Entscheidungen OLG Nürnberg 11/1980
BGB § 1634; FGG §§ 16, 33
1. In isolierten Familiensachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit werden Beschlüsse mit der Bekanntgabe wirksam. Nach Wirksamkeit kann die Androhung und Verhängung eines Zwangsgeldes beantragt werden.
2. Bei der Regelung und Erzwingung des Umgangsrechts ist zu berücksichtigen, daß dem nicht sorgeberechtigten Elternteil die Möglichkeit zu der Aufrechterhaltung der verwandtschaftlichen Beziehungen erhalten bleiben, und einer Entfremdung vorgebeugt werden soll.
OLG Nürnberg, Beschluß vom 3. November 1980 - 11 WF 1948/80


Elterliche Sorge; Voraussetzung für die Abänderung einer Entscheidung über die elterliche Sorge; Entzug der elterlichen Sorge wegen Änderung des Wohnsitzes eines Elternteils; Beschränkungen des Umgangsrechts eines Vaters mit seinem Kind durch einen Umzug der Mutter.
BGB §§ 1671, 1696
1. Die Abänderung von Entscheidungen über die elterliche Sorge setzt triftige, das Wohl des Kindes nachhaltig berührende Gründe voraus; es müssen also neue Umstände eingetreten sein, die zu dem Ergebnis führen, daß die Übertragung der elterlichen Sorge auf den bislang nicht sorgeberechtigten Elternteil nunmehr die ungleich bessere Lösung darstellt als die Aufrechterhaltung der bisherigen Regelung.
2. Der Umzug der sorgeberechtigten Mutter in einen anderen Ort stellt einen derart wichtigen Grund noch nicht dar, auch wenn dadurch das Umgangsrecht des Vaters beeinträchtigt wird.
OLG Nürnberg, Beschluß vom 3. November 1980 - 7 WF 2499/80


Verfahrensrecht; einstweilige Anordnungen; Trennbarkeit des ehelichen und nachehelichen Unterhalts; »anderweitige Regelung«.
BGB §§ 1361, 1569 ff; ZPO § 620f
Regelt eine einstweilige Anordnung den Ehegattenunterhalt bis zu der Rechtskraft des Scheidungsurteils, so stellt ein Ausspruch über den Ehegattenunterhalt in einem Verbundurteil keine »anderweitige Regelung« dar, da durch ihn lediglich der nacheheliche - nicht mit dem ehelichen identische - Ehegattenunterhalt geregelt wird.
OLG Nürnberg, Beschluß vom 4. November 1980 - 11 WF 2537/80


Unterhaltsrecht; Verlangen eines Verzichts auf Unterhaltszahlungen und Herausgabe eines Vollstreckungstitels; Erklärung eines Verzichts auf Unterhalt für die Zukunft.
ZPO § 323
Zu dem Verlangen eines Verzichts auf Unterhaltszahlungen und Herausgabe eines Vollstreckungstitels, sowie zu der Erklärung eines Verzichts auf Unterhalt für die Zukunft.
OLG Nürnberg, Beschluß vom 5. November 1980 - 11 WF 2344/80


Umgangsrecht; Umgang des Kindes mit den Eltern; Streit um die Durchführung des der Mutter zustehenden Umgangsrechts mit dem Kind zwischen geschiedenen amerikanischen in Deutschland lebenden Eltern; internationale Zuständigkeit des deutschen Gerichts nach dem Minderjährigenschutzabkommen (MSA) trotz Nichtratifizierung durch die Vereinigten Staaten von Amerika (USA); ständiger Aufenthalt des Minderjährigen als Voraussetzung für die Anwendbarkeit des MSA und Geltung deutschen Sorgerechts; Abänderung durch das Beschwerdegericht im Hinblick auf die Zahl der erlaubten Besuche mit Rücksicht auf das Wohl des Kindes und der Mutter.
BGB § 1634; MSA Art. 1; EGBGB Art. 2
1. Zu der Umgangsregelung bei Staatsbürgern der Vereinigten Staaten.
2. Soweit die Eltern sich über die Einzelheiten des Umgangsrechts nicht einigen können, ist es nach § 1634 Abs. 2 BGB Sache des Familiengerichts, den Umfang des Umgangsrechts näher zu regeln. Dabei kann das Gericht das Umgangsrecht völlig ausschließen, wenn dies zu dem Wohle des Kindes erforderlich ist. Bloße Belastungen, die aufgrund der Ausübung des Rechts für die neue Familie auftreten können, reichen nicht hierfür nicht aus.
OLG Nürnberg, Beschluß vom 7. November 1980 - 11 UF 2095/80


