
Pressemitteilungen Bundesverfassungsgericht
22. März 2023 | Mündliche Verhandlung in Sachen „Wiederaufnahme des Strafverfahrens zuungunsten des Freigesprochenen“ am Mittwoch, 24. Mai 2023, um 10.00 Uhr
Der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts verhandelt am Mittwoch, 24. Mai 2023, um 10.00 Uhr im Sitzungssaal des Bundesverfassungsgerichts, Schlossbezirk 3, 76131 Karlsruhe über eine Verfassungsbeschwerde, mit der sich der Beschwerdeführer gegen die Wiederaufnahme eines ihn betreffenden Strafverfahrens nach § 362 Nr. 5 der Strafprozessordnung (StPO) wendet. Der Beschwerdeführer macht im Wesentlichen geltend, die angegriffene Regelung verstoße gegen Art. 103 Abs. 3 des Grundgesetzes (GG) und das Rückwirkungsverbot.
17. März 2023 | Rückwirkende Einführung einer körperschaftsteuerrechtlichen Regelung betreffend vororganschaftliche Mehrabführungen teilweise nichtig
Der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts hat mit heute veröffentlichtem Beschluss entschieden, dass § 34 Abs. 9 Nr. 4 in Verbindung mit § 14 Abs. 3 Satz 1 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) in der Fassung des Gesetzes zur Umsetzung von EU-Richtlinien in nationales Steuerrecht und zur Änderung weiterer Vorschriften (Richtlinien-Umsetzungsgesetz EURLUmsG) vom 9. Dezember 2004 (in der Fassung des EURLUmsG) teilweise nichtig ist. Nach § 14 Abs. 3 Satz 1 KStG gelten Mehrabführungen, die ihre Ursache in vororganschaftlicher Zeit haben, als Gewinnausschüttungen der Organgesellschaft an den Organträger. Gemäß § 34 Abs. 9 Nr. 4 KStG ist diese potenziell körperschaftsteuererhöhend wirkende Vorschrift erstmals für (vororganschaftliche) Mehrabführungen von Organgesellschaften anzuwenden, deren Wirtschaftsjahr nach dem 31. Dezember 2003 endet. Die damit einhergehende unechte Rückwirkung ist mit dem verfassungsrechtlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes in bestimmten Fallgruppen unvereinbar.
15. März 2023 | Erfolgreiche Verfassungsbeschwerde gegen die Kostenentscheidung eines Sozialgerichts
Mit heute veröffentlichtem Beschluss hat die 3. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts entschieden, dass die Kostengrundentscheidung eines Sozialgerichts die Beschwerdeführerin in ihrem Recht aus Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) in seiner Ausprägung als Willkürverbot verletzt. Das Sozialgericht hat § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in nicht mehr nachvollziehbarer Weise angewendet. Die im Bezug von Arbeitslosengeld II stehende Beschwerdeführerin erhob nachdem das Jobcenter einen Kostenerstattungsantrag nicht beschieden hatte nach Ablauf der gesetzlichen Wartefrist des § 88 Abs. 1 Satz 1 SGG Untätigkeitsklage zum Sozialgericht. Nach Erledigung des Rechtsstreits lehnte das Sozialgericht ihren auf Erstattung außergerichtlicher Kosten gerichteten Antrag, ohne dass ein zureichender Grund für die verspätete Bescheidung bestanden hätte, ab und begründete dies im Wesentlichen damit, die Beschwerdeführerin habe es pflichtwidrig versäumt, sich vor Einreichung der Klage nochmals an das Jobcenter zu wenden.
8. März 2023 | Bundesverfassungsgericht veröffentlicht den Jahresbericht 2022
Das Bundesverfassungsgericht veröffentlicht heute seinen Jahresbericht 2022 in deutscher und englischer Sprache.
