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EStG §§ 26 ff - Veranlagung von Ehegatten - FD-Logo-500

EStG §§ 26 ff - Veranlagung
von Ehegatten


EStG § 26 - Veranlagung von Ehegatten

(1) 1Ehegatten können zwischen der Einzelveranlagung (§ 26a) und der Zusammenveranlagung (§ 26b) wählen, wenn
1. beide unbeschränkt einkommensteuerpflichtig im Sinne des § 1 Absatz 1 oder 2 oder des § 1a sind,
2. sie nicht dauernd getrennt leben und
3. bei ihnen die Voraussetzungen aus den Nummern 1 und 2 zu Beginn des Veranlagungszeitraums vorgelegen haben oder im Laufe des Veranlagungszeitraums eingetreten sind.
2Hat ein Ehegatte in dem Veranlagungszeitraum, in dem seine zuvor bestehende Ehe aufgelöst worden ist, eine neue Ehe geschlossen und liegen bei ihm und dem neuen Ehegatten die Voraussetzungen des Satzes 1 vor, bleibt die zuvor bestehende Ehe für die Anwendung des Satzes 1 unberücksichtigt.
(2) 1Ehegatten werden einzeln veranlagt, wenn einer der Ehegatten die Einzelveranlagung wählt. 2Ehegatten werden zusammen veranlagt, wenn beide Ehegatten die Zusammenveranlagung wählen. 3Die Wahl wird für den betreffenden Veranlagungszeitraum durch Angabe in der Steuererklärung getroffen. 4Die Wahl der Veranlagungsart innerhalb eines Veranlagungszeitraums kann nach Eintritt der Unanfechtbarkeit des Steuerbescheids nur noch geändert werden, wenn
1. ein Steuerbescheid, der die Ehegatten betrifft, aufgehoben, geändert oder berichtigt wird und
2. die Änderung der Wahl der Veranlagungsart der zuständigen Finanzbehörde bis zum Eintritt der Unanfechtbarkeit des Änderungs- oder Berichtigungsbescheids schriftlich oder elektronisch mitgeteilt oder zur Niederschrift erklärt worden ist und
3. der Unterschiedsbetrag aus der Differenz der festgesetzten Einkommensteuer entsprechend der bisher gewählten Veranlagungsart und der festzusetzenden Einkommensteuer, die sich bei einer geänderten Ausübung der Wahl der Veranlagungsarten ergeben würde, positiv ist. 2Die Einkommensteuer der einzeln veranlagten Ehegatten ist hierbei zusammenzurechnen.
(3) Wird von dem Wahlrecht nach Absatz 2 nicht oder nicht wirksam Gebrauch gemacht, so ist eine Zusammenveranlagung durchzuführen.

EStG § 26a - Einzelveranlagung von Ehegatten

(1) 1Bei der Einzelveranlagung von Ehegatten sind jedem Ehegatten die von ihm bezogenen Einkünfte zuzurechnen. 2Einkünfte eines Ehegatten sind nicht allein deshalb zum Teil dem anderen Ehegatten zuzurechnen, weil dieser bei der Erzielung der Einkünfte mitgewirkt hat.
(2) 1Sonderausgaben, außergewöhnliche Belastungen und die Steuerermäßigungen nach den §§ 35a und 35c werden demjenigen Ehegatten zugerechnet, der die Aufwendungen wirtschaftlich getragen hat. 2Auf übereinstimmenden Antrag der Ehegatten werden sie jeweils zur Hälfte abgezogen. 3Der Antrag des Ehegatten, der die Aufwendungen wirtschaftlich getragen hat, ist in begründeten Einzelfällen ausreichend. 4§ 26 Absatz 2 Satz 3 gilt entsprechend.
(3) Die Anwendung des § 10d für den Fall des Übergangs von der Einzelveranlagung zur Zusammenveranlagung und von der Zusammenveranlagung zur Einzelveranlagung zwischen zwei Veranlagungszeiträumen, wenn bei beiden Ehegatten nicht ausgeglichene Verluste vorliegen, wird durch Rechtsverordnung der Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates geregelt.

EStG § 26b - Zusammenveranlagung von Ehegatten

Bei der Zusammenveranlagung von Ehegatten werden die Einkünfte, die die Ehegatten erzielt haben, zusammengerechnet, den Ehegatten gemeinsam zugerechnet und, soweit nichts anderes vorgeschrieben ist, die Ehegatten sodann gemeinsam als Steuerpflichtiger behandelt.





 



Ausgleichungspflicht betreffend Steuererstattungen oder -nachzahlungen aus vor der Trennung liegenden Zeiten gemeinsamer Veranlagung der Ehegatten; Verpflichtung zur Einwilligung in eine von dem anderen Ehegatten für die Zeit des Zusammenlebens gewünschte Zusammenveranlagung zur Einkommensteuer; Schadensersatzpflicht im Falle der Verweigerung; Wahlmöglichkeit der gemeinsamen steuerlichen Veranlagung von Eheleuten bis zu dem Zeitpunkt der Bestandskraft des letzten Einzelveranlagungsbescheides gegenüber einem Ehegatten; Mehrheit von Schuldnern und Gläubigern.

EStG §§ 26, 26a, 26b; BGB §§ 426, 1353; AO § 270

1. Steuererstattungen oder -nachzahlungen aus vor der Trennung liegenden Zeiten gemeinsamer Veranlagung der Ehegatten sind nach der Trennung grundsätzlich nach der Steuerlast im Falle einer fiktiven Einzelveranlagung auszugleichen.
2. Aus dem Wesen der Ehe folgt auch nach der Trennung regelmäßig die Verpflichtung, in eine von dem anderen Ehegatten für die Zeit des Zusammenlebens gewünschte Zusammenveranlagung zur Einkommensteuer einzuwilligen. Eine Verweigerung kann zur Schadensersatzpflicht führen.
3. Nach dem Scheitern der Ehe kann ein Ehegatte grundsätzlich nicht den Mehrbetrag, den er zuvor wegen der Besteuerung seines Einkommens nach der ungünstigeren Lohnsteuerklasse V im Vergleich zur Besteuerung bei getrennter Veranlagung jedenfalls bis zu der Trennung geleistet hat, von dem anderen Ehegatten ersetzt verlangen. Aus diesem Grunde kann die Zustimmung zur Zusammenveranlagung für Zeiten des ehelichen Zusammenlebens regelmäßig auch nicht von einem Ausgleich der dem bislang die ungünstigere Lohnsteuerklasse V innehabenden Ehegatten im Falle der gemeinsamen Veranlagung verbleibenden steuerlichen Mehrbelastung abhängig gemacht werden.
4. Auch nach dem Steuervereinfachungsgesetz vom 1. November 2011 besteht die Wahlmöglichkeit der gemeinsamen steuerlichen Veranlagung von Eheleuten gemäß einer Verständigung der Steuerbehörden auf Bund-Länder-Ebene bis zu dem Zeitpunkt, zu welchem der letzte Einzelveranlagungsbescheid gegenüber einem Ehegatten bestandskräftig geworden ist.

OLG Koblenz, Beschluß vom 12. Juni 2019 - 13 UF 617/18

Tenor
1. Auf die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß des Amtsgerichts - Familiengericht - Lahnstein vom 10.10.2018 (50 F 152/18) wird dieser in den Ziffern 1. und 2. seines Tenors teilweise abgeändert, und insoweit insgesamt wie folgt neu gefaßt:
(1) Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, an den Antragsteller 1.398,06 € nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz ab dem 26.01.2018 zu zahlen. Die Antragsgegnerin wird darüber hinaus verpflichtet, an den Antragsteller vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 201,71 € nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz ab dem 26.01.2018 zu zahlen. Der weitergehende Antrag wird abgewiesen.
(2) Die Kosten des Verfahrens erster Instanz tragen der Antragsteller zu ¼, und die Antragsgegnerin zu 3/4.
2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Antragsteller mit Ausnahme der Mehrkosten der Beweisaufnahme, welche der Antragsteller zu ¼, und die Antragsgegnerin zu 3/4 tragen.
3. Der Verfahrenswert wird für das Beschwerdeverfahren auf 1.881,52 € festgesetzt.

Gründe
I. Die Beteiligten sind seit dem 17. Juni 2016 getrennt lebende Eheleute. Sie streiten über einen von dem Antragsteller im Zusammenhang mit der steuerlichen Veranlagung für die Jahre 2014 und 2015 geltend gemachten Gesamtschuldnerausgleich bzw. Schadenersatz nebst Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten.

Während des Zusammenlebens hatten die Ehegatten vereinbarungsgemäß den Antragsteller aufgrund dessen höheren Einkommens nach Steuerklasse III und die Antragsgegnerin nach Steuerklasse V versteuern lassen. Mit Bescheid vom 27. Dezember 2017 wurde der Antragsteller für den Veranlagungszeitraum 2015 auf eine Nachzahlung von 2.796,12 € in Anspruch genommen. Für das Jahr 2014 war zuvor am 6. Februar 2017 ein Zusammenveranlagungsbescheid ergangen; dieser endete unter Anrechnung einer bereits getilgten Nachforderung über insgesamt 182,96 € mit einer verbleibenden Forderung von 0 €.

Der Antragsteller hat vor dem Amtsgericht - Familiengericht - Lahnstein die Auffassung vertreten, er sei für den Veranlagungszeitraum 2014 zu einer Nachzahlung von 966,85 € verpflichtet worden; hiervon wie auch von der den Veranlagungszeitraum 2015 betreffenden Nachzahlung schulde die Antragsgegnerin ihm als Gesamtschuldnerin der Steuerschuld, und ungeachtet dessen auch im Wege des Schadenersatzes hälftigen Ausgleich. Er sei den festgesetzten Zahlungsverpflichtungen nachgekommen. Da die Antragsgegnerin sich einer gemeinsamen Veranlagung für die Veranlagungszeiträume 2014 und 2015 entgegen ihrer als Ehegattin nach § 1353 Abs. 1 BGB bestehenden Verpflichtung widersetzt, und durch ihre Einzelveranlagung Steuererstattungen erhalten habe, sei es zu den vorgenannten Nachzahlungsverpflichtungen gekommen. Frau S. von dem Lohnsteuerhilfeverein könne bestätigen, daß die Antragsgegnerin sich auf mehrfache Bitte geweigert habe, die gemeinsamen Einkommensteuerklärungen für die Jahre 2014 und 2015 zu unterschreiben.

Die Antragsgegnerin hat das erstinstanzliche Vorbringen des Antragstellers als widersprüchlich, und unter anderem aufgrund einer familienrechtlichen Überlagerung sowie fehlender Darlegung einerseits einer Aufforderung zu der gemeinsamen Veranlagung, als auch andererseits der fiktiven Steuerlast bei getrennter Veranlagung als unschlüssig angesehen sowie bestritten; insbesondere habe sie sich einer Zusammenveranlagung nicht widersetzt. Im Jahre 2014 sei eine solche zudem erfolgt. Für das Folgejahr habe die Antragsgegnerin aufgrund der bestehenden Abgabefristen eine Aufforderung von dem Finanzamt erhalten, ihre Steuererklärung einzureichen; daraufhin habe sie ihre Unterlagen bei dem gemeinsamen Lohnsteuerhilfeverein abgegeben, und dort erfahren, daß der Antragsteller seine Steuererklärung bereits 14 Tage zuvor abgegeben habe. Hätte der Antragsteller hingegen ihr oder dem Lohnsteuerhilfeverein gegenüber erklärt, daß er die gemeinsame Veranlagung wünsche, wäre die Antragsgegnerin dem nachgekommen.

Das Familiengericht hat den Antrag abgewiesen.

Für den Veranlagungszeitraum 2014 scheitere ein Schadenersatzanspruch bereits daran, daß tatsächlich eine gemeinsame Veranlagung erfolgt sei. Ein Befreiungsanspruch aus Gesamtschuld bestehe nicht, da § 426 Abs. 1 BGB lediglich einen Anspruch auf Leistung an den Gläubiger vermittle. Die Wandlung in einen Anspruch auf Ausgleich des Geleisteten setze eine Befriedigung des Gläubigers voraus; hierfür sei der Antragsteller beweisfällig geblieben. Der nach Schluß der mündlichen Verhandlung erfolgte Beweisantritt habe gemäß § 296a ZPO unberücksichtigt zu bleiben; gleiches gelte für einen etwaigen Anspruch aus § 426 Abs. 2 BGB. Dessen ungeachtet sei die Aufteilung der Steuerschuld zwischen den Ehegatten nicht hälftig, sondern gemäß § 270 AO in dem Verhältnis der Steuerbeträge bei einer fiktiven getrennten Veranlagung vorzunehmen; hierzu fehle entsprechender Vortrag.

