Entscheidungen OLG Stuttgart 10/1980
GG Art. 2, Art. 19; UbrG BW § 3
1. Die zwangsweise medizinische Behandlung eines Untergebrachten ist ohne Zustimmung seines (Behandlungspflegers) Pflegers nach § 3 UbrG BW nicht möglich.
2. Wenn ein Kranker, der nach § 3 UbrG BW deswegen untergebracht ist, weil er nicht bereit ist, sich behandeln zu lassen, und weil ihm deshalb ernste Gesundheitsschäden drohen, sich auch in der Anstalt der Behandlung verweigert, so daß durch die Unterbringung der Zustand des Kranken nicht gebessert werden kann, so ist er nicht anstaltsbedürftig im Sinne von § 3 UbrG BW.
3. Ist ein geistig Kranker behandlungsbedürftig, aber nicht bereit, sich behandeln zu lassen, so kann er zwangsweise nur mit Zustimmung eines Pflegers behandelt werden; andernfalls ist er nicht »anstaltsbedürftig« im Sinne des § 3 UbrG BW.
OLG Stuttgart, Beschluß vom 10. Oktober 1980 - 8 W 430/80
FamRZ 1981, 402 = NJW 1981, 638 = MDR 1981, 148 = Justiz 1980, 473


Umgangsrecht mit einem Kleinkind; unzulässige Blockade des Besuchsrechts durch einen Elternteil wegen Eingliederung des Kindes in eine neue Familie; Voraussetzungen für einen Ausschluß des Umgangsrechts.
BGB §§ 1634, 1666
1. Das Umgangsrecht besteht uneingeschränkt auch in dem Verhältnis zu einem Kleinkind.
2. Der Gesetzgeber hat bei einer Kollision des Umgangsrechts mit der Absicht des die Sorge ausübenden Elternteils, das beteiligte Kind störungsfrei in eine neue Familie einzugliedern, der Ausübung des Umgangsrechts Vorrang eingeräumt. Der Gesetzgeber hat darüber hinaus jede unbegründete Einflußnahme des Sorgeberechtigten mit dem Ziel der Blockierung des Besuchsrechts ausschließen wollen. Eine solche Blockierung bedeutet Mißbrauch des elterlichen Sorgerechts (§ 1666 BGB).
3. Der Ausschluß des Umgangsrechts kann nur bei einer konkret in der Gegenwart bestehenden Gefährdung des Kindeswohles angeordnet werden.
OLG Stuttgart, Beschluß vom 24. Oktober 1980 - 15 UF 16/80
NJW 1981, 404 = Justiz 1981, 211 [Ls]


Verfahrensrecht; Zwangsvollstreckung; Voraussetzungen der Pfändung von Kindergeld; Anhörung; Darlegungslast des Gläubigers; Prüfung der Hilfsbedürftigkeit; Billigkeit der Pfändung.
ZPO §§ 834, 850e; SGB I § 54; BSHG § 22
1. Bei der Pfändung von Sozialleistungen gemäß § 54 SGB I ist vor der Pfändung eine ohne Antrag des Gläubigers von Amts wegen erfolgende Anhörung des Schuldners unzulässig.
2. Bei der Frage, ob Pfändung und Zusammenrechnung der Billigkeit entsprechen (§ 54 Abs. 2 SGB I, § 850e Nr. 2a ZPO), sind an die Darlegungslast des Gläubigers keine strengen Anforderungen zu stellen.
3. Bei der Prüfung, ob und inwieweit durch die Pfändung (hier: von Kindergeld) Hilfsbedürftigkeit im Sinne des § 54 Abs. 3 Nr. 2 SGB I eintritt, ist in dem Pfändungsverfahren mangels erkennbarer besonderer Umstände von den Regelsätzen nach § 22 Abs. 1 S. 1 BSHG auszugehen, die von Amts wegen zu beachten sind.
4. Die Zweckbestimmung des Kindergeldes steht der Billigkeit der Pfändung dann nicht entgegen, wenn die der Pfändung zugrunde liegende Forderung aus einer Lieferung oder Leistung stammt, die dem angemessenen Bedarf der Gesamtfamilie zu dienen bestimmt war (hier: Heizöl).
OLG Stuttgart, Beschluß vom 28. Oktober 1980 - 8 W 428/80
JurBüro 1981, 286 = MDR 1981, 237 = OLGZ 1981, 254 = Justiz 1981, 17 = Rpfleger 1981, 449


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