8. März 2023 | Übergangsregelung vom Anrechnungs- zum Halbeinkünfteverfahren im Jahressteuergesetz 2008 ist mit dem Grundgesetz teilweise unvereinbar
Körperschaftsteuererhöhungspotenzial Mit heute veröffentlichtem Beschluss hat der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts entschieden, dass § 38 Abs. 5 und 6 in Verbindung mit § 34 Abs. 16 Satz 1 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) in der Fassung des Jahressteuergesetzes 2008 vom 20. Dezember 2007 (JStG 2008) mit dem allgemeinen Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) unvereinbar ist. Die Regelung ist Teil der Übergangsvorschriften für den Systemwechsel vom körperschaftsteuerrechtlichen Anrechnungs- zum Halbeinkünfteverfahren. Während der Geltung des Anrechnungsverfahrens wurde das verwendbare Eigenkapital einer Gesellschaft entsprechend seiner Vorbelastung mit Körperschaftsteuer in verschiedene Eigenkapitaltöpfe (EK) gegliedert. Steuerfreie Vermögensmehrungen wurden unter anderem im sogenannten EK 02 erfasst. Im Falle der Ausschüttung dieses Eigenkapitals wurde es bei Verlassen der steuerbefreiten Sphäre auf der Ebene der Körperschaft mit (zuletzt) 30 % nachbelastet. Beim Anteilseigner wurde die Ausschüttung unter Anrechnung der von der Kapitalgesellschaft entrichteten Körperschaftsteuer mit dessen individuellem Einkommensteuersatz besteuert. Unter dem Halbeinkünfteverfahren erfolgt im Falle der Ausschüttung keine Nachbelastung der von der Körperschaft steuerfrei erwirtschafteten Gewinne; beim Anteilseigner unterliegt die Ausschüttung nur zur Hälfte (seit 2009 zu 60 %) der Einkommensteuer. Nach der ursprünglichen Übergangsregelung zur Einführung des Halbeinkünfteverfahrens durch das Steuersenkungsgesetz vom 23. Oktober 2000 (StSenkG) sollte das alte EK 02 nur noch bis zum Ablauf eines 15-jährigen (später auf 18 Jahre erweiterten) Übergangszeitraums im Falle seiner Ausschüttung mit 30 % nachbelastet werden. Durch das Jahressteuergesetz 2008 wurde mit § 38 Abs. 5 und 6 KStG stattdessen eine pauschale ausschüttungsunabhängige Nachbelastung des noch vorhandenen EK 02 mit 3 % Körperschaftsteuer eingeführt. Gemäß § 34 Abs. 16 Satz 1 KStG (in der Fassung des JStG 2008) konnten sich bestimmte Unternehmen aus dem Bereich der Wohnungswirtschaft und steuerbefreite Körperschaften auf Antrag unter Fortgeltung der bisherigen Rechtslage von der Anwendung dieser Regelung befreien lassen. Das hat zur Folge, dass es für diese Unternehmen nur im Falle einer Ausschüttung während des 18-jährigen Übergangszeitraums zu einer Nachbelastung des EK 02 kommt, während der EK 02-Bestand anderer Körperschaften zwingend das heißt unabhängig davon, ob er ausgeschüttet wird oder nicht gemäß § 38 Abs. 5 und 6 KStG nachbelastet wird. Die ausschüttungsunabhängige Nachbelastung des EK 02 durch § 38 Abs. 5 und 6 KStG ist zwar für sich genommen sowohl mit dem allgemeinen Gleichheitssatz als auch mit dem Grundsatz des Vertrauensschutzes sowie dem Schutz des Eigentums und der allgemeinen Handlungsfreiheit vereinbar. Sie verstößt jedoch in Verbindung mit dem in § 34 Abs. 16 Satz 1 KStG vorgesehenen Antragswahlrecht bestimmter Körperschaften gegen den allgemeinen Gleichheitssatz. Die Ausnahmeregelung bewirkt eine verfassungsrechtlich relevante Ungleichbehandlung von Körperschaften, die nicht gerechtfertigt ist.