Für den Veranlagungszeitraum 2015 scheitere ein Gesamtschuldnerausgleich bereits an der erfolgten getrennten Veranlagung, womit die Steuerschuld keine Gesamtschuld darstelle. Für einen etwaigen Schadenersatzanspruch trage der Antragsteller weder vor, die Antragsgegnerin auf Zustimmung zur gemeinsamen Veranlagung in Anspruch genommen zu haben, noch, daß diese sich ihm gegenüber hierzu verweigert habe. Gerade das etwaige Bestehen von Leistungsverweigerungsrechten in Bezug auf den Ausgleich etwaiger steuerlicher Mehrbelastungen begründe keine ungefragte Obliegenheit zur Zustimmung. Darüber hinaus habe der Antragsteller insoweit ebenfalls seinen Schaden nicht schlüssig dargetan; dieser könne sich allenfalls zufällig auf die Hälfte des Nachzahlungsbetrages belaufen.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde des Antragstellers, mit welcher dieser weiterhin hälftigen Ausgleich der von ihm für die Veranlagungszeiträume 2014 und 2015 geltend gemachten Nachforderungen nebst Ersatz vorgerichtlicher Anwaltskosten begehrt. Der Antragsteller legt mit seinem Rechtsmittel erneut dar, zu welchen Nachforderungen seitens des Finanzamtes es gekommen sei, sowie daß er diese beglichen habe. Die mit erstinstanzlichem Schriftsatz nach Schluß der mündlichen Verhandlung eingereichten Unterlagen seien infolge eines erst in der mündlichen Verhandlung erteilten richterlichen Hinweises nicht verspätet. Auch sei die Antragsgegnerin verpflichtet gewesen, der mehrfach von ihr erbetenen gemeinsamen Einkommensteuerveranlagung für die Jahre 2014 und 2015 zuzustimmen. Dies habe sie trotz wiederholter Bitten von Frau S. von dem Lohnsteuerhilfeverein im Oktober 2017 und in der ersten Novemberhälfte 2017 abgelehnt, so daß keine gemeinsame Veranlagung habe erfolgen können.

Wäre eine solche erfolgt, hätte die Antragsgegnerin keine Steuererstattung erhalten, und dem Antragsteller wäre keine Nachforderung auferlegt worden. Da die Antragsgegnerin grundlos die getrennte Veranlagung beantragt habe, sei sie dem Antragsteller gegenüber gemäß § 1353 Abs. 1 BGB schadenersatzpflichtig. Bei gemeinsamer Veranlagung hätte sich ausweislich der mit Schriftsatz vom 24. Januar 2019 vorgelegten Berechnungen des Lohnsteuerhilfevereins für 2014 ein Erstattungsbetrag von 98,72 € ergeben, und für 2015 wäre es lediglich zu einer Nachzahlung von 296,93 € gekommen.

Die Antragsgegnerin verteidigt die angefochtene Entscheidung, und erachtet auch das Beschwerdevorbringen nicht als durchgreifend. Sie weist erneut auf widersprüchlichen Vortrag des Antragstellers hin, wonach einmal von einer gemeinsamen Veranlagung mit einer Ausgleichspflicht aus Gesamtschuld, und ein anderes Mal von einer getrennten Veranlagung mit Schadenersatzverlangen die Rede sei. Tatsache sei, daß für das Jahr 2014 gemeinsam veranlagt worden sei, und daß es keine Steuernachzahlung - wie behauptet - gebe. Für das Jahr 2015 habe die Antragsgegnerin auf Aufforderung des Finanzamtes, und zwar nur des Finanzamtes, auf der Basis einer gemeinsamen Veranlagung ihre Unterlagen eingereicht; somit gebe es für dieses Jahr ebenfalls eine gemeinsame Erklärung. Einen Steuerbescheid habe die Antragsgegnerin hingegen nicht gesehen. Wäre eine getrennte Veranlagung für das Jahr 2015 durchgeführt worden, hätte der Antragsteller vor dem Hintergrund, daß die Antragsgegnerin ihre Unterlagen zu der gemeinsamen Veranlagung eingereicht gehabt habe, Einspruch einlegen müssen. Ungeachtet dessen fehle es auch an einem Schaden, nachdem der Antragsteller sich darauf berufen habe, daß der Antragsgegnerin infolge seiner hohen Steuerbelastungen ab einem bestimmten Zeitpunkt kein Trennungsunterhalt zustehe. Auch in dem nachehelichen Unterhaltsverfahren mache der Antragsteller eine entsprechende einkommensmindernde Zahlungspflicht geltend.

Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugin S.; wegen deren Aussage wird auf das Sitzungsprotokoll vom 20. Mai 2019 verwiesen. Beide Seiten haben sich zu dem Ergebnis der Beweisaufnahme geäußert; diesbezüglich wird auf die Akten Bezug genommen. Ergänzend wird auf das schriftsätzliche und mündliche Vorbringen der Beteiligten verwiesen.

II. Die gemäß §§ 58 ff, 117 FamFG statthafte und auch sonst zulässige Beschwerde hat nur zum Teil in der Sache Erfolg. Dem Antragsteller steht lediglich Ersatz der hier zu einem Teil geltend gemachten Steuernachzahlung für den Veranlagungszeitraum 2015 zu. Für das Vorjahr ergibt sich hingegen unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt eine Zahlungsverpflichtung der Antragsgegnerin.

1. Für den Veranlagungszeitraum 2014 ist das Vorbringen bereits unschlüssig. Entgegen den Angaben des Antragstellers wurde ausweislich des vorgelegen Steuerbescheides vom 6. Februar 2017 eine gemeinsame Veranlagung durchgeführt; nach dieser ergab sich keine Steuernachzahlung. Hierauf hatte die Antragsgegnerin wiederholt hingewiesen. Aus dem eingereichten Steuerbescheid ist lediglich ersichtlich, daß ursprünglich eine Nachforderung über 182,96 € bestand. Wie diese beglichen wurde - durch Zahlung oder Verrechnung seitens des Finanzamtes -, legt der Antragsteller nicht ansatzweise dar; er behauptet vielmehr, aufgrund des Steuerbescheides vom 6. Februar 2017 966,85 € gezahlt zu haben, und dies infolge getrennter Veranlagung. Letzteres ist indes unzutreffend; hierauf hatte ebenfalls der Senat nochmals hingewiesen. Auch einen konkreten Zahlungsplan legt der Antragsteller lediglich für den Veranlagungszeitraum 2015 vor.

Wenn der Antragsteller nunmehr unter Vorlage einer Berechnung des Lohnsteuerhilfevereins meint, für den Veranlagungszeitraum 2014 hätte sich ein Guthaben von 98,72 € ergeben müssen, hätte er rechtzeitig Einspruch gegen den Steuerbescheid einlegen müssen. Vergleicht man diesen mit der vorgenannten Berechnung des Lohnsteuerhilfevereins, ergibt sich, daß lediglich die Höhe des zu versteuernden Einkommens etwas differiert. Dies hat aber nichts mit der Veranlagungsart (getrennt oder gemeinsam) zu tun, sondern damit, daß das Finanzamt von einem etwas höheren Gesamtbetrag der Einkünfte, und von etwas geringeren steuerlich absetzbaren Ausgaben ausgegangen ist.

Selbst dann jedoch, wenn man die aus dem Steuerbescheid vom 6. Februar 2017 ersichtliche ursprüngliche Nachforderung von 182,96 € zugrunde legt, hat der Antragsteller einen Ausgleichsanspruch nicht ausreichend dargetan, denn dieser beträgt nicht die Hälfte, sondern bemißt sich nach dem jeweiligen quotenmäßigen Anteil eines jeden Ehegatten hieran. Dieser wird wiederum grundsätzlich nach der Steuerlast im Falle einer fiktiven Einzelveranlagung ermittelt. Eine solche Berechnung hat der Antragsteller trotz wiederholtem Hinweis von Gericht und Gegenseite nicht vorgenommen.

2. In dem Veranlagungszeitraum 2015 hat ausweislich des Steuerbescheides vom 27. Dezember 2017 tatsächlich eine getrennte Veranlagung des Antragstellers stattgefunden. Folglich vermag die Nachzahlungsforderung zwar keine Gesamtschuld beider Eheleute zu begründen; allerdings steht dem Antragsteller gegen die Antragsgegnerin ein Ersatzanspruch gemäß §§ 1353 Abs. 1, 280 Abs. 1, 254 BGB zu, weil diese die Zustimmung zu der gemeinsamen Veranlagung rechtswidrig und schuldhaft verweigert hat.

a) Ehegatten können dann die Zusammenveranlagung wählen, wenn sie beide unbeschränkt einkommensteuerpflichtig iSd § 1 Abs. 1 oder 2 oder des § 1a EStG sind, und nicht dauernd getrennt leben, und diese Voraussetzungen zu Beginn des Veranlagungszeitraums vorgelegen haben, oder im Laufe des Veranlagungszeitraums eingetreten sind (§ 26 Abs. 1 S. 1 EStG). Ist das der Fall, so werden Ehegatten zusammen veranlagt, wenn beide diese Veranlagungsart wählen, und die zu der Ausübung der Wahl erforderliche Erklärung abgeben (§ 26 Abs. 2 S. 2 und 3 EStG).

Wie der Antragsteller zu Recht geltend macht, ergibt sich aus dem Wesen der Ehe für beide Ehegatten die - aus § 1353 Abs. 1 S. 2 BGB abzuleitende - Verpflichtung, die finanziellen Lasten des anderen Teils nach Möglichkeit zu vermindern, soweit dies ohne eine Verletzung eigener Interessen möglich ist. Ein Ehegatte ist daher dem anderen gegenüber verpflichtet, in eine von diesem gewünschte Zusammenveranlagung zur Einkommensteuer einzuwilligen, wenn dadurch die Steuerschuld des anderen verringert, der auf Zustimmung in Anspruch genommene Ehegatte aber keiner zusätzlichen steuerlichen Belastung ausgesetzt wird (vgl. BGH FamRZ 2005, 182 = FuR 2005, 183 = EzFamR BGB § 1353 Nr. 10 mwN; 2007, 1229 = NJW 2007, 2554).

b) Die Voraussetzungen einer Zusammenveranlagung gemäß der vorgenannten gesetzlichen Regelung haben für das Jahr 2015 für die Beteiligten unstreitig vorgelegen. Entgegen der Ansicht des Familiengerichts hätte die Antragsgegnerin ihre Zustimmung zur gemeinsamen Veranlagung hier auch nicht von einer Zusage des Antragstellers zu einem Nachteilsausgleich abhängig machen können, denn während schützenswerte einkommensteuerliche Nachteile für die Antragsgegnerin im Falle einer gemeinsamen Veranlagung vorliegend nicht bestehen, obliegt es ihr, darüber hinausgehende andere Nachteile im Einzelfall substantiiert darzulegen (vgl. OLG Koblenz [7. ZS] FamRZ 2015, 260). Dies hat die Antragsgegnerin nicht getan.

aa) Allerdings dürfte die gemeinsame Veranlagung für die Antragsgegnerin auf den ersten Blick durchaus nachteilig gegenüber einer Einzelveranlagung sein, denn nachdem bei ihr im Jahre 2015 der Steuerabzug vom Lohn nach Lohnsteuerklasse V erfolgt war, erhält die Antragsgegnerin bei einer Einzelveranlagung eine nicht unbedeutende Steuererstattung. Diese steht ihr vorliegend jedoch im Verhältnis der Ehegatten zueinander rechtlich gesehen nicht (uneingeschränkt) zu.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, welcher sich auch der Senat anschließt, kann ein Ehegatte grundsätzlich nicht wegen des Scheiterns der Ehe den Mehrbetrag, den er zuvor wegen der Besteuerung seines Einkommens nach der Lohnsteuerklasse V im Vergleich zur Besteuerung bei getrennter Veranlagung geleistet hat, von dem anderen Ehegatten ersetzt verlangen; das gilt jedenfalls bis zu der Trennung, denn der ehelichen Lebensgemeinschaft liegt die Auffassung zugrunde, mit dem Einkommen der Ehegatten gemeinsam zu wirtschaften, und finanzielle Mehrleistungen nicht auszugleichen. Es bedarf deshalb einer besonderen Vereinbarung, wenn sich die Antragsgegnerin die Rückforderung ihrer steuerlichen Mehrleistung durch die Wahl der Steuerklasse V für den Fall der Trennung hätte vorbehalten wollen (vgl. BGH FamRZ 2007, 1229 = NJW 2007, 2554 mit Verweis auf BGH FamRZ 2002, 1024 = FuR 2002, 476 = EzFamR BGB § 1353 Nr. 9, sowie auch die in dem Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 21. Mai 2019 zitierte Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 18. November 2009 (FamRZ 2010, 269 = NJW 2010, 1879 Tz. 17).

