Entscheidungen OLG Bremen 1984
ZPO §§ 78, 623; FGG § 29
Die Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder unterliegt bei der Einlegung von Erstbeschwerden gegen eine als Scheidungsfolgesache getroffene Entscheidung über den Versorgungsausgleich nicht dem Anwaltszwang (Fortführung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zu der Anwendung des Behördenprivilegs nach § 29 Abs. 1 S. 3 FGG bei Beschwerden von gesetzlichen Rentenversicherungsträgern und Jugendämtern in den sie betreffenden Scheidungsfolgesachen).
OLG Bremen, Beschluß vom 20. Januar 1984 - 5 UF 128/83
FamRZ 1984, 497


Prozeßkostenhilfe; Berücksichtigung von Kindergeld und Unterhaltspflichten bei der Bewilligung.
ZPO §§ 114, 115 Anlage 1
1. Hat ein Elternteil für die bei ihm lebenden Kinder neben Betreuungsunterhalt auch noch Barunterhalt aufzubringen, dann ist dies bei der Einstufung für seinen Prozeßkostenhilfeantrag durch Verdoppelung der Unterhaltspflichten zu berücksichtigen.
2. Kindergeld ist nicht als Einkommen der Eltern bei der Einstufung in die Prozeßkostenhilfe-Tabelle zu berücksichtigen.
OLG Bremen, Beschluß vom 23. Januar 1984 - 5 WF 268/83
FamRZ 1984, 411 = Streit 1984, 139


Verfahrensrecht; Zuständigkeit der Amtsgerichte für durch Verwandtschaft begründete gesetzliche Unterhaltspflicht nach Übergang der Unterhaltsansprüche auf einen Dritten gemäß § 1615b BGB.
BGB § 1615b; GVG § 23a
Zu der Entscheidung über die auf einen Dritten gemäß § 1615b BGB übergegangenen Unterhaltsansprüche ist gemäß § 23a Nr. 2 GVG das Amtsgericht sachlich zuständig (hier: betreffend Unterhaltsansprüche des nichtehelichen Kindes, die kraft Legalzession auf seine Mutter übergegangen waren, und die bei deren Tod kraft Erbfolge an das Kind zurückgefallen sind).
OLG Bremen, Beschluß vom 30. Januar 1984 - 2 W 5/84
FamRZ 1984, 511


Versorgungsausgleich; Anwartschaften auf Zusatzversorgung des Hessischen Rundfunks; Ausgleich in der Form des Quasisplittings.
VAHRG § 1
Anwartschaften aus der Versorgungsordnung des Hessischen Rundfunks sind gemäß § 1 Abs. 3 VAHRG in der Form des Quasisplitting auszugleichen.
OLG Bremen, Beschluß vom 1. März 1984 - 5 UF 1/84
FamRZ 1984, 602


Personenstandsrecht; Eintragung der Legitimation aufgrund Rückverweisung jugoslawischen Rechts.
PStG § 31
Zu der Legitimation eines Kindes durch Eheschließung der deutschen Mutter mit dem jugoslawischen Vater infolge Rückverweisung des jugoslawischen Rechts.
OLG Bremen, Beschluß vom 14. März 1984 - 1 W 64/83
StAZ 1984, 342


Personenstandsrecht; keine Legitimation nach jugoslawischem Recht bei jugoslawischen Staatsangehörigen.
PStG §§ 30, 31; EGBGB Art. 22
Eine Legitimation durch nachfolgende Eheschließung tritt nicht ein, wenn nach dem maßgebenden Recht (hier: Jugoslawien, Teilrepublik Bosnien und Herzegowina) nicht zwischen ehelichen und nichtehelichen Kindern unterschieden wird. Eines Verfahrens nach § 31 Abs. 2 PStG zu der Anordnung der Eintragung einer Legitimation bedarf es deshalb nicht.
OLG Bremen, Beschluß vom 26. März 1984 - 1 W 65/83
StAZ 1984, 342


