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Entscheidungen Bundesgerichtshof 10/2022 - FD-Platzhalter-rund

Entscheidungen Bundesgerichtshof 10/2022


 



Versorgungsausgleich; Abfindung eines schuldrechtlich auszugleichenden Versorgungsanrechts nach der Scheidung; Zulassungsbeschränkung für die Rechtsbeschwerde auf die Zulässigkeitsfrage und Entscheidung durch Zwischenbeschluß; erster Antrag auf Wertausgleich im Beschwerdeverfahren gegen die Entscheidung über den Wertausgleich bei der Scheidung; Bewertung von Versorgungsanrechten des Versorgungswerks der Rechtsanwälte in Baden-Württemberg; anzuwendendes Recht für die Kostenentscheidung in Rechtsmittelverfahren.
VersAusglG §§ 23, 24, 39, 40; FamFG §§ 70, 150, 223, 224; ZPO § 280

1. Die Zulassung der Rechtsbeschwerde kann auf die Frage der Zulässigkeit des Antrages beschränkt werden, über die vorab durch Zwischenbeschluß entschieden werden kann; dies gilt in Familienverfahren nicht nur für Familienstreitsachen, sondern auch für kontradiktorisch geführte Streitsachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit, in denen ein Zwischenbeschluß über die strittigen Fragen der Zulässigkeit des verfahrenseinleitenden Antrages ergehen kann.
2. Ein Antrag auf Wertausgleich nach der Scheidung kann nicht erstmals in dem Beschwerdeverfahren gestellt werden, wenn das Amtsgericht in der ersten Instanz allein über den Wertausgleich bei der Scheidung entschieden hat (im Anschluß an den Senatsbeschluß vom 7. März 1990 - XII ZB 14/89 - FamRZ 1990, 606).
3. Zu der Bewertung von Versorgungsanrechten des Versorgungswerkes der Rechtsanwälte in Baden-Württemberg.
4. § 150 FamFG ist als Spezialregelung für die Kostenverteilung in Scheidungs- und Folgesachen uneingeschränkt auch in Rechtsmittelverfahren anzuwenden.

BGH, Beschluß vom 5. Oktober 2022 - XII ZB 74/20 - OLG Frankfurt [4 UF 42/19]
FamRZ 2023, 117 = NJW-RR 2023, 1 = NZFam 2023, 213 = FamRB 2023, 11 = MDR 2023, 119 = BetrAV 2023, 64 = FF 2023, 42 [Ls]

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Familienvermögensrecht; Widerruf einer Schenkung wegen groben Undanks; kein Begründungserfordernis.
BGB §§ 530, 531, 532

Die Erklärung des Widerrufs einer Schenkung wegen groben Undanks bedarf keiner Begründung.

BGH, Urteil vom 11. Oktober 2022 - X ZR 42/20 - OLG Frankfurt [8 U 142/13 - juris]
FamRZ 2023, 397 = NZFam 2023, 240 = FamRB 2023, 114 = VersR 2023, 332 = ZIP 2023, 194 = MDR 2023, 154 = ZEV 2023, 174 = BWNotZ 2023, 41 = ZfIR 2023, 103 [Ls] = EWiR 2023, 77 [Ls]

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Betreuungsrecht; Betreuungssache; Aufgaben des Kontrollbetreuers; Schadensersatzansprüche des Betroffenen gegen den Bevollmächtigten aus schuldhafter Pflichtverletzung.
BGB § 1896

Aufgabe des Kontrollbetreuers ist es, diejenigen Rechte geltend zu machen, die der Betroffene selbst aufgrund seiner vorliegenden Beeinträchtigung nicht mehr gegenüber dem Bevollmächtigten verfolgen kann. Hierzu gehört auch die Verfolgung etwaiger Schadensersatzansprüche des Betroffenen gegen den Bevollmächtigten aus schuldhafter Pflichtverletzung.

BGH, Beschluß vom 12. Oktober 2022 - XII ZB 273/22 - LG Mosbach [3 T 7/22]
FamRZ 2023, 157 = NJW 2023, 451 = NZFam 2023, 285 = MDR 2023, 42 = BtPrax 2023, 24 = Rpfleger 2023, 218 = FGPrax 2023, 31 [Ls] = ErbR 2023, 244 [Ls]

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Unterhalt unter Verwandten; Anspruch des minderjährigen Kindes auf Unterhalt; Vereinfachtes Unterhaltsverfahren; Statthaftigkeit der Rechtsbeschwerde gegen eine die Beschwerde verwerfende Entscheidung; nicht verkündeter Unterhaltsfestsetzungsbeschluß; Erlaß durch Übergabe an die Geschäftsstelle; Statthaftigkeit der Rechtspflegererinnerung bei durch verspätete Geltendmachung von Einwendungen bedingter Unzulässigkeit einer Beschwerde.
FamFG §§ 38, 117, 253, 256; ZPO § 522; RPflG § 11

1. Gegen eine Entscheidung, mit der in einem Vereinfachten Unterhaltsverfahren eine Beschwerde verworfen wird, ist die Rechtsbeschwerde zulassungsfrei statthaft.
2. Ein Unterhaltsfestsetzungsbeschluß nach § 253 FamFG bedarf, sofern er ohne mündliche Verhandlung ergangen ist, nicht der Verkündung (Abgrenzung zu dem Senatsbeschluß vom 25. Januar 2017 - XII ZB 504/15 - FamRZ 2017, 821 = FuR 2017, 262).
3. Eine nicht verkündete Entscheidung ist mit der Übergabe des unterzeichneten Beschlusses an die Geschäftsstelle erlassen (im Anschluß an die Senatsbeschlüsse vom 4. Juli 2018 - XII ZB 240/17 - FamRZ 2018, 1593 = FuR 2018, 549, und vom 3. November 2021 - XII ZB 289/21 - FamRZ 2022, 189 = FuR 2022, 155).
4. Zu der (hier verneinten) Frage, ob die durch eine verspätete Geltendmachung von Einwendungen bedingte Unzulässigkeit einer Beschwerde nach § 256 S. 2 FamFG zu der Statthaftigkeit der Rechtspflegererinnerung nach § 11 Abs. 2 RPflG gegen einen Unterhaltsfestsetzungsbeschluß nach § 253 FamFG führt.

BGH, Beschluß vom 12. Oktober 2022 - XII ZB 450/21 - OLG Naumburg [3 WF 62/21]
FamRZ 2023, 212 = FuR 2023, 148 = NJW 2023, 152 = NZFam 2023, 306 = FamRB 2023, 48 = Rpfleger 2023, 219 = FF 2023, 86 [Ls] = ErbR 2023, 244 [Ls]

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Verfahrensrecht; Zwangsvollstreckung; Rechtsschutzbedürfnis für die Vollstreckung eines Titels auf Abgabe der eidesstattlichen Versicherung bei parallel betriebenem Verfahren auf Vollstreckung eines titulierten Auskunftsanspruchs; Verweigerung der Abgabe der eidesstattlichen Versicherung.
BGB §§ 259, 260, 261; ZPO §§ 571, 888, 889

1. Dem Rechtsschutzbedürfnis für die Vollstreckung eines Titels auf Abgabe der eidesstattlichen Versicherung steht ein parallel betriebenes Verfahren auf Vollstreckung eines titulierten Auskunftsanspruchs grundsätzlich nicht entgegen. Das mit der Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung verfolgte Ziel, die Richtigkeit und Vollständigkeit der erteilten Rechnung sicherzustellen und damit die materielle Wahrheit zu erzwingen, geht über das mit der Rechnungserteilung zu erreichende Ziel hinaus, weil insoweit nur eine formal ordnungsgemäße und äußerlich vollständige Rechnungslegung erzwungen werden kann.
2. Für die Frage, ob in dem zu der Abgabe der eidesstattlichen Versicherung bestimmten Termin die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung ungerechtfertigt verweigert worden ist, kommt es auch in dem Beschwerdeverfahren nach dem Wortlaut des § 889 Abs. 2 Fall 2 ZPO auf den Zeitpunkt des Termins zu der Abgabe der eidesstattlichen Versicherung an.

BGH, Beschluß vom 13. Oktober 2022 - I ZB 69/21 - LG Karlsruhe [5 T 34/19]
FamRB 2023, 68 = MDR 2023, 188 = ZIP 2023, 326 = GRUR 2023, 105 = Magazindienst 2023, 145 = WM 2022, 2384 = WRP 2023, 333 = GRURPrax 2023, 73 = FamRZ 2023, 223 [Ls] = JurBüro 2023, 109 [Ls] = ErbR 2023, 245 [Ls]

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Verfahrensrecht; Rechtsmittel; erneute Anhörung eines Sachverständigen bei geplanter Abweichung vom Gutachten im Berufungsverfahren.
ZPO §§ 398, 402, 529

Von einer erneuten mündlichen Anhörung des Sachverständigen kann nicht abgesehen werden, wenn das Berufungsgericht dessen Ausführungen abweichend von der Vorinstanz würdigen will (im Anschluß an BGH, Beschluß vom 14. Juli 2020 - VI ZR 468/19 - NJW-RR 2020, 1259). Das gilt grundsätzlich auch bei von dem Tatrichter in Anspruch genommener eigener Sachkunde.

BGH, Urteil vom 19. Oktober 2022 - XII ZR 97/21 - OLG Schleswig [12 U 64/20]
NJW-RR 2023, 297 = ZMR 2023, 187 = NZV 2023, 80 = FF 2023, 43 [Ls] = MittdtschPatAnw 2023, 99 [Ls] = ErbR 2023, 245 [Ls]

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Haftung des Rechtsanwalts; Verletzung anwaltlicher Sorgfaltspflichten; Organisationswesen; Fristenkontrolle; Prüfung des Ablaufs von Rechtsmittelbegründungsfristen durch den Rechtsanwalt.
FamFG §§ 112, 113, 117; ZPO §§ 85, 233, 238, 522, 574; GG Art. 2, Art. 19, Art. 20, Art. 103

1. Werden einem Rechtsanwalt die Akten im Zusammenhang mit einer fristgebundenen Verfahrenshandlung vorgelegt, dann hat er den Ablauf von Rechtsmittelbegründungsfristen eigenverantwortlich zu prüfen (im Anschluß an BGH, Beschluß vom 19. Februar 2020 - XII ZB 458/19 = FamRZ 2020, 936 = FuR 2020, 373).
2. Ein Rechtsanwalt muß allgemeine Vorkehrungen dafür treffen, daß das zu der Wahrung von Fristen Erforderliche auch dann unternommen wird, wenn er unvorhergesehen ausfällt (im Anschluß an BGH, Beschluß vom 31. Juli 2019 - XII ZB 36/19 - FamRZ 2019, 1800 = FuR 2019, 722).

BGH, Beschluß vom 19. Oktober 2022 - XII ZB 113/21 - OLG München [4 UF 1417/20]
FuR 2023, 94 = NJW-RR 2023, 136 = NZFam 2023, 85 = FamRB 2023, 108 = MDR 2023, 52 = FamRZ 2023, 216 [Ls] = FF 2023, 43 [Ls] = ErbR 2023, 246 [Ls] = FA 2023, 26 [Ls] = StE 2022, 792 [Ls]

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Versicherungsrecht; Reiseversicherung; Wirksamkeit der Formulierung »unerwartete und schwere« Erkrankung in den Bestimmungen einer Reiseversicherung.
BGB §§ 305c, 307; VVG §§ 19, 20, 21, 32

1. Die Formulierung »unerwartete und schwere« Erkrankung in den Bestimmungen einer Reiseversicherung (hier: B Reise-Rücktrittsversicherung Nr. 3.1, 3.15, 8 VB-RS 2014 (RRK/UG-D) und B Reiseabbruch-Versicherung Nr. 3.1, 7 VB-RS 2014 (RRK/UG-D)) verstößt nicht gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB.
2. Als primäre Leistungsbeschreibung unterfällt die Regelung gemäß § 307 Abs. 3 S. 1 BGB im Übrigen nicht der Inhaltskontrolle. Eine gemäß § 32 S. 1 VVG unwirksame Abweichung von §§ 19 ff VVG liegt nicht vor.

BGH, Urteil vom 19. Oktober 2022 - IV ZR 185/20 - OLG Hamburg [9 U 228/19]
NJW 2023, 208 = VersR 2022, 1585 = ZfSch 2023, 26 = RuS 2022, 695 = MDR 2023, 41 = WM 2022, 2273 = ZAP EN-Nr. 742/2022 = VuR 2023, 34 [Ls]

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Personenstandsrecht; Namensrecht; Zweifelsvorlage des Standesamtes betreffend Beurkundung einer Namenswahlerklärung.
PStG §§ 43, 49; EGBGB Art. 48

1. Bei einer Zweifelsvorlage nach § 49 Abs. 2 PStG müssen die Zweifel des Standesbeamten die Vornahme einer konkret zu benennenden Amtshandlung betreffen; das Vorlagerecht dient nicht der Klärung abstrakter Rechtsfragen durch das Gericht.
2. Die Vorschrift des § 43 Abs. 1 PStG begründet die Zuständigkeit jedes Standesbeamten, die öffentliche Beglaubigung oder Beurkundung der dort aufgeführten Namenswahlerklärungen vorzunehmen. Jedenfalls dann, wenn der beurkundende Standesbeamte nicht zugleich empfangszuständig im Sinne von § 43 Abs. 2 PStG ist, darf er seine Mitwirkung an der Beglaubigung oder Beurkundung nur ablehnen, wenn die gesetzlich vorgesehenen Gestaltungsmöglichkeiten die angestrebte Rechtsfolge nicht zulassen, oder die Erklärung nach der eigenen Überzeugung des Standesbeamten aus anderen Gründen zweifelsfrei unwirksam ist.
3. Eine analoge Anwendung von Art. 48 EGBGB auf Sachverhalte, in denen ein deutsch-ausländischer Doppelstaater den nach dem Recht des EU-ausländischen Heimatstaates gebildeten Namen nicht während eines gewöhnlichen Aufenthalts in diesem Mitgliedstaat erworben hat, ist nicht möglich (Fortführung der Senatsbeschlüsse vom 20. Februar 2019 - XII ZB 130/16 - FamRZ 2019, 967 = FuR 2019, 418, und vom 8. Dezember 2021 - XII ZB 60/18 - FamRZ 2022, 421).

BGH, Beschluß vom 19. Oktober 2022 - XII ZB 425/21 - OLG Brandenburg [7 W 87/21]
FamRZ 2023, 108 = FuR 2023, 92 = NJW-RR 2023, 74 = NZFam 2023, 41 = StAZ 2023, 79 = MDR 2023, 53 = FF 2023, 43 [Ls] = ErbR 2023, 245 [Ls]

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Betreuungsrecht; Antrag auf Fixierungsgenehmigung durch Betreuer bei drohenden Selbstver-letzungen des Betreuten.
FamFG § 62

Die Feststellung nach § 62 FamFG kann nicht von einem Betreuer im eigenen Namen, sondern grundsätzlich nur von demjenigen persönlich verfolgt werden, der durch die erledigte Maßnahme in seinen Rechten verletzt worden ist (im Anschluß an den Senatsbeschluß vom 16. Januar 2019 - XII ZB 429/18 - FamRZ 2019, 555 = FuR 2019, 288).

BGH, Beschluß vom 19. Oktober 2022 - XII ZB 493/21 - LG Leipzig [1 T 432/21]
FamRZ 2023, 159 = NJW-RR 2023, 73 = MDR 2023, 119 = BtPrax 2023, 25 = ZAP EN-Nr. 743/2022 = FGPrax 2023, 31 [Ls] = ErbR 2023, 244 [Ls]

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Insolvenzverfahren; Unpfändbarkeit des an die Pflegeperson weitergeleiteten Pflegegeldes.
BGB § 399; ZPO §§ 850e, 851; SGB XI §§ 19, 37, 54; InsO §§ 35, 36

Das an die Pflegeperson weitergeleitete Pflegegeld ist unpfändbar.

BGH, Beschluß vom 20. Oktober 2022 - IX ZB 12/22 - LG Oldenburg [4 T 701/21]
FamRZ 2023, 380 = NZFam 2023, 278 = Rpfleger 2023, 242 = MDR 2023, 187 [279] = WM 2023, 182 = ZRI 2023, 109 = ZVI 2023, 71 = NZI 2023, 221 = ZInsO 2023, 504 = InsbürO 2023, 122 = BB 2023, 659 = DGVZ 2023, 50 = ZFSH/SGB 2023, 144 = FF 2023, 173 [Ls] = ZIP 2023, 322 [Ls] = BB 2023, 130 [Ls]

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Mietrecht; Eigenbedarfskündigung bei Wohnraummiete; Widerspruch des Mieters wegen nicht zu rechtfertigender Härte bei der ernsthaften Gefahr eines Suizids im Falle einer Verurteilung zur Räumung; Fortsetzung des Mietverhältnisses auf unbestimmte Zeit.
BGB §§ 574, § 574a

1. Zu den Voraussetzungen einer nicht zu rechtfertigenden Härte im Sinne des § 574 Abs. 1 S. 1 BGB bei der ernsthaften Gefahr eines Suizids des Mieters in dem Falle einer Verurteilung zur Räumung.
2. Sowohl bei der Feststellung des Vorliegens einer Härte im Sinne von § 574 Abs. 1 BGB als auch bei deren Gewichtung im Rahmen der Interessenabwägung zwischen den berechtigten Belangen des Mieters und denen des Vermieters ist im Einzelfall zu berücksichtigen, ob und inwieweit sich die mit einem Umzug einhergehenden Folgen durch die Unterstützung des Umfeldes des Mieters beziehungsweise durch begleitende ärztliche und/oder therapeutische Behandlungen mindern lassen (im Anschluß an und Fortführung von Senatsurteil vom 22. Mai 2019 - VIII ZR 180/18 - BGHZ 222, 133 Tz. 45).
3. Die Ablehnung einer möglichen Therapie durch den suizidgefährdeten Mieter führt nicht grundsätzlich dazu, daß das Vorliegen einer Härte abzulehnen oder bei der Interessenabwägung den Interessen des Vermieters der Vorrang einzuräumen wäre; vielmehr ist dieser Umstand im Rahmen der umfassenden Würdigung der Gesamtumstände des Einzelfalles zu berücksichtigen, bei der auch die Gründe für die Ablehnung, etwa eine krankheitsbedingt fehlende Einsichtsfähigkeit in eine Therapiebedürftigkeit, sowie die Erfolgsaussichten einer Therapie zu bewerten sind.
4. Das Angebot einer Ersatzwohnung durch den Vermieter und dessen Ablehnung durch den Mieter sowie die Gründe hierfür sind ebenfalls einzelfallbezogen sowohl bei der Beurteilung, ob eine Härte vorliegt, als auch bei der Interessenabwägung zu berücksichtigen.
5. Zu der Fortsetzung des Mietverhältnisses auf unbestimmte Zeit nach § 574a Abs. 2 S. 2 BGB bei unabsehbar fortbestehender Suizidgefahr.

BGH, Urteil vom 26. Oktober 2022 - VIII ZR 390/21 - LG Köln [1 S 124/20]
NJW-RR 2023, 14 = MDR 2023, 24 = Grundeigentum 2023, 37 = NZM 2023, 35 = BBB 2023, Nr. 1-2, 53 = WuM 2023, 39 = ZMR 2023, 181 = MM 2023, Nr. 3, 28 = DW 2023, Nr. 1, 70 = MietRB 2023, 1 = FamRZ 2023, 323 [Ls] = NJW 2022, 3782 [Ls] = RuP 2023, 62 [Ls]

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Entscheidungen Bundesgerichtshof 10/2022 - FD-Platzhalter-rund
Fachanwälte im Familienrecht gesucht

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