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Rechtsprechung Bundesgerichtshof 06/2021 - FD-Platzhalter-rund

Rechtsprechung Bundesgerichtshof 06/2021


 



Versorgungsausgleich; Abfassung eines Beschlusses zum Versorgungsausgleich; Prüfungspflichten des Familienrichters; externe Teilung eines fondsgebundenen Anrechts der betrieblichen Altersversorgung; hinreichende Bestimmtheit der Angabe des Ausgleichswertes als Zahlbetrag.
VersAusglG §§ 5, 14; FamFG § 220

1. Bei der externen Teilung eines fondsgebundenen Anrechts in der Bezugsgröße Fondsanteile ist der Ausgleichswert als Zahlbetrag dann hinreichend bestimmt, wenn der Geldkurs des Anteils bei Rechtskraft der Entscheidung zum Versorgungsausgleich taggenau aus einem von dem Versorgungsträger bereitgestellten und in der Beschlußformel angegebenen Internet-Zugang nebst Zugangscode ermittelt werden kann.
2. Bei der Abfassung einer auf den so veröffentlichten Kurswert Bezug nehmenden Entscheidung zum Versorgungsausgleich muß sich der Richter einerseits darüber vergewissern, daß der Kurswert über den von dem Versorgungsträger mitgeteilten Zugangsweg tatsächlich taggenau abgerufen werden kann, andererseits den von dem Vollstreckungsorgan zu vollziehenden Rechenweg unter Angabe der vollständigen Zugangsdaten in der Beschlußformel selbst vorgeben.

BGH, Beschluß vom 2. Juni 2021 - XII ZB 66/21 - OLG München [12 UF 1284/20]
FamRZ 2021, 1614 [Ls]


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Unterbringungsrecht; Unterbringungssache; Erforderlichkeit einer erneuten Anhörung des Betroffenen im Beschwerdeverfahren; ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen.
FamFG §§ 68, 319; GG Art. 103

1. Stützt sich das Beschwerdegericht für seine Entscheidung mit einem neuen oder ergänzenden Sachverständigengutachten auf eine neue Tatsachengrundlage, die nach der amtsgerichtlichen Entscheidung datiert, dann ist eine erneute Anhörung des Betroffenen grundsätzlich geboten (im Anschluß an den Senatsbeschluß vom 7. Dezember 2016 - XII ZB 32/16 - FamRZ 2017, 477 = FuR 2017, 203).
2. Dies gilt allerdings nicht, wenn der Sachverständige in seiner ergänzenden Stellungnahme nur seine bereits in dem ursprünglichen Gutachten niedergelegten Ausführungen wiederholt oder bestätigt.

BGH, Beschluß vom 2. Juni 2021 - XII ZB 126/21 - LG Nürnberg-Fürth [13 T 49/21]
FamRZ 2021, 1555 = NJW-RR 2021, 1369 = NZFam 2021, 801 = MDR 2021, 1287 = FF 2021, 334 [Ls] = ErbR 2021, 910 [Ls] = BtPrax 2021, 198 [Ls] = ZAP EN-Nr. 479/2021 [Ls]


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Personenstandsrecht; Personenstandssache; Aufnahme der nach der Geburt eines Kindes wirksam werdenden Änderung des Vornamens eines Elternteils in den Geburtseintrag des Kindes.
PStG §§ 5, 27, 47, 48, 49; NamÄndG §§ 3, 11; PStV § 36

Die nach der Geburt eines Kindes wirksam werdende, auf der Grundlage des Namensänderungsgesetzes erfolgende Änderung des Vornamens eines Elternteils ist nicht als Berichtigung oder sonstige Folgebeurkundung in den Geburtseintrag des Kindes aufzunehmen.

BGH, Beschluß vom 2. Juni 2021 - XII ZB 405/20 - OLG Köln [26 Wx 2/20]
FamRZ 2021, 1543 = NZFam 2021, 849 [898] = FamRB 2022, 27 = StAZ 2021, 303 = MDR 2021, 1137 = Rpfleger 2021, 640 [Ls] = ErbR 2021, 990 [Ls]


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Betreuungsrecht; Betreuungssache; Zurückweisung der gegen die Betreuungsanordnung gerichteten Beschwerde bei Überschreitung der vom erstinstanzlichen Gericht für eine Betreuung festgesetzten Überprüfungsfrist.
BGB § 1896; FamFG § 26

Wird die von dem erstinstanzlichen Gericht für eine Betreuung festgesetzte Überprüfungsfrist im Laufe des Beschwerdeverfahrens überschritten, dann darf das Beschwerdegericht eine gegen die Betreuungsanordnung gerichtete Beschwerde nur dann zurückweisen, wenn es sich im Rahmen seiner Amtsermittlungspflicht die Überzeugung davon verschafft hat, daß die Maßnahme auch in dem Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung noch erforderlich ist (im Anschluß an den Senatsbeschluß vom 21. August 2019 - XII ZB 135/19 - FamRZ 2019, 2027 = FuR 2019, 721).

BGH, Beschluß vom 2. Juni 2021 - XII ZB 540/20 - LG Chemnitz [3 T 562/17]
FamRZ 2021, 1658 = NJW 2021, 3468 = NZFam 2021, 895 = MDR 2021, 1152 = FF 2021, 466 [Ls] = Rpfleger 2021, 640 [Ls] = ErbR 2021, 989 [Ls] = BtPrax 2021, 239 [Ls] = FGPrax 2021, 270 [Ls]


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Betreuungsrecht; Vergütung des Berufsbetreuers; Aufenthalt des Betreuten in einer stationären Einrichtungen gleichgestellten ambulant betreuten Wohnform.
VBVG § 5; SGB IX §§ 90 ff, 113 ff

Lebt der Betroffene im Rahmen einer Leistungsgewährung der Eingliederungshilfe nach §§ 90 ff, 113 ff SGB IX in einem eigenen Zimmer einer Außenwohngruppe, in der Unterstützungsleistungen angeboten werden, zu deren Inanspruchnahme er jedoch nicht verpflichtet ist, hält er sich grundsätzlich nicht in einem Heim im Sinne von § 5 Abs. 3 VBVG a.F. oder in einer einer stationären Einrichtung gleichgestellten ambulant betreuten Wohnform im Sinne von § 5 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 und S. 3 VBVG auf (im Anschluß an den Senatsbeschluß vom 5. Mai 2021 - XII ZB 580/20 - FamRZ 2021, 1314).

