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Entscheidungen Bundesgerichtshof 04/2022 - FD-Platzhalter-rund

Entscheidungen Bundesgerichtshof 04/2022


 



Betreuungsrecht; Unterbringung des Betreuten in einem psychiatrischen Krankenhaus; Erforderlichkeit einer erneuten persönlichen Anhörung des Betroffenen im Beschwerdeverfahren; Rückgabe des Verfahrens durch das Beschwerdegericht zur Nachholung der amtsgerichtlichen Anhörung.
BGB § 1906; FamFG §§ 68, 319

1. Wird in einem Unterbringungsverfahren die nach § 319 Abs. 1 S. 1 FamFG zwingend erforderliche persönliche Anhörung des Betroffenen von dem Amtsgericht erst im Abhilfeverfahren nachgeholt, dann kann das Beschwerdegericht nicht von der auch im zweitinstanzlichen Verfahren grundsätzlich gebotenen persönlichen Anhörung des Betroffenen absehen (Anschluß an Senatsbeschluß FamRZ 2022, 135 = FuR 2022, 50).
2. Daran ändert auch nichts, daß das Beschwerdegericht den ersten Nichtabhilfebeschluß des Amtsgerichts im Hinblick auf die unterbliebene persönliche Anhörung des Betroffenen zu dem eingeholten psychiatrischen Gutachten aufgehoben, und das Verfahren an das Amtsgericht zur Nachholung dieser Verfahrenshandlung zurückgegeben hat.

BGH, Beschluß vom 6. April 2022 - XII ZB 371/21 - LG Ansbach [4 T 688/21]
FamRZ 2022, 1133 = NJW 2022, 2189 = MDR 2022, 910 = BtPrax 2022, 140 = ErbR 2022, 754 [Ls] = FGPrax 2022, 169 [Ls]

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Betreuungsrecht; Betreuungssache: Entscheidung über die Betreuerauswahl durch das Beschwerdegericht; Erforderlichkeit einer erneuten persönlichen Anhörung bei neuer Tatsachengrundlage.
BGB § 1896; FamFG §§ 68, 69, 278

1. Kommt das Beschwerdegericht in einem Betreuungsverfahren zu dem Ergebnis, daß die Einrichtung einer Betreuung erforderlich ist, dann muß es auch über die Betreuerauswahl entscheiden (Anschluß an Senatsbeschluß FamRZ 2017, 1866 = FuR 2017, 690).
2. Zieht das Beschwerdegericht in einer Betreuungssache für seine Entscheidung eine neue Tatsachengrundlage - etwa ein neues Sachverständigengutachten - heran, die nach der amtsgerichtlichen Entscheidung datiert, dann gebietet dies eine neue persönliche Anhörung des Betroffenen (Anschluß an Senatsbeschluß FamRZ 2022, 227 = FuR 2022, 100).

BGH, Beschluß vom 6. April 2022 - XII ZB 451/21 - LG Aurich [7 T 89/20]
FamRZ 2022, 1130 = MDR 2022, 1177 = ErbR 2022, 754 [Ls] = BtPrax 2022, 150 [Ls] = FGPrax 2022, 169 [Ls] = ZAP EN-Nr. 350/2022 [Ls]

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Betreuungsrecht; Kosten und Gebühren; Vergütung des Berufsbetreuers; Umfang der Überprüfung der Entscheidung über die Bewilligung einer erhöhten Vergütung im Rechtsbeschwerdeverfahren.
VBVG § 4

1. Die Frage, unter welchen Umständen ein Berufsbetreuer im Einzelfall die Voraussetzungen erfüllt, die gemäß § 4 Abs. 3 Nr. 2 VBVG die Bewilligung einer erhöhten Vergütung rechtfertigen, obliegt einer wertenden Betrachtung des Tatrichters. Dessen Würdigung kann im Rechtsbeschwerdeverfahren nur eingeschränkt darauf überprüft werden, ob er die maßgebenden Tatsachen vollständig und fehlerfrei festgestellt und gewürdigt, Rechtsbegriffe verkannt, oder Erfahrungssätze verletzt und die allgemein anerkannten Maßstäbe berücksichtigt und richtig angewandt hat (Anschluß an Senatsbeschluß FamRZ 2021, 890 = FuR 2021, 373).
2. Einer solchen Überprüfung hält die tatrichterliche Würdigung stand, wonach das von dem Betreuer absolvierte Studium an der Bayerischen Beamtenfachhochschule, Fachbereich Polizei, das er mit dem akademischen Grad »Diplom-Verwaltungswirt (FH)« abgeschlossen hat, eine Vergütung nach der Vergütungstabelle C nicht rechtfertigt.