Elterliche Sorge; Regelung der elterlichen Sorge; Beschäftigung einer dritten Person im Haushalt eines getrennt lebenden Elternteiles zur Betreuung eines Kindes; Berücksichtigung des Alkoholmissbrauches eines Elternteiles bei der Übertragung der elterlichen Sorge.
BGB §§ 1671, 1672; ZPO §§ 516, 519, 621, 621e
1. Es dient grundsätzlich dem Wohle des Kindes in gleicher Weise, ob die Mutter oder der Vater die elterliche Sorge ausübt.
2. Die Beschäftigung einer dritten Person in dem Haushalt des einen Ehegatten zu der Betreuung des Kindes wegen dessen Berufsbelastung kann den Ausschlag zugunsten des anderen Ehegatte geben, wenn die elterliche Sorge für die Dauer des Getrenntlebens übertragen werden soll.
3. Die leibliche Mutter bietet grundsätzlich die bessere Gewähr für eine einheitliche, umfassende und durch Einflüsse Dritter nicht beeinträchtigte oder gar gestörte Erziehung. Die Erziehung durch ein Elternteil allein - Vater oder Mutter - ist der Erziehung durch mehrere Personen mit oder neben dem anderen Elternteil oder an dessen Stelle stets vorzuziehen.
4. Ist bei einem Elternteil in der Vergangenheit Alkoholsucht festgestellt worden, und läßt sich für die Zukunft nicht ausschließen, daß dieser Elternteil erneut alkoholabhängig wird, dann entspricht es dem Kindeswohle, die elterliche Sorge dem anderen Elternteil zuzusprechen. Weitere Voraussetzung dafür ist aber, daß beide Elternteile ansonsten in gleicher Weise für die Erziehung und Betreuung des Kindes geeignet sind.
OLG Nürnberg, Beschluß vom 11. November 1980 - 11 UF 39/79
Elterliche Sorge; Übertragung der elterlichen Sorge für zwei Kinder auf die Mutter durch gemeinsamen Vorschlag der Eltern; Entscheidung über die Übertragung der elterlichen Sorge zum Wohle eines Kindes.
BGB § 1671
Zu der Regelung der elterlichen Sorge bei übereinstimmendem Vorschlag der Eltern.
OLG Nürnberg, Beschluß vom 11. November 1980 - 11 UF 552/80


Versorgungsausgleich; Ausgleich einer schon vor dem Ende der Ehezeit laufenden nichtdynamischen Betriebsrente (Invalidenrente) eines Unterstützungsvereins.
BGB §§ 1587, 1587a, 1587b; BarwertVO § 4
Dem Ausgleich einer schon vor dem Ende der Ehezeit laufenden nichtdynamischen Betriebsrente (Invalidenrente) eines Unterstützungsvereins ist der Rentenbetrag zugrunde zu legen, der zu der Zeit der letzten mündlichen Verhandlung über den Versorgungsausgleich gezahlt wird, auch wenn die Rente in dieser Höhe auf einer Erhöhung nach dem Ende der Ehezeit beruht.
OLG Nürnberg, Beschluß vom 11. November 1980 - 11 UF 716/80
FamRZ 1981, 367


Ehescheidung; Antrag über ein Scheidungsbegehren einer bestehenden Ehe; Anforderungen an das Scheitern einer Ehe; Ehescheidung bei einseitigem Verlangen.
BGB § 1565
Leben die Ehegatten länger als ein Jahr getrennt, und will ein Ehegatte die Ehe nicht mehr fortsetzen, weil er jegliches Gefühl ehelicher Verbundenheit zu dem anderen Ehegatten verloren hat, und wenn nicht mehr damit zu rechnen ist, daß er seine eheliche Gesinnung wiederfinden wird, ist eine Ehe als gescheitert zu scheiden.
OLG Nürnberg, Urteil vom 11. November 1980 - 7 UF 1057/80