Ohne eine solche - hier nicht ersichtliche - Vereinbarung hat für Zeiten vor der am 17. Juni 2016 erfolgten Trennung keine Korrektur der von der Antragsgegnerin getragenen steuerlichen Belastung zu erfolgen; deshalb konnte sie ihre Zustimmung zur Zusammenveranlagung für Zeiten des ehelichen Zusammenlebens auch nicht von einem Ausgleich ihrer im Falle der gemeinsamen Veranlagung bestehen bleibenden steuerlichen Mehrbelastung abhängig machen (vgl. BGH FamRZ 2007, 1229 = NJW 2007, 2554, und auch OLG Koblenz [7. ZS] FamRZ 2018, 1493; a.A. noch OLG Hamm FamRZ 1990, 291).

bb) Soweit die Antragsgegnerin nunmehr mit Schriftsatz vom 21. Mai 2019 darauf abstellt, daß die Beteiligten bereits von Juni bis Dezember 2015 getrennt gelebt hätten, und der Antragsteller in dieser Zeit seiner Trennungsunterhaltszahlungspflicht nicht nachgekommen sei, handelt es sich um neues, nicht nachgelassenes Vorbringen nach Schluß der mündlichen Verhandlung.

Ausweislich des unstreitigen Tatbestandes der amtsgerichtlichen Entscheidung haben sich die Ehegatten erst ein Jahr später im Juni 2016 getrennt. Zwar hatte die Antragsgegnerin mit erstinstanzlichem Schriftsatz vom 31. August 2018 vorgetragen, der Antragsteller habe in einem anderen Verfahren eine frühere Trennung behauptet; dem ist sie jedoch mit dem Vorbringen entgegengetreten, wonach die Beteiligten im Jahre 2015 jedenfalls noch nicht räumlich voneinander getrennt gelebt hätten, und es ein dauerhaftes Getrenntleben im Jahre 2015 noch nicht gegeben habe. Folglich hatte die Antragsgegnerin eine Trennung bereits zu einem früheren Zeitpunkt in erster Instanz nicht substantiiert dargetan, weshalb das Familiengericht gemäß § 113 Abs. 1 FamFG, § 138 Abs. 1 bis 3 ZPO zutreffend den konkreten Vortrag des Antragstellers zum Trennungszeitpunkt als unstreitig zugrunde gelegt hat.

Eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung gemäß § 113 Abs. 1 FamFG, § 156 ZPO ist nicht angezeigt. Selbst falls man weiteren konkreten Vortrag der Antragsgegnerin in erster Instanz infolge fehlender Schlüssigkeit der antragstellerseits geltend gemachten Ansprüche noch nicht hätte als erforderlich angesehen, bestand hierzu spätestens nach Erlaß des Beweisbeschlusses des Senats vom 17. April 2019, und folglich noch rechtzeitig vor dem Schluß der mündlichen Verhandlung am 20. Mai 2019 Anlaß. Dies ist nicht geschehen, weshalb das Vorbringen jetzt gemäß § 113 Abs. 1 FamFG, § 296a ZPO nicht mehr zu berücksichtigen ist.

c) Nach übereinstimmender Erklärung liegt für beide Beteiligte für den Veranlagungszeitraum 2015 ein bestandskräftiger Steuerbescheid (Einzelveranlagung) vor, so daß eine gemeinsame Veranlagung der Eheleute nicht mehr möglich ist. Hierdurch ist dem Antragsteller ein Schaden in Höhe von 2.499,19 € entstanden. Mit Schriftsatz vom 24. Januar 2019 hat der Antragsteller substantiiert durch die beigefügte Berechnung des Lohnsteuerhilfevereins dargetan, daß es im Falle einer gemeinsamen Veranlagung lediglich zu einer Nachforderung in Höhe von 296,93 € gekommen wäre. Nachdem die Einzelveranlagung des Antragstellers hingegen zu einer Nachzahlung von 2.796,12 € geführt hat, ergibt sich hieraus eine Mehrforderung über 2.499,19 €; dem ist die Antragsgegnerin nicht ausreichend entgegengetreten. Die Nachzahlung hat der Antragsteller zwischenzeitlich auch - jetzt durch Nachweise belegt - beglichen.

d) Die vorstehend beschriebene Mehrforderung (2.499,19 €) hat die Antragsgegnerin dem Antragsteller dem Grunde nach als Schaden zu ersetzen, denn - wie bereits ausgeführt - bestand für die Antragsgegnerin hier die Verpflichtung zur Zustimmung zur gemeinsamen Veranlagung.

Sodann weist die Antragsgegnerin zwar zutreffend darauf hin, daß sie von dem Antragsteller nie zur Zustimmung zur gemeinsamen Veranlagung für das Jahr 2015 aufgefordert wurde; auch die Zeugin S. hat entgegen der Behauptung des Antragstellers keine solche Aufforderung an die Antragsgegnerin weitergegeben. Allerdings steht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme fest, daß es infolge bereits erfolgter endgültiger Verweigerung der Antragsgegnerin von Seiten des Antragstellers hier ausnahmsweise keiner gesonderten Aufforderung zur Zustimmung zur gemeinsamen Veranlagung bedurfte (§ 242 bzw. § 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB analog).

Die Zeugin S. hat ausgesagt, die Antragsgegnerin Ende 2017 für den Veranlagungszeitraum 2015 angeschrieben, und um eine Terminvereinbarung gebeten zu haben, weil der Antragsteller bereits von dem Finanzamt aufgefordert worden war, eine Einkommensteuererklärung abzugeben. Trotz Hinweises durch die Zeugin auf dann mögliche zivilrechtliche Ansprüche des Antragstellers gegenüber der Antragsgegnerin wünschte diese eine Einzelveranlagung, und gab unmißverständlich zu erkennen, daß der Antragsteller gegen sie zivilrechtlich vorgehen müsse (»Dann soll er dies tun«). An dieser Entscheidung hielt die Antragsgegnerin nach den Bekundungen der Zeugin im Rahmen des mit ihr vereinbarten Besprechungstermins am 6. Dezember 2017 fest, obgleich ihr von der Zeugin die unterschiedlichen Berechnungsergebnisse einer Zusammen- und einer Einzelveranlagung aufgezeigt wurden. Erst daraufhin wurde der Antragsteller seinerseits einzeln veranlagt. Entgegen der Behauptung der Antragsgegnerin war es also nach den Angaben der Zeugin nicht so, daß die Steuererklärung (Einzelveranlagung) des Antragstellers bereits abgegeben war, als die Zeugin sich mit der Antragsgegnerin in Verbindung setzte bzw. traf.

Der Annahme einer die explizite Aufforderung zur Zustimmung zur gemeinsamen Veranlagung nicht erfordernden ernsthaften und endgültigen Verweigerung der Antragsgegnerin steht weder entgegen, daß ihr von der Zeugin der konkrete Steuernachzahlungsbetrag des Antragstellers im Falle einer Einzelveranlagung nicht bekannt gegeben wurde, noch, daß eine Ablehnung der Zusammenveranlagung nicht unmittelbar gegenüber dem Antragsteller erfolgt war, denn der Antragsgegnerin war aufgrund der Aufklärung durch die Zeugin bekannt, daß zivilrechtliche Ersatzansprüche des Antragstellers drohten; ebenso wußte sie, daß sich der Antragsteller ebenfalls von der Zeugin beraten läßt, und diese folglich dem Antragsteller die Verweigerung der Antragsgegnerin sowie die Bekundung, daß der Antragsteller dann zivilrechtlich vorgehen solle (»Dann soll er dies tun«), weitergibt.

Einem außergerichtlichen Verlangen des Antragstellers gegenüber der Antragsgegnerin, der gemeinsamen Veranlagung zuzustimmen, war somit von vornherein aus Sicht des Antragstellers kein Erfolg zu bescheinigen: Es hätte sich als bloße Förmelei dargestellt. Hierzu war der Antragsteller nicht verpflichtet.

Der Senat hat keine Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Zeugin und der Glaubhaftigkeit ihrer Aussage. Die Zeugin konnte sich anhand ihrer Unterlagen noch sehr gut an den Vorgang erinnern, und hat umfassend sowie widerspruchsfrei ausgesagt. Auch die Beteiligten wenden gegen eine entsprechende Würdigung der Zeugenaussage nichts ein.

e) Da der Antragsteller die Nachforderung von 2.796,12 € mittlerweile erfüllt hat, kann er auch Schadenersatzzahlung an sich verlangen.

Eine - bestrittene - unterhaltsrechtliche Berücksichtigung der Nachzahlungspflicht hat die Antragsgegnerin nicht unter Beweis gestellt. Auch aus der beigezogenen Akte des Trennungsunterhaltsverfahrens 50 F 413/16 (AmtsG Lahnstein) ergibt sich dies nicht. Soweit der Antragsteller sich in dem laufenden Verfahren zum nachehelichen Unterhalt (50 F 46/18 - AmtsG Lahnstein) auf eine Einkommensminderung infolge für die Jahre 2014 und 2015 zu zahlender Steuernachzahlungen beruft, ist es grundsätzlich zulässig, dies dort zu tun, obwohl er in dem vorliegenden Verfahren hinsichtlich eben dieser behaupteten Nachzahlungen Ersatz von der Antragsgegnerin verlangt. Lediglich eine Berücksichtigung der Nachzahlungen in beiden Verfahren scheidet aus. So lange die Nachzahlungen jedoch noch nicht durch abschließende gerichtliche Entscheidung oder Vergleich in einem der beiden Verfahren »verbraucht« sind, kann der Antragsteller diese in beide Verfahren einführen, auch wenn eine doppelte Berücksichtigung nicht in Betracht kommt. Hierauf hatte der Senat in dem Beschluß vom 17. April 2019 hingewiesen.

f) Dahinstehen kann schließlich, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe dem Antragsteller nach § 254 BGB ein anspruchsminderndes Mitverschulden zuzurechnen ist.

aa) Allerdings hätte der Antragsteller die gemeinsame Veranlagung der Eheleute noch durchsetzen können, solange ihm gegenüber noch kein bestandskräftiger Steuerbescheid ergangen war. Nach der alten Rechtslage war anerkannt, daß die Ehegatten ihre Wahl der Veranlagungsart nach § 26 EStG jedenfalls bis zu dem Zeitpunkt - und zum Teil sogar darüber hinaus - ändern können, bis zu welchem der letzte Einzelveranlagungsbescheid gegenüber einem Ehegatten bestandkräftig geworden ist (vgl. BGH FamRZ 2010, 269 = NJW 2010, 1879 Tz. 12). Durch das Steuervereinfachungsgesetz vom 1. November 2011 hat sich die Rechtslage geändert: Die Wahlmöglichkeiten wurden eingeschränkt. Gemäß § 26 Abs. 2 S. 4 EStG kann die Wahl der Veranlagungsart neben vorliegend nicht eingreifenden besonderen Fällen (Nr. 1 bis 3) innerhalb eines Veranlagungszeitraums nur noch bis zu dem »Eintritt der Unanfechtbarkeit des Steuerbescheids« geändert werden.

In diesem Zusammenhang war in der Folgezeit ungeklärt, ob damit im Falle einer Einzelveranlagung die Unanfechtbarkeit des gegen den ersten einzeln veranlagenden Ehegatten ergangenen Steuerbescheides, oder jene des später gegen den zweiten Ehegatten ergangenen Steuerbescheides gemeint ist (vgl. OLG Stuttgart FamRZ 2018, 1493; Engels, Steuerrecht für die familienrechtliche Praxis 3. Aufl. [2017] S. 39 f = Rdn. 156 f). Während die Gesetzesmaterialien hierzu keine Feststellungen ermöglichen (vgl. Engels, aaO), und sich eine gesicherte finanzgerichtliche Rechtsprechung ebenfalls noch nicht herausgebildet hatte, hatte der Senat sich für eine Auslegung entschieden, wonach es auf die zeitlich zuletzt eintretende Bestandskraft ankommt (vgl. Senat FamRZ 2016, 2013). Auf diese - in der finanzgerichtlichen Literatur durchaus als kritisch angesehene (vgl. Engels, aaO) - Auslegung haben sich nunmehr auch die Steuerbehörden auf Bund-Länder-Ebene verständigt (vgl. Finanzbehörde Hamburg, Erlaß vom 24. Juli 2017 - DStR 2018, 304).

bb) Aufgrund der folglich bis kürzlich bestehenden erheblichen Rechtsunsicherheit wäre die Durchsetzung der gemeinsamen Veranlagung hier somit für den Antragsteller nur mit einem erheblichen prozessualen Aufwand, und auch mit nicht unbedeutenden Kostenrisiken verbunden gewesen.