BGH, Beschluß vom 2. Juni 2021 - XII ZB 582/20 - LG Leipzig [2 T 427/20]
MDR 2021, 1294 = Rpfleger 2022, 28 = FGPrax 2021, 271 [Ls]


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Unerlaubte Handlungen; Verdienstausfallschaden nach Verkehrsunfall; Berechnung des Anspruchs auf Ersatz der auf den entgangenen Nettoverdienst anfallenden Steuern bei einem mit seinem Ehegatten zur Einkommensteuer zusammenveranlagten Geschädigten.
BGB §§ 249, 252; EStG §§ 2, 24, 26b

Ein erwerbstätiger verheirateter Geschädigter, der mit seinem Ehegatten zur Einkommensteuer zusammenveranlagt wird, kann von dem Schädiger, der ihm neben dem entgangenen Nettoverdienst die darauf anfallenden Steuern zu ersetzen hat, den Einkommensteuerbetrag ersetzt verlangen, der sich auf der Grundlage der Zusammenveranlagung ergibt (teilweise Aufgabe von Senatsurteil vom 28. April 1970 - VI ZR 193/68 - VersR 1970, 640).

BGH, Urteil vom 8. Juni 2021 - VI ZR 924/20 - LG Rottweil [1 S 24/20]
FamRZ 2021, 1418 = NJW 2021, 3400 = NZFam 2021, 755 = VersR 2021, 1108 = NJW-Spezial 2021, 458 = MDR 2021, 1132 = ZfSch 2021, 671 = VRS 140, 230 = HFR 2021, 1126 = RuS 2021, 474 = DStR 2021, 1780 = AW-Prax 2021, 377 = StE 2021, 443 [Ls] = LMK 2021, 811816 [Ls] = BFH/NV 2021, 1327 [Ls] = ErbR 2021, 907 [Ls] = DAR 2021, 562 [Ls]


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Unterbringungsrecht; Unterbringungssache; Gegenstand des Beschwerdeverfahrens; zivilrechtliche und öffentlich-rechtliche Unterbringung als unterschiedliche Verfahrensgegenstände.
BGB § 1906; PsychKG NW §§ 10, 11, 12; FamFG §§ 37, 68

1. Gegenstand des Beschwerdeverfahrens kann grundsätzlich nur der Verfahrensgegenstand sein, über den in dem ersten Rechtszug entschieden worden ist (im Anschluß an die Senatsbeschlüsse vom 5. Januar 2011 - XII ZB 240/10 - FamRZ 2011, 367; vom 18. Mai 2011 - XII ZB 671/10 - FamRZ 2011, 1143, und vom 8. Juni 2011 - XII ZB 43/11 - FamRZ 2011, 1289).
2. Bei der zivilrechtlichen Unterbringung gemäß § 1906 BGB und der öffentlich-rechtlichen Unterbringung nach den Landesgesetzen (hier: nach §§ 10 ff PsychKG NW) handelt es sich um unterschiedliche Verfahrensgegenstände. Wenn das Landgericht die Beschwerdezurückweisung auf eine öffentlich-rechtliche Unterbringung stützt, obwohl das Amtsgericht eine zivilrechtliche Unterbringung genehmigt hat, tauscht es die Verfahrensgegenstände in unzulässiger Weise aus.

BGH, Beschluß vom 9. Juni 2021 - XII ZB 97/21 - LG Mönchengladbach [5 T 30/21]
FamRZ 2021, 1661 = NJW-RR 2021, 1081 = NZFam 2021, 852 = FGPrax 2021, 239 = MDR 2021, 1549 = RuP 2021, 256 = FF 2021, 466 [Ls] = BtPrax 2021, 239 [Ls]


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Verfahrensrecht; Zwangsvollstreckung; Vollstreckbarerklärung einer US-amerikanischen Unterhaltsentscheidung; Wahrung der Verteidigungsrechte bei Kenntniserlangung vom laufenden Gerichtsverfahren; Interessenabwägung bei einer nach dem Verfahrensrecht des Ursprungsstaates erfolgten fiktiven Zustellung der Benachrichtigung vom Verfahren; Pflicht zur Einlegung eines nach der Verfahrensordnung des Ursprungsstaates zulässigen Rechtsbehelfs nach Kenntniserlangung.
HUÜ Art. 22, Art. 23

1. Nach Art. 22 lit. e Nr. i HUÜ 2007 ist nicht auf die formal ordnungsgemäße Zustellung der Benachrichtigung von dem Verfahren, sondern auf die tatsächliche Wahrung der Verteidigungsrechte abzustellen. Diese gelten als gewahrt, wenn der Antragsgegner Kenntnis von dem laufenden Gerichtsverfahren erlangt hat, und deswegen seine Rechte geltend machen konnte (Fortführung von Senatsbeschluß vom 22. Mai 2019 - XII ZB 523/17 - FamRZ 2019, 1271 = FuR 2019, 651).
2. Ob in dem Falle einer nach dem Verfahrensrecht des Ursprungsstaates erfolgten fiktiven Zustellung der Benachrichtigung von dem Verfahren die Verteidigungsrechte des Antragsgegners im Sinne von Art. 22 lit. e Nr. i HUÜ 2007 gewahrt sind, ist im Wege einer Abwägung der schützenswerten Interessen des Antragstellers und des Antragsgegners unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles zu beurteilen (Fortführung von Senatsbeschluß vom 28. November 2007 - XII ZB 217/05 - FamRZ 2008, 390 = FuR 2008, 149).
3. Der Versagungsgrund des Art. 22 lit. e Nr. i HUÜ 2007 entfällt nicht dadurch, daß der Antragsgegner nach der Erlangung der Kenntnis von der ausländischen Entscheidung keinen nach der Verfahrensordnung des Ursprungsstaates zulässigen Rechtsbehelf eingelegt hat (Fortführung von Senatsbeschluß vom 3. April 2019 - XII ZB 311/17 - FamRZ 2019, 996 = FuR 2019, 410).

