Entscheidungen Kammergericht
im Familienrecht und im Erbrecht 02/1980
Haager Kollisionsrechtsabkommen; EGBGB Art. 21; BGB §§ 1600a, 1600o
1. Mit dem Haager Kollisionsrechtsabkommen haben die ratifizierenden Staaten für sich die Kollisionsregel eingeführt, daß für Unterhaltsansprüche aller Kinder, die in diesem Staat ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, das Recht des Aufenthaltsstaates ohne Rücksicht auf die Staatsangehörigkeit der Beteiligten maßgeblich ist. Diese gesetzliche Regelung geht Art. 21 EGBGB vor, so daß diese Vorschrift im wesentlichen nur noch für deutsche Kinder mit gewöhnlichem Aufenthalt außerhalb Deutschlands in Betracht kommt, wenn ihre Mutter zu der Zeit der Geburt der Kinder Deutsche war. Der Anwendung der Vorschriften des Haager Kollisionsrechtsabkommen steht nicht entgegen, daß der Staat, dem der in Anspruch genommene Mann angehört, dem Übereinkommen nicht beigetreten ist.
2. Eine naturwissenschaftliche Tatsache (Zeugung) ist allgemein schon bei einer Wahrscheinlichkeit von W = 99,73% anzunehmen. Der Wert von W = 99,73% besagt, daß bei 10.000 gleichgelagerten Fällen durch die vorgenommenen serologischen Untersuchungen und deren biostatistische Auswertung in 9.973 Fällen der richtige Vater ermittelt wird. Die Wahrscheinlichkeit, daß der in Anspruch genommene Mann zu den restlichen 27 Fällen unter 10.000 gehört, in denen das Ergebnis auf einen Mann hinweist, der tatsächlich nicht der Erzeuger ist, ist so gering, daß sie theoretisch bleiben muß und deshalb vernachlässigt werden kann.
Kammergericht, Urteil vom 1. Februar 1980 - 3 U 2593/79
DAVorm 1980, 660


Armenrecht; Bewilligung für Scheidungsfolgesachen.
ZPO §§ 114, 624; BRAGO § 121
Die in § 624 Abs. 2 ZPO bestimmte Erstreckung der für die Scheidungssache ausgesprochenen Armenrechtsbewilligung bezieht sich nur auf diejenigen Folgesachen, die ohne Antrag zur Entscheidung stehen, oder für die bei der Bewilligung ein Antrag schon anhängig oder in einem Armenrechtsverfahren angekündigt ist (so auch OLG Hamm FRES 3, 200; gegen OLG Schleswig SchlHA 1979, 227).
Kammergericht, Beschluß vom 12. Februar 1980 - 1 WF 385/80
AnwBl 1980, 300 = MDR 1980, 584 = FamRZ 1980, 715 [Ls]


Armenrecht; Erstreckung der Bewilligung die Scheidungssache auf das Verfahren der einstweiligen Anordnung.
ZPO § 624; BRAGO § 122
Die Bewilligung des Armenrechts für die Scheidungssache erstreckt sich auch dann nicht auf Verfahren der einstweiligen Anordnung, wenn sie diese auf eine entsprechende Folgesache bezieht.
Kammergericht, Beschluß vom 12. Februar 1980 - 1 WF 632/80
AnwBl 1980, 302


Armenrecht; Notwendigkeit der Beiordnung eines Armenanwalts in einem (isolierten) Verfahren betreffend Änderung des elterlichen Sorgerechts.
BGB §§ 1671, 1696; ZPO § 116
Auch in einem (isolierten) Verfahren betreffend Änderung des elterlichen Sorgerechts (§§ 1671, 1696 BGB) kann die Beiordnung eines Rechtsanwalts im Sinne des § 116 ZPO erforderlich sein.
Kammergericht, Beschluß vom 15. Februar 1980 - 6 WF 397/80
FamRZ 1980, 390


Kosten und Gebühren; Gebührenanspruch des Prozeßbevollmächtigten der obsiegenden Partei bei Aufrechterhaltung eines Versäumnisurteils nach Einspruch und streitiger Verhandlung.
BRAGO §§ 13, 31, 38
1. Ist vor dem Erlaß eines Versäumnisurteils die Sache mit den Prozeßbevollmächtigten beider Parteien erörtert worden, und wird nach Einspruch und streitiger Verhandlung zu der Hauptsache das Versäumnisurteil aufrecht erhalten, dann erhält der Prozeßbevollmächtigte der obsiegenden Partei nicht mehr an Verhandlungs- und Erörterungsgebühren als eine volle und eine halbe Gebühr.
2. Für die halbe Verhandlungsgebühr nach § 38 Abs. 2 BRAGO erwächst keine besondere Postgebührenpauschale.
Kammergericht, Beschluß vom 29. Februar 1980 - 1 W 712/80
AnwBl 1980, 370 = Rpfleger 1980, 243 = ZfSch 1980, 304 [Ls]


Verfahrensrecht; Abänderungsklage; Klageabweisung im Unterhaltsverfahren.
EheG §§ 58, 59; BSHG §§ 90, 91
1. Nach rechtskräftiger Abweisung der Klage auf künftig fällig werdende wiederkehrende Leistungen können wesentliche Änderungen der für die Klageabweisung maßgebenden Verhältnisse nur im Wege der Abänderungsklage geltend gemacht werden.
2. Zu dem Rechtsübergang auf den Sozialhilfeträger gemäß §§ 90, 91 BSHG, § 325 ZPO.
Kammergericht, Urteil vom 29. Februar 1980 - 17 UF 3824/79
FamRZ 1980, 892 = DAVorm 1981, 495 [Ls]


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