Prozeßkostenhilfe; Zulässigkeit einer Beschwerde nach Beendigung des Rechtsstreits in der Instanz; Kindergeld als Einkommen iSd § 115 ZPO.
ZPO §§ 114, 115, 127
1. Die Beendigung des Rechtsstreits in der Instanz steht der Zulässigkeit einer Beschwerde gegen eine noch vorher ergangene Prozeßkostenhilfeentscheidung nicht entgegen, soweit mit der Beschwerde ein Anspruch auf rückwirkende Bewilligung der Prozeßkostenhilfe geltend gemacht wird, und zwar auch dann, wenn der Rechtsstreit in der Hauptsache bei Einlegung der Beschwerde bereits rechtskräftig beendet ist.
2. Soweit in dem Beschwerdeverfahren neue oder geänderte Angaben über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers gemacht werden, kann hierauf eine rückwirkende Bewilligung der Prozeßkostenhilfe nicht gestützt werden.
3. Zu dem Einkommen im Sinne von § 115 ZPO zählt auch das von dem Antragsteller bezogene Kindergeld (gegen OLG Bremen FamRZ 1984, 411).
OLG Bremen, Beschluß vom 30. Mai 1984 - 2 W 139/83
JurBüro 1987, 767


Prozeßkostenhilfe; Prozeßkostenvorschuß gegen den Ehegatten; Bewilligung von Prozeßkostenhilfe bei einem die voraussichtlichen Kosten des Rechtsstreits nur teilweise deckenden Prozeßkostenvorschuß.
BGB § 1360a; ZPO § 115
1. Reicht das Einkommen des unterhaltspflichtigen Ehegatten für einen Prozeßkostenvorschuß in voller Höhe nicht aus, dann kann es der Billigkeit entsprechen, daß er dem anderen Ehegatten einen angemessenen Bruchteil der Prozeßkosten vorschießt.
2. Der Anspruch auf einen Zuschuß zu den Prozeßkosten gehört zu dem nach § 115 Abs. 2 ZPO einzusetzenden Vermögen.
3. Bei Bewilligung von Prozeßkostenhilfe ist, wenn ein Anspruch auf einen Zuschuß zu den Prozeßkosten besteht, der Zeitpunkt für die Zahlung aus dem Vermögen so weit hinauszuschieben, daß dem Zahlungspflichtigen eine angemessene Zeit zu der Realisierung seines Anspruchs gegen den vorschußpflichtigen Ehegatten verbleibt.
OLG Bremen, Beschluß vom 5. Juni 1984 - 3 WF 56/84
FamRZ 1984, 919


Prozeßkostenhilfe für den Antragsgegner des Scheidungsverfahrens; Antrag auf Abweisung des Scheidungsantrages bei voraussichtlich ohne Erfolg.
ZPO §§ 114 ff; 623 ff
Dem Antragsgegner des Scheidungsverfahrens muß Prozeßkostenhilfe bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen auch dann bewilligt werden, wenn er mit seinem Antrag auf Abweisung des Scheidungsantrages voraussichtlich keinen Erfolg haben wird, denn im Hinblick auf die Besonderheiten des Scheidungsverfahrens ist es ausreichend, daß ein durch anwaltliche Tätigkeit verfolgbares Verfahrensziel erkennbar ist.
OLG Bremen, Beschluß vom 23. Juli 1984 - 5 WF 124/84
FamRZ 1985, 622