BGH, Beschluß vom 9. Juni 2021 - XII ZB 416/19 - OLG Frankfurt [8 UF 128/19]
FamRZ 2021, 1647 = FuR 2021, 671 = NJW 2021, 3601 = NZFam 2021, 850 = FamRB 2021, 443 = MDR 2021, 1320 [1352] = FF 2021, 467 [Ls] = MittdtschPatAnw 2021, 469 [Ls] = LMK 2022, 800659 [Ls]


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Betreuungsrecht; Vergütung des Berufsbetreuers; Vergleichbarkeit der Ausbildung mit einer Hochschulausbildung bei einem im Wege der sog. Nachdiplomierung zuerkannten akademischen Grad.
VBVG § 4

Der Umstand, daß die von einem Berufsbetreuer abgeschlossene Berufsausbildung im beamtenrechtlichen Laufbahnrecht dem Diplom einer Fachhochschule gleichgestellt und dem Betreuer im Wege der sog. Nachdiplomierung ein akademischer Grad (hier: Diplom-Verwaltungswirt) zuerkannt worden ist, kann für die Vergleichbarkeit seiner Ausbildung mit einer (Fach-)Hochschulausbildung sprechen (Fortführung Senatsbeschluß vom 11. Dezember 2019 - XII ZB 258/19 - NJW-RR 2020, 259 = FuR 2020, 238).

BGH, Beschluß vom 9. Juni 2021 - XII ZB 491/20 - LG Saarbrücken [5 T 356/20]
FamRZ 2021, 1663 = MDR 2021, 1421 = Rpfleger 2021, 698 = BtPrax 2021, 239 [Ls]


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Umgangsrecht; Umgang des Kindes mit den Eltern; Vollstreckbarkeit einer gerichtlichen Regelung des begleiteten Umgangs gegen einen mitwirkungsbereiten Dritten; Beteiligter des Umgangsverfahrens.
BGB § 1684; FamFG § 89

1. Gegen einen mitwirkungsbereiten Dritten im Sinne von § 1684 Abs. 4 S. 3 und 4 BGB kann eine gerichtliche Regelung des begleiteten Umgangs nicht vollstreckt werden.
2. Das gilt auch dann, wenn dieser (hier: das Jugendamt) in anderer Funktion Beteiligter des Umgangsverfahrens war (Abgrenzung zu dem Senatsbeschluß vom 19. Februar 2014 - XII ZB 165/13 - FamRZ 2014, 732 = FuR 2014, 347).

BGH, Beschluß vom 9. Juni 2021 - XII ZB 513/20 - OLG Frankfurt [FamRZ 2020, 1376]
FamRZ 2021, 1622 = NJW-RR 2021, 1297 = MDR 2021, 1270 = FamRB 2021, 451 = NZFam 2021, 888 = JAmt 2021, 579 = ZKJ 2021, 459


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Betreuungsrecht; Betreuungssache; Erforderlichkeit der Bestellung eines Betreuers; Voraussetzung der Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts.
BGB §§ 1896, 1903

1. Nach § 1896 Abs. 2 S. 1 BGB darf ein Betreuer nur bestellt werden, soweit die Betreuung erforderlich ist. Dieser Grundsatz verlangt für die Bestellung eines Betreuers die konkrete tatrichterliche Feststellung, daß sie - auch unter Beachtung der Verhältnismäßigkeit - notwendig ist, weil der Betroffene auf entsprechende Hilfen angewiesen ist, und weniger einschneidende Maßnahmen nicht in Betracht kommen (im Anschluß an den Senatsbeschluß vom 10. Juni 2020 - XII ZB 25/20 - FamRZ 2020, 1588 = FuR 2020, 647 Tz. 9 mwN).
2. Für die Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts in dem Bereich der Vermögenssorge muß eine konkrete Gefahr des Vermögens des Betroffenen durch sein aktives Tun festgestellt werden, indem er etwa vermögenserhaltende und -schützende Maßnahmen des Betreuers konterkariert oder andere vermögensschädigende Maßnahmen trifft (im Anschluß an den Senatsbeschluß vom 15. August 2018 - XII ZB 10/18 - FamRZ 2018, 1770 = FuR 2018, 653).

BGH, Beschluß vom 9. Juni 2021 - XII ZB 545/20 - LG Chemnitz [3 T 447/20]
FamRZ 2021, 1657= NZFam 2021, 934 = MDR 2021, 1269 = ErbR 2021, 953 = ZEV 2021, 775 = FF 2021, 466 [Ls] = Rpfleger 2021, 640 [Ls] = BtPrax 2021, 239 [Ls] = FGPrax 2021, 271 [Ls]


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Versorgungsausgleich in der Insolvenz des ausgleichspflichtigen Ehegatten; Erwerb von Versorgungsanrechten aus einer privaten Altersversorgung nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens; notwendige Beteiligung des Insolvenzverwalters am Verfahren über den Versorgungsausgleich; Beginn der Beschwerdefrist für den erstinstanzlich nicht hinzugezogenen Insolvenzverwalter.
VersAusglG § 10; FamFG §§ 7, 59, 63, 219; InsO §§ 35, 80, 91, 103

1. Versorgungsanrechte können durch eine nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des ausgleichspflichtigen Ehegatten ergehende rechtskräftige Entscheidung zum Versorgungsausgleich im Wege der internen Teilung erworben werden.
2. Der Insolvenzverwalter ist an dem Verfahren über den Versorgungsausgleich bei der Scheidung zu beteiligen, wenn ein Versorgungsanrecht betroffen ist, welches zu der Insolvenzmasse gehören kann.
3. Für einen erstinstanzlich nicht hinzugezogenen Beteiligten, der durch den Beschluß unmittelbar in seinen Rechten beeinträchtigt und daher beschwerdebefugt ist, wird die Beschwerdefrist jedenfalls dann in Lauf gesetzt, sobald ihm die vollständige Entscheidung vorliegt.

BGH, Urteil vom 10. Juni 2021 - IX ZR 6/18 - OLG Düsseldorf [I-4 U 119/15]
BGHZ 230, 147 = FamRZ 2021, 1357 = FuR 2021, 545 = NJW-RR 2022, 55 = NZFam 2021, 701 = FamRB 2021, 410 = WM 2021, 1346 = ZIP 2021, 1499 = ZRI 2021, 637 = NJW-Spezial 2021, 645 = BetrAV 2021, 443 = ZInsO 2021, 1615 = ZVI 2021, 302 = MDR 2021, 1028 = InsbürO 2021, 379 = NZI 2021, 826 = BetrAV 2021, 653 = WuB 2021, 500 = ZAP EN-Nr. 451/2021 [Ls] = EWiR 2021, 495 [Ls]


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Verfahrensrecht; Zwangsvollstreckung; Zwangsvollstreckungskosten; Erstreckung der Pfändung auf die Kosten der Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses.
ZPO §§ 788, 829, 835

Ergeht ein Pfändungs- und Überweisungsbeschluß auch wegen der Zustellungskosten für diesen Beschluß, dann erstreckt sich die Pfändung auf die Kosten der Zustellung des Beschlusses an den Schuldner und an die in dem Beschluß genannten Drittschuldner.