Unterhalt unter Verwandten; Anspruch des volljährigen Kindes auf Unterhalt; Unterhaltsleistung der Eltern für ihr Kind durch Gewährung von Wohnung und Verpflegung im Elternhaus sowie eines angemessenen Taschengeldes; Unterhaltsbestimmungsrecht der Eltern; Übergang des (etwaigen) Unterhaltsanspruchs eines Kindes gegen seine Eltern auf den Träger der Ausbildungsförderung.
BGB §§ 404, 412, 1601 ff, 1610, 1612; BAföG § 37
1. Der Träger der Ausbildungsförderung kann gegen die Eltern des geförderten Studenten keinen Rückgriff nehmen, wenn die Eltern wirksam von ihrem Unterhaltsbestimmungsrecht Gebrauch gemacht haben, und ein Mißbrauch des Bestimmungsrechts nicht festzustellen ist.
2. Ein derartiger Rechtsmißbrauch kann nur dann festgestellt werden, wenn durch die Anordnung der Eltern die wohlverstandenen Interessen des Kindes in unzumutbarer Weise verletzt worden wären, und die elterliche Einflußnahme in einer die Menschen würde oder das Recht des Kindes auf freie Entfaltung seiner Persönlichkeit verletzenden Weise erfolgt wäre.
3. Das ist nicht festzustellen, wenn die Eltern lediglich angeordnet haben, das Kind solle die Semesterferien zu Hause verbringen.
OLG Nürnberg, Urteil vom 11. November 1980 - 11 UF 1521/80


Unterhalt unter Verwandten; Anspruch des Kindes auf Unterhalt; Ausbildungsunterhalt; Wegfall der Bedürftigkeit eines gegenüber dem Vater aufgrund rechtskräftigen Urteils unterhaltsberechtigten Sohnes mangels Ausbildung; Zurückweisung verspäteten Vorbringens.
BGB §§ 1601, 1602; ZPO §§ 282, 296, 323, 523
1. Die Bedürftigkeit eines gegenüber dem Vater aufgrund rechtskräftigen Urteils unterhaltsberechtigten Sohnes entfällt in der Regel dann, wenn sich dieser nach der Schulzeit (hier: Abgang von der Hauptschule ohne Abschluß) innerhalb einer angemessenen Frist (hier: vier Monate bis zu der Klageerhebung, und ein Jahr drei Monate bis zu der mündlichen Verhandlung über die Berufung) weder um eine zumutbare dauerhafte Erwerbstätigkeit, noch um eine weitere angemessene Berufsausbildung bemüht. Dabei spielt es keine entscheidende Rolle, ob der Sohn an dem Ende der Schulzeit volljährig war oder nicht (hier: 17 Jahre 6 Monate).
2. Neues Vorbringen ist unter anderem dann verspätet, wenn es die Partei (hier: der Unterhalt beanspruchende Sohn) erst in der mündlichen Verhandlung über die Berufung unterbreitet, und dann erst unmittelbar zuvor von ihr selbst geschaffene Tatsachen nennt (hier: Anmeldung bei einer Volkshochschule zu der Nachholung des Hauptschulabschlusses sechs Tage vor der mündlichen Verhandlung über die Berufung), und aufgrund ihres gesamten Verhaltens während des bisherigen Rechtsstreits in zwei Rechtszügen damit rechnen muß, der Gegner werde dieses Vorbringen bestreiten.
OLG Nürnberg, Urteil vom 11. November 1980 - 11 UF 1812/80
NJW 1981, 1680 [Ls]


