neuesten Fassung in der Regel verlassen. Eine organisatorische Anweisung des Rechtsanwalts an seine Bürokraft, eine Abgleichung der Faxnummer mit den Angaben in Anschreiben des Gerichts oder im Telefonbuch vorzunehmen, ist dann grundsätzlich nicht erforderlich.

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Unterhaltsrecht; Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Unterhaltstitels; übereinstimmend erklärte Erledigung der Hauptsache in der Rechtsbeschwerdeinstanz wegen zwischenzeitlicher Aufhebung des ausländischen Unterhaltstitels; Kosten des gesamten Vollstreckbarerklärungsverfahrens.
AUG §§ 2, 57; FamFG § 243; ZPO §§ 91a, 788

Erklären die Beteiligten das Verfahren nach § 57 AUG auf Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Unterhaltstitels in der Rechtsbeschwerdeinstanz deshalb in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt, weil zwischenzeitlich der ausländische Unterhaltstitel aufgehoben worden ist, entspricht es regelmäßig billigem Ermessen im Sinne von § 243 FamFG in Verbindung mit § 2 AUG, dem Antragsteller (Titelgläubiger) die Kosten des gesamten Vollstreckbarerklärungsverfahrens aufzuerlegen.

BGH, Beschluß vom 31. März 2021 - XII ZB 102/20 - OLG München [12 UF 774/19]
FamRZ 2021, 970 = FuR 2021, 366 = NJW-RR 2021, 1012 = NZFam 2021, 473 = FamRB 2021, 317 = JurBüro 2021, 365 = MDR 2021, 704 = FoVo 2021, 120 = FF 2021, 264 [Ls]

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Strafrecht; unechtes Unterlassungsdelikt; Garantenstellung bei Geschwistern.
BGB §§ 1618a, 1619; StGB §§ 13, 212

1. Unter Geschwistern besteht nicht schon wegen ihrer Verwandtschaft in der Seitenlinie eine Garantenstellung für ein unechtes Unterlassungsdelikt.
2. Nur in dem Eltern-Kind-Verhältnis liegt mit Blick auf §§ 1618a, 1619 BGB bereits aufgrund einer Verwandtschaft in aufsteigender Linie eine Rechtspflicht zum Handeln nahe (Festhaltung von BGH, Beschluß vom 2. August 2017 - 4 StR 169/17 - NStZ 2018, 34 f).
3. Eine Garantenstellung unter Geschwistern kann sich aber aus der tatsächlichen Übernahme einer Schutzfunktion ergeben. Dies kommt etwa in Betracht, wenn ein Geschwisterteil ausdrücklich oder konkludent die Übernahme von Verantwortung erklärt, diese zusätzlich neben den in erster Linie verantwortlichen Eltern übernommen und sich insoweit auch der Vorsatz der Person auf das Bestehen einer Rechtspflicht zum Handeln erstreckt hätte.
4. Aber allein daraus, daß jemand einem Hilfsbedürftigen beisteht, folgt noch keine Garantenpflicht zu der Vollendung einer begonnenen Hilfeleistung.

BGH, Urteil vom 31. März 2021 - 2 StR 109/20 - LG Limburg [2 Js 59353/16 - 2 Ks]
NZFam 2021, 991 = StV 2022, 75 = JuS 2021, 986

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Verfahrensrecht; Rechtsmittel; Verpflichtung zur Auskunft über das Vermögen; Bemessung des Werts des Beschwerdegegenstandes; Berücksichtigung von Reisekosten.
FamFG §§ 61, 113; ZPO § 3

Zu der Berücksichtigung von Reisekosten bei der Bemessung des Werts des Beschwerdegegenstands einer Verpflichtung zur Auskunft über das Vermögen in einer Familienstreitsache.

BGH, Beschluß vom 31. März 2021 - XII ZB 516/20 - OLG Düsseldorf [II-7 UF 128/20]
FamRZ 2021, 1050 = FuR 2021, 497 = NJW-RR 2021, 724 = NZFam 2021, 609 = FamRB 2021, 334 = MDR 2021, 685 = NJW-Spezial 2021, 356 = FF 2021, 263 [Ls] = ErbR 2021, 730 [Ls]

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Rechtsprechung Bundesgerichtshof 03/2021 - FD-Platzhalter-rund
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