BGH, Urteil vom 10. Juni 2021 - IX ZR 90/20 - LG Essen [17 S 12/19]
FamRZ 2021, 1641 = JurBüro 2021, 475 = MDR 2021, 1289 = Rpfleger 2021, 663 = JAmt 2022, 41 = WM 2021, 1509 = ZInsO 2021, 1737 = ZVI 2021, 338 = WuB 2021, 463 = DGVZ 2021, 221 = InsbürO 2021, 422 = FoVo 2021, 142 = ErbR 2021, 907 [Ls]


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Betreuungsrecht; Vergütung des Berufsbetreuers; gewöhnlicher Aufenthalt des Betroffenen in einer stationären Einrichtungen gleichgestellten ambulant betreuten Wohnform.
VBVG § 5; SGB IX §§ 90, 113

Lebt der Betroffene in einer ambulant betreuten Einrichtung der Eingliederungshilfe (SGB IX), in der er verpflichtet ist, behandlungspflegerische Leistungen, die über einfache ärztlich verordnete behandlungspflegerische Maßnahmen hinausgehen, auf eigene Kosten durch externe Dienstleister zu decken, hat er seinen gewöhnlichen Aufenthalt nicht in einer stationären Einrichtungen gleichgestellten ambulant betreuten Wohnform (im Anschluß an die Senatsbeschlüsse vom 4. November 2020 - XII ZB 436/19 - MDR 2021, 326, und vom 2. Juni 2021 - XII ZB 582/20 - MDR 2021, 1294).

BGH, Beschluß vom 16. Juni 2021 - XII ZB 46/21 - LG Leipzig [2 T 530/20]
MDR 2021, 1157 = Rpfleger 2021, 697 = FamRZ 2021, 1666 [Ls] = BtPrax 2021, 238 [Ls]


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Umgangsrecht; Umgang der Eltern mit ihren Kindern; Umgangsrecht des leiblichen Vaters bei privater Samenspende an ein lesbisches Paar; Begründung der anderweitigen rechtlichen Vaterschaft durch Stiefkindadoption der eingetragenen Lebenspartnerin der Mutter; Ausschluß bei Einwilligung des leiblichen Vaters in die Adoption; Umgangsregelung bei ernsthaftem Interesse an dem Kind.
BGB §§ 1686a, 1697a, 1747; FamFG § 167a; AdVermiG § 8a

1. Ein Umgangsrecht kann dem leiblichen Vater auch in dem Falle der sogenannten privaten Samenspende zustehen (Fortführung Senatsurteil vom 15. Mai 2013 - XII ZR 49/11 - BGHZ 197, 242 = FamRZ 2013, 1209 = FuR 2013, 528, und Senatsbeschluß vom 18. Februar 2015 - XII ZB 473/13 - FamRZ 2015, 828 = FuR 2015, 350).
2. Die von § 1686a Abs. 1 BGB vorausgesetzte anderweitige rechtliche Vaterschaft muß nicht durch gesetzliche Abstammung, sondern kann auch durch Adoption begründet worden sein. Das gilt entsprechend, wenn das Kind im Wege der Stiefkindadoption von der eingetragenen Lebenspartnerin oder Ehefrau der Mutter angenommen wurde.
3. Die Einwilligung des leiblichen Vaters in die Adoption schließt das Umgangsrecht nur aus, wenn darin gleichzeitig ein Verzicht auf das Umgangsrecht zu erblicken ist. Daran fehlt es jedenfalls dann, wenn das Kind nach Absprache der Beteiligten den leiblichen Vater kennenlernen und Kontakt zu ihm haben sollte. Die rechtliche Unverbindlichkeit einer entsprechenden Vereinbarung steht dem nicht entgegen.
4. Ob und in welchem Umfange ein Umgang zu regeln ist, ist danach zu beurteilen, ob der leibliche Vater ein ernsthaftes Interesse am Kind gezeigt hat, und inwiefern der Umgang dem Kindeswohle dient (im Anschluß an den Senatsbeschluß vom 5. Oktober 2016 - XII ZB 280/15 - BGHZ 212, 155 = FamRZ 2016, 2082 = FuR 2017, 23). Dabei hat der leibliche Vater das Erziehungsrecht der rechtlichen Eltern zu respektieren, ohne daß dieses als solches die Eltern zur Verweigerung des Umgangs berechtigt (Fortführung der Senatsbeschlüsse vom 12. Juli 2017 - XII ZB 350/16 - FamRZ 2017, 1688 = FuR 2017, 606, und vom 27. November 2019 - XII ZB 512/18 - FamRZ 2020, 255 = FuR 2020, 166).

BGH, Beschluß vom 16. Juni 2021 - XII ZB 58/20 - Kammergericht [13 UF 120/19]
BGHZ 230, 174 = FamRZ 2021, 1375 = FuR 2021, 605 = NJW 2021, 2801 = NZFam 2021, 775 = FamRB 2021, 373 = JAmt 2021, 469 = MDR 2021, 1010 = JuS 2021, 1188 = GesR 2021, 649 = ZKJ 2021, 413 = FF 2021, 374 [448] [Ls] = ErbR 2021, 907 [Ls] = ZAP EN-Nr. 450/2021 [Ls] = ZAP Fach 11 R, 935 [Ls]


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Betreuungsrecht; Vergütung des Berufsbetreuers; zeitanteilige Berechnung der Fallpauschale bei Veränderung vergütungsrelevanter Umstände vor Ablauf eines vollen Monats.
BGB §§ 187, 188, 191; VBVG § 5

Zu der zeitanteiligen Berechnung der Fallpauschale nach § 5 VBVG, wenn sich die aufgrund oder Höhe der Betreuervergütung auswirkenden Umstände vor Ablauf des vollen Monats ändern.