BGH, Beschluß vom 13. April 2022 - XII ZB 162/21 - LG Würzburg [3 T 364/21]
FamRZ 2022, 1136 = FuR 2022, 540 = NJW-RR 2022, 941 = MDR 2022, 983 = Rpfleger 2022, 504 = BtPrax 2022, 150 [Ls] = ErbR 2022, 863 [Ls]

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Unterbringungsrecht; Unterbringungsverfahren; Gehörsverletzung bei Anhörung des Betroffenen ohne Verfahrenspfleger und unterbliebener Bekanntgabe des Gutachtens an den Betroffenen vor der Anhörung.
BGB § 1896; FamFG §§ 37, 62, 68, 278, 280, 319, 325; GG Art. 103

1. Eine Anhörung des Betroffenen im Unterbringungsverfahren, die stattgefunden hat, ohne daß der Verfahrenspfleger Gelegenheit hatte, an ihr teilzunehmen, ist verfahrensfehlerhaft (Anschluß an Senatsbeschluß FamRZ 2021, 144).
2. Wurde in einer durch Zeitablauf erledigten Unterbringungssache das für die Entscheidung maßgebliche Gutachten dem Betroffenen nicht vor der Anhörung bekannt gegeben, dann liegt eine Verletzung des Anspruchs des Betroffenen auf rechtliches Gehör vor (Anschluß an Senatsbeschluß FamRZ 2021, 462 = FuR 2021, 149).

BGH, Beschluß vom 13. April 2022 - XII ZB 267/21 - LG Ansbach [4 T 460/21]
FamRZ 2022, 1132 = NJW-RR 2022, 865 = NZFam 2022, 953 = MDR 2022, 839 = BtPrax 2022, 150 [Ls] = ErbR 2022, 863 [Ls]

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Bürgerliches Recht; substantiierte Darlegung von Geschäftsunfähigkeit nach §§ 104 Nr. 2, 105 Abs. 2 BGB; Möglichkeit der Geschäftsunfähigkeit aufgrund Vortrags konkreter Anhaltspunkte; Sittenwidrigkeit eines unentgeltlichen Geschäfts gemäß § 138 Abs. 1 BGB; Motiven des Zuwendenden wie auch Motiven des Zuwendungsempfängers.
BGB §§ 104, 105, 138

1. Zu der substantiierten Darlegung von Geschäftsunfähigkeit nach §§ 104 Nr. 2, 105 Abs. 2 BGB genügt der Vortrag konkreter Anhaltspunkte, aufgrund derer die Möglichkeit der Geschäftsunfähigkeit nicht von der Hand zu weisen ist.
2. Die Sittenwidrigkeit eines unentgeltlichen Geschäfts gemäß § 138 Abs. 1 BGB kann sich nicht nur aus Motiven des Zuwendenden ergeben, sondern auch und sogar in erster Linie aus den Motiven des Zuwendungsempfängers.

BGH, Urteil vom 26. April 2022 - X ZR 3/20 - OLG Köln [I-25 U 14/19]
FamRZ 2022, 1567 = NJW 2022, 3147 = NZFam 2022, 1052 = FamRB 2022, 407 = MDR 2022, 1207 = ZInsO 2022, 1674 = ErbR 2022, 904 = BtPrax 2022, 184 = Rpfleger 2022, 626 = ZEV 2022, 677 = MittBayNot 2023, 37 = ZNotP 2023, 32 = FamRB 2022, 407 = NotBZ 2023, 24

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Strafrecht; Strafzumessung; strafschärfende Berücksichtigung der Garantenstellung eines Elternteils.
BGB § 1626; StGB §§ 13, 46

1. Merkmale des Tatbestandes, welche die Strafbarkeit begründen, und die der Bestimmung des gesetzlichen Strafrahmens zugrunde liegen, dürfen nicht nochmals bei der Strafzumessung berücksichtigt werden.
2. Dies gilt in gleicher Weise für deliktsübergreifende strafbarkeitsbegründende Umstände aus dem Allgemeinen Teil des Strafgesetzbuchs, und damit auch für die Gesichtspunkte, die eine Garantenstellung im Sinne des § 13 Abs. 1 StGB begründen.

