Entscheidungen OLG Bamberg 02/1988
ZPO §§ 120, 124
Haben sich die für die Prozeßkostenhilfe maßgebenden wirtschaftlichen Verhältnisse nach der Bewilligung wesentlich verbessert, so können erstmals Zahlungen angeordnet werden, und bei erheblichem Vermögenserwerb sogar die sofortige volle Zahlung aller bereits fälligen Kosten.
OLG Bamberg, Beschluß vom 4. Februar 1988 - 7 WF 143/87
JurBüro 1988, 905
Elterliche Sorge; Voraussetzungen für die Anordnung der gemeinsamen elterlichen Sorge nach der Scheidung; Auswanderungspläne eines Elternteils.
BGB §§ 1671, 1672; GG Art. 6; FGG § 12
1. Gemeinsame elterliche Sorge nach der Trennung oder Scheidung der Eltern kann nicht angeordnet werden, wenn ein Elternteil widerspricht, weil dies das Kindeswohl beeinträchtigen würde
2. Dem Familiengericht obliegt es in geeigneten Sorgerechtsverfahren jedoch, den Abbau von Streitpotential zu versuchen, und den Eltern den Gedanken an gemeinsame elterliche Sorge nahezulegen: Die Anordnung der gemeinsamen elterlichen Sorge in dafür geeigneten Fällen ist sowohl aus rechtlichen als auch aus psychologischen Erwägungen die am meisten dem Kindeswohle dienende Regelung.
3. Da in Sorgerechtsverfahren der Richter das in Art. 6 GG verankerte Wächteramt des Staates zum Wohle der Kinder ausübt, da § 12 FGG Tätigkeit von Amts wegen gebietet, und da das Bundesverfassungsgericht in ständiger Rechtsprechung fordert, die bestmöglichen Bedingungen für das gedeihliche Heranwachsen scheidungsbetroffener Kinder zu schaffen, darf sich der Familienrichter nicht damit begnügen, den Sachverhalt eines Sorgerechtsverfahrens lediglich zur Kenntnis zu nehmen und danach zu entscheiden; vielmehr hat er zum Wohle des Kindes tätig zu werden, soviel Streitpotential wie möglich abzubauen, und zu versuchen, unter Ausschöpfung seiner Möglichkeiten die Voraussetzungen für die denkbar beste Regelung, die gemeinsame elterliche Sorge, zu schaffen.
4. Gemeinsame elterliche Sorge ist nicht schon deshalb anzuordnen, weil andernfalls zu erwarten ist, daß der allein sorgeberechtigte Elternteil mit den Kindern in einen anderen Erdteil auswandern wird.
5. Auswanderungspläne eines Elternteils sprechen nicht gegen eine Sorgerechtsregelung zu dessen Gunsten, wenn die diesbezüglichen Pläne des Elternteils gut durchdacht und dem Kindeswohle durchaus zuträglich sind, und dürfen daher bei Sorgerechtsentscheidungen nur dann zu Ungunsten eines Elternteils berücksichtigt werden, wenn in dem konkreten Einzelfall eine Gefährdung des Kindeswohles durch diese Pläne gegeben ist.
OLG Bamberg, Beschluß vom 9. Februar 1988 - 7 UF 135/87
FamRZ 1988, 752 = NJW-RR 1988, 1225 = DAVorm 1988, 448
Prozeßkostenhilfe; Mutwilligkeit der Rechtsverfolgung bei Geltendmachung von Unterhaltsforderungen im selbständigen Klageverfahren.
ZPO § 114
Macht der Antragsteller Unterhaltsansprüche in einem selbständigen Klageverfahren statt im Verbundverfahren geltend, ohne daß dafür zwingende Gründe ersichtlich sind, so kann ihm keine Prozeßkostenhilfe bewilligt werden.
OLG Bamberg, Beschluß vom 20. Januar 1988 - 2 WF 5/88
JurBüro 1988, 1059
Prozeßkostenhilfe; Rechtsanwaltsgebühren; Reisekosten des beigeordneten Simultananwalts.
BRAGO § 126
1. Der im Wege der Prozeßkostenhilfe beigeordnete Rechtsanwalt kann für seine Reisen zu dem Ort des Prozeßgerichts keine Vergütung aus der Staatskasse erhalten.
2. Die Sonderregelung des § 126 Abs. 1 S. 2 BRAGO kann auch nicht dadurch umgangen werden, daß in den Vergleich der Mehrkosten die der Partei - fiktiv - entstandenen Kosten einbezogen werden, die ihr entstanden wären, wenn ein an dem Sitz des Prozeßgerichts residierender Rechtsanwalt beauftragt worden wäre.
OLG Bamberg, Beschluß vom 24. Februar 1988 - 2 WF 11/88
JurBüro 1988, 871
Prozeßkostenhilfe; Bewilligung ab Antragstellung; Rechtsanwaltsgebühren; keine Beweisgebühr bei Anhörung des Jugendamtes oder der Kinder.
ZPO § 114; BRAGO §§ 31, 118; JWG § 48a; FGG §§ 12, 50b
1. Wird Prozeßkostenhilfe ohne datumsmäßige Angabe oder zeitliche Einschränkung bewilligt, so gilt die Bewilligung im Zweifel ab Antragstellung.
2. Die Anhörung eines Kindes (§ 50b FGG) oder des Jugendamtes (§ 48a JWG) in einem Verfahren zu der Regelung der elterlichen Sorge oder des Umgangsrechts löst grundsätzlich keine Beweisaufnahmegebühr nach § 118 Abs. 1 Nr. 3 BRAGO aus. Diese Gebühr entsteht ausnahmsweise nur dann, wenn der Richter erkennbar von der von Amts wegen vorzunehmenden Stoffsammlung zu der Beweisaufnahme übergeht.
OLG Bamberg, Beschluß vom 24. Februar 1988 - 2 WF 296/87
FamRZ 1988, 1080 = JurBüro 1988, 892
Unterhaltsrecht; Taschengeldanspruch; Umfang und Pfändbarkeit von Taschengeldansprüchen; Pfändungsschutz; Drittschuldnerprozeß; Darlegungs- und Beweislast.
BGB § 1360a; ZPO § 850d
1. Die nichterwerbstätige Ehefrau hat dem Ehemann gegenüber neben dem Anspruch auf Naturalunterhalt auch einen Anspruch auf ein in bar zu zahlendes, keiner Abrechnungspflicht unterliegendes, angemessenes Taschengeld. Es beträgt regelmäßig 5% des anrechenbaren Einkommens des unterhaltspflichtigen Ehegatten.
2. Im Rahmen dieses Taschengeldanspruchs ist in einem Drittschuldnerprozeß lediglich noch zu prüfen, ob und in welcher Höhe die gepfändete Forderung dem Schuldner zusteht, denn gepfändet und überwiesen wird stets nur die angebliche Forderung. Dagegen obliegt die Prüfung der Pfändbarkeit einer Forderung (hier: Anspruch auf Taschengeld) ausschließlich dem Vollstreckungsgericht.
OLG Bamberg, Urteil vom 25. Februar 1988 - 2 UF 310/87
FamRZ 1988, 948
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