Unterhalt des geschiedenen Ehegatten; Betreuung des gemeinsamen minderjährigen Kindes; Streit um nachehelichen Unterhalt nach der Scheidung einer deutschen Ehefrau vom österreichischen Ehemann; internationale Zuständigkeit des deutschen Gerichts nach Zurückverweisung des Streites durch das österreichische Recht; Zumutbarkeit der Aufnahme einer Teilzeitbeschäftigung wegen Prägung der ehelichen Lebensverhältnisse durch das beiderseitige Einkommen; Darlegungs- und Beweislast des Unterhaltsberechtigten für das Bestehen des Unterhaltsanspruchs; Berechnung des konkreten Unterhalts unter Zugrundelegung eines fiktiven Einkommens unter Einschluß des Krankenunterhalts und des Vorsorgeunterhalts; Berücksichtigungsfähigkeit von Zinsen und Tilgungsleistungen für ein gemeinsam aufgenommenes Darlehen.
BGB §§ 1569 ff, 1570, 1578; EGBGB Art. 17
1. Einer wegen der Betreuung eines gemeinsamen minderjährigen Kindes unterhaltsberechtigten Ehefrau ist fiktives Einkommen zuzurechnen, wenn sie trotz gegebener Arbeitsfähigkeit nicht nachweist, daß sie sich hinreichend um eine ihr zumutbare Teilzeitbeschäftigung bemüht hat.
2. Hat die unterhaltsberechtigte Ehefrau während der Ehe und nach der Geburt des Kindes und angesichts ihrer Aufgabe, den ehelichen Haushalt zu führen, es vertretbar und durchführbar gehalten, einer Teilzeitbeschäftigung nachzugehen, so trifft sie auch nach ihrer Scheidung eine Erwerbspflicht, umso mehr, wenn sie durch Kindergartenunterbringung über eine erheblich vermehrte Freizeit verfügt: Hier verbietet es der Grundsatz von Treu und Glauben, eine Arbeit abzulehnen, die früher unter schwierigeren Umständen aufgenommen worden ist.
OLG Nürnberg, Urteil vom 11. November 1980 - 11 UF 2046/80


Elterliche Sorge; Kriterien für Übertragung der elterlichen Sorge auf einen Elternteil; Übertragung der Sorge für Mädchen im vorschulpflichtigen Alter an die Mutter.
BGB § 1671
Bei der Entscheidung über die elterliche Sorge ist diejenige Regelung zu treffen, die dem Wohle des Kindes am besten entspricht. Hierbei sind die Bindungen des Kindes, insbesondere an seine Eltern und Geschwister, zu berücksichtigen. Unter Voranstellung des allein maßgebenden Kindeswohles sind die Verhältnisse beider Eltern zu prüfen, und gegeneinander abzuwägen.
OLG Nürnberg, Beschluß vom 13. November 1980 - 7 UF 1958/80


Unterhaltsrecht; Wirksamkeit einer Vereinbarung über den Unterhaltsverzicht für die Vergangenheit; Nichtigkeit der gesamten Unterhaltsvereinbarung bei teilweiser Nichtigkeit des Vertrages; Prüfung eines Anspruchs auf Titulierung in Fällen der freiwilligen regelmäßigen Unterhaltszahlung für die Kinder im Armenrechtsverfahren; Unterhaltsansprüche im Scheidungsverbundverfahren; System des Scheidungsverbundes.
BGB §§ 139, 1361, 1565, 1585c, 1614; ZPO § 630
1. Verlangt ein Ehegatte Unterhalt bis zu der rechtskräftigen Scheidung, dann handelt es sich um keine Folgesache im Sinne des § 623 Abs. 1 ZPO; ein Verfahren über Trennungsunterhalt kann daher nicht mit dem Scheidungsverbundverfahren verbunden werden.
2. Auch bei freiwilliger Unterhaltszahlung ist in der Regel ein Titulierungsinteresse für Unterhaltsansprüche anzuerkennen.
OLG Nürnberg, Beschluß vom 14. November 1980 - 11 WF 2582/80


Elterliche Sorge; Regelung der elterliche Sorge; Unterstützung der Persönlichkeit des Kindes; Konsolidierung der persönlichen und beruflichen Verhältnisse; Erziehungsfähigkeit, Einheitlichkeit und Gleichmäßigkeit der Erziehung und Betreuung als Maßstäbe der Sorgerechtsentscheidung; Konkretisierung der Anforderungen auf die Eltern im Einzelfall; Gewährleistung der Stetigkeit in der Erziehung und Entwicklung der Kinder als entscheidender Gesichtspunkt bei gleich guten Verhältnissen der Eltern; Beschwerde des getrennt lebenden US-amerikanischen Vaters gegen die Übertragung der elterlichen Sorge auf die deutsche Mutter; internationale Zuständigkeit des deutschen Gerichts nach dem Minderjährigenschutzabkommen (MSA) wegen Vorrangs der Staatsangehörigkeit des Aufenthaltsstaates bei Doppelstaatsangehörigkeit; Anwendbarkeit deutschen materiellen Sorgerechts nach dem MSA.
BGB §§ 1671, 1672; MSA Art. 1, Art. 2
1. Bei der Entscheidung des Gerichts über den Antrag eines Elternteils betreffend die elterliche Sorge ist diejenige Regelung zu treffen, die dem Wohle des betroffenen Kindes am besten entspricht: Träger der elterlichen Sorge soll derjenige Elternteil werden, von dem das Kind die bessere Unterstützung für die Entwicklung der eigenen Persönlichkeit erwarten kann; dazu gehören unter anderem die Konsolidierung aller persönlichen und beruflichen Verhältnisse, die Erziehungsfähigkeit und Bereitschaft, das Eintreten für das Kind, und die Zurückstellung eigener Interessen sowie die Einheitlichkeit von Erziehung und Betreuung.
2. Sind danach die Verhältnisse bei beiden Elternteilen gleich günstig, beide Eltern auch in gleicher Weise erziehungswillig und erziehungsfähig, dann verbleibt als durchgreifender Gesichtspunkt für die Übertragung des Sorgerechts die bei einem Elternteil vorhandene etwas größere Stetigkeit in der Entwicklung und Erziehung der Kinder: Erweisen sich nämlich Eignung und Lebensumstände bei beiden Elternteilen als annähernd gleichwertig, so kommt diesem Umstand entscheidendes Gewicht zu.
OLG Nürnberg, Beschluß vom 17. November 1980 - 11 UF 1578/80