BGH, Beschluß vom 16. Juni 2021 - XII ZB 208/20 - LG Kassel [3 T 161/20]
FamRZ 2021, 1664 = FuR 2021, 614 = MDR 2021, 1158 = BtPrax 2021, 234 = Rpfleger 2021, 695 = RdLH 2022, 47


Hinweis
Ändern sich die aufgrund oder Höhe der Betreuervergütung auswirkenden Umstände vor dem Ablauf des vollen Monats, so müssen zu der zeitanteiligen Berechnung der Fallpauschale nach § 5 VBVG die tatsächlich zu vergütenden Tage abgezählt werden. Der in § 5 Abs. 2 S. 3 Hs. 2 VBVG enthaltene Verweis auf § 191 BGB ist so aufzufassen, daß für jeden tatsächlich vergütungspflichtigen Kalendertag des Teilmonats eine Tagespauschale von 1/30 der entsprechenden Monatspauschale zu zahlen ist.

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Unterbringungsrecht; Unterbringungssache; Ingangsetzung der Beschwerdefrist gegen eine nicht dem erklärten Willen des Betroffenen entsprechende Unterbringungsgenehmigung bei Bekanntgabe des Beschlusses durch Aufgabe zur Post.
FamFG §§ 16, 41, 63; ZPO § 189

Die Beschwerdefrist gegen eine nicht dem erklärten Willen des Betroffenen entsprechende Unterbringungsgenehmigung wird nicht in Gang gesetzt, wenn der Beschluß dem Betroffenen lediglich durch Aufgabe zur Post bekanntgegeben wird. Eine Heilung der fehlerhaften Zustellung durch tatsächlichen Zugang ist in diesem Fall wegen fehlenden Zustellungswillens des Gerichts nicht möglich (im Anschluß an die Senatsbeschlüsse vom 24. Oktober 2018 - XII ZB 188/18 - FamRZ 2019, 477 = FuR 2019, 100, und vom 19. Februar 2020 - XII ZB 291/19 - FamRZ 2020, 770 = FuR 2020, 430).

BGH, Beschluß vom 16. Juni 2021 - XII ZB 358/20 - LG Hannover [2 T 19/20]
FamRZ 2021, 1662 = FuR 2021, 616 = NJW 2021, 2660 = MDR 2021, 1212 = FGPrax 2021, 217 = DGVZ 2021, 237 = Rpfleger 2021, 693 = FF 2021, 375 [Ls] = ErbR 2021, 909 [Ls] = BtPrax 2021, 197 [Ls]


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Betreuungsrecht; Betreuungssache; Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde eines in erster Instanz am Verfahren beteiligten nahen Angehörigen des Betroffenen gegen einen in der Beschwerdeinstanz abgeänderten Betreuungsbeschluß; Erforderlichkeit einer Betreuung bei Vorliegen einer Vorsorgevollmacht.
BGB §§ 104, 1896; FamFG §§ 26, 303

1. Ein in § 303 Abs. 2 Nr. 1 FamFG genannter naher Angehöriger des Betroffenen kann - sofern er in erster Instanz an dem Verfahren beteiligt war - gegen einen in der Beschwerdeinstanz abgeänderten Betreuungsbeschluß im Interesse des Betroffenen eine Rechtsbeschwerde im eigenen Namen führen, ohne daß er eine Erstbeschwerde eingelegt hatte, und durch die Beschwerdeentscheidung formell beschwert ist (im Anschluß an den Senatsbeschluß vom 14. Oktober 2020 - XII ZB 91/20 - FamRZ 2021, 228).
2. Zu der Erforderlichkeit einer Betreuung bei Vorliegen einer Vorsorgevollmacht.

BGH, Beschluß vom 16. Juni 2021 - XII ZB 554/20 - LG Aurich [7 T 263/20]
FamRZ 2021, 1573 = FuR 2021, 615 = NJW-RR 2021, 1086 = NZFam 2021, 899 = ErbR 2021, 846 = BtPrax 2021, 190 = RFamU 2022, 95 = ZEV 2022, 17 = FF 2021, 375 [Ls] = MDR 2021, 1024 [Ls] = ZEV 2021, 729 [Ls]


Hinweis
Eine Vorsorgevollmacht steht der Bestellung eines Betreuers grundsätzlich entgegen. Bestehen Anhaltspunkte dafür, daß die Erteilung der Vollmacht unwirksam war, weil der Betroffene zu diesem Zeitpunkt geschäftsunfähig iSv § 104 Nr. 2 BGB war, dann steht die erteilte Vollmacht einer Betreuerbestellung nur dann nicht entgegen, wenn die Unwirksamkeit der Vorsorgevollmacht positiv festgestellt werden kann. Die Frage, ob der Betroffene in dem Zeitpunkt der Vollmachterteilung geschäftsunfähig war, hat das Gericht nach § 26 FamFG von Amts wegen zu klären.

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Bürgerliches Recht; Online-Partnervermittlungsvertrag; entsprechende Anwendung der Vorschrift über die Heiratsvermittlung auf einen Vertrag über eine Online-Partnervermittlung.
BGB §§ 312c, 312g, 357, 656

§ 656 Abs. 1 BGB ist auf einen Vertrag über eine Online-Partnervermittlung, bei der die Leistungspflicht des Partnervermittlers vor allem darin besteht, Kunden einen unbeschränkten Zugang zu seiner Internetplattform zu gewähren, auf der die Kunden aus eigener Initiative einen Kontakt zu möglichen Partnern herstellen können, und bei der die Partnervorschläge des Partnervermittlers allein auf einem elektronischen Abgleich der nicht näher überprüften eigenen Angaben der Kunden beruhen, nicht entsprechend anwendbar (Abgrenzung von den Senatsurteilen vom 4. März 2004 - III ZR 124/03 - NJW-RR 2004, 778, 779, und vom 17. Januar 2008 - III ZR 239/06 - NJW 2008, 982, sowie BGH, Urteil vom 11. Juli 1990 - IV ZR 160/89 - BGHZ 112, 122, 126 = FamRZ 1990, 1211).