Zunächst hätte der Antragsteller gegen seinen Einzelveranlagungsbescheid Einspruch einlegen, und die Aussetzung des Verfahrens beantragen müssen; sodann hätte er die Antragsgegnerin zivilrechtlich zur Zustimmung in Anspruch zu nehmen gehabt. Anschließend wäre das Einspruchsverfahren wieder aufzunehmen gewesen. Wie das Finanzamt angesichts der oben dargestellten, durch das Steuervereinfachungsgesetz vom 1. November 2011 geschaffenen längere Zeit unsicheren Rechtslage letztlich entschieden hätte, war nicht ansatzweise abzusehen; unter Umständen wäre ein Gerichtsverfahren bis vor den Bundesfinanzhof zu der Durchsetzung einer gemeinsamen Besteuerung der Beteiligten erforderlich gewesen.

cc) Angesichts der vorstehend aufgezeigten rechtlichen Unsicherheiten und erheblichen Kostenrisiken für den Antragsteller wäre sein etwaiges Mitverschulden wegen eines Verstoßes gegen die Schadensminderungsobliegenheit hier letztlich mit deutlich unter 50% anzusetzen. Nachdem der Antragsteller von der sich infolge der Einzelveranlagung ergebenden Mehrforderung über 2.499,19 € lediglich 1.398,06 € ersetzt verlangt, ist somit keine weitere Kürzung dieses Zahlbetrages vorzunehmen.

3. Die geltend gemachten vorgerichtlichen Anwaltskosten stehen dem Antragsteller nach §§ 1353 Abs. 1, 280 Abs. 1, 249 BGB zu. Dies gilt allerdings nur in dem Umfang, in welchem Anwaltskosten auf das Schadenersatzverlangen für den Veranlagungszeitraum 2015 entfallen; dies sind bei einem Verfahrenswert von 1.398,06 € lediglich 201,71 €. Nachdem die Antragsgegnerin die dem Antragsteller zuerkannte Forderung von 1.398,06 € trotz Zahlungsaufforderung bis zum 25. Januar 2018 nicht beglichen hat, besteht zugunsten des Antragstellers hierauf gemäß §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB eine Verzinsungspflicht ab dem Folgetag; das gilt unabhängig davon, ob er zu diesem Zeitpunkt die für den Veranlagungszeitraum 2015 festgesetzte Nachzahlung bereits in Höhe von 1.398,06 € geleistet hatte, denn aufgrund der mit dem Finanzamt getroffenen Stundungsvereinbarung hatte der Antragsteller auf noch nicht erbrachte Nachzahlungen seinerseits Zinsen in Höhe von 6% p.a., und damit über dem Zinssatz des § 288 Abs. 1 BGB liegende Zinsen zu leisten.

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 113 Abs. 1 FamFG, §§ 92, 96, 97 Abs. 2 ZPO. Soweit der Antragsteller mit seiner Beschwerde obsiegt, beruht dies auf einer erst nunmehr aufgrund einer Beweisaufnahme zugänglichen Konkretisierung und Substantiierung seines Vortrags zum Haftungsgrund in der Beschwerdeinstanz. Die Beweisaufnahme als solche hätte indes auch in erster Instanz stattfinden müssen, falls der Antragsteller bereits damals für den Veranlagungszeitraum 2015 schlüssig vorgetragen, sowie den Geschehensablauf so konkret dargetan gehabt hätte, daß sein Zeugenbeweisangebot nicht mehr auf einen unzulässigen Ausforschungsbeweis hinausgelaufen wäre.

5. Mangels Abweichung von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes war auch die Rechtsbeschwerde nicht zuzulassen.

Hinweis
Ziffer 8. des Erlasses der Finanzbehörde Hamburg vom 24. Juli 2017 lautet:

Anwendung des § 26 Abs. 2 S. 4 EStG bei der Wahlrechtsausübung von Ehegatten/Lebenspartnern von der Einzel- zur Zusammenveranlagung

§ 26 Abs. 2 S. 4 EStG regelt, daß die Wahl der Veranlagungsart nach Eintritt der Unanfechtbarkeit des Steuerbescheides nur noch geändert werden kann, wenn ein Steuerbescheid, der die Ehegatten betrifft, aufgehoben, geändert oder berichtigt wird. Bisher war fraglich, wie vorzugehen ist, wenn ein Ehegatte/Lebenspartner antragsgemäß bereits einzeln nach § 26a EStG bestandskräftig zur Einkommensteuer veranlagt wurde, und die Ehegatten/Lebenspartner im Nachhinein gemeinsam eine Zusammenveranlagung bei der noch nicht bestandskräftig festgesetzten Einkommensteuer des anderen Ehegatten/Lebenspartner beantragen. Auf Bund-Länder-Ebene wurde entschieden, daß die Wahlrechtsänderung von der Einzel- zur Zusammenveranlagung nach § 26 EStG in der Fassung des Steuervereinfachungsgesetzes 2011 in jedem Fall erfolgen kann, in dem das erstmalige Veranlagungsverfahren wenigstens eines Ehegatten/Lebenspartners noch nicht durchgeführt, und ein Bescheid über die Einkommensteuer noch nicht erlassen wurde.

OLG Koblenz 2019-06-12 - 13 UF 617/18
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____________________________________________________________________________________________

Steuerberaterhaftung wegen Aufklärungspflichtverletzung im Dauermandat von gemeinsam zur Einkommensteuer veranlagten Eheleuten.

BGB §§ 241, 242, 280, 432, 675; EStG §§ 7, 7i, 23, 26, 26b; AO § 44 AO

1. Ist ein Steuerberater seit Jahren im Rahmen eines Dauermandats für den Mandanten tätig, macht er sich schadensersatzpflichtig, wenn er seine vertraglichen Nebenpflichten dadurch verletzt, daß er den Auftraggeber auch ungefragt nicht über die bei der Bearbeitung offen zutage tretende Fehleinschätzung hinweist, daß im Falle des Verkaufs einer Eigentumswohnung vor Ablauf der 10-Jahresfrist der Veräußerungsgewinn zu versteuern ist, und daß bei dessen Ermittlung nach § 23 Abs. 3 S. 4 EStG die in der Vergangenheit in Anspruch genommenen Abschreibungen (einschließlich Sonderabschreibungen) die Anschaffungskosten vermindern, und damit den steuerrechtlich relevanten Gewinn (und damit auch die Steuerlast) in beträchtlichem Umfang erhöhen. Es kommt nicht darauf an, daß der Steuerberater hierfür kein gesondertes Mandat erhalten hat.
2. Im Falle der gemeinsamen steuerlichen Veranlagung entsteht den Eheleuten durch die Nebenpflichtverletzung ein gemeinsamer Steuerschaden, denn sie haften im Außenverhältnis für die Steuerforderung der Finanzbehörde als Gesamtschuldner (§ 44 AO). Im Hinblick auf den Schadensersatzanspruch gegen den Steuerberater sind sie Mitgläubiger im Sinne des § 432 BGB.
3. Eine Schadenskompensation tritt nicht dadurch ein, daß ein Ehegatte die Steuerschulden zu dem Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung aus eigenen Mitteln bezahlt hat.

OLG Zweibrücken, Urteil vom 26. Juni 2020 - 2 U 16/19

Tenor
1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Landau in der Pfalz vom 11.07.2019 (2 O 222/17) teilweise geändert und insgesamt neu gefaßt:
(1) Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger und dessen Ehefrau E. S.-L. als Mitgläubiger 73.099,91 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 26.08.2017 zu zahlen.
(2) Der Beklagte wird weiter verurteilt, an den Kläger und dessen Ehefrau E. S.-L. als Mitgläubiger außergerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 2.085,95 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 26.08.2017 zu zahlen.
2. Die Berufung des Beklagten wird zurückgewiesen.
3. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen zu tragen.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
5. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand
Der Kläger macht den Beklagten im Wege der Steuerberaterhaftung dafür verantwortlich, daß seine Ehefrau infolge einer seiner Auffassung nach fehlerhaften Beratung eine Eigentumswohnung vor Ablauf der 10-Jahresfrist veräußert, und dadurch einen Steuerschaden erlitten hat.

Der Kläger ist Inhaber eines Kfz-Reparaturbetriebes; seine Ehefrau ist Erzieherin und verfügt über Immobilienvermögen. Über mehrere Jahre übernahm der Beklagte die steuerliche Beratung für die Eheleute; in diesem Zusammenhang erstellte er Einkommensteuererklärungen sowie die laufende Buchhaltung des Kfz-Reparaturbetriebes. In den vergangenen Jahren wurden die Eheleute L./S.-L. gemäß § 26 EStG gemeinsam veranlagt.

Die Ehefrau des Klägers erwarb im Jahre 2006 eine Eigentumswohnung in H. zu einem Kaufpreis von 235.000 €, die seit dem Jahre 2007 an den späteren Käufer der Wohnung vermietet war. Die Wohnung befindet sich in einem unter Denkmalschutz stehenden Gebäudekomplex. Seit dem Erwerb der Wohnung machten die Eheleute L./S.-L. im Rahmen ihrer gemeinsamen steuerlichen Veranlagung neben der linearen Abschreibung (§ 7 Abs. 4 EStG) auch Kosten für Wiederherstellungs- und Modernisierungsmaßnahmen nach § 7i EStG (»Sonder-AfA«) steuerlich geltend. Nachdem der Mieter der Wohnung Erwerbsinteresse bekundet hatte, veräußerte die Ehefrau des Klägers die Wohnung mit notariellem Vertrag vom 11. Dezember 2014 zu einem Kaufpreis von 286.500 €. Der Kaufpreis wurde im Jahre 2015 an die Ehefrau des Klägers gezahlt. Vor dem Verkauf hatte die Ehefrau des Klägers mit der Zeugin W. (Mitarbeiterin des Beklagten) über die steuerlichen Auswirkungen eines Verkaufs der Eigentumswohnung gesprochen. In einer E-Mail vom 28. Mai 2014 erklärte die Zeugin W.: » . Die Frist privater Veräußerungsgeschäfte bei Grundstücken liegt innerhalb von 10 Jahren zwischen Anschaffung und Veräußerung. «

In der von dem Büro des Beklagten erstellten Einkommensteuererklärung für 2015 wurde der Veräußerungserlös aus dem Verkauf der Wohnung in Ansatz gebracht, wobei die bis zu dem Veräußerungszeitpunkt geltend gemachten Sonderabschreibungen gewinnerhöhend nach Maßgabe des § 23 Abs. 3 S. 4 EStG berücksichtigt wurden. Die von dem Finanzamt festgesetzte Nachzahlung wurde von der Ehefrau des Klägers beglichen.

Mit Schreiben vom 16. Dezember 2015 erhob der Kläger über seinen Prozeßbevollmächtigten den Vorwurf der Falschberatung, den der Beklagte in dem nachfolgenden Schriftwechsel zurückwies. Der Kläger beziffert seinen Schadensersatzanspruch auf 73.099,31 €. Den vorgenannten Betrag errechnet er aus der Differenz der Steuerlast für das Jahr 2015 mit und ohne Berücksichtigung des Veräußerungsgewinnes aus § 23 EStG. Er hat behauptet, auf Nachfrage seiner Ehefrau nach den steuerlichen Folgen eines Wohnungsverkaufs vor Ablauf von zehn Jahren (seit dem Erwerb) habe die Mitarbeiterin des Beklagten (Zeugin W.) lediglich darauf hingewiesen, daß bei Veräußerung der Wohnung die bis zu dem Ablauf der Veräußerungsfrist noch nicht in Anspruch genommene Sonder-AfA verloren gehe, diese mithin für die Jahre 2015 und 2016 nicht mehr in Anspruch genommen werden könnte. Diese Mitteilung sei für den Entschluß zum Verkauf der Wohnung maßgeblich gewesen, da der Verlust der Abschreibungsmöglichkeit für zwei Jahre akzeptabel erschien. Bei richtiger Information über die weiteren steuerlichen Folgen hätte sie dem Verkauf der Wohnung erst nach Ablauf der Spekulationsfrist von zehn Jahren vorgenommen.