3. März 2023 | Bürgernah, modern und unabhängig, das Bundesverfassungsgericht mit neuem Erscheinungsbild
Das Bundesverfassungsgericht ist ein Bürgergericht und wird - wie sich an der unverändert hohen Zahl von Verfassungsbeschwerden der Bürgerinnen und Bürger zeigt - auch von den rechtsuchenden Menschen so wahrgenommen. Das Gericht lebt zugleich von der hohen Akzeptanz seiner Entscheidungen bei den Menschen. Um den Bürgerinnen und Bürgern die Tätigkeit des Gerichts noch näher zu bringen und ihnen den Zugang zum Gericht sowie seinen Entscheidungen und sonstigen Tätigkeiten weiter zu erleichtern, werden in diesem Jahr mehrere Maßnahmen umgesetzt, die gerade das bewirken sollen. Als ersten Schritt verwendet das Bundesverfassungsgericht ab Anfang März für seine Entscheidungen und seinen nach außen gerichteten Schriftverkehr ein neues einheitliches Erscheinungsbild (corporate design). Dieses ist durch ein modernes, klares und besonders gut lesbares Schriftbild sowie durch einen neu gestalteten Adler als Hoheitszeichen gekennzeichnet. Das neue Erscheinungsbild bereitet aber vor allem bereits die für Ende des Jahres 2023 geplante Neugestaltung der Internetseite des Bundesverfassungsgerichts vor. Die neue Gestaltung ermöglicht es, Informationen über das Gericht und insbesondere seine Entscheidungen barrierefrei darzustellen. Das wird dazu beitragen, die Bürgernähe der Tätigkeit des Gerichts noch weiter zu erhöhen.
2. März 2023 | Mündliche Verhandlung in Sachen „Normenkontrolle Bundeswahlrecht“ am Dienstag, den 18. April 2023, um 10.00 Uhr
Der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts verhandelt am Dienstag, den 18. April 2023, um 10.00 Uhr im Sitzungssaal des Bundesverfassungsgerichts, Schlossbezirk 3, 76131 Karlsruhe über Anträge von 216 Mitgliedern des Bundestages aus den Fraktionen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, DIE LINKE und FDP im Verfahren der abstrakten Normenkontrolle, die sich gegen Artikel 1 Nummer 3 - 5 des Fünfundzwanzigsten Gesetzes zur Änderung des Bundeswahlgesetzes vom 14. November 2020 richten.
1. März 2023 | Erfolgreiche Verfassungsbeschwerde eines Sicherungsverwahrten gegen die mehrtägige Fesselung während eines Krankenhausaufenthalts
Mit heute veröffentlichtem Beschluss hat die 1. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts entschieden, dass die sich über 96 Stunden erstreckende Fesselung während eines Krankenhausaufenthalts den sicherungsverwahrten Beschwerdeführer in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) verletzt.
1. März 2023 | Besuch einer Delegation des Schweizerischen Bundesgerichts beim Bundesverfassungsgericht
Eine Delegation des Schweizerischen Bundesgerichts unter Leitung seines Vizepräsidenten Dr. François Chaix besuchte vom 26. bis 28. Februar 2023 das Bundesverfassungsgericht. Die Gäste wurden von Präsident Prof. Dr. Stephan Harbarth und Vizepräsidentin Prof. Dr. Doris König sowie weiteren Mitgliedern des Gerichts empfangen. Themen der Fachgespräche waren der Rechtsstaatsdiskurs in Europa, religiöse Symbole unter anderem im öffentlichen Raum und am Arbeitsplatz , verfassungsrechtliche Grenzen des politischen Meinungskampfs sowie das Öffentlichkeitsprinzip in der Verwaltung. Hintere Reihe von links nach rechts: Bundesverfassungsrichter Thomas Offenloch, Bundesverfassungsrichterin Prof. Dr. Christine Langenfeld, Bundesverfassungsrichterin Dr. Yvonne Ott, Bundesrichter Laurent Merz, Bundesrichterin Dr. iur. Marianne Ryter, Bundesverfassungsrichterin Prof. Dr. Ines Härtel, Bundesverfassungsrichter Prof. Dr. Heinrich Amadeus Wolff, Bundesverfassungsrichterin Prof. Dr. Astrid Wallrabenstein, Generalsekretär Nicolas Lüscher Vordere Reihe von links nach rechts: Bundesrichterin Prof. Dr. iur. Julia Hänni, Vizepräsidentin Prof. Dr. Doris König, Bundesgerichtsvizepräsident Dr. iur. François Chaix, Präsident Prof. Dr. Stephan Harbarth, LL.M. (Yale), Bundesrichterin Beatrice van de Graaf, Bundesverfassungsrichterin Prof. Dr. Gabriele Britz
28. Februar 2023 | Erfolglose Verfassungsbeschwerde gegen den Ausschluss aus einem Sportverein wegen NPD-Mitgliedschaft
Mit heute veröffentlichtem Beschluss hat die 2. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts eine Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen. Der Beschwerdeführer, ein langjähriges Mitglied und Landesvorsitzender der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD), wendet sich gegen den Ausschluss aus einem Sportverein und rügt eine Verletzung in seinen Grundrechten.
