Entscheidungen OLG Hamm 05/1980
BRAGO §§ 13, 23, 32
1. Für den Abschluß eines umfassenden Scheidungsfolgenvergleichs entsteht dann keine Vergleichsgebühr, wenn die Ehescheidung infolge Aussöhnung unterbleibt; dagegen ist die »Differenzgebühr« nach § 32 Abs. 2 BRAGO bereits mit dem Abschluß des Vergleichs entstanden.
2. Wird ein durch die Ehescheidung bedingter Scheidungsfolgenvergleich mangels Eintritt der Bedingung nicht rechtswirksam, dann entsteht den Rechtsanwälten für den Antrag auf Protokollierung des aufschiebend bedingten Vergleichs zusätzlich die halbe Prozeßgebühr des § 32 Abs. 2 BRAGO nach dem Wert dieses Antrages, jedoch nicht mehr als eine volle Gebühr nach dem Gesamtwert der Ehescheidungs- und Folgensache (gegen KG JurBüro 1978, 1664).
OLG Hamm, Beschluß vom 2. Mai 1980 - 6 WF 7/80
JurBüro 1981, 382 = AnwBl 1980, 363 [507] = Rpfleger 1980, 445


Unterhalt des getrennt lebenden Ehegatten; Ermittlung des unterhaltsrelevanten Einkommens; Berücksichtigung einer Aufwandsentschädigung für ein Mitglied des Rates einer Gemeinde.
BGB § 1361; ZPO § 323
1. Die Aufwandsentschädigung für ein Mitglied des Rates einer Gemeinde ist von ihrem Zahlungszweck her nicht zu der Deckung des laufenden Lebensbedarfs bestimmt.
2. Sie kann daher nur dann für den Unterhalt herangezogen werden, wenn sie ersichtlich über die zu erwartenden Auslagen hinausgeht, oder wenn durch die Tätigkeit als Ratsmitglied nennenswerte Aufwendungen erspart werden.
OLG Hamm, Urteil vom 6. Mai 1980 - 3 UF 3/80
FamRZ 1980, 997


Unterhalt unter Verwandten; Anspruch des volljährigen Kindes auf Unterhalt; Anspruch auf Ausbildungsunterhalt bezüglich der Kosten einer Weiterbildung; Leistungsfähigkeit und Kindergeld.
BGB §§ 1603, 1610; BKGG §§ 3, 37
1. Der Unterhaltsverpflichtete hat im Rahmen des § 1610 Abs. 2 BGB seine Unterhaltsverpflichtung hinreichend erfüllt, wenn er seinem Sohn eine dessen Begabung, seinen Fähigkeiten und seinen Leistungen entsprechende Ausbildung hat zuteil werden lassen.
2. Die Verpflichtung, sich an den Kosten einer Weiterbildung zu beteiligen, ist nur in besonderen Ausnahmefällen zu bejahen, wenn während der ersten Ausbildung eine besondere, die Weiterbildung erfordernde Begabung des Auszubildenden deutlich geworden ist.
3. Das Kindergeld ist gemäß § 3 BKGG ein Anspruch des Sorgeberechtigten, und soll ihm die Unterhaltslasten erleichtern. Die Auszahlung des Kindergeldes an einen Elternteil begründet jedoch dessen Leistungsfähigkeit im Sinne von § 1603 BGB zumindest in dem Umfange des ausgezahlten Betrages.
OLG Hamm, Urteil vom 7. Mai 1980 - 6 UF 598/79
FamRZ 1981, 811


Kosten und Gebühren; Gebühren des Rechtsanwalts; Anwaltswechsel nach Widerspruch gegen Mahnbescheid und Verweisung des Rechtsstreits von dem Gericht des allgemeinen Gerichtsstands des Schuldners an das nach § 32 ZPO zuständige Gericht.
ZPO §§ 32, 91, 690
1. Der Gläubiger hat im Mahnverfahren gemäß § 690 Abs. 1 Nr. 5 ZPO das Gericht des allgemeinen Gerichtsstands des Schuldners auch dann als für ein streitiges Verfahren zuständig anzugeben, wenn für den geltend gemachten Anspruch der Gerichtsstand des § 32 ZPO gegeben ist.
2. Die Kosten des Rechtsanwalts, der nach Abgabe der Sache gemäß § 696 Abs. 1 ZPO für den Gläubiger den Antrag auf Verweisung an das nach § 32 ZPO zuständige Gericht stellt, sind neben den Kosten des Prozeßbevollmächtigten bei dem letztgenannten Gericht jedenfalls dann erstattungsfähig, wenn das verweisende Gericht darauf hingewiesen hat, daß die Verweisung nur von einem bei ihm zugelassenen Rechtsanwalt beantragt werden könne.
OLG Hamm, Beschluß vom 14. Mai 1980 - 23 W 150/80
AnwBl 1980, 359 = Rpfleger 1980, 439 = ZfSch 1980, 306 [Ls]


Unterhalt unter Verwandten; Anspruch des minderjährigen erstehelichen Kindes auf Unterhalt; Leistungsfähigkeit einer unterhaltspflichtigen Mutter mit einem Kleinkind in zweiter Ehe.
BGB §§ 1601 ff, 1603, 1609
1. Die wiederverheiratete Mutter eines ehelichen Kindes ist grundsätzlich auch dann zu der Aufnahme mindestens einer Nebentätigkeit zwecks Sicherstellung ihres Unterhaltsbeitrages verpflichtet, wenn aus der neuen Ehe ein Kind hervorgegangen ist.
2. Bei der Abwägung der Zumutbarkeit eines solchen Nebenerwerbs ist sowohl auf die tatsächlichen Gegebenheiten bei der Mutter abzustellen, als auch die dadurch von ihr geforderte Belastung in Relation zu den Verhältnissen des unterhaltspflichtigen Vaters zu setzen, also dessen Einkommens- und Vermögenslage sowie die Möglichkeit und Zumutbarkeit des Einspringens für die ausfallenden Leistungen der Mutter.
OLG Hamm, Beschluß vom 15. Mai 1980 - 1 UF 154/80
FamRZ 1980, 819