Unterhalt unter Verwandten; Anspruch des minderjährigen Kindes auf Unterhalt; Unterhaltsklage gegen den unterhaltspflichtigen Vater; Bestimmung des Kindesunterhalts nach den Einkommensverhältnissen der Eltern; Bemessung des unterhaltsrechtlich relevanten Einkommens unter Einschluß von Urlaubs- und Weihnachtsgeld; Mehrbedarf für die Gründung eines neuen Hausstandes nach der Trennung; Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei Versäumung der Berufsfrist wegen fehlender finanzieller Mittel für einen Rechtsanwalt; Gewährung des Armenrechts als Wiedereinsetzungsgrund.
BGB §§ 1601, 1602, 1610
Im Rahmen des Unterhalts für ein minderjähriges Kind ist ein die Leistungsfähigkeit des unterhaltspflichtigen Elternteils mindernder Mehrbedarf für die Gründung eines eigenen Hausstandes nach der Trennung dann nicht mehr zuzubilligen, wenn diesem bis dahin ausreichende Mittel zur Verfügung standen, um einen derartigen Mehrbedarf zu bestreiten, oder zu der Bedarfsdeckung zwischenzeitlich aufgenommene Darlehen zurückzuführen.
OLG Nürnberg, Urteil vom 18. November 1980 - 7 UF 1194/80


Unterhalt des geschiedenen Ehegatten; Aufnahme einer Erwerbstätigkeit nach der Ehescheidung; Abstellen auf die ehelichen Lebensverhältnisse beim nachehelichen Unterhaltsanspruch; Differenzunterhaltsanspruch.
BGB §§ 1569, 1573, 1574, 1578; EStG §§ 10, 33a
1. § 1573 Abs. 2 BGB ist nicht schon deswegen unanwendbar, weil eine Ehefrau bereits während der Ehezeit erwerbstätig war. Die Norm bezieht sich ihrem eindeutigen Wortlaut nach sowohl auf den Fall, daß der Unterhaltsbedürftige eine Erwerbstätigkeit erst nach der Scheidung aufnimmt, als auch auf denjenigen, daß er bereits während der Ehe berufstätig war.
2. Würde die Anwendung des § 1573 Abs. 2 BGB auf die Fälle beschränkt, in denen der Bedürftige eine Erwerbstätigkeit erst aufnimmt, nachdem die Ehe geschieden worden ist, würden diejenigen Ehegatten schlechter gestellt, die in einer Doppelverdienerehe gelebt, und damit schon während des Bestehens der Ehe zu dem Familienunterhalt durch Arbeitseinkommen beigetragen haben, nach der Scheidung ihren Unterhalt aber nicht voll aus ihren eigenen Einkünften decken können. Für eine solche Differenzierung fehlt jeder sachlich einleuchtende Grund.
3. Es ist nicht einzusehen, warum der weniger verdienende Ehegatte aufgrund der Scheidung diesen von ihm mit erarbeiteten Standard unvermittelt verlieren soll. Die Gefahr einer lebenslangen, zu Lasten des besser verdienenden Ehegatten gehenden Versorgung des Unterhaltsberechtigten wird dabei erheblich überschätzt: Einmal nimmt dieser an den weiteren Einkommenssteigerungen des Verpflichteten grundsätzlich nicht teil, und zum anderen wird im Regelfall auch sein Einkommen stetig steigen, so daß die Differenz zwischen dem ihm zustehenden angemessenen Lebensbedarf und seinen Einkünften immer geringer werden wird.
4. Das Maß des Unterhalts eines Ehegatten bestimmt sich nach den ehelichen Lebensverhältnissen, wobei von dem Zeitpunkt der Scheidung auszugehen ist. Um zufällige Ergebnisse auszuschließen, ist aber nicht lediglich auf den letzten Monat vor der Scheidung, sondern auf den durchschnittlichen Standard über einen längeren Zeitraum abzustellen; nur so kann das gefestigte Familieneinkommen ermittelt werden, das nach den heutigen Anschauungen das Hauptmerkmal der ehelichen Lebensverhältnisse ist.
5. Bei Doppelverdienern setzt sich das gefestigte Familieneinkommen aus dem beiderseitigen Nettoeinkommen zusammen.
OLG Nürnberg, Urteil vom 18. November 1980 - 11 UF 1727/80