Der Beklagte hat behauptet, es fehle bereits an einer vertraglichen Grundlage für eine Haftung; insbesondere habe es kein Dauermandat gegeben. Ein Vertragsverhältnis über die Beratung im Hinblick auf die Immobilientransaktion sei nicht begründet worden; vielmehr habe die Ehefrau des Klägers in der ersten Hälfte des Jahres 2014 beiläufig gegenüber der Zeugin W. erwähnt, daß sie eine Veräußerung der Wohnung H. erwäge, und habe in diesem Zusammenhang um Mitteilung gebeten, wann die Spekulationsfrist ablaufe. In diesem Zusammenhang sei über die Einzelheiten des geplanten Verkaufs der Wohnung nicht gesprochen worden.

Die 2. Zivilkammer des Landgerichts Landau in der Pfalz hat zunächst Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeuginnen E. S.-L. (Ehefrau des Klägers) und Renate W. (Mitarbeiterin des Beklagten). Mit Urteil vom 11. Juli 2019, auf das wegen zur näheren Darstellung des Sach- und Streitstandes erster Instanz sowie wegen der Gründe Bezug genommen wird, hat das Landgericht den Beklagten verurteilt, 36.715,17 € sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.590,91 €, jeweils nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 26. August 2017, an den Kläger zu zahlen; im übrigen hat die Kammer die Klage abgewiesen.

Zur Begründung hat es ausgeführt, der Anspruch folge aus § 280 Abs. 1 iVm § 311 Abs. 2 und 3 BGB (»cic«). Durch die Anfrage der Ehefrau des Klägers bei der Zeugin W. sei ein vertragsähnliches Schuldverhältnis iSd § 311 Abs. 2 BGB zustande gekommen: Es sei nämlich im Rahmen eines Steuerberatungsverhältnisses eine Anfrage mit steuerlicher Relevanz an den Berater gerichtet worden. Als langjähriger Mandant des Beklagten habe der Kläger darauf vertrauen dürfen, daß auch auf die von seiner Ehefrau gerichtete Anfrage über den Ablauf der Spekulationsfrist zutreffende und eingehende Hinweise erteilt werden, so daß eine informierte Entscheidung darüber ermöglicht wird, ob ein spezieller Auftrag zur Prüfung der Entstehung, und gegebenenfalls zu der Berechnung des Spekulationsgewinns erteilt werden sollte. Von Beklagtenseite habe die Verpflichtung bestanden, aufgrund der erlangten Kenntnis über die in Rede stehende Immobilientransaktion auf mögliche steuerliche Nachteile hinzuweisen.

Der Zusammenhang zwischen Transaktion und Steuerfolge sei in dem vorliegenden Fall offenkundig gewesen. Wenn (wie hier) ein Mandant nach Veräußerungsfristen frage, müsse der Steuerberater zumindest einen Warnhinweis auf bislang nicht geprüfte Risiken geben: Er könne nämlich nicht davon ausgehen, daß der Mandant die Einzelheiten der Besteuerung von Veräußerungsgewinnen ausreichend verstehe. Vorliegend bestehe die Besonderheit darin, daß der steuerlich relevante Veräußerungsgewinn (§ 23 Abs. 3 EStG) sich nicht nur auf dem Veräußerungspreis abzüglich Anschaffungs- und Herstellungskosten und Werbungskosten errechne, sondern sich die Anschaffungs- und Herstellungskosten auch noch um Absetzungen für Abnutzungen sowie um Sonderabschreibungen vermindere (§ 23 Abs. 3 S. 4 EStG).

Daß ein entsprechender Informationsaustausch stattgefunden habe, ergebe sich aus den Aussagen der Zeuginnen S.-L. und W., die sich mit dem Schriftverkehr zwischen den Parteien in Einklang bringen lasse. Die letztlich von der Zeugin W. erteilten Informationen enthielten pflichtwidrig keinen Hinweis darüber, welche Folgen insbesondere im Hinblick auf die Bestimmung des § 23 Abs. 3 S. 4 EStG zu erwarten waren. Auch die Zeugin W. habe bekundet, daß sie Erinnerungen daran habe, daß die Zeugin S.-L. ihr mitgeteilt habe, die Wohnung H. vielleicht verkaufen zu wollen; dabei sei nach der Frist nach den Sonderabschreibungen gefragt worden. Sie habe der Zeugin S.-L. Informationen gegeben dazu, wie lange die Sonderabschreibungen (zu dem Zeitpunkt der Anfrage) noch laufe; weitere Informationen seien nicht erteilt worden.

Selbst wenn eine Haftung aufgrund eines vorvertraglichen Schuldverhältnisses verneint würde, käme eine Haftung wegen des bestehenden Dauermandats in Betracht, da der Beklagte bereits seit den 1990-er Jahren der steuerliche Berater des Klägers gewesen sei. In deren Zusammenhang habe der Beklagte auch gerade von den Abschreibungen im Zusammenhang mit der Wohnung H. gewußt.

Das notwendige Verschulden (§ 280 Abs. 1 S. 2 BGB) werde vermutet. Das Verschulden der Zeugin W. sei dem Beklagten gemäß § 278 BGB zuzurechnen. Die Pflichtverletzung sei auch kausal für einen Schaden des Klägers. Es stehe fest, daß die Wohnung H. nicht innerhalb der Spekulationsfrist veräußert worden wäre, wenn der Kläger und seine Ehefrau über die steuerlichen Folgen der Veräußerung hinreichend belehrt worden wären. Die Zeugin S.-L. habe insoweit glaubhaft bekundet, daß sie die Immobilie nur habe veräußern wollen, weil sie dann mit Dingen wie Hausverwaltung oder Bewohnerversammlungen im Zusammenhang mit der WEG nichts mehr zu tun gehabt hätte. Auch sei die Veräußerung nicht im Zusammenhang mit der Finanzierung eines neuen Objekts in O. erfolgt; dessen Finanzierung sei vielmehr auch ohne den Verkaufserlös gesichert gewesen.

Den aus dem Veräußerungsgewinn und dem Zinsbetrag errechneten Schadensbetrag könne der Kläger aber nur zu 50% geltend machen. Im Hinblick auf die Einkommensteuerschuld sei der Kläger zusammen mit seiner Ehefrau Gesamtschuldnerin, wobei ohne vertragliche Regelung im Innenverhältnis von einer hälftigen Teilung auszugehen sei (§ 44 AO, § 421 BGB). Im Laufe des Verfahrens habe sich herausgestellt, daß die Zahlung der Steuerschuld über das Konto der Ehefrau abgewickelt worden sei. Der Kläger könne nur denjenigen Betrag als Schaden geltend machen, in dessen Höhe er nach § 426 Abs. 1 S. 1 BGB im Wege des Gesamtschuldnerausgleiches hafte; daher könne er nur 50% des Schadens verlangen. Es spiele insoweit keine Rolle, ob die Zahlung durch die Ehefrau oder durch den Kläger geleistet worden sei, da jeweils Gesamtschuldnerausgleichsansprüche bestünden.

Hiergegen richten sich die Berufungen beider Parteien.

Der Kläger trägt vor, entgegen der Auffassung des Erstgerichts könne er den gesamten Schaden geltend machen, der den Eheleuten L./S.-L. entstanden sei. Verträge über die Erstellung einer Einkommensteuererklärung unter Zusammenveranlagung seien gemäß § 1357 Abs. 1 S. 2 BGB den Geschäften zur Deckung des Lebensbedarfs zuzuordnen. Hieraus folge, daß gemäß § 432 BGB bei einem solchen Vertrag Leistung an alle gefordert werden könne. Zuletzt habe der Kläger auch die Zahlung an sich und seine Ehefrau verlangt. Die Aufteilung des Schadens im Innenverhältnis der Eheleute spiele dagegen für die Berechnung des Schadens keine Rolle. Aus diesem Grunde seien auch die außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in voller Höhe erstattungsfähig. Der Kläger beantragt, unter teilweiser Abänderung des Urteils des Landgerichts Landau in der Pfalz vom 11. Juli 2019 den Beklagten zu verurteilen,

1. an den Kläger sowie dessen Ehefrau, Frau E. S.-L., 73.099,91 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 26. August 2017 zu zahlen,

2. an den Kläger weitere außergerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 495,04 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 26. August 2017 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen, und die Klage unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Landau in der Pfalz vom 11. Juli 2019 abzuweisen. Er trägt vor, zwischen den Parteien sei kein Beratungsvertrag zustande gekommen. Vor dem Hintergrund, daß die Immobilientransaktion alleine von der Ehefrau des Klägers vorgenommen worden sei, und auch nur diese den Beklagten aufgesucht habe, komme allenfalls mit der Ehefrau des Klägers ein Vertragsverhältnis in Betracht. Die Voraussetzungen für einen Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter habe der Kläger nicht dargelegt. Der Beklagte habe auch keine Pflichten gegenüber dem Kläger oder seine Ehefrau verletzt; die gestellten Fragen seien vielmehr vollständig und zutreffend beantwortet worden.

Schließlich sei dem Kläger auch kein Schaden entstanden. Die Wohnung H. sei von der Ehefrau des Klägers alleine erworben und alleine veräußert worden; der Kaufpreis für die Wohnung sei auch alleine an die Ehefrau gezahlt worden. Auch den Kredit, mit dem die Steuernachzahlung beglichen worden sei, sei alleine von der Ehefrau des Klägers aufgenommen worden. All dies habe sich auf das Vermögen des Klägers nicht ausgewirkt. Es stehe auch kein Steuerschaden des Klägers im Raum. Zu dem Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung sei die Steuerlast bereits vollständig durch dessen Ehefrau bereinigt gewesen. Soweit das Landgericht im Hinblick auf die Einkommensteuerschulden auf die Gesamtschuldnerschaft nach § 44 AO iVm § 426 BGB verweise, möge dies aus steuerlicher Hinsicht zutreffend gewesen sein; zivilrechtlich sei allein die Zeugin S.-L. verpflichtet gewesen, die Steuerlast zu tragen, denn sie sei es gewesen, die die Steuerlast ausgelöst, und die zu versteuernden Einnahmen erzielt habe. Sie sei mithin im Innenverhältnis alleine verpflichtet gewesen, die Steuerlast zu tragen. Die Annahme, daß die Ehefrau die wirtschaftlichen Vorteile gehabt hätte, der Kläger aber die wirtschaftlichen Nachteile zur Hälfte tragen müsse, sei absurd. Da die Voraussetzungen der Drittschadensliquidation nicht gegeben seien, könne der Kläger nicht etwaige Ansprüche seiner Frau geltend machen. Ohnehin sei unklar, weshalb der Kläger selbst und nicht seine Ehefrau die Klage erhoben habe.

Der Kläger beantragt, die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.

Mit Einverständnis der Parteien hat der Senat mit Beschluß vom 5. Mai 2020 das schriftliche Verfahren gemäß § 128 Abs. 2 ZPO angeordnet, und einen Hinweis zur Sach- und Rechtslage erteilt.

Entscheidungsgründe
Die Berufungen beider Parteien sind verfahrensrechtlich bedenkenfrei. In der Sache hat die Berufung des Klägers mit den zuletzt gestellten Anträgen vollen Erfolg, wohingegen die Berufung des Beklagten als unbegründet zurückzuweisen ist. Der Schadensersatzanspruch des Klägers ist in Höhe von 73.099,91 € begründet, und folgt aus §§ 675, 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB.

Zwischen den Parteien bestand ein Schuldverhältnis in Form eines Dauermandats (1.). Durch die auf Nachfrage nur unzureichend erteilte Auskunft der Mitarbeiterin W. hat der Beklagte zumindest eine Nebenpflicht iSd § 241 Abs. 2 BGB verletzt (2.). Diese Pflichtverletzung hat der Beklagte auch iSd § 280 Abs. 1 S. 2 BGB zu vertreten, da ihm das Verschulden seiner Mitarbeiterin, der Zeugin W., gemäß § 278 S. 1 BGB zuzurechnen ist (3.). In der Folge hat der Beklagte den vermeidbaren Steuerschaden zu ersetzen (4.), der beiden Eheleuten gemeinsam entstanden ist (5.). Diesen Schaden kann der Kläger allein in voller Höhe verlangen (6.), solange er die Zahlung an sich und seine Ehefrau verlangt. Schließlich sind auch mit der Berufung des Klägers weiter verfolgten Nebenforderungen in vollem Umfange begründet (7.)

