Entscheidungen Kammergericht 10/1980
BGB § 1355; EGBGB Art. 14
1. Ein Ausländer, der zusammen mit seinem deutschen Ehepartner seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat, darf nach Auffassung des Senats die Anwendung deutschen Ehenamensrechts auch dann wählen, wenn die Anwendung deutschen Rechts statt des Heimatrechts ohne Einfluß auf den Ehenamen ist, es dem ausländischen Ehepartner vielmehr nur darauf ankommt, einen Begleitnamen nach § 1355 Abs. 3 BGB führen zu dürfen.
2. Die Unterwerfung des ausländischen Ehepartners unter deutsches Ehenamensrecht kann auch nach der Neufassung des § 1355 BGB zeitlich nach der Eheschließung erklärt werden.
Kammergericht, Vorlagebeschluß vom 3. Oktober 1980 - 1 W 3051/80
StAZ 1981, 188


Erbrecht; Bestellung eines Nachlaßpflegers auf Antrag eines Nachlaßgläubigers; Bestimmung des Wirkungskreises eines Nachlaßpflegers.
BGB §§ 1960, 1961, 2042
Ist ein Mitglied einer Erbengemeinschaft verstorben, und sind seine Erben unbekannt, so kann jeder Miterbe im Hinblick auf seinen Auseinandersetzungsanspruch die Bestellung eines Nachlaßpflegers für die unbekannten Erben des Miterben gemäß § 1961 BGB beantragen.
Kammergericht, Beschluß vom 3. Oktober 1980 - 1 W 3322/80
OLGZ 1981, 151


Versorgungsausgleich bei am Ende der Ehezeit bereits Ruhegeld beziehenden Ehegatten; Unzulässigkeit der Begründung von Anwartschaften durch Beitragszahlung zugunsten eines Altersruhegeld bezugsberechtigten Ehegatten; Unzulässigkeit eines erstmaligen Antrages auf Durchführung des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs in der Beschwerdeinstanz betreffend ein amtsgerichtliches Verfahren (nur) über den öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich.
BGB §§ 1587b; ZPO § 623; FGG § 23
1. Der Durchführung des Versorgungsausgleichs im Wege des Splittings und des Quasisplittings steht nicht entgegen, daß beide Parteien am Ende der Ehezeit bereits Ruhegeld beziehen (im Anschluß an BGH FamRZ 1980, 129 = BGHF 1, 590).
2. Die Begründung von Anwartschaften durch Beitragszahlung ist nicht zulässig, wenn der Berechtigte die Voraussetzungen für ein Altersruhegeld erfüllt.
3. Ist in dem amtsgerichtlichen Verfahren nur über den öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich entschieden worden, kann nicht erstmals in der Beschwerdeinstanz ein Antrag auf Durchführung des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs gestellt werden; darüber hat das Amtsgericht zu befinden.
Kammergericht, Beschluß vom 6. Oktober 1980 - 18 UF 3064/80
FamRZ 1981, 60


Elterliche Sorge; Zulässigkeit vorläufiger Anordnungen im Rahmen eines selbständigen Verfahrens gemäß § 1672 BGB in dringenden Fällen; Glaubhaftmachung von Tatsachen in Anordnungsverfahren; Verhältnis von Anordnungs- zu Hauptsacheverfahren.
BGB § 1672; ZPO §§ 620 ff; FGG §§ 19 ff
1. Im Rahmen eines selbständigen Verfahrens gemäß § 1672 BGB sind in dringenden Fällen vorläufige Anordnungen zulässig. Insoweit ist nicht Vollbeweis der Tatsachen erforderlich; vielmehr genügt deren Glaubhaftmachung.
2. Ein selbständiges Sorgerechtsverfahren gemäß § 1672 BGB wird nicht dadurch unzulässig, daß im Rahmen einer später eingeleiteten Scheidungssache eine einstweilige Anordnung nach § 620 S. 1 Nr. 1 ZPO ergehen könnte.
Kammergericht, Beschluß vom 6. Oktober 1980 - 18 WF 3662/80
FamRZ 1981, 83