Der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts verhandelt am Mittwoch, 24. Mai 2023, um 10.00 Uhr im Sitzungssaal des Bundesverfassungsgerichts, Schlossbezirk 3, 76131 Karlsruhe über eine Verfassungsbeschwerde, mit der sich der Beschwerdeführer gegen die Wiederaufnahme eines ihn betreffenden Strafverfahrens nach § 362 Nr. 5 der Strafprozessordnung (StPO) wendet. Der Beschwerdeführer macht im Wesentlichen geltend, die angegriffene Regelung verstoße gegen Art. 103 Abs. 3 des Grundgesetzes (GG) und das Rückwirkungsverbot.
17. März 2023 | Rückwirkende Einführung einer körperschaftsteuerrechtlichen Regelung betreffend vororganschaftliche Mehrabführungen teilweise nichtig
Der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts hat mit heute veröffentlichtem Beschluss entschieden, dass § 34 Abs. 9 Nr. 4 in Verbindung mit § 14 Abs. 3 Satz 1 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) in der Fassung des Gesetzes zur Umsetzung von EU-Richtlinien in nationales Steuerrecht und zur Änderung weiterer Vorschriften (Richtlinien-Umsetzungsgesetz EURLUmsG) vom 9. Dezember 2004 (in der Fassung des EURLUmsG) teilweise nichtig ist. Nach § 14 Abs. 3 Satz 1 KStG gelten Mehrabführungen, die ihre Ursache in vororganschaftlicher Zeit haben, als Gewinnausschüttungen der Organgesellschaft an den Organträger. Gemäß § 34 Abs. 9 Nr. 4 KStG ist diese potenziell körperschaftsteuererhöhend wirkende Vorschrift erstmals für (vororganschaftliche) Mehrabführungen von Organgesellschaften anzuwenden, deren Wirtschaftsjahr nach dem 31. Dezember 2003 endet. Die damit einhergehende unechte Rückwirkung ist mit dem verfassungsrechtlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes in bestimmten Fallgruppen unvereinbar.
15. März 2023 | Erfolgreiche Verfassungsbeschwerde gegen die Kostenentscheidung eines Sozialgerichts
Mit heute veröffentlichtem Beschluss hat die 3. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts entschieden, dass die Kostengrundentscheidung eines Sozialgerichts die Beschwerdeführerin in ihrem Recht aus Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) in seiner Ausprägung als Willkürverbot verletzt. Das Sozialgericht hat § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in nicht mehr nachvollziehbarer Weise angewendet. Die im Bezug von Arbeitslosengeld II stehende Beschwerdeführerin erhob nachdem das Jobcenter einen Kostenerstattungsantrag nicht beschieden hatte nach Ablauf der gesetzlichen Wartefrist des § 88 Abs. 1 Satz 1 SGG Untätigkeitsklage zum Sozialgericht. Nach Erledigung des Rechtsstreits lehnte das Sozialgericht ihren auf Erstattung außergerichtlicher Kosten gerichteten Antrag, ohne dass ein zureichender Grund für die verspätete Bescheidung bestanden hätte, ab und begründete dies im Wesentlichen damit, die Beschwerdeführerin habe es pflichtwidrig versäumt, sich vor Einreichung der Klage nochmals an das Jobcenter zu wenden.
8. März 2023 | Bundesverfassungsgericht veröffentlicht den Jahresbericht 2022
Das Bundesverfassungsgericht veröffentlicht heute seinen Jahresbericht 2022 in deutscher und englischer Sprache.