Im Einzelnen:

1. Zwischen den Parteien bestand ein Schuldverhältnis in Form eines Dauermandats. Nach den Feststellungen des Erstgerichts war der Beklagte bereits seit den 1990-er Jahren (mit einer Unterbrechung) steuerlicher Berater des Klägers und seiner Ehefrau. Für den Kfz-Reparaturbetrieb des Klägers übernahm er die Lohnbuchhaltung; für die Eheleute hat er die Einkommensteuererklärungen gefertigt. In diesem Zusammenhang hat er auch und gerade die Einkünfte der Ehefrau des Klägers aus der Vermietung der Eigentumswohnung einschließlich der Geltendmachung der Sonderabschreibungen nach § 7i EStG erklärt. Daß die Parteien in dem vorgenannten Umfange in einer vertraglichen Verbindung zueinander standen, stellt auch der Beklagte nicht konkret in Abrede; auch aus seiner Berufungsbegründung läßt sich entnehmen, daß er die »alljährliche steuerlichen Veranlagung« des Klägers und seiner Ehefrau bearbeitet hat. Im Zuge dessen waren beide Eheleute Vertragspartner des Klägers.

2. Es kann dahinstehen, ob der unstreitige Informationsaustausch zwischen der Zeugin S.-L. und der Zeugin W. eine über das bestehende Dauermandat hinausgehendes gesondertes Mandat zur Aufklärung über die steuerlichen Auswirkungen der Immobilientransaktion begründet hat, das die Beratung eines steueroptimierten Vorgehens im Zusammenhang mit der Eigentumswohnung beinhaltet hätte, denn er hat jedenfalls Neben- und Rücksichtspflichten des Steuerberaters iSd § 241 Abs. 2 BGB begründet (a.), die hier verletzt (b.) worden sind.

a) Die Aufgabe (und damit der Pflichtenkreis) des Steuerberaters richtet sich zwar grundsätzlich zunächst nach dem Inhalt und dem Umfang des erteilten (Dauer-)Mandats: Der Steuerberater ist dabei verpflichtet, sich mit den steuerrechtlichen Punkten zu befassen, die zu der pflichtgemäßen Erledigung des ihm erteilten Auftrages zu beachten sind. Nur in den hierdurch gezogenen Grenzen hat er den Auftraggeber auch ungefragt über die bei der Bearbeitung auftauchenden steuerrechtlichen Fragen zu belehren. Zu den vertraglichen Nebenpflichten des Steuerberaters gehört es nach gefestigter höchst- und obergerichtlicher Rechtsprechung, den Mandaten nach Treu und Glauben gemäß § 242 BGB vor Schaden zu bewahren, und auf Fehlentscheidungen, die für ihn offen zutage treten, hinzuweisen (vgl. BGH NJW-RR 2013, 983; OLG Koblenz WM 2014, 2290).

Vorliegend trat im Vorfeld des Verkaufs der Eigentumswohnung eine steuerrechtliche Fehleinschätzung der Ehefrau des Klägers offen zutage, da sie glaubte, im Falle eines Verkaufs vor Ablauf der 10-Jahresfrist nur die Abschreibungsmöglichkeiten für die kommenden Jahre zu verlieren, aber nicht im Blick hatte, daß der Veräußerungsgewinn zu versteuern ist, und daß bei dessen Ermittlung nach § 23 Abs. 3 S. 4 EStG die in der Vergangenheit in Anspruch genommenen Abschreibungen (einschließlich Sonder-AfA) die Anschaffungskosten vermindern, und damit den steuerrechtlich relevanten Gewinn (und damit auch die Steuerlast) in beträchtlichem Umfange erhöhen (vgl. zur Rechtslage Ratschow in Blümisch, EStG [Stand: 11/2019] § 23 Rdn. 190). Von dieser Fehleinschätzung der Ehefrau des Klägers hat der Beklagte über seine Mitarbeiterin, der Zeugin W., im Zuge der Nachfrage erfahren. Die Ehefrau des Klägers hat die Zeugin W. nicht nur von dem geplanten Verkauf der Eigentumswohnung in Kenntnis gesetzt, sondern ihr auch zu verstehen gegeben, daß sie sich über die etwaigen steuerrechtlichen Auswirkungen Gedanken machte, und hierbei die aufgezeigte Problematik (Versteuerung des Veräußerungserlöses, Problematik der AfA der Vorjahre) offensichtlich nicht im Blick hatte. Dies folgt sowohl aus der Aussage der Zeugin S.-L. (Ehefrau des Klägers), als auch aus der Aussage der Zeugin W.

b) Die Verletzung der Nebenpflicht nach § 241 Abs. 2 BGB besteht darin, daß der Beklagte die offen zutage getretene Fehlvorstellung über die steuerlichen Folgen eines Verkaufs der Wohnung innerhalb des 10-Jahreszeitraums nicht ausräumte, sondern verstärkte. Die Zeugin W. selbst bekundete gegenüber dem Erstgericht, die Zeugin S.-L. habe ihr mitgeteilt, daß sie die Wohnung »vielleicht verkaufen wolle«. In diesem Zusammenhang habe sie gefragt, »was mit der Sonderabschreibung ist«. Die an die Zeugin W. gerichtete Frage beschränkte sich nach der eigenen Darstellung der Zeugin W. nicht auf die Dauer und den Ablaufzeitpunkt der Frist. Wer an ein Steuerberaterbüro die Frage richtet, »was [im Falle des Verkaufs] mit der Sonderabschreibung ist«, will über die steuerlichen Folgen des Verkaufs informiert werden, und gibt zu verstehen, gerade keine Kenntnis von den Einzelheiten zu haben. Nach eigenen Angaben hat die Zeugin W. ausweislich der Vernehmungsniederschrift des Erstgerichts der Ehefrau des Klägers nur mitgeteilt »wie lange die Sonderabschreibung noch läuft«, und »daß sie zwei Jahre verlieren würde und diese 10-Jahresfrist gelten würde«. Die während des gesamten Verfahrens vertretene Position des Beklagten, die gestellte Frage sei mit dieser Information »vollständig und zutreffend« beantwortet worden, vermag der Senat - zumal aus Sicht eines Steuerberaters - nicht nachzuvollziehen. Die erteilte Auskunft der Zeugin W. war offensichtlich unzureichend und irreführend.

Die Frage, »was mit der Sonderabschreibung ist«, konnte in der vorliegenden Situation nicht alleine mit dem Verweis auf den Verlust künftiger Abschreibungen vollständig beantwortet werden; vielmehr besteht die wesentliche Auswirkung in der Versteuerung des Veräußerungsgewinnes und den von § 23 Abs. 3 S. 4 EStG vorgegebenen Berechnungsparametern. Die resultierenden steuerrechtlichen Folgen waren gerade in Bezug auf die Wohnung H. mit drastischen steuerlichen Folgen verbunden, da seit dem Erwerb in beträchtlichem Umfange Sonderabschreibungen in Anspruch genommen wurden, die den steuerrechtlich maßgeblichen Veräußerungsgewinn (und damit im Ergebnis die Steuerlast) erhöhen. Aus Sicht eines Steuerberaters stellte sich der Verkauf der Wohnung vor Ablauf der 10-Jahresfrist als offen zutage getretene Fehlentscheidung dar.

Bei dieser Sachlage hätte die Ehefrau des Klägers auf die vorgenannten steuerlichen Folgen hingewiesen werden müssen, sowie darauf, daß die Problematik nach Ablauf der 10-Jahresfrist nicht mehr besteht. Aus Anlaß der Nachfrage hätte es dieser Klarstellung auch ohne ausdrückliches Mandat zur Beratung bedurft. Vor dem Hintergrund, daß der Beklagte in den Vorjahren mit den Einkommensteuererklärungen der Eheleute betraut war, wäre er unter dem Gesichtspunkt der Neben- und Rücksichtspflicht dazu angehalten gewesen, über die steuerlichen Folgen eines Wohnungsverkaufs vollumfänglich aufzuklären. Ohne gesondertes Mandat konnten die Eheleute L./S.-L. zwar keine Detailauskunft mit Steuerberechnung verlangen; aus der Sicht des Beklagten hätte aber mit Rücksicht auf die Belange seiner Mandanten zumindest der dringende Anlaß dazu bestanden, über die Risiken im Großen und Ganzen aufzuklären, sowie zu einer detaillierten Beratung anzuraten. Dies gilt umso mehr vor dem Hintergrund, daß die steuerrechtliche Behandlung der Immobilientransaktion in einem engen Zusammenhang zu der Einkommensteuererklärung der Eheleute L./S.-L. stand, die fortlaufend von dem Büro des Beklagten bearbeitet wurde.

3. Der Beklagte hat die Pflichtverletzung auch zu vertreten. Die gesetzliche Vermutung des § 280 Abs. 1 S. 2 BGB ist nicht ausgeräumt, sondern bestätigt worden. Der Beklagte muß sich das Verschulden seiner Mitarbeiterin W. gemäß § 278 BGB zurechnen lassen. Da die Zeugin W. die Ansprechpartnerin für die Klägerseite im Büro des Beklagten war, ist dem Beklagten auch deren Wissen um die wesentlichen Vorgänge (insbesondere die in der Vergangenheit in Ansatz gebrachten Sonderabschreibungen) gemäß § 166 Abs. BGB zuzurechnen (zu der Wissenszurechnung in einem ähnlich gelagerten Fall vgl. Schröder, DStR 2011, 191).

4. Durch den Verkauf vor Ablauf der 10-Jahresfrist ist den Eheleuten L./S.-L. im Zuge ihrer Zusammenveranlagung zur Einkommensteuer ein Steuerschaden in Höhe von 73.099,91 € entstanden (unstreitige Steuermehrbelastung infolge der Besteuerung des Veräußerungsgewinnes in dem Veranlagungszeitraum 2015).

Kausalität zwischen Pflichtverletzung und Schaden ist gegeben. Es ist davon auszugehen, daß die Ehefrau des Klägers bei ordnungsgemäßer Information durch den Beklagten den Verkauf der Eigentumswohnung bis zum Ablauf der 10-Jahresfrist zurückgestellt hätte. Seinen Einwand, es habe sich um einen unvermeidbaren Notverkauf gehandelt, hat der Beklagte in zweiter Instanz nicht mehr aufgegriffen; er erscheint im Übrigen auch nicht plausibel: Der Kläger hat unter Verweis auf Erklärungen der Banken aufgezeigt, daß jedenfalls keine Dringlichkeit zu dem Verkauf unter Hinnahme eines Steuerschadens von mehr als 70.000 € bestanden hat. Er hat nachvollziehbar und überzeugend dargetan, daß die Wohnung in Kenntnis der steuerrechtlichen Auswirkungen erst zu einem späteren Zeitpunkt nach Ablauf der 10-Jahresfrist verkauft worden wäre. Gegenüber dem Erstgericht hat die Ehefrau den Verkaufsentschluß auch plausibel damit begründet, daß sie lediglich die Mitgliedschaft in der Wohnungseigentümergemeinschaft als lästig empfunden habe. Diese Erwägungen wären bei lebensnaher Betrachtung zurückgestellt worden, wenn sie Kenntnis von den steuerlichen Folgen des vorzeitigen Verkaufs gehabt hätte.

5. Der Steuerschaden ist den Eheleuten L./S.-L. gemeinsam entstanden, da sie im Außenverhältnis für die Steuerforderung der Finanzbehörde als Gesamtschuldner haften (§ 44 AO). Der gebotene Vergleich der Gesamtvermögenssituation mit und ohne schädigendes Ereignis orientiert sich an dem Gesamtvermögen der zusammenveranlagten Ehegatten. Mit seinem hiergegen zuletzt vorgebrachte Einwand, »die Ehegatten« seien kein Rechtssubjekt im Sinne der deutschen Rechtsordnung, und könnten daher keinen Schaden erleiden, verkennt der Beklagte die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte, und hat den Hinweis des Senats mit Beschluß vom 5. Mai 2020 offenkundig fehlinterpretiert.