Unterhalt des geschiedenen Ehegatten; Unmöglichkeit des Ausübens einer Erwerbstätigkeit infolge Krankheit; Beendigung der Ehe mit der Zustellung des Scheidungsantrages; kurze Ehedauer; Anwendung des § 1579 Abs. 1 Nr. 1 BGB trotz geringfügigen Überschreitens der Drei-Jahresgrenze (hier: drei Jahre, zwei Monate und sieben Tage); ehebedingte Bedürfnislage.
BGB §§ 1572, 1579
1. Bei der Prüfung der Frage, ob die Ehe im Sinne von § 1579 Abs. 1 Nr. 1 BGB von kurzer Dauer war, ist auf den Zeitraum von der Eheschließung bis zu der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrages abzustellen.
2. Zwar ist es verfehlt, bei der Anwendung der Vorschrift des § 1579 Abs. 1 Nr. 1 BGB für alle Fälle gleichgültige mathematische Formeln zu entwickeln; nach der Verkehrsanschauung und der sprachlichen Bedeutung der Wörter »kurze Dauer« wird jedoch im allgemeinen eine mehr als dreijährige Ehe nicht mehr als »kurz« bezeichnet werden können.
3. Nach Billigkeitsgrundsätzen kann es aber im Einzelfall geboten sein, Unterhaltsansprüche gemäß § 1579 Abs. 1 Nr. 1 BGB auch dann auszuschließen oder zumindest einzuschränken, wenn die Ehe länger als drei Jahre gedauert hat.
Kammergericht, Urteil vom 17. Oktober 1980 - 17 UF 925/80
FamRZ 1981, 157


Kosten und Gebühren; Rechtsmittel; Verhältnis zwischen Gebühr und Geschäftswert bei Beschwerdeverfahren in selbständigen Familiensachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit.
BRAGO §§ 12, 118; KostO §§ 30, 131
1. Bei der Bestimmung der Geschäftsgebühr für ein Beschwerdeverfahren in einer selbständigen Familiensache entspricht es nicht der Billigkeit, die Höchstgebühr anzusetzen, wenn die Umstände, die dies rechtfertigen könnten, ersichtlich bereits bei der Festsetzung des ohnehin verhältnismäßig hohen Beschwerdewertes nach der Kostenordnung berücksichtigt worden sind, und andere Umstände es nahelegen, eher an der unteren Grenze des Gebührenrahmens zu bleiben.
2. Bei der Bemessung der Geschäftsgebühr für das Beschwerdeverfahren, das selbst nur einen geringen Umfang hatte, kann der Umfang des erstinstanzlichen Verfahrens jedenfalls bei einem bereits in dieser Instanz tätig gewesenen Rechtsanwalt nicht berücksichtigt werden.
Kammergericht, Beschluß vom 17. Oktober 1980 - 1 WF 4329/80
JurBüro 1981, 1010


Verfahrensrecht; Zuständigkeit der Gerichte; Abgrenzung der Familiensachen; Formvorschriften zur Wirksamkeit eines Scheidungsfolgenvergleichs.
ZPO §§ 160, 162, 724, 794; GVG §§ 23b, 119
1. Sind durch einen gerichtlichen Vergleich Familiensachen und Nichtfamiliensachen geregelt worden, und wird später vor dem Oberlandesgericht über die Wirksamkeit des Vergleichs gestritten, so ist hierfür der Senat für Familiensachen zuständig.
2. Läßt sich nicht feststellen, ob ein vor dem Vergleichsabschluß vorbereitetes, von den Parteien nicht unterzeichnetes Schriftstück, das als Anlage zu dem Gerichtsprotokoll genommen worden ist, vorgelesen und von den Parteien genehmigt wurde, liegt ein Prozeßvergleich, aus dem die Zwangsvollstreckung betrieben werden könnte, nicht vor.
3. Wird vor der Scheidung der Ehe ein Teil der Folgesachen geregelt, so steht in der Regel der Vergleich unter der aufschiebenden Bedingung der rechtskräftigen Scheidung. Wenn in dem konkreten Fall - abweichend hiervon - ein Teilvergleich, auch ohne daß es zur Scheidung kommt, wirksam sein soll, dann muß dies eindeutig aus dem Wortlaut der Vergleichsurkunde oder aus den gesamten Umständen des Falles hervorgehen.
Kammergericht, Beschluß vom 21. Oktober 1980 - 17 WF 3094/80
FamRZ 1981, 193