Ehescheidung; Anwendbarkeit des Deutsch-Iranischen Niederlassungsabkommens; Verdrängung der Anwendbarkeit des Haager Unterhaltsabkommens durch das Deutsch-iranische Niederlassungsabkommen; Anerkennung eines iranischen Scheidungsurteils bei doppelter Staatsangehörigkeit; Anwendbarkeit des Rechts des Staates des gewöhnlichen Aufenthalts des Kindes bei der Beurteilung von Unterhaltsansprüchen; Anwendbarkeit des materiellen Unterhaltsrechts bei Vorliegen der doppelten Staatsbürgerschaft eines Klägers und einer effektiven deutschen Staatsangehörigkeit.
BGB § 1629; EGBGB Art. 7 ff, Art. 14; UhAnerkÜbk Haag, Art. 1, Art. 8; FamRÄndG § 1
1. Das Deutsch-Iranische Niederlassungsabkommen betrifft nur solche Familienrechtsfälle, in denen alle an dem zu regelnden Rechtsverhältnis Beteiligten entweder eine gemeinsame deutsche oder eine gemeinsame iranische Staatsangehörigkeit haben; es ist nicht anwendbar, wenn Personen mit verschiedener Staatsangehörigkeit beteiligt sind (gemischt-nationale Ehen bzw. Familien).
2. Um gemischt-nationale Ehen bzw. Familien handelt es sich auch dann, wenn ein Beteiligter neben seiner allen Beteiligten gemeinsamen Staatsangehörigkeit eine weitere Staatsangehörigkeit besitzt (Doppelstaater), und diese weitere Staatsangehörigkeit seine effektive ist, also diejenige, der er am engsten verbunden ist (effektive Staatsangehörigkeit).
3. Nehmen Kinder einen Elternteil auf Unterhaltszahlungen in Anspruch, so ist der andere Elternteil nicht nur in bezug auf die Prozeßführung (§ 1629 Abs. 2 S. 2 BGB), sondern auch in materiell-rechtlicher Hinsicht am Rechtsverhältnis »beteiligt«. Das Haager Unterhaltsabkommen wird daher hinsichtlich des materiellen Unterhaltsrechts auch dann nicht durch das Deutsch-Iranische Niederlassungsabkommen verdrängt, wenn die Kinder und der in Anspruch genommene Vater nur die iranische Staatsangehörigkeit haben, die Mutter aber neben ihrer iranischen auch die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt und diese ihre effektive ist.
4. Der Unterhaltsanspruch einer deutsch-iranischen Ehefrau gegen ihren iranischen Ehemann richtet sich nach deutschem Recht als Recht des gemeinsamen Aufenthaltsstaates, wenn die deutsche Staatsangehörigkeit der Ehefrau ihre effektive Staatsangehörigkeit ist, die Ehegatten mithin keine gemeinsame (effektive) Staatsangehörigkeit haben, und eine solche auch in der Vergangenheit nicht gehabt haben.
5. Ein iranisches Scheidungsurteil bedarf der Anerkennung gemäß Art. 7 § 1 Abs. 1 S. 1 FamRÄndG, wenn einer der Ehegatten neben seiner iranischen Staatsangehörigkeit auch die deutsche besitzt, und diese seine effektive Staatsangehörigkeit ist, weil dann keine »Heimatstaatentscheidung« im Sinne des Art. 7 § 1 Abs. 1 S. 3 FamRÄndG vorliegt.
OLG Bremen, Urteil vom 25. Oktober 1984 - 3 UF 51/84
IPRax 1985, 296 [Ls]


Versorgungsausgleich; Ermittlung des Barwertes von Anwartschaften aus der Bayerischen Ärzteversorgung.
BGB § 1587a; BarwertVO § 2
1. Der Barwert von Anwartschaften aus der Bayerischen Ärzteversorgung ist gemäß § 2 Abs. 2 der geänderten Barwertverordnung vom 28. Mai 1984 (BGBl I 692) nach den Werten der Tabelle 1 mit einem Zuschlag von 60% zu den Tabellenwerten zu ermitteln.
2. Das gilt jedenfalls für Anwartschaften, die in einer bis zum 31. Dezember 1984 laufenden Ehezeit erworben worden sind. Die ab 1. Januar 1985 geplante Satzungsänderung der Bayerischen Ärzteversorgung rechtfertigt für diese Anwartschaften keine andere (niedrigere) Bewertung.
OLG Bremen, Beschluß vom 19. November 1984 - 5 UF 46/80
FamRZ 1985, 295


Unterhalt des geschiedenen Ehegatten; Gleichwertigkeit von Bar- und Naturalunterhalt, Naturalunterhalt für volljährige Kinder.
BGB §§ 1570, 1574, 1606
Versorgt der berufstätige Unterhaltsgläubiger eheliche Kinder, die zugleich von dem Unterhaltsschuldner Barunterhalt erhalten, so sind bei der Bemessung des Ehegattenunterhalts von dem Einkommen des Unterhaltsgläubigers ebenso wie bei dem Unterhaltsschuldner die Belastungen durch die Versorgung der Kinder in Form eines Vorabzugs in Höhe der Tabellenunterhaltssätze zu berücksichtigen.
OLG Bremen, Beschluß vom 12. Dezember 1984 - 5 WF 225/84
Streit 1985, 24


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