Maßgeblich ist, daß der Kläger und seine Ehefrau als Parteien des Steuerberatervertrages gemeinsam eine unteilbare Beratungsleistung in Anspruch genommen haben. Infolge der (ebenfalls unteilbaren) Nebenpflichtverletzung des Beklagten gegenüber beiden Eheleuten ist den Eheleuten ein gemeinsamer Schaden in Form einer Steuermehrbelastung entstanden. Inhaber dieses (streitgegenständlichen) Schadensersatzanspruchs sind nicht »die Eheleute« als eigenständiges Rechtssubjekt, sondern der Kläger und seine Ehefrau in schlichter Forderungsgemeinschaft, mithin als Mitgläubiger iSd § 432 BGB. Diese Bewertung des Senats steht in Einklang mit der gefestigten höchst- und obergerichtlichen Rechtsprechung in vergleichbaren Fallkonstellationen (BGH NJW-RR 2009, 687; OLG Zweibrücken OLGR 2002, 441; OLG Düsseldorf NJW-RR 2005, 648; OLG Nürnberg, Urteil vom 12. April 2010 - 14 U 2159/08 - n.v.). Gegenüber einem Mitgläubiger kann sich der Beklagte als Schädiger und Schuldner des Schadensersatzanspruchs nicht darauf berufen, der Anspruch stehe im Innenverhältnis nicht dem einen, sondern dem anderen Mitgläubiger zu. Aus diesem Grunde bedarf es nicht der Voraussetzungen der Drittschadensliquidation, denn aus der Sicht des Klägers liegt kein fremder, sondern ein eigener Schaden vor.

Unerheblich ist auch der Einwand, zu dem Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung fehle es an einem Schaden in Gestalt eines Steuerschadens, da die Ehefrau des Klägers ihre Steuerschulden inzwischen durch Zahlung aus eigenen Mitteln beglichen habe. Mit der Begleichung der Steuerschuld ist im Verhältnis zu dem Beklagten keine Schadenskompensation eingetreten; dies wäre nur dann der Fall, wenn die Ehefrau des Klägers mit der Zahlung (auch) die Schadensersatzforderung des Beklagten erfüllen wollte. Da eine derartige Bestimmung weder vorgetragen, noch ersichtlich ist, und geradezu abwegig erscheint, hat die Begleichung der Steuerschuld allenfalls Auswirkungen auf das Innenverhältnis der Eheleute, nicht jedoch auf die in Mitgläubigerschaft bestehende Regreßforderung gegenüber dem Beklagten. Die von Beklagtenseite in dem Schriftsatz vom 29. Mai 2020 angeführten Rechtsprechungszitate zur Schadensberechnung geben dem Senat keinen Anlaß zu einer anderen Bewertung, da den zitierten Entscheidungen durchweg Fallgestaltungen zugrunde lagen, die in keinem Zusammenhang zu den hier maßgeblichen Fragestellungen stehen.

6. Aufgrund der Mitgläubigerschaft (§ 432 Abs. 1 S. 1 BGB) ist der Kläger berechtigt, den gesamten, den Eheleuten entstandenen Schaden alleine geltend zu machen, muß aber Zahlung an sich und seine Ehefrau verlangen. Diesen Anforderungen werden die zuletzt gestellten Anträge des Klägers gerecht.

Zu der Geltendmachung des gesamten Anspruchs wäre er wegen § 1357 Abs. 1 BGB auch dann berechtigt, wenn ein Vertragsverhältnis nur zwischen seiner Ehefrau und dem Beklagten vorläge, und die Pflichtverletzung nur gegenüber der Zeugin S.-L. verübt worden wäre (OLG Düsseldorf aaO). Das Geschäft, das der Deckung des Lebensbedarfs dient, wäre hierbei nicht die Immobilientransaktion, sondern die Erteilung des steuerrechtlichen Mandats. In Anbetracht der vorliegenden wirtschaftlichen Verhältnisse und des maßgeblichen Lebenszuschnitts (Selbständigkeit des Klägers, Mieteinnahmen) ist die Beauftragung eines Steuerberaters angemessen, und stellt ein Geschäft dar, das regelmäßig von einem Ehegatten auch ohne Konsultation und Mitwirkung des anderen Ehegatten erledigt werden kann.

7. Aus §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 675 BGB kann der Kläger auch Erstattung der Kosten der vorgerichtlichen Rechtsverfolgung verlangen. Der Anspruch besteht unter Zugrundelegung einer 1,3-Geschäftsgebühr zuzüglich Auslagenpauschale und Mehrwertsteuer auch in der geltend gemachten Gesamthöhe von 2.085,95 €. Da die Rechtsverfolgungskosten in gleicher Weise auf die vertragliche Nebenpflichtverletzung des Steuerberatervertrages zurückzuführen sind, kann der Kläger auch ebenfalls nur Leistung an sich und seine Ehefrau gemeinsam (§ 432 Abs. 1 BGB) verlangen, was er bei seiner Antragstellung zuletzt berücksichtigt hat.

Der Zinsanspruch folgt aus § 291 bzw. aus §§ 288 Abs. 1 S. 1, 286 BGB.

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

IV. Zur Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 S. 1 ZPO besteht entgegen der Auffassung des Beklagten keine Veranlassung: Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung, noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts. Der Senat weicht mit seiner Auffassung nicht von der Rechtsprechung eines anderen Oberlandesgerichts oder des Bundesgerichtshofes ab.

OLG Zweibrücken 2020-06-06 - 2 U 16/19
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Anmerkungen

Zu der Anrechnung von Einkommensteuervorauszahlungen bei getrennt lebenden Ehegatten sowie zu der Aufteilung geleisteter Vorauszahlungsbeträge s. FG München, Urteil vom 29. Januar 2019 - DStRE 2019, 970 [die gegen dieses Urteil eingelegte Revision wurde zurückgenommen - s. BFH, Einstellungsbeschluß vom 10.09.2019 - VII R 13/19]:

1. Ist bei der Zahlung eines Gesamtschuldners kein abweichender Tilgungswille erkennbar, ist in der Regel anzunehmen, daß der Gesamtschuldner nur seine eigene Steuerschuld tilgen wollte.
2. Etwas anderes gilt bei der Zahlung eines Ehegatten auf die Gesamtschuld der Ehepartner. Solange die Ehe besteht, und die Eheleute nicht dauernd getrennt leben, ist hier aufgrund der zwischen Ehepartnern bestehenden Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft im Allgemeinen davon auszugehen, daß derjenige Ehegatte, der auf die gemeinsame Einkommensteuerschuld zahlt, mit seiner Zahlung auch die Steuerschuld des anderen mit ihm zusammen veranlagten Ehegatten begleichen will.
3. Allerdings kommt eine Erstattung von Einkommensteuer-Vorauszahlungen bei fehlender Tilgungsbestimmung im Regelfall nur hinsichtlich desjenigen Betrages in Betracht, um den die Vorauszahlungen die Summe der für beide Ehegatten festgesetzten Einkommensteuer übersteigen. Dies gilt sowohl im Falle der Zusammenveranlagung, als auch bei Wahl der Einzelveranlagung (bzw. getrennten Veranlagung), und folgt aus dem Sicherungszweck der Vorauszahlungen.
4. Stammen Zahlungen - nach dem Bekanntwerden des Getrenntlebens - von einem Bankkonto, das zu dem Zeitpunkt der Überweisung den Eheleuten gemeinsam zuzurechnen war, sind Zahlende die beiden Eheleute jeweils zur Hälfte.

Hinweis
Das Verfahren ist bei dem Bundesgerichtshof unter dem Aktenzeichen: IX ZR 149/20 anhängig.


______________________________________________________________________________________________

Eheliche Lebensgemeinschaft; Aufteilung von Steuerschulden der Ehegatten im Innenverhältnis; Aufteilungsbescheid bei gemeinsamer einkommensteuerlicher Veranlagung.

EStG §§ 26 ff; BGB §§ 426, 1353; AO § 279

1. Der die Zustimmung zu der einkommensteuerlichen Zusammenveranlagung begehrende Ehegatte ist regelmäßig zum internen Ausgleich verpflichtet, wenn sich bei dem anderen Ehegatten die Steuerschuld infolge der Zusammenveranlagung im Vergleich zu der getrennten Veranlagung erhöht.
2. Bei gemeinsamer einkommensteuerlicher Veranlagung macht sich ein Ehegatte bei Beantragung eines Aufteilungsbescheides, der steuerlich das Ergebnis der gemeinsamen Veranlagung zu seinen Gunsten verändert, wegen der Verletzung seiner Pflichten nach § 1353 Abs. 1 S. 2 BGB schadensersatzpflichtig, sofern ihm keine Zwangsvollstreckung durch das Finanzamt droht.

OLG Karlsruhe, Beschluß vom 17. Juli 2020 - 5 UF 28/20

Tenor
1. Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluß des Amtsgerichts - Familiengericht - Konstanz vom 31.01.2020 (16 F 53/19) abgeändert, und den in Ziffern (1) und (2) wie folgt neu gefaßt:
(1) Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, an den Antragsteller einen Betrag in Höhe von 5.189,48 € nebst Zinsen in Höhe von 5% über dem jeweiligen Basiszinssatz daraus p.a. seit dem 13.06.2019 zu zahlen.
(2) Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens trägt die Antragsgegnerin.
2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Antragsgegnerin.
3. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 5.189,48 € festgesetzt.

Gründe
I. Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist eine Zahlungsverpflichtung des Antragstellers gegenüber dem Finanzamt, hinsichtlich derer er die Erstattung von der Antragsgegnerin fordert.

Die Beteiligten waren seit dem 30. August 2002 miteinander verheiratet. Sie trennten sich am 1. Juli 2017; seit Mai 2019 sind sie rechtskräftig voneinander geschieden. Bis einschließlich 2017 hatten einvernehmlich der besser verdienende Antragsteller die Steuerklasse III, und die Antragsgegnerin die Steuerklasse V; sie hatten über ein inzwischen aufgelöstes gemeinsames Konto gewirtschaftet. Nach der Trennung forderte das Finanzamt den Antragsteller auf, eine Einkommensteuererklärung für die Jahre 2014 bis 2017 abzugeben. Auf Verlangen des Antragstellers stimmte die Antragsgegnerin am 4. Januar 2019 letztendlich der gemeinsamen Veranlagung für diese Jahre zu. Zunächst beantragte die Antragsgegnerin am 4. Januar 2019 und am 7. Februar 2019 deshalb erfolglos bei dem Finanzamt Aufteilungsbescheide gemäß § 279 AO, weil das Finanzamt zu diesem Zeitpunkt noch von einer Einzelveranlagung ausgegangen war, und den Beteiligten entsprechende Steuerbescheide versandt hatte, die es am 8. Februar 2019 aufgehoben hatte. Am 15. Februar 2020 ergingen sodann die Steuerbescheide auf der Grundlage der gemeinsamen Veranlagung, aufgrund derer ein Betrag von 3.429,94 € an das Finanzamt nachzuzahlen war.

Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, daß der Antragsteller im Innenverhältnis diesen Betrag zu zahlen hat. Nachdem die Antragsgegnerin am 21. Februar 2019 erneut Aufteilungsbescheide beantragt hatte, ergingen diese am 26. Februar 2019. In Konsequenz der Aufteilungsbescheide versandte das Finanzamt am 19. März 2019 eine geänderte Abrechnung, wonach der Antragsgegnerin ein Betrag von 5.189,48 € zurückerstattet, während von dem Antragsteller ein weiterer Betrag von 5.189,48 € eingefordert wurde. Wegen des zugrunde liegenden Sachverhalts und der Erwägungen des Amtsgerichts wird auf dessen Beschluß vom 31. Januar 2020 Bezug genommen, der dem Antragsteller am 6. Februar 2020 zugestellt wurde.

Mit Schriftsatz vom 11. Februar 2020 - eingegangen bei dem Familiengericht an dem gleichen Tage - hat der Antragsteller Beschwerde gegen den amtsgerichtlichen Beschluß eingelegt, und mit Schriftsatz vom 3. März 2020 - eingegangen bei dem Beschwerdegericht an dem gleichen Tage - begründet. Er ist der Ansicht, die Antragsgegnerin habe sich ihm gegenüber wegen Verstoßes gegen die ehelichen Verpflichtungen in Form einer Vereinbarung, die Steuerlast intern im Verhältnis der Steuerklassen III und V zu tragen, schadensersatzpflichtig gemacht. Sie habe sich durch Beantragung der Aufteilungsbescheide inkonsequent verhalten und bewirkt, daß er weitere 5.189,48 € nachzahlen müsse. Zwar habe der Antragsteller der Antragsgegnerin für den Zeitraum ab der Trennung den Nachteil zu ersetzen, der ihr durch die Steuerklasse V entstehe, doch habe die Antragsgegnerin trotz Aufforderung die zu der Berechnung dieses Nachteils erforderlichen Informationen nicht mitgeteilt. Der Antragsteller beantragt, die Antragsgegnerin zu verpflichten, dem Antragsteller einen Betrag in Höhe von 5.189,48 € zu bezahlen, nebst Zinsen in Höhe von 5% über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit.