Unterhalt unter Verwandten; Leistungsfähigkeit; Recht eines Elternteils auf Ausbildung zu Lasten des Unterhaltsanspruchs; Ausbildungswünsche des Unterhaltsschuldners.; Bezug von BAföG-Leistungen während der Ausbildung.
BGB §§ 1360a, 1602, 1606
1. Das Recht des Kindes auf Unterhalt genießt nicht uneingeschränkt den Vorrang vor dem Recht eines Elternteils auf Ausbildung, auch wenn dadurch der Unterhaltsanspruch eingeschränkt oder zeitweilig ausgeschlossen wird.
2. Eine Ausbildung zu Lasten des Unterhaltsanspruchs des Kindes kann aber nur aufgenommen werden, wenn die Ausbildung vor der Ehe nicht begonnen werden konnte, und die Aufnahme während der Ehe wegen der Ausgestaltung der ehelichen Lebensverhältnisse ausgeschlossen war.
3. Es muß sichergestellt sein, daß die Kinder für die Zeit der Ausbildung des unterhaltspflichtigen Elternteils - sei es von dem anderen Elternteil, sei es von dritter Seite - ausreichend versorgt werden.
4. Der unterhaltspflichtige Elternteil, der während der Ausbildung BAföG-Leistungen bezieht, muß diese den Kindern als Unterhaltsbeitrag zur Verfügung stellen, wenn sein jetziger Ehepartner nach seinen Einkommensverhältnissen in der Lage ist, diesen zu unterhalten.
Kammergericht, Urteil vom 22. Oktober 1980 - 18 UF 630/80
FamRZ 1981, 301


Elterliche Sorge; Schutzmaßnahmen für ein Kind; Subsidiarität der Fürsorgeerziehung.
BGB §§ 1666, 1666a; JWG § 64
1. Fürsorgeerziehung ist weder eine »öffentliche Hilfe« gemäß § 1666a Abs. 1 BGB, noch eine »andere Maßnahme« nach § 1666 Abs. 2 BGB.
2. Auch nach Einführung des § 1666a BGB haben Maßnahmen nach §§ 1666, 1666a BGB grundsätzlich Vorrang vor der Fürsorgeerziehung.
Kammergericht, Beschluß vom 28. Oktober 1980 - 1 W 1826/80
FamRZ 1981, 592 = MDR 1981, 404 = DAVorm 1981, 689 [Ls]


Kosten und Gebühren; Bemessung der Vergütung des berufsmäßigen Nachlaßpflegers.
BGB §§ 1835, 1836, 1915
1. Die verfassungskonforme Auslegung des Begriffs der Aufwendungen nach § 1835 BGB im Falle berufsmäßiger Ausübung der Vormundschaft oder Pflegschaft entsprechend dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 1. Juli 1980 (NJW 1980, 2179) wirkt sich auf die in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zu der Bemessung der Vergütung des Nachlaßpflegers nicht aus.
2. Danach kann bei geringem Nachlaßwert auch eine Vergütung angemessen sein, die die anteiligen allgemeinen Bürounkosten und die Zeitversäumnis des berufsmäßig als Pfleger tätigen Rechtsanwalts nicht deckt. Seinen weitergehenden Aufwendungsersatzanspruch muß der Nachlaßpfleger notfalls vor dem Prozeßgericht geltend machen.
Kammergericht, Beschluß vom 31. Oktober 1980 - 1 W 2299/80
OLGZ 1981, 176 = Rpfleger 1981, 194


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