8. März 2023 | Übergangsregelung vom Anrechnungs- zum Halbeinkünfteverfahren im Jahressteuergesetz 2008 ist mit dem Grundgesetz teilweise unvereinbar
Körperschaftsteuererhöhungspotenzial Mit heute veröffentlichtem Beschluss hat der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts entschieden, dass § 38 Abs. 5 und 6 in Verbindung mit § 34 Abs. 16 Satz 1 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) in der Fassung des Jahressteuergesetzes 2008 vom 20. Dezember 2007 (JStG 2008) mit dem allgemeinen Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) unvereinbar ist. Die Regelung ist Teil der Übergangsvorschriften für den Systemwechsel vom körperschaftsteuerrechtlichen Anrechnungs- zum Halbeinkünfteverfahren. Während der Geltung des Anrechnungsverfahrens wurde das verwendbare Eigenkapital einer Gesellschaft entsprechend seiner Vorbelastung mit Körperschaftsteuer in verschiedene Eigenkapitaltöpfe (EK) gegliedert. Steuerfreie Vermögensmehrungen wurden unter anderem im sogenannten EK 02 erfasst. Im Falle der Ausschüttung dieses Eigenkapitals wurde es bei Verlassen der steuerbefreiten Sphäre auf der Ebene der Körperschaft mit (zuletzt) 30 % nachbelastet. Beim Anteilseigner wurde die Ausschüttung unter Anrechnung der von der Kapitalgesellschaft entrichteten Körperschaftsteuer mit dessen individuellem Einkommensteuersatz besteuert. Unter dem Halbeinkünfteverfahren erfolgt im Falle der Ausschüttung keine Nachbelastung der von der Körperschaft steuerfrei erwirtschafteten Gewinne; beim Anteilseigner unterliegt die Ausschüttung nur zur Hälfte (seit 2009 zu 60 %) der Einkommensteuer. Nach der ursprünglichen Übergangsregelung zur Einführung des Halbeinkünfteverfahrens durch das Steuersenkungsgesetz vom 23. Oktober 2000 (StSenkG) sollte das alte EK 02 nur noch bis zum Ablauf eines 15-jährigen (später auf 18 Jahre erweiterten) Übergangszeitraums im Falle seiner Ausschüttung mit 30 % nachbelastet werden. Durch das Jahressteuergesetz 2008 wurde mit § 38 Abs. 5 und 6 KStG stattdessen eine pauschale ausschüttungsunabhängige Nachbelastung des noch vorhandenen EK 02 mit 3 % Körperschaftsteuer eingeführt. Gemäß § 34 Abs. 16 Satz 1 KStG (in der Fassung des JStG 2008) konnten sich bestimmte Unternehmen aus dem Bereich der Wohnungswirtschaft und steuerbefreite Körperschaften auf Antrag unter Fortgeltung der bisherigen Rechtslage von der Anwendung dieser Regelung befreien lassen. Das hat zur Folge, dass es für diese Unternehmen nur im Falle einer Ausschüttung während des 18-jährigen Übergangszeitraums zu einer Nachbelastung des EK 02 kommt, während der EK 02-Bestand anderer Körperschaften zwingend das heißt unabhängig davon, ob er ausgeschüttet wird oder nicht gemäß § 38 Abs. 5 und 6 KStG nachbelastet wird. Die ausschüttungsunabhängige Nachbelastung des EK 02 durch § 38 Abs. 5 und 6 KStG ist zwar für sich genommen sowohl mit dem allgemeinen Gleichheitssatz als auch mit dem Grundsatz des Vertrauensschutzes sowie dem Schutz des Eigentums und der allgemeinen Handlungsfreiheit vereinbar. Sie verstößt jedoch in Verbindung mit dem in § 34 Abs. 16 Satz 1 KStG vorgesehenen Antragswahlrecht bestimmter Körperschaften gegen den allgemeinen Gleichheitssatz. Die Ausnahmeregelung bewirkt eine verfassungsrechtlich relevante Ungleichbehandlung von Körperschaften, die nicht gerechtfertigt ist.