Die Antragsgegnerin beantragt, die Beschwerde des Antragstellers/Beschwerdeführers gegen den Beschluß des Familiengerichts vom 31. Januar 2020 zurückzuweisen. Sie habe der allgemein zwischen den Eheleuten bestehenden Pflicht dadurch genügt, daß sie der Zusammenveranlagung zugestimmt habe; es bestehe aber keine Pflicht, die es einem Ehegatten verwehre, den Erlaß von Aufteilungsbescheiden zu beantragen, die lediglich die Vollstreckung im Außenverhältnis zwischen Finanzamt und Eheleuten betreffe, und die insgesamt bestehende Steuerschuld nicht verändere. Dem Antragsteller sei kein Schaden entstanden, da die in der Höhe unveränderte Steuerschuld lediglich anders zwischen den Eheleuten aufgeteilt worden sei. Außerdem habe die Vollstreckung des Betrages von 3.429,94 € gedroht, die durch Beseitigung der Gesamtschuldnerschaft durch die Aufteilung abzuwenden gewesen sei.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Akten beider Instanzen Bezug genommen.

II. Die Beschwerde des Antragstellers ist gemäß §§ 58 ff FamFG zulässig; sie wurde insbesondere fristgerecht eingelegt (§§ 63, 64 FamFG) und begründet (§ 117 Abs. 1 FamFG, § 520 Abs. 2 S. 1 ZPO). Die Beschwerde hat in der Sache Erfolg.

1. Dem Antragsteller steht ein Schadensersatzanspruch gegen die Antragsgegnerin zu, weil diese gegen die sie treffende Verpflichtung aus § 1353 Abs. 1 S. 2 BGB verstoßen hat.

a) Aus dem Wesen der Ehe ergibt sich für beide Ehegatten die - aus § 1353 Abs. 1 S. 2 BGB abzuleitende - Verpflichtung, die finanziellen Lasten des anderen Teils nach Möglichkeit zu vermindern, soweit dies ohne eine Verletzung eigener Interessen möglich ist. Ein Ehegatte ist daher dem anderen gegenüber verpflichtet, in eine von diesem gewünschte Zusammenveranlagung zur Einkommensteuer einzuwilligen, wenn dadurch die Steuerschuld des anderen verringert, der auf Zustimmung in Anspruch genommene Ehegatte aber keiner zusätzlichen steuerlichen Belastung ausgesetzt wird. Letzteres ist unter anderem der Fall, wenn der die Zusammenveranlagung begehrende Ehegatte sich verpflichtet, den anderen von ihm hierdurch etwa entstehenden Nachteilen freizustellen (ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, vgl. BGH FamRZ 2007, 1229 = FuR 2007, 364 [Ls] Tz. 10 mwN; Brudermüller in Palandt, BGB 79. Aufl. § 1353 Rdn. 12 ff).

b) Richtig ist zwar, daß der die Zustimmung verlangende Ehegatte regelmäßig zum internen Ausgleich verpflichtet ist, wenn sich bei dem anderen Ehegatten die Steuerschuld infolge der Zusammenveranlagung im Vergleich zu der getrennten Veranlagung erhöht; das gilt jedoch insoweit nicht, als die Ehegatten eine andere Aufteilung ihrer Steuerschulden konkludent vereinbart haben, wovon in dem vorliegenden Fall jedenfalls für die Zeit bis zu der Trennung auszugehen ist. Die nach § 26b EStG zusammenveranlagten Ehegatten haben gemäß § 44 Abs. 1 AO als Gesamtschuldner für die festgesetzten Steuern aufzukommen. Im Innenverhältnis besteht zwischen Gesamtschuldnern eine Ausgleichspflicht nach § 426 Abs. 1 S. 1 BGB; danach haften sie im Verhältnis zueinander zu gleichen Anteilen, soweit nicht ein anderes bestimmt ist. Eine solche abweichende Bestimmung kann sich aus dem Gesetz, aus einer Vereinbarung, aus dem Inhalt und Zweck des Rechtsverhältnisses oder aus der Natur der Sache, mithin aus der besonderen Gestaltung des tatsächlichen Geschehens ergeben.

Vorrangig ist allerdings, was die Gesamtschuldner ausdrücklich oder konkludent vereinbart haben. Die Notwendigkeit, die Aufteilung abweichend von der Grundregel des § 426 Abs. 1 S. 1 BGB vorzunehmen, kann sich dabei auch aus den güterrechtlichen Beziehungen der Ehegatten ergeben; diese sind sowohl in dem Güterstand der Gütertrennung als auch in dem gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft (vgl. § 1363 Abs. 2 S. 1 BGB) hinsichtlich ihres Vermögens und ihrer Schulden selbständig. Deshalb hat in dem Verhältnis der Ehegatten zueinander grundsätzlich jeder von ihnen für die Steuer, die auf seine Einkünfte entfällt, selbst aufzukommen.

Allerdings kann auch dieser Maßstab von einer anderweitigen Bestimmung iSd § 426 Abs. 1 S. 1 BGB überlagert werden. Das ist dann der Fall, wenn die Beteiligten durch ihre bisherige Handhabung eine solche anderweitige Bestimmung getroffen haben, indem sie bewußt die Steuerklassen III und V gewählt haben, um damit monatlich mehr bare Geldmittel zur gemeinsamen Verwendung zur Verfügung zu haben, als dies bei einer Wahl der Steuerklassen IV und IV der Fall gewesen wäre. Daß sich der Ehegatte mit Steuerklasse V einen Ausgleich vorbehalten hätte, wäre fernliegend. Daher kann dieser Ehegatte grundsätzlich auch nicht wegen des Scheiterns der Ehe den Mehrbetrag, den er wegen der Besteuerung seines Einkommens nach der Lohnsteuerklasse V im Vergleich zu der Besteuerung bei getrennter Veranlagung geleistet hat, von dem anderen Ehegatten ersetzt verlangen: Der ehelichen Lebensgemeinschaft liegt nämlich die Auffassung zugrunde, mit dem Einkommen der Ehegatten gemeinsam zu wirtschaften, und finanzielle Mehrleistungen nicht auszugleichen. Mit Rücksicht darauf hat für die Zeit bis zu der Trennung keine Korrektur der von der Beklagten getragenen steuerlichen Belastung zu erfolgen (vgl. BGH FamRZ 2007, 1229 = FuR 2007, 364 [Ls] Tz. 13 ff).

c) Nach Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft besteht für einen Ehegatten indessen grundsätzlich kein Anlaß mehr, an der früheren Übung festzuhalten. Mit dem Scheitern der Ehe ist insofern von einer grundlegenden Veränderung der Verhältnisse auszugehen. Zwar kann auch insofern der Gesichtspunkt zum Tragen kommen, daß mit dem aus den Steuerklassen III und V erzielten Einkommen gemeinsam gewirtschaftet worden ist, weil auf dieser Grundlage Ehegattenunterhalt gezahlt wurde. Ist das jedoch nicht der Fall, so besteht für den Ehegatten, der gleichwohl weiterhin die Steuerklasse V hat, kein Grund mehr, seine damit verbundene höhere steuerliche Belastung zu tragen, und zugleich eine Entlastung des anderen Ehegatten zu bewirken, an der er nicht mehr teilhat; vielmehr kommt bei einer solchen Fallgestaltung wiederum der Grundsatz zum Tragen, daß in dem Verhältnis der Ehegatten zueinander jeder von ihnen nur für die Steuer aufzukommen hat, die auf sein Einkommen entfällt (vgl. BGH FamRZ 2007, 1229 = FuR 2007, 364 [Ls] Tz. 18).

d) Danach bestand vorliegend - insoweit sind sich die Beteiligten auch einig - eine Verpflichtung der Antragsgegnerin zu der Mitwirkung an der gemeinsamen Veranlagung.

e) Zwar hat die Antragsgegnerin der gemeinsamen Veranlagung auch zugestimmt, doch hat sie durch die Beantragung der Aufteilungsbescheide gegen die genannten, sich aus dem Wesen der Ehe ergebenden Pflichten verstoßen, da sie damit steuerlich das Ergebnis der gemeinsamen Veranlagung zu ihren Gunsten und zu Ungunsten des Antragstellers verändert hat.

Mögliche steuerrechtlich zulässige Gestaltungen legitimieren aber nicht Handlungen des einen gegenüber dem anderen Ehegatten; sonst könnte es auch keine Pflicht zu der Mitwirkung an einer gemeinsamen steuerlichen Veranlagung geben. Folge der gemeinsamen steuerlichen Veranlagung, der die Antragsgegnerin zuzustimmen hatte, wäre es aber gewesen, daß ausschließlich eine Nachzahlungspflicht von 3.429,94 € bestanden hätte, wobei sich die Beteiligten auch insoweit einig sind, daß dieser Betrag von dem Antragsteller alleine zu tragen gewesen wäre. Hieran muß sich die Antragsgegnerin festhalten lassen (vgl. auch OLG Koblenz FamRZ 2018, 1493 Tz. 3 ff); deshalb stellt es eine Pflichtverletzung dar, daß sie die Aufteilungsbescheide beantragt hat. Infolge dieser schuldhaft begangenen Pflichtverletzung ist dem Antragsteller ein von der Antragsgegnerin zu ersetzender Schaden von 5.189,48 € entstanden.

f) Ob etwas anderes zu gelten hätte, wenn der Antragsgegnerin die Zwangsvollstreckung durch das Finanzamt hinsichtlich der Nachzahlungspflicht von 3.429,94 € konkret gedroht hätte, muß hier nicht entschieden werden. Zwar spricht viel dafür, daß es einem Ehegatten nicht zugemutet werden kann, abzuwarten, bis das Finanzamt bei ihm vollstreckt, um sodann von dem anderen Ehegatten den Betrag zurückzufordern, so daß er sich gegebenenfalls auch durch die Beantragung eines Aufteilungsbescheides zur Wehr setzen darf, doch wäre er in diesem Fall aufgrund der bereits genannten aus der Ehe herrührenden Verpflichtung gehalten, zunächst den anderen Ehegatten unter Fristsetzung aufzufordern, die Schuld beim Finanzamt zu tilgen, so daß keine Inanspruchnahme mehr droht. Daß dies vorliegend nicht möglich gewesen wäre, ist nicht ersichtlich: Die Antragsgegnerin beruft sich zu der Legitimierung ihres Handelns lediglich auf die bloße Möglichkeit der Inanspruchnahme aus der Gesamtschuld, ohne daß sie darlegt, inwieweit diese tatsächlich gedroht hat, und nicht mehr von dem anderen Ehegatten hätte abgewendet werden können.

g) Zwar hat der Antragsteller grundsätzlich für die Zeit ab der Trennung der Antragsgegnerin den Nachteil zu ersetzen, der dadurch entsteht, daß durch die gemeinsame Veranlagung im Verhältnis der Ehegatten zueinander nicht jeder von ihnen nur für die Steuer aufzukommen hat, die auf sein Einkommen entfällt, doch ist die Antragsgegnerin für diesen Nachteil darlegungs- und beweisbelastet. Indem sie jedoch ihr Einkommen ab Trennung nicht mitteilt, kommt sie ihrer Darlegungslast nicht nach. Da sie ihren Nachteil nicht vorträgt, kann er nicht berücksichtigt werden.

h) Da das Begehren des Antragstellers in erster Instanz zulässig und begründet war, hat gemäß § 113 Abs. 1 S. 2 FamFG, § 91 Abs. 1 ZPO die Antragsgegnerin die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens zu tragen.

2. Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens folgt ebenso aus § 113 Abs. 1 S. 2 FamFG, § 91 Abs. 1 ZPO, da die Antragsgegnerin mit ihrem Zurückweisungsantrag unterliegt.

3. Die Festsetzung des Verfahrenswertes des Beschwerdeverfahrens richtet sich nach §§ 40, 35 FamGKG: Mit seiner Beschwerde begehrt der Antragsteller die Verpflichtung der Antragsgegnerin zu einer Zahlung in Höhe von 5.189,48 €.

OLG Karlsruhe 2020-07-17 - 5 UF 28/20
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