BGH, Beschluß vom 26. April 2022 - 4 StR 34/22 - LG Münster [8 KLs 12/21]
NStZ 2022, 736 = BGHR StGB § 46 Abs 3 Unterlassen 1

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Vormundschaft und Pflegschaft; Grundbucheintragung; notwendige Genehmigung eines Ergänzungspflegers bei Erwerb eines Miteigentumsanteils an einem vermieteten Hausgrundstück durch einen Minderjährigen.
BGB §§ 107, 181, 566, 925, 1629, 1795

1. Der Erwerb eines Miteigentumsanteils an einem vermieteten Grundstück durch einen Minderjährigen führt gemäß § 566 BGB zu dessen Eintritt in den Mietvertrag auf Vermieterseite, und ist deshalb für den Minderjährigen nicht lediglich rechtlich vorteilhaft im Sinne von § 107 BGB (Fortführung von Senat BGHZ 162, 137).
2. Dies gilt auch dann, wenn der Veräußerer den Miteigentumsanteil zuvor von dem Alleineigentümer des Grundstücks erworben hat, denn bei der Übertragung eines Miteigentumsanteils an einem vermieteten Grundstück durch den bisherigen Alleineigentümer tritt der Erwerber gemäß § 566 BGB ebenfalls neben diesem in den Vertrag auf Vermieterseite ein.

BGH, Beschluß vom 28. April 2022 - V ZB 4/21 - Kammergericht [FGPrax 2021, 53]
FamRZ 2022, 1190 = NJW-RR 2022, 1027 = NZFam 2022, 908 = FamRB 2022, 354 = MDR 2022, 885 = WM 2022, 1190 = Grundeigentum 2022, 687 = DWW 2022, 226 = Rpfleger 2022, 496 = ErbR 2022, 793 = BB 2022, 52 = NJ 2022, 366 = FGPrax 2022, 147 = ZfIR 2022, 404 = MittBayNot 2022, 443 = WuM 2022, 549 = NZM 2022, 704 = ZEV 2022, 611 = ZNotP 2022, 331 = ZIP 2022, 2135 = DNotZ 2023, 32 = BBB 2022 Nr. 7-8, 52 = JR 2023, 278 = MietRB 2022, 236 = ZAP EN-Nr. 381/2021 = JA 2022, 950 = NJW-Spezial 2022, 451 = ZAP EN-Nr. 381/2021 = notar 2023, 125 = NotBZ 2022, 457 = JuS 2023, 172 = LMK 2022, 813477 [Ls] = RNotZ 2022, 466 [Ls]

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Bürgerliches Recht; Heimvertrag in der Corona-Pandemie; Berechtigung der Pflegeheimbewohner zur Entgeltkürzung bei hoheitlich angeordneten Besuchs- und Ausgangsbeschränkungen.
BGB § 313; WBVG § 10; ZPO § 78b; FamFG § 10

Im Rahmen der Bekämpfung der COVID 19-Pandemie hoheitlich angeordnete Besuchs- und Ausgangsbeschränkungen berechtigen Bewohner eines Pflegeheims nicht zur Entgeltkürzung nach § 10 Abs. 1 WBVG. Sie stellen grundsätzlich auch keine schwerwiegende Änderung der Geschäftsgrundlage im Sinne des § 313 Abs. 1 BGB dar.

BGH, Beschluß vom 28. April 2022 - III ZR 240/21 - OLG Nürnberg [4 U 1292/21]
NJW-RR 2022, 1353 = VersR 2022, 972 = NZFam 2022, 764 = MDR 2022, 809 = NJW-Spezial 2022, 418 = NZM 2022, 509 = BtPrax 2022, 139 = Sozialrecht aktuell 2022, 163 = ZMR 2022, 787 = JR 2023, 29 = NZS 2022, 670 = RdLH 2022, 151 = VuR 2022, 433 = RDG 2022, 219 = PaPfleReQ 2022, 33 = FamRZ 2022, 1227 [Ls] = ErbR 2022, 864 [Ls] = GesR 2022, 474 [Ls] = LMK 2022, 809223 [Ls]

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Entscheidungen Bundesgerichtshof 04/2022 - FD-Platzhalter-rund
Fachanwälte im Familienrecht gesucht

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