3. März 2023 | Bürgernah, modern und unabhängig, das Bundesverfassungsgericht mit neuem Erscheinungsbild
Das Bundesverfassungsgericht ist ein Bürgergericht und wird - wie sich an der unverändert hohen Zahl von Verfassungsbeschwerden der Bürgerinnen und Bürger zeigt - auch von den rechtsuchenden Menschen so wahrgenommen. Das Gericht lebt zugleich von der hohen Akzeptanz seiner Entscheidungen bei den Menschen. Um den Bürgerinnen und Bürgern die Tätigkeit des Gerichts noch näher zu bringen und ihnen den Zugang zum Gericht sowie seinen Entscheidungen und sonstigen Tätigkeiten weiter zu erleichtern, werden in diesem Jahr mehrere Maßnahmen umgesetzt, die gerade das bewirken sollen. Als ersten Schritt verwendet das Bundesverfassungsgericht ab Anfang März für seine Entscheidungen und seinen nach außen gerichteten Schriftverkehr ein neues einheitliches Erscheinungsbild (corporate design). Dieses ist durch ein modernes, klares und besonders gut lesbares Schriftbild sowie durch einen neu gestalteten Adler als Hoheitszeichen gekennzeichnet. Das neue Erscheinungsbild bereitet aber vor allem bereits die für Ende des Jahres 2023 geplante Neugestaltung der Internetseite des Bundesverfassungsgerichts vor. Die neue Gestaltung ermöglicht es, Informationen über das Gericht und insbesondere seine Entscheidungen barrierefrei darzustellen. Das wird dazu beitragen, die Bürgernähe der Tätigkeit des Gerichts noch weiter zu erhöhen.
2. März 2023 | Mündliche Verhandlung in Sachen „Normenkontrolle Bundeswahlrecht“ am Dienstag, den 18. April 2023, um 10.00 Uhr
Der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts verhandelt am Dienstag, den 18. April 2023, um 10.00 Uhr im Sitzungssaal des Bundesverfassungsgerichts, Schlossbezirk 3, 76131 Karlsruhe über Anträge von 216 Mitgliedern des Bundestages aus den Fraktionen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, DIE LINKE und FDP im Verfahren der abstrakten Normenkontrolle, die sich gegen Artikel 1 Nummer 3 - 5 des Fünfundzwanzigsten Gesetzes zur Änderung des Bundeswahlgesetzes vom 14. November 2020 richten.
1. März 2023 | Erfolgreiche Verfassungsbeschwerde eines Sicherungsverwahrten gegen die mehrtägige Fesselung während eines Krankenhausaufenthalts
Mit heute veröffentlichtem Beschluss hat die 1. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts entschieden, dass die sich über 96 Stunden erstreckende Fesselung während eines Krankenhausaufenthalts den sicherungsverwahrten Beschwerdeführer in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) verletzt.
1. März 2023 | Besuch einer Delegation des Schweizerischen Bundesgerichts beim Bundesverfassungsgericht
Eine Delegation des Schweizerischen Bundesgerichts unter Leitung seines Vizepräsidenten Dr. François Chaix besuchte vom 26. bis 28. Februar 2023 das Bundesverfassungsgericht. Die Gäste wurden von Präsident Prof. Dr. Stephan Harbarth und Vizepräsidentin Prof. Dr. Doris König sowie weiteren Mitgliedern des Gerichts empfangen. Themen der Fachgespräche waren der Rechtsstaatsdiskurs in Europa, religiöse Symbole unter anderem im öffentlichen Raum und am Arbeitsplatz , verfassungsrechtliche Grenzen des politischen Meinungskampfs sowie das Öffentlichkeitsprinzip in der Verwaltung. Hintere Reihe von links nach rechts: Bundesverfassungsrichter Thomas Offenloch, Bundesverfassungsrichterin Prof. Dr. Christine Langenfeld, Bundesverfassungsrichterin Dr. Yvonne Ott, Bundesrichter Laurent Merz, Bundesrichterin Dr. iur. Marianne Ryter, Bundesverfassungsrichterin Prof. Dr. Ines Härtel, Bundesverfassungsrichter Prof. Dr. Heinrich Amadeus Wolff, Bundesverfassungsrichterin Prof. Dr. Astrid Wallrabenstein, Generalsekretär Nicolas Lüscher Vordere Reihe von links nach rechts: Bundesrichterin Prof. Dr. iur. Julia Hänni, Vizepräsidentin Prof. Dr. Doris König, Bundesgerichtsvizepräsident Dr. iur. François Chaix, Präsident Prof. Dr. Stephan Harbarth, LL.M. (Yale), Bundesrichterin Beatrice van de Graaf, Bundesverfassungsrichterin Prof. Dr. Gabriele Britz
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