Verfahrensrecht; Verbundverfahren in Ehesachen; Anhängigkeit einer Folgesache bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung in erster Instanz; Abtrennung der Folgesachen »Versorgungsausgleich« und »Hausrat«; Rechtsmittel in Verbundsachen.
ZPO §§ 539, 540, 623, 628
1. Zu der Erforderlichkeit einer Entscheidung im Verbund nach Anhängigkeit einer Folgesache bis zu dem Schluß der mündlichen Verhandlung in erster Instanz.
2. Eine Abtrennung der Folgesache »Versorgungsausgleich« kann gemäß § 628 Abs. 1 Nr. 3 ZPO gerechtfertigt sein, wenn der Antragsgegner nicht freiwillig bereit ist, die erforderlichen Auskünfte zu erteilen.
3. Eine Folgesache, die nicht von Amts wegen in den Verbund zu nehmen ist (hier: Hausratssache), kann, auch wenn die Voraussetzungen des § 628 Abs. 1 ZPO nicht vorliegen, aus dem Verbund abgetrennt werden, sofern die Parteien auf eine gleichzeitige Entscheidung mit der Ehesache verzichten.
4. Eine Partei muß sich bezüglich der Folgesache »Hausrat« unter Umständen so behandeln lassen, als habe sie einen solchen Verzicht erklärt, wenn sie und vor allem ihr Prozeßbevollmächtigter zu dem Termin erscheinen, den Sitzungssaal aber vor dem eigentlichen Beginn der mündlichen Verhandlung wieder verlassen.
5. Hat das Familiengericht nur über den Scheidungsantrag des Antragstellers entschieden, nicht aber auch über denjenigen des Antragsgegners, so kann auf die Berufung des Antragsgegners das Oberlandesgericht dies nachholen.
OLG Hamm, Urteil vom 20. Mai 1980 - 2 UF 42/80
FamRZ 1980, 1049


Verfahrensrecht; Zuständigkeit der Gerichte für die Erteilung des Rechtswirksamkeitsnachweises für ein oberlandesgerichtliches Scheidungsurteil: Gerichts des ersten Rechtszugs.
ZPO § 706; 1. EheRG Art. 12
Zuständig für die Erteilung des Rechtswirksamkeitsnachweises für ein oberlandesgerichtliches Scheidungsurteil, das ausnahmsweise nicht schon mit der Rechtskraft wirksam wird, sondern gemäß Art. 12 Nr. 7d des 1. EheRG erst mit der Entscheidung des Familiengerichts über die rechtzeitig anhängig gemachten Folgesachen, ist die Geschäftsstelle des erstinstanzlichen Landgerichts.
OLG Hamm, Beschluß vom 23. Mai 1980 - 2 UF (Sbd) 10/80
FamRZ 1980, 1055 = Rpfleger 1980, 395


Versorgungsausgleich; Rechtmäßigkeit der Durchführung des Versorgungsausgleichs; Verfassungswidrigkeit und Unverhältnismäßigkeit eines Versorgungsausgleichs; Übertragung von Rentenanwartschaften aus der gesetzlichen Rentenversicherung; Versorgungsausgleich bei privater betrieblicher Altersversorgung durch Beitragsentrichtung; Verfassungswidrigkeit des Versorgungsausgleichs bei betrieblicher Altersversorgung.
BGB §§ 1587b, 1587c, 1587d, 1587f, 1610; GG Art. 14, Art. 100
1. Die Bestimmungen über den Versorgungsausgleich zwischen geschiedenen Ehegatten entsprechen im Grundsatz der Verfassung.
2. Der Versorgungsausgleich durch Beitragsentrichtung bei Anwartschaften aus dem Bereich privater betrieblicher Altersversorgung gemäß § 1587b Abs. 3 BGB ist verfassungsrechtlich zweifelhaft.
3. Die Durchführung des Versorgungsausgleichs bei privater betrieblicher Altersversorgung durch Beitragszahlung verläßt den Grundgedanken der Vermögensteilung, und stellt sich in den Auswirkungen als enteignungsgleicher Eingriff dar, der je nach der sonstigen Vermögenslage den Ausgleichspflichtigen oder auch den Ausgleichsberechtigten treffen kann.
4. Die verfassungsrechtliche Eigentumsgarantie wird durch die Auferlegung von Geldleistungspflichten grundsätzlich nicht berührt. Begrenzt wird die Befugnis des Gesetzgebers jedoch durch das Übermaßverbot; außerdem darf das eingesetzte Mittel zu der Erreichung des Zwecks nicht objektiv untauglich, objektiv ungeeignet oder schlechthin ungeeignet sein.
5. Die in § 1587b Abs. 3 BGB normierte Pflicht zu der Beitragsentrichtung verletzt die Eigentumsgarantie aus beiden Gründen: Wegen der Höhe der Abgabe ist das Übermaßverbot mißachtet, und objektiv ist das eingesetzte Mittel ungeeignet, den erstrebten Zweck zu erreichen.
OLG Hamm, Vorlagebeschluß vom 29. Mai 1980 - 3 UF 493/78


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