Unterhalt des geschiedenen Ehegatten; Versorgung eines behinderten, die Woche über in einem Behindertenheim untergebrachten Kindes; Vereinbarung eines Zeitpunktes für Beginn der Erwerbspflicht der Unterhaltsgläubigerin.
BGB §§ 1570, 1572, 1574
Zu der Auslegung eines Scheidungsfolgenvergleichs über Ehegattenunterhalt.
OLG Nürnberg, Urteil vom 18. November 1980 - 7 UF 2031/80


Unterhalt des geschiedenen Ehegatten; Betreuungsunterhalt; Erwerbsobliegenheit des Unterhaltsgläubigers; Unterhalt als Folgesache im Ehescheidungsverbund.
BGB §§ 366, 1361, 1569, 1570, 1574, 1577, 1587d, 1587f, 1601; ZPO §§ 610, 623
1. Einer geschiedenen Ehefrau ist die Aufnahme einer Halbtagstätigkeit zuzumuten, wenn sie auch während der Ehe einer Teilzeitbeschäftigung nachgegangen ist, und sie gesundheitlich zu einer Arbeit in der Lage ist. Zu einer Ganztagsbeschäftigung ist die Ehefrau hingegen nicht verpflichtet, wenn und soweit sie ein Kind zumindest noch halbtags versorgen muß.
2. Im Ehescheidungsverbund kann nur über den nachehelichen Unterhalt entschieden werden, denn die Unterhaltsansprüche eines Ehegatten und der Kinder während bestehender Ehe sind, weil sie nicht für den Fall der Scheidung geltend gemacht sind, keine Folgesachen im Sinne des § 623 ZPO. Eine Verbindung dieser Ansprüche mit der Ehesache ist deshalb gemäß § 610 ZPO unzulässig.
OLG Nürnberg, Urteil vom 25. November 1980 - 7 UF 591/80


Unterhalt unter Verwandten; Anspruch des minderjährigen Kindes auf Unterhalt; verschärfte Erwerbsobliegenheiten.
BGB §§ 1601, 1603
Der Unterhaltsschuldner ist verpflichtet, sich durch die Annahme einer ihm zumutbaren Arbeit diejenigen Einkünfte zu verschaffen, die es ihm ermöglichen, seinen Kindern den angemessenen Unterhalt zu entrichten. Beschränkt er sich auf eine nicht meßbare Mitarbeit in einer Gaststätte, ist bei der Feststellung seiner Leistungsfähigkeit auf das erzielbare Einkommen abzustellen.
OLG Nürnberg, Urteil vom 25. November 1980 - 11 UF 2234/80


Unterhaltsrecht; Umfang der Auskunftspflicht; Erstreckung eines Auskunftsbegehrens auf die Vorlage von Belegen.
BGB § 1605
1. Die Auskunftspflicht nach § 1605 BGB erstreckt sich auch auf die Vorlage von Belegen, wenn der Gläubiger dies verlangt.
2. Richtet sich ein entsprechender Titel jedoch nur auf die Erteilung einer Auskunft, dann kann die Vorlage von Belegen nicht erzwungen werden.
OLG Nürnberg, Beschluß vom 25. November 1980 - 7 WF 2824/80


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