BGH, Urteil vom 17. Juni 2021 - III ZR 125/19 - LG Hamburg [320 S 20/19]
NJW-RR 2021, 1141 = VersR 2021, 1573 = MDR 2021, 1183 = WM 2021, 1714 = WRP 2021, 1322 = MMR 2021, 807 = CR 2021, 760 = VuR 2021, 389 = JA 2022, 249 = FamRZ 2021, 1680 [Ls] = VuR 2021, 320 [Ls] = K&R 2021, 594 [Ls]


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Haftung des Rechtsanwalts; Verletzung anwaltlicher Sorgfaltspflichten; Organisationswesen; Fristenkontrolle; Wahlfreiheit des Rechtsanwalts bei den organisatorischen Vorkehrungen zur Sicherstellung der Fristwahrung; Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.
ZPO §§ 85, 233, 234, 520

Der Rechtsanwalt hat durch organisatorische Vorkehrungen sicherzustellen, dass ein fristgebundener Schriftsatz rechtzeitig gefertigt wird, und innerhalb der laufenden Frist bei dem zuständigen Gericht eingeht. In der Wahl des Verfahrens, mit dem er dies gewährleistet, ist er dabei grundsätzlich frei. Er hat aber sein Möglichstes zu tun, um Fehlerquellen bei der Eintragung und bei der Behandlung von Rechtsmittelfristen auszuschließen.

BGH, Beschluß vom 22. Juni 2021 - VI ZB 15/20 - LG Frankfurt [2-15 S 143/19]
FamRZ 2021, 1636 = MDR 2021, 1286 = VersR 2022, 129 = IBR 2021, 552 = GI aktuell 2022, 54 = BB 2021, 1922 [Ls] =DB 2021, 1874 [Ls] = BB 2021, 1985 [Ls] = MittdtschPatAnw 2021, 468 [Ls] = ErbR 2021, 990 [Ls]


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Haftung des Rechtsanwalts; Verletzung anwaltlicher Sorgfaltspflichten; Organisationswesen; Fristenkontrolle; Anforderungen an die Fristensicherung bei einem Antrag auf erstmalige Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist; Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.
ZPO §§ 85, 233, 234, 520

1. Zu den Anforderungen an das Fristenwesen des Rechtsanwalts für den Fall eines Fristverlängerungsantrages (im Anschluß an den Senatsbeschluß vom 4. September 2018 - VIII ZB 70/17 - NJW-RR 2018, 1325 Tz. 15 mwN).
2. Die Fristensicherung verlangt von dem Rechtsanwalt bei einem Antrag auf erstmalige Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist - auf deren Bewilligung er bei Vorliegen erheblicher Gründe (§ 520 Abs. 2 S. 3 ZPO) im Allgemeinen vertrauen darf - nicht, daß er sich bereits innerhalb der noch laufenden Berufungsbegründungsfrist durch Nachfrage bei dem Berufungsgericht über den Eingang des Fristverlängerungsantrages und über eine Verlängerung dieser Frist erkundigt (im Anschluß an BGH, Beschlüsse vom 9. Mai 2017 - VIII ZB 69/16 - NJW 2017, 2041 Tz. 19; vom 30. Mai 2017 - VI ZB 54/16 - NJW-RR 2017, 1532 Tz. 13; vom 18. Januar 2018 - V ZB 166/17 - juris Tz. 7; und vom 2. Dezember 2020 - XII ZB 324/20 - FamRZ 2021, 446 = FuR 2021, 212 Tz. 9 f, ständige Rechtsprechung).

BGH, Beschluß vom 22. Juni 2021 - VIII ZB 56/20 - LG Berlin [19 S 5/20]
FamRZ 2021, 1636 = NJW 2022, 400 = MDR 2021, 1082 [1248] = BRAK-Mitt 2021, 299 = NJW-Spezial 2021, 542 = VRR 2021, Nr. 10, 15 = MietPrax-AK § 233 ZPO Nr. 17 = FF 2021, 376 [Ls] = MittdtschPatAnw 2021, 469 [Ls] = ZAP EN-Nr. 522/2021 [Ls] = DB 2021, 2490 [Ls] = ErbR 2021, 909 [Ls]


Hinweis
Für den Fall eines Fristverlängerungsantrages muß als zusätzliche Fristensicherung auch das hypothetische Ende der beantragten Fristverlängerung bei oder alsbald nach Einreichung des Verlängerungsantrages in dem Fristenbuch eingetragen, als vorläufig gekennzeichnet und rechtzeitig, spätestens nach Eingang der gerichtlichen Mitteilung überprüft werden, damit das wirkliche Ende der Frist festgestellt werden kann.

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Verfahrensrecht; Rechtsmittel; Abschiebungshaftsache; Überprüfung der Verweigerung der Aktenüberlassung in die Geschäftsräume des Verfahrensbevollmächtigten im Rechtsmittelverfahren; Beeinträchtigung der Rechtsstellung.
FamFG §§ 13, 58; GG Art. 19, Art. 103

1. Macht der Beteiligte geltend, durch die Verweigerung einer Überlassung der Akten in die Geschäftsräume und die Verweisung auf eine Einsichtnahme auf der Geschäftsstelle in seiner Rechtsstellung beeinträchtigt zu sein, stehen §§ 13 Abs. 4 S. 3, 58 Abs. 2 FamFG in einer an Art. 19 Abs. 4, Art. 103 Abs. 1 GG ausgerichteten verfassungskonformen Auslegung einer Überprüfung der Verweigerung der Aktenüberlassung im Rechtsmittelverfahren nicht entgegen.
2. Eine Beeinträchtigung der Rechtsstellung liegt vor, wenn die Entscheidung ermessensfehlerhaft ist, und dem Beteiligten faktisch die Möglichkeit nimmt, von seinem Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs Gebrauch zu machen. In einem Beschwerdeverfahren wird es jedenfalls dann allein ermessensgerecht sein, dem Antrag eines Verfahrensbevollmächtigten auf Überlassung von Verfahrens- und Sachakten zu entsprechen, wenn die zeitlichen Umstände dieses Verfahren erlauben, und weder akten- noch personenbezogene wichtige Gründe dem entgegenstehen.

BGH, Beschluß vom 22. Juni 2021 - XIII ZB 59/20 - LG Köln [39 T 93/20]
NJW 2021, 3402 = FGPrax 2021, 233 = FamRB 2021, 466 = InfAuslR 2021, 435 = Asylmagazin 2021, 394 [Ls]


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Unterbringungsrecht; Unterbringungssache; Erfordernis der erneuten persönlichen Anhörung des Betroffenen im Beschwerdeverfahren.
FamFG §§ 68, 319; GG Art. 103

Das Beschwerdegericht darf nicht von der erneuten persönlichen Anhörung des Betroffenen im Beschwerdeverfahren absehen, wenn von dieser neue Erkenntnisse zu erwarten sind, was etwa dann der Fall ist, wenn das Beschwerdegericht seine Entscheidung auf eine neue Tatsachengrundlage wie eine ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen stützt (im Anschluß an den Senatsbeschluß vom 18. November 2020 - XII ZB 179/20 - FamRZ 2021, 303 = FuR 2021, 154).

BGH, Beschluß vom 23. Juni 2021 - XII ZB 42/21 - LG Fulda [5 T 235/20]
NZFam 2021, 851 = MDR 2021, 1023 = FamRZ 2021, 1414 [Ls] = FF 2021, 334 [Ls] = BtPrax 2021, 197 [Ls]


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Verfahrensrecht; Rechtsmittel; Ehesache; Beginn der Beschwerdefrist bei nicht ordnungsgemäßer Zustellung des verfahrenseinleitenden Schriftstücks an den Antragsgegner.
FamFG §§ 63, 113, 117

Wurde in einer Ehesache dem Antragsgegner schon das verfahrenseinleitende Schriftstück nicht ordnungsgemäß zugestellt, und hat er sich auch nicht auf das Verfahren eingelassen, wird für ihn die Frist des § 63 Abs. 3 S. 2 FamFG nicht durch eine anderweitig erlangte Kenntnis von dem Verfahren in Gang gesetzt (im Anschluß an den Senatsbeschluß vom 21. Juli 2010 - XII ZB 135/09 - FamRZ 2010, 1646 = FuR 2010, 644).

BGH, Beschluß vom 23. Juni 2021 - XII ZB 51/21 - OLG Hamburg [2 UF 64/20]
FamRZ 2021, 1556 = FuR 2021, 618 = FamRB 2021, 465 = MDR 2021, 1484 = FGPrax 2021, 215 [Ls]


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Verfahrensrecht; Zwangsvollstreckung; Vollstreckbarerklärungsverfahren betreffend ein schweizerisches Urteil vor dem Rechtsbeschwerdegericht; Voraussetzungen einer Einstellung der Zwangsvollstreckung durch das Rechtsbeschwerdegericht.
ZPO §§ 707, 712; FamFG § 120

1. Die Vollstreckbarerklärung des von einem schweizerischen Gericht erlassenen Urteils richtet sich wegen Art. 1 Abs. 2 lit. a LuGÜ nicht nach diesem Übereinkommen, sondern nach dem deutsch-schweizerischen Abkommen über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen und Schiedssprüchen vom 2. November 1929 (RGBl 1930 II 1066) sowie der Verordnung zu der Ausführung des deutsch-schweizerischen Abkommens über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen und Schiedssprüchen vom 28. August 1930 (RGBl II 1209).
2. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, wie sie zu dem Revisions- und Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren ergangen ist, kommt eine Einstellung der Zwangsvollstreckung durch das Revisionsgericht nicht in Betracht, wenn der Schuldner es versäumt hat, im Berufungsrechtszug einen Vollstreckungsschutzantrag gemäß § 712 ZPO zu stellen, obwohl ihm ein solcher Antrag möglich und zumutbar gewesen wäre.
3. Diese Grundsätze sind nicht nur auf Ehe- und Familienstreitsachen anzuwenden, in denen der Verpflichtete nach § 120 Abs. 2 S. 2 FamFG grundsätzlich bereits in der Beschwerdeinstanz die Einstellung oder Beschränkung der Zwangsvollstreckung unter Glaubhaftmachung, daß die Vollstreckung ihm einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde, beantragt haben muß, um in der Rechtsbeschwerdeinstanz mit einem entsprechenden Antrag erfolgreich sein zu können. Sie gelten gleichermaßen auch für das Vollstreckbarerklärungsverfahren.

BGH, Beschluß vom 23. Juni 2021 - XII ZB 495/20 - OLG Karlsruhe [10 W 8/19]
FamRZ 2021, 1480 = FamRB 2022, 3


Hinweis
Der Bundesgerichtshof hat die Rechtsbeschwerde des Antragsgegners gegen die Entscheidung des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 9. Oktober 2020 (10 W 8/19) mit Beschluß vom 29. September 2021 (FamRZ 2021, 1908 = FuR 2022, 54) auf Kosten des Antragsgegners verworfen.

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Verfahrensrecht; Rechtsmittel; Familienstreitsache; Statthaftigkeit einer zulassungsfreien Rechtsbeschwerde gegen die Verwerfung des Antrages eines Beteiligten auf Terminierung wegen einer behaupteten Unwirksamkeit eines zuvor abgeschlossenen Vergleichs im Beschwerdeverfahren.
FamFG §§ 70, 117, 522

Gegen den in einer Familienstreitsache ergangenen Beschluß des Oberlandesgerichts, mit dem der Antrag eines Beteiligten auf Terminierung wegen einer behaupteten Unwirksamkeit eines zuvor abgeschlossenen Vergleichs verworfen wurde, findet eine zulassungsfreie Rechtsbeschwerde nicht statt.

BGH, Beschluß vom 23. Juni 2021 - XII ZB 588/20 - OLG Nürnberg [11 UF 579/19]
FamRZ 2021, 1729 = FuR 2021, 620 = NJW-RR 2021, 1087 = FamRB 2021, 463 = MDR 2021, 1411 = ErbR 2021, 990 [Ls]


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Vormundschaft und Pflegschaft; Vergütung des Nachlaßpflegers; Bemessung bei teilmittellosem Nachlaß.
BGB § 1915; VBVG § 3

Die Vergütung des Nachlaßpflegers richtet sich nach § 1915 Abs. 1 S. 2 BGB, soweit der Nachlaß zu der Deckung der Vergütung ausreicht. Allein der von dem Nachlaß nicht gedeckte Teil der Vergütung ist nach den Sätzen für unbemittelte Nachlässe zu bemessen.

BGH, Beschluß vom 29. Juni 2021 - IV ZB 16/20 - OLG Celle [6 W 142/19]
FamRZ 2021, 1837 = NJW 2021, 2657 = NZFam 2021, 869 = JurBüro 2021, 653 = FGPrax 2021, 172 = MDR 2021, 1141 = ZErb 2021, 363 = ZEV 2021, 567 = ErbR 2021, 848 = Rpfleger 2021, 648 = NJW-Spezial 2021, 519 = NLPrax 2021, 111


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Vormundschaft und Pflegschaft; Vergütung des berufsmäßigen Nachlaßpflegers bei teilmittellosem Nachlaß.
BGB §§ 1836, 1836d, 1915; VBVG §§ 2, 3

1. Der Nachlaß, der soweit er zu der Deckung des Vergütungsanspruchs ausreicht, ist als bemittelt anzusehen, und die Vergütung bis zu der Nachlaßerschöpfung nach den Grundsätzen des § 1915 Abs. 1 S. 2 BGB zu gewähren; nur die darüber hinaus noch erfolgte Tätigkeit des Nachlaßpflegers ist nach § 3 VBVG zu vergüten.
2. Allein der von dem Nachlaß nicht gedeckte Teil der Vergütung ist nach den Sätzen für unbemittelte Nachlässe zu bemessen.

BGH, Beschluß vom 29. Juni 2021 - IV ZB 36/20 - OLG Braunschweig [3 W 24/20]
FamRZ 2021, 1575 = ErbR 2021, 1036 = JurBüro 2021, 604 = ZInsO 2021, 1890 = BtPrax 2021, 197 [Ls]


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Betreuungsrecht; Betreuungssache; Anforderungen an die Beurteilung des objektiven Betreuungsbedarfs; Voraussetzung der Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts für vermögensrechtliche Angelegenheiten.
BGB §§ 1896, 1903

1. Ob und für welche Aufgabenbereiche ein objektiver Betreuungsbedarf besteht, bedarf der konkreten tatrichterlichen Feststellung und ist aufgrund der konkreten, gegenwärtigen Lebenssituation des Betroffenen zu beurteilen (im Anschluß an den Senatsbeschluß vom 21. Oktober 2020 - XII ZB 153/20 - FamRZ 2021, 385).
2. Ein Einwilligungsvorbehalt für vermögensrechtliche Angelegenheiten kann nur dann angeordnet werden, wenn konkrete Anhaltspunkte für eine Vermögensgefährdung erheblicher Art vorliegen (im Anschluß an den Senatsbeschluß vom 9. Mai 2018 - XII ZB 577/17 - FamRZ 2018, 1193 = FuR 2018, 481).

BGH, Beschluß vom 30. Juni 2021 - XII ZB 73/21 - LG Braunschweig [8 T 695/20]
FamRZ 2021, 1737 = FuR 2021, 614 = MDR 2021, 1268 = Rpfleger 2021, 694 = SuP 2021, 657 = FF 2021, 465 [Ls] = ErbR 2021, 989 [Ls] = BtPrax 2021, 238 [Ls]


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Betreuungsrecht; Betreuerbestellung; Berücksichtigung der Ablehnungshaltung des Betroffenen hinsichtlich der ausgewählten Person.
BGB § 1897

Lehnt der Betroffene eine Person als Betreuer ab, so ist das Gericht hieran - anders als bei einem positiven Betreuervorschlag des Betroffenen - zwar nicht gebunden. Um eine gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen dem Betroffenen und seinem Betreuer zu gewährleisten, hat das Gericht jedoch den Wunsch des Betroffenen bei seiner Auswahlentscheidung zu berücksichtigen (im Anschluss an die Senatsbeschlüsse vom 21. November 2012 - XII ZB 384/12 - FamRZ 2013, 286, und vom 27. Juni 2018 - XII ZB 601/17 - FamRZ 2018, 1602 = FuR 2018, 550).

BGH, Beschluß vom 30. Juni 2021 - XII ZB 133/21 - LG Limburg [7 T 129/20]
FamRZ 2021, 1659 = FuR 2021, 611 = NZFam 2021, 900 = MDR 2021, 1137 = BtPrax 2021, 230 = Rpfleger 2022, 23 = Seniorenrecht aktuell 2021, 167 = FF 2021, 466 [Ls]


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Unterbringungsrecht; Unterbringungssache; Zwangsbehandlung eines an Schizophrenie leidenden Betreuten mittels Elektrokonvulsionstherapie.
BGB § 1906a

Zu der Zwangsbehandlung eines an Schizophrenie in akut exazerbiertem, teils katatonem Zustand leidenden Betreuten mittels Elektrokonvulsionstherapie/Elektrokrampftherapie (EKT), durch deren Wirkung eine nachfolgende neuroleptische Behandlung ermöglicht werden soll (im Anschluß an den Senatsbeschluß vom 15. Januar 2020 - XII ZB 381/19 - BGHZ 224, 224 = FamRZ 2020, 534 = FuR 2020, 304).

BGH, Beschluß vom 30. Juni 2021 - XII ZB 191/21 - LG Duisburg [12 T 61/21]
FamRZ 2021, 1739 = FuR 2021, 612 = NJW-RR 2021, 1153 = NZFam 2021, 972 = FamRB 2021, 501 = MDR 2021, 1199 = GesR 2021, 708 = RuP 2021, 258 = BtPrax 2021, 232 = FF 2021, 465 [Ls]


Hinweis
Die Zwangsbehandlung eines an Schizophrenie in akut exazerbiertem, teils katatonem Zustand leidenden Betreuten mittels Elektrokonvulsionstherapie/Elektrokrampftherapie (EKT) ist medizinisch gerechtfertigt, wenn die EKT-Behandlung vornehmlich dazu dienen soll, einer nachfolgenden Behandlung mit Clozapin den Boden zu bereiten, der einzigen noch erfolgversprechenden medikamentösen Behandlungsoption, mit der zumindest eine Teilremission bewirkt werden könnte.

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Unterbringungsrecht; Unterbringungssache; Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör bei unterbliebener Bekanntgabe des Gutachtens an den Betroffenen.
FamFG §§ 37, 62, 321, 325; GG Art. 2, Art. 103

Wurde in einer durch Zeitablauf erledigten Unterbringungssache das für die Entscheidung maßgebliche Gutachten dem Betroffenen nicht bekanntgegeben, dann liegt eine Verletzung des Anspruchs des Betroffenen auf rechtliches Gehör vor (im Anschluß an den Senatsbeschluß vom 2. Dezember 2020 - XII ZB 291/20 - FamRZ 2021, 462 = FuR 2021, 149).

BGH, Beschluß vom 30. Juni 2021 - XII ZB 573/20 - LG Ansbach [4 T 1344/20]
FamRZ 2021, 1742 = MDR 2021, 1483 = FF 2021, 465 [Ls] = BtPrax 2021